Markranstädt ist ab kommendem Mittwoch das Testfeld für ein neues Pilotprojekt der Post. Die will sich jetzt verstärkt für die Gesundheit des deutschen Volkskörpers einsetzen, der unter zu wenig Bewegung und zu viel Rücken leidet. Mit dem Fitnessprogramm „DHL 2020“ soll sich das ab sofort ändern. Der Kunde übernimmt dabei einen Teil der Dienstleistungen selbst. Und weil das gut für seine Gesundheit ist, kostet dieser Service natürlich auch was.
Die Einführung der ersten Etappe ist noch gar nicht so lange her. Musste bis dato nur der Absender seine Pakete zum Schalter schleppen, soll sie sich der Adressat jetzt gefälligst auch selber abholen.
Richtig so! Raus an die frische Luft und ab an die Tankstelle. Das sind wir unserem Körper schuldig. Aber ein Blick auf die Skalen an den Waagen in einschlägigen Arztpraxen hat gezeigt, dass dieser Service längst nicht ausreicht.
Das Volk wird trotzdem immer fetter, fauler und älter. Die Krankenkassen schlagen Alarm, die Politik zeigt sich ratlos, lehnt aber trotzdem aktive Sterbehilfe weiterhin ab.
Der Mensch steht im Mittelpunkt!
Da kommt das neue Diebstleistungsangebot der Post gerade richtig. Weg mit den Schaltern vor Ort! Statt dessen Aufbau neuer, dezentraler Zentren.
So wie jetzt in Markranstädt. Ab Freitag bleibt der Postschalter im Edeka-Citymarkt geschlossen. Die Alternative öffnet am 4. November in der Krakauer Straße 8.
Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Der Kunde bekommt gratis nicht nur mehr Bewegung verordnet, sondern bleibt auch geistig länger frisch. Neue Wege führen zur Erkundung neuer Stadtgebiete und das wiederum fördert die kognitiven Fähigkeiten des Gehirns. Auch die Sozialkompetenz des Einzelnen profitiert, trifft man doch dabei auch mal auf andere Menschen.
Leider sieht das der gemeine homo marcransis mal wieder anders. Die Negativ- und Problemdenker haben in den sozialen Netzwerken ohne nennenswerte Gegenwehr die Oberhand gewonnen und jammern mit solch lächerlichen Argumenten wie weiteren Wegen. Dabei sind sie sich auch nicht zu schade, ihre eigene Bequemlichkeit hinter den angeblichen Interessen älterer und gehbehinderter Menschen zu verstecken.
Die Post hat indes extra für die Markranstädter Mecker-Ethnie ganz besonders tief in die PR-Kiste gegriffen, um den Gegenwind zu einem bedeutungslosen Angstfurz abzuflauen. Selbst der schärfste Kritiker muss schließlich vor lauter Scham verstummen, wenn er über weitere Wege klagen will, wo das Ziel doch „Nahkauf“ heißt. Da liegt der Widerspruch schon im Namen.
Aber diese Strategie der Post hat jetzt leider nicht nur Vorteile. Mit den in den letzten Monaten am alten Schalter bei Edeka dahinvegetierenden Menschenschlangen dürfte es ab 4. November sicher vorbei sein.
Laufen statt kaufen
Der Begriff „Postbank“, die Hauptursache fürs lange Anstehen, wird auf dem neuen Schild bei Nahkauf nämlich fehlen. Kein Zahlungsverkehr mehr – kein langes Anstehen. Damit wird also auch eines der letzten intersozialen Begegnungszentren der Stadt von der Bildfläche verschwinden. Laufen statt kaufen. Oder noch einfacher: Latschen statt quatschen.
Zumindest erschließt sich dem Betriebswirtschaftler jetzt, warum das Porto trotz geringerer Serviceleistungen kontinuierlich steigt. Gesundheit ist ein teures Gut.
Genau hier setzen die modernen Dienstleister unserer Wachstumsgesellschaft an. Wenn unser Kreislauf in Fahrt bleibt, funktioniert auch der Kreislauf in der Wirtschaft. Unsere Gesundheit sollte uns das wert sein.
9 Kommentare
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Von Paketen hinzuschaffen und abholen in den neuen DHL Palast abgesehen, wo bleibt der Postbankschalter ? Wo kann man in der Zukunft Geld in Empfang nehmen? Wurde daran gedacht,oder einfach von der Postbank eingestellt ohne Ersatz in Markranstädt? Rentner haben ja Zeit und können jeden Monat einen Tagesausflug nach Leipzig absolvieren um ihre Rente in Empfang zu nehmen.
Geld ist doch out. Nicht mal die Sparkasse nimmt mehr Bargeld an. Läuft jetzt alles über Homebanking und Geldkarte, damit „das Leben der Anderen“ schön transparent bleibt. Was Ihre Rente angeht, ist die Botschaft doch klar: Bank wechseln. Es gibt da noch welche vor Ort…
Hier klappt es wohl nicht ganz mit dem Konzept „Ab in die Mitte“. Zur Ehrenrettung könnte ja der Briefkasten an der Krakauer Straße/Lützner Straße in die Hordisstraße umgesetzt werden. So wäre wieder einer in der Mitte. Der bisherige wurde ja mit der Begründung abgezogen, dass sich in unmittelbarer Nähe die Postagentur befindet. Das wird ja nun nicht mehr so sein. Aber ich glaube das interessiert die Post überhaupt nicht.
In der Leipziger Straße, direkt gegenüber der Kirche, steht ja noch einer. Aber der ist so groß und so gelb, dass man ihn vor lauter Dimension gar nicht wahrnimmt. Diese Perfiden, die.
Ein echtes Trauerspiel so in Wort und Bilder zu setzen, da ist ein Meisterstück gelungen. In den Kommentaren kommt der Ernst der Lage nochmals sehr deutlich zum Ausdruck. Und das Volk steht ratlos staunend da…
DHL-Packstation: Da sagt schon der Name, was man vom Kunden hält und an wen das attraktive Serviceangebot gerichtet ist.
Da habt ihr aber die ganz große Keule heraus geholt! Wurde Siegmar Gabriel auch um Zustimmung gefragt?
Menschlich zum kotzen die Postschliessung, journalistisch reicht es für Euch für den Grimme-Preis, die verbindliche Anwendung des Futur II in den Zeilen auf dem Foto „… ist geschlossen ab 01.11.2019″, ganz grosses Kino in Zeiten von “ ist geschlossen Alter!“
Ich hoffe, die (zwei?) Arbeitsplätze !!! bleiben beim Umzug erhalten. Schonmal an diese Schicksale gedacht statt nur an eigene Bequemlichkeiten?
Da die Postfrauen vom Termin der Schliessung sicher schon eine Weile wissen, muss sich niemand der seit Wochen maulenden Warteschlangen vorm Schalter mehr über die neuerdings häufigen Krankmeldungen wundern.
Autor
Das ist ein Aspekt um den sich die Qualitätsmedien kümmern müssen. Nur so viel dazu: Die Post betreibt ihre Filialen nicht selbst. Meist sind die Mitarbeiter des jeweiligen Shops also beim Betreiber des Shops angestellt und der wechselt jetzt vom Edeka-Betreiber Rothe zum Nahkauf-Betreiber Sachse. Insofern ist DHL fein raus. Ein humanistisches Trauerspiel – zu ernst für Satire. Das ließe sich bestenfalls mit einer Karikatur darstellen … ein Sklavenschiff auf dem Weg von der Leipziger in die Krakauer Straße…