Ausgeschwiegen: Mysteriöse Brandserie in Lützner Straße

„Advent, Advent, ein Lichtlein brennt“, heißt es in einem Gedicht. In der Lützner Straße scheint es jemandem aber noch immer nicht hell genug zu sein. Laut Einsatzberichten der Feuerwehr offiziell viermal, nach Angaben von Anwohnern allerdings schon sechsmal innerhalb von sechs Tagen wurde dort in einem Anwesen gezündelt. Die unglücklichen Zufälle, dass es sich gerade dort häuft, legen angesichts ausbleibender Polizeiinformationen lediglich ein banales Weihnachtswunder nahe. Oh freuet Euch all!

Überall in und um Markranstädt glüht und flackert es, mitunter gleichen die leuchtenden Farbspiele in den Fenstern sogar den Außendarstellungen tschechischer Puffs in den nordböhmischen Wäldern. Open!

Besonders heiß her geht es seit dem 13. Dezember in der Lützner Straße. Hier geben sich die Kameraden der Feuerwehr seither regelrecht die Klinke in die Hand.

Das Spektrum angezündeten organischen Materials reicht demnach von einem Müllbehälter über das Treppenhaus bis hin zu einer Wohnungstür. Getreu dem weihnachtlichen Motto „So viel Heimlichkeit…“ ist es für den gemeinen homo marcransis aber gar nicht so einfach, an Informationen zu gelangen.

Antworten könnten verunsichern

Lediglich auf der Heimseite der Freiwilligen Feuerwehr kann man sich aus spärlichen Informationen und für Laien kaum übersetzbaren Abkürzungen etwas zusammenreimen. Unter Rubriken wie „Restablöschung alte Brandstelle“, „Papiertonne brennt in Hinterhof“ oder „Brennt Treppenhaus“ endet jeder Eintrag mit der Bemerkung, dass die Einsatzstelle im Anschluss an die Polizei übergeben wurde.

Damit sind die Fälle für Markranstädter grundsätzlich erledigt, denn in den täglichen Presseberichten der Polizeidirektion Leipzig kommt die Ortsmarke der Stadt am See traditionell so selten vor wie der Halleysche Komet am Markranstädter Nachthimmel.

Davon abgesehen kann die Brandserie in Markranstädt ja auch wirklich nicht gegen die Meldung über zwei angebrannte Toastscheiben auf einem Herd in Wurzen anstinken.

Nicht mal auf Google ist Verlass

Stößt dann zufällig doch mal ein Journalist eines in Berlin residierenden Redaktionsnetzwerkes auf die Story, kann er im treuen Glauben an die Kompetenz seiner Quelle nur vervielfältigen, dass es sich um ein einmaliges Ereignis handelt. Den Bezug zur Tatserie muss er im Vertrauen auf Google mit einem anderthalb Jahre zurückliegenden Brand selbst konstruieren und aus Gründen der Aktualität gleich mal um ein Jahr umdatierten, obwohl der Brandstifter längst hinter Gittern sitzt.

Es ist allerdings nicht so, dass man in Markranstädt gar nichts wüsste. Die Gerüchteküche ist mangels offizieller Informationen ohnehin stets einen Schritt weiter.

Sie hat von Denkzetteln der Drogenmafia über Racheakte internationaler Waffenschieber bis hin zum Ausleben des natürlichen Triebs eines Pyromanen sämtliche Tatverdächtige längst überführt. Auch Witze machen schon die Runde. So solle demnächst vor dem betreffenden Haus ein stationäres Blaulicht inklusive Sirene fest installiert werden.

Verdeckte Ermittlungen

Besser informierte Kreise lassen, freilich hinter vorgehaltener Hand, inzwischen verlauten, dass die Kripo kurz vor einem Ermittlungserfolg stehe. Angesichts der finsteren Transparenz, mit der die Bevölkerung bislang informiert wurde, bekommt der Begriff von der verdeckten Ermittlung hier eine völlig neue Bedeutung.

Allein den Insassen und Nachbarn des brandgefährdeten Gebäudes wird die Adventszeit anno 2019 noch lange in guter Erinnerung bleiben. Nie war die Hoffnung auf ein Erwachen in einem nicht verkohlten Bett so groß und nie die Dankbarkeit tiefer, wenn sich diese Vorfreude am nächsten Morgen dann auch erfüllte. Und endlich ergibt sich auch für die Kinder ein Bild vorm geistigen Auge, wenn da gesungen wird: „Hört nur, da steht er schon draußen vorm Tor…“

 

1 Kommentar

    • Paule auf 22. Dezember 2019 bei 21:55
    • Antworten

    Liebe Markranstädter Nachtschichten,
    das ganze Jahr habt Ihr nichts anbrennen lassen so sage ich danke, riesengrosses DANKE, in meinen Namen und im Namen aller der vielen intelligenten Leser, welche einfach nur zu wenig Zeit haben oder zu faul sind selbst, zu schreiben.
    Danke, eine frohe Weihnacht und ein Habbie Nu Jihr!

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