Ausnahmsweise verschreibungspflichtig

Es hat sich allerhand angesammelt an Stilblüten, die sowohl unsere Stadt als auch so manchen Vorgang in anderem Licht erscheinen lassen. Das Spektrum reicht von Zahlen und Einheiten über Definitionen von Sachverhalten bis hin zu … Ach was, lesen Sie doch einfach selber!

Unsere ersten beiden Fälle führen uns direkt in den Schoß von Mutter Natur.

 

Noch immer wird Markranstädt von tiefen Gräben durchzogen. Die sind allerdings nicht politischer Natur. Es sind die unterschiedlichen Erwartungshaltungen von zugezogenen Neubürgern auf der einen und den Ureinwohnern auf der anderen Seite, die Konfliktpotenzial bergen.

Ist ja auch verständlich. Wenn der Städter mit solchen Verheißungen aufs Land gelockt wird, ist der Ärger vorprogrammiert. „Ich glaub‘, ich steh‘ im Wald!“, heißt es dann beim Anblick der weißen Wohnwürfel und er beginnt, auch seinen Vorgarten mit Schottersteinen zu renaturieren.

 

Und weil im Lexikon unter W wie Waldidyll genau beschrieben steht, worum es sich dabei handelt, müssen Zwergenküchen vertrieben und Promenadenfeste vorzeitig beendet werden. Da siehst du als Ureinwohner den Wald vor lauter Bäumen nicht!


Was man tun kann, wenn Ackerflächen fehlen, wird gegenwärtig im Rahmen eines Pilotprojektes im Räpitzer Neubau präsentiert. Ausgangspunkt war die Überlieferung, dass die Bauern früher in ihren Stuben gemeinsam mit Hühnern, Ziegen und anderem Getier hausten.

 

Was mit der Viehwirtschaft möglich war (und bisweilen noch heute praktiziert wird), muss auch für den Ackerbau anwendbar sein. Außerdem wird die landwirtschaftliche Nutzfläche durch ständige Bodenversiegelung sowieso knapp und es muss deshalb eine Lösung her.

Und die heißt: Hochbeete im hinteren Teil des Gebäudes! Dort wo sich meist das Schlafzimmer befindet, wird einfach ein Zaun gesetzt und dahinter kann man dann seinen grünen Daumen ausprobieren. Mit Hanf zum Beispiel, das unterdrückt dann auch den fiesen Eigengeruch des Raumes.

Der Euro befindet sich durch die Corona-Maßnahmen auf rasanter Talfahrt.

 

Das sagt natürlich niemand, weil es uns nur verunsichern würde. Also muss der gelernte DDR-Bürger mal wieder seine Fähigkeiten reaktivieren, die ihn die Wahrheit zwischen den Zeilen erkennen lassen. Und diese Wahrheit ist so erschütternd, dass man sie selbst an der Börse negieren will!

Im Werbeprospekt von Kaufland erfährt der homo marcransis beispielsweise, dass der Euro zur Zeit nur noch 97 Cent wert ist. Also zumindest bei der Shopping-Bravo kann man da beim besten Willen nicht von Lügenpresse sprechen. Die zeigen klar, was Sache ist und legen den Finger in die Wunde.

 

Die Frage ist nur, ob der Leser das überhaupt erfahren will und nicht schon von der Tatsache abgeschreckt wurde, dass neuerdings in allen Prospekten das Euro-Zeichen und damit die Währungseinheit fehlt. Will man uns so auf die bevorstehende Einführung des Zloty vorbereiten?


Euro hin, Zloty her. Das sagt sich auch ein führender Teppichhändler, dessen Werbeprospekt eine ganz andere Theorie verfolgt. Wozu die Kunden mit Fragen konfrontieren, deren Antworten sie nur verunsichern würden? Also auch hier weg mit den Währungseinheiten.

 

Bei TTM hat man aus diesem Trend eine Tugend gemacht. Wenn man schon die Währungseinheit nicht mehr hinschreiben muss, könnten sich die Zahlenangaben ja auch auf … sagen wir mal … Quadratmeter beziehen. Sympathisch! Warum immer nur gleich ans Geld denken?

Statt 26,95 jetzt nur noch 21,95 Quadratmeter. Auf den nackten Boden des Restes vom Zimmer kommt dann ein Hochbeet zur Selbstbepflanzung. Oder man kauft die fehlenden fünf Quadratmeter einfach noch dazu. Die soll’s jetzt übrigens sogar für nur drei Quadratmeter geben.

Werfen wir zum Schluss noch einen kurzen Blick auf das Thema Ruhe.

 

Davon haben viele Menschen zur Zeit mehr als ihnen lieb ist. Heißt es. Und so wäre es auch, wenn man zu Hause allein im Home-Office wäre und einem nicht noch ein nervender Partner ständig auf die Senkel gehen würde. Aber es gibt sie noch, die wahrhaft ruhigen Flecken auf dieser Erde.

Da wäre zum Beispiel der Friedhof. Der letzte Flecken Freiheit, der uns unter der Maskendiktatur noch geblieben ist. Eine hübsche Einfassung, ein Grabstein mit Namen, Geburts- und … Ähm – ja! Mitunter ist das eben nicht ganz einfach im Zeitalter des Datenschutzes.

 

Wenn die Kollegen im Home-Office keinen direkten Draht mehr zu ihren Mitarbeitern haben, bleibt oft nur noch die beruhigende Gewissheit, wenigstens den Monat richtig getippt zu haben. Schließlich kommt’s nicht auf die Zahlen an, sondern auf die Geste und was auf dem Stein steht.


Um eine ganz andere Form der Ruhe und Entspannung geht es in dieser via „Lebendigem Adventskalender“ im Amtsblatt transportierten Botschaft. Bei den hier angeführten Merkmalen droht jetzt nicht nur ein Besucheransturm, sondern eine Bewerbungsflut!

 

Warum allerdings ausgerechnet der 17. Dezember aus den 364 anderen Tagen hervorgehoben wird, bleibt dem Leser zunächst verborgen. Bei den Amis, bekannt für das Zelebrieren kurioser Feiertage, ist der 17. Dezember der Tag der Ausstechförmchen.

Sollte das ein versteckter Hinweis auf die Stechuhr am Treppenaufgang sein? Oder doch eine Botschaft an die neue Bürgermeisterin, dass gewisse Errungenschaften in Bezug auf den Betriebsfrieden hartnäckig verteidigt werden? In der Ruhe liegt die Kraft.

1 Kommentar

    • Tilo Lehmann auf 19. November 2020 bei 9:16
    • Antworten

    Damals im Oktober konnte man noch in „Ruhe und Entspannung“ Coronafrei gleich zweimal hintereinander die Trauer zusammen bewältigen…Tja- Leipzig (Gundorf) ist eben Anderes, eben eine Großstadt. Das ist traurig! Mir tun nur die Mediengestalterschreiberlinge und der Steineklopfer leid- denn SIE wissen vieleicht noch gar nicht was auf sie nun zukommt…

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.