Beuteltiere in Kängurusiedlungen

Achtung, heute ist es wieder so weit: Die Großinvasion der Mini-Beuteltiere, die im Schutze der Dunkelheit deutschlandweit Kängurusiedlungen heimsuchen, kommen angebettelt! Wie jedes Jahr, werden sie am Abend des Monatswechsels wieder um die Häuser hüpfen, Minibeutler, die gerade der Windelhose entwachsen sind; aufgehübscht zu hässlichen Gerippen oder verführerischen Chapemanja-Hexlein. Unsere Auslandskorrespondentin Heidi vom Felde hat sich mal Gedanken über die bevorstehende Invasion gemacht.

Peinlich ist´s manchmal, wenn sie von ihren taubstummen Eltern am falschen Tag vorgeführt werden, weil diese keine Ahnung von der Zuordnung der Feste im Kalender des christlichen Abendlandes haben und offenbar auch keine vom Ursprung und Inhalt des Gruselfestes.

Allein auf das Einsammeln vordressiert, können manche der kleinen Jäger und Sammler nicht mehr als die drei Worte „Süßes oder Saures“ – und „danke“ gehört für sie offenbar zu einer nichterlernbaren Fremdsprache. Mit vortrainierter, schauriger Miene präsentieren sie aber im Schutze der Dunkelheit bereits mutig ihre weit geöffneten Beutel vor jeder Haustür.

In Ihren Träumen verorten sie ihre späteren Wohnorte wohl jetzt schon in solcherart Siedlung. Wenn aber das bereits dort wohnende Alt-Känguru die auf Abstand zur Dunkelheit stehenden Eltern der Minibeutler fragt, was das eigentliche Anliegen des abendlichen Gruselbesuches ist, muss es zur Kenntnis nehmen, dass diese offenbar taubstumm sind und daraufhin noch weiter in den Hintergrund verschwinden.

Tja, aber Alt-Kängurus sind so erzogen, dass sich ihr Beutelschließmuskel automatisch zusammenzieht, wenn ihre Ohren keine Antwort hören.

Pech für die Minis mit ihren Riesenbeuteln, mit denen sie eigentlich die Süßigkeiten für den Nikolaustag, Weihnachten und Ostern einsammeln sollen.

Ein großes Lob gebührt an dieser Stelle den Grundschullehrern, die solche Dinge wie Völkerkunde oder Völkerverständigung lehren und ihren Schülern den Inhalt von alten Festen vermitteln, die ihren Ursprung in anderen Kulturen haben. Hier der Beweis:

Die andere Grusel-Ethnie

Nach den Mini-Jakedumas und Mini-Chapemanjas mit ihren taubstummen Eltern kommen tatsächlich mitunter auch selbständige Grüppchen größerer, fesch gestylter Hexen und Gruselgerippe einer ganz anderen Kategorie. Sie können längere Gedichte vortragen oder flotte Hexenlieder singen und wissen, was der Gruß „Hallo Wien“ bedeutet!!!

Da lacht das Herz der Alt-Kängurus, der Beutelschließmuskel öffnet sich weit und der Spaß ist beiderseits.

Manche der größeren abendlichen Gruselbesucher sind sogar so schlau, dass sie pfiffig parieren können, wenn Alt-Kängurus ihnen auf ihren „Hallo Wien“ – Gruß hin sagen, dass sie sich in der Adresse geirrt haben und sich leider gerade in Markranstädt befinden.

Und gut gefüllte Beutel fortschleppend, rufen sie beim Abgang dennoch fröhlich winkend: „Hallo Wien“.

Nun ist nur noch die Frage, in welchen Häusern und welcher der Kängurusiedlungen die mit den vollen und die mit den leeren Beuteln wohnen und welches der richtige Abend ist, an dem sich wieder Hexen, Geister und Alt-Kängurus mit „Hallo Wien“ grüßen?

Ist es nicht schön, dass auch Markranstädt Kängurusiedlungen mit weißen Wohnwürfeln oder den für Sachsen typischen roten Ziegeldächern hat und man als kleines Beuteltier nicht bis in die so weit entfernt liegende Stadt Wien fahren muss, nur um netten Nachbarn mal fröhlich „Hallo“ zu sagen?

Wider den verfrühten Backwaren

Dass an besagtem frisch importiertem Gruselabend in Sachsen aber schon seit 1667 „Reformationstag“ im Kalender steht, was es damit auf sich hat und welch befreiende Botschaft der Inhalt dieses Festtages für jeden von uns enthält, wird mit Sicherheit in der Kirche, hoffentlich aber auch in den Elternhäusern und in den höheren Klassen der Schulen unseres christlichen Abendlandes vermittelt werden.  …auch wenn die dazu von Bäckern kreierten leckeren Brötchen mitunter schon zum Tag der Einheit verkauft werden und deshalb längst verzehrt sein dürften.

 

8 Kommentare

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    • Bernd Hollwitz auf 1. November 2019 bei 9:08
    • Antworten

    Das Wort „Brückentag“ ist tatsächlich eine Missbildung der deutschen Sprache, denn es hat ja nichts mit einer Brücke, weder mit Straße, Fluss und auch nichts mit Zähnen zu tun! Wer soll es fassen , welche Brücke dort an dem Tag geehrt werden soll?
    Ganz schlimm, wenn sich das in den Köpfen verankert hat.

    Ja und „Hallo Wien“ ist ja ganz lustig.

    Das mit dem Reformationstag ist rein kirchlich und wir haben ja die Trennung von Staat und Kirche.
    Insofern sind Kirchen evtl. schöne Bauwerke, aber sonst nichts.
    Ich finde es eigentlich komfortabel, wenn man ganz neutral durch die Welt marschiert, weder getauft noch beschnitten ist und praktisch über diesen -oft sinnfreien- religiösen Streitigkeiten steht, obwohl es ja nur einen Gott gibt.

    ABER: Den Feiertag nehmen wir natürlich gerne mit, DANKE deutsche Einheit!

    1. „Das mit dem Reformationstag“ sollte wenigstens in groben Zügen zur Allgemeinbildung gehören, weil es, wie es uns Klaus Narr in unübertroffener Weise vor Augen führt, immer noch aktuell ist und uns alle angeht, egal wie wir durch die Welt marschieren
      (Übrigens feierte sogar die DDR 1983 ein ganzes, tatsächlich 12 Monate andauerndes Lutherjahr!)
      Ich erhebe alle meine Daumen und Großzehen zum Lob für Klaus Narr und dessen Beitrag.

        • Bernd Hollwitz auf 4. November 2019 bei 10:35
        • Antworten

        Hallo Rena,
        ich denke, es gehört nach wie vor „in groben Zügen“ zur Allgemeinbildung!
        Ja und Luther war natürlich auch in der DDR bekannt, ich war x-mal in Wittenberg.
        Und ja, ich weiß, dass auf dem Marktplatz in der Lutherstadt Wittenberg ein Denkmal von Luther und ein Denkmal von dem Melanchton steht.
        Alles in der DDR gelernt!
        Was ich nicht wusste, dass an der Stadtkirche ein Relief „die Judensau“ hängt. Das war damals überhaupt kein Thema, jetzt aber – von den“politisch Korrekten“!! Gibts sogar Demonstrationen dagegen.

        Gruß Börni

        1. Und weil uns sogar die DDR diesen Reformationsfest- Feiertag gestattete, ist´s eigentlich ziemlich schade, dass uns das Gesamtthema nicht neugieriger macht. Dass Luther kein Heiliger war, liegt auf der Hand. Darum muss er auch nicht gefeiert werden. Aber was er uns an prägnanten Kernaussagen hinterlassen hat, könnte uns sehr große Freude machen, wenn wir es wüssten.

            • -st- auf 7. November 2019 bei 17:05
              Autor

            Genau da liegt aber der Hase im Pfeffer. Kernaussagen sind, wie alles Wort gewordene, interpretierbar. Man schaue sich nur die Diskussionen um (leider nicht mit) Bischof Carsten Rentzing an. Wenn einem an jemandem irgendwas nicht passt, sucht man in seinem Leben bis man etwas gefunden hat, das „nützlich“ interpretiert werden kann und macht die Person mundtot. Auf diese Weise werden wichtige Kernaussagen und -erkenntnisse aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein gelöscht (siehe Luther) und die Rentzing-Nachfolger werden – aus verständlichem Selbstschutz – nur noch weichgespülte Phrasen verwenden, um sich möglichst nicht angreifbar zu machen. Ein Thema für einen kommenden MN-Beitrag…

    • Bienchen auf 31. Oktober 2019 bei 20:18
    • Antworten

    Inzwischen ist der Spuk vorbei und lächeln ist zu wenig.
    Wenns nicht so bedenklich wäre, hätte ich mich in diesem Jahr über die Antworten aus einer großen Horde verblüffter Mini-Jakeduma-Eltern, die vom Hausherrn gefragt wurden, was sonst für den 31.10. noch im Kalender steht,lauthals krumm gelacht.
    Da soufliert doch einer tatsächlich seinem Kind ins Ohr „BRÜCKENTAG“, was der kleine Gruselgeist stolz(weil es ja Papa gesagt hat,)in den Abend posaunt und dabei dem Hausherrn fordernd seinen von einer geschäftstüchtigen Firma extra für diesen Anlass in Massenproduktion gefertigten Sammelbeutel entgegenhält.

    Liebe Großkängurus,ihr habt die Chance für einen Bildungsauftrag an der jungen Generation,nicht nur bei der Großveranstaltung „Hallo Wien“!!!

    Auch dachte ich immer, dass zu Hexen schwarze Kater gehören. Diesmal wurden erstmals lebende, mit weißen Tüchern als Gespenster kostümierte Schoßhündchen vorgeführt und die kessen Hexen konnten dazu kleine Gedichte vortragen und anständig „Danke“ sagen!
    Lasst doch der Jugend ihren Lauf…/aber bitte nur, wenn sie wissen, was sie tun.

    1. Die Anekdote mit dem Brückentag ist DER REALSATIRISCHE KNÜLLER DER JAHRES!!! Danke dafür!

    • wiki 1303 auf 31. Oktober 2019 bei 18:30
    • Antworten

    Also ich habe mir in diesem Jahr eine Grosspackung Schokobecher gekauft, dazu eine 3 Liter Flasche Kirschlikör mit Vodka.
    Die kleinen Racker sollen ja nicht nur ungesundes Zuckerwerk essen, man soll auch immer genügend trinken.
    Einfach schön, so ein beseeltes Kinderlächeln auf dem Heimweg….

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