Der große Tag: Bürgermeisterin feiert ihren Hundertsten!

Wir gratulieren Nadine Stitterich zum Eintritt in den lokalpolitischen Johannes-Heesters-Club und nutzen das heutige Ereignis für einen kurzen Rückblick auf ein bewegtes Leben als Bürgermeisterin. Zuerst aber klären wir mal auf, was es mit den ominösen 100 Tagen auf sich hat. Es hätten ja beispielsweise auch 23 Meter oder 112 Kilogramm sein können. Schlimmstenfalls aber auch sieben Jahre. Weshalb also gerade hundert Tage?

Die 100-Tage-Frist ist ein nirgendwo rechtsverbindlich hinterlegter Deal zwischen politischen Amtsinhabern und journalistischen Schmierfinken. Demnach soll der Politiker Zeit haben, ausreichend Fehler zu begehen und aus ihnen zu lernen, ohne dass sie ihm auf die Füße fallen.

Diese Form der zeitweisen Aussetzung medialer Strafverfolgung geht übrigens auf die Präsidentschaft Franklin D. Roosevelts zurück, der sein Amt mitten in der Weltwirtschaftskrise übernahm. Er bat seinerzeit um 100 Tage Schonfrist, bis sein legendäres Reformprogramm „New Deal“ volle Wirkung entfalten konnte.

Ebenso wie Halloween, der Wellendeins Tee, Facebook oder ethnische Säuberungen (immerhin rund neun Millionen Indianer) dauerte es nicht lange, bis auch dieses us-amerikanische Kulturgut nach Europa übergeschwappt ist und sich hier pandemieartig ausgebreitet hat. Seitdem genießt ein Bürgermeister auch bei uns eine Schonfrist.

Traditionell gibt es unmittelbar nach Ablauf dieser Phase eine erste Bewertung der Regierungsleistung, die sogenannte 100-Tage-Bilanz. Das ist allerdings Sache der Qualitätspresse, die ja bei diesem Deal sozusagen Vertragspartner des Amtsinhabers ist. Satiriker sind daran nicht gebunden und können – wie immer – machen was sie wollen. Und vor allem wann sie wollen. Also heute.

Corona hin oder her: Im Stadtrat hat Nadine Stitterich (mitte) schon ab und zu mal ihre Maske fallen lassen.

Corona hin oder her: Im Stadtrat muss man schon ab und zu mal die Maske fallen lassen.

Nadine Stitterich hat ihre Schonfrist nach allen Regeln der Kunst genutzt, das muss man neidlos anerkennen. Wenn sie aus ihren ersten Schritten die richtigen Lehren zieht, kann sie eigentlich nur noch alles richtig machen und uns steht eine rosige Ära bevor, die in die Analen der Stadt eingehen wird.

Zu beneiden ist Nadine Stitterich nicht, weder um den Job noch um die Aufgaben. Da es ohne Einführung einer Uniformpflicht schwer ist, Freund von Feind zu unterscheiden, kann man sich ganz schnell mal von ausnahmslos missgünstigen Intriganten umzingelt fühlen. Da wird so ein Thron ruckzuck zum Foltersessel.

Dabei könnte sie selbst wahre Gegner, sofern es solche gibt, nicht mal eliminieren. Die Entlassung auch nur eines öffentlich Bediensteten kommt das Rathaus in der Regel so teuer wie das Brutto-Inlandsprodukt eines Landes wie Uganda. So viel Bauland haben wir am Kulki gar nicht mehr, um den Haushalt wieder auszugleichen.

Um die imaginären Rudel angriffslustiger Raubtiere zu domptieren, kann sie die nur ständig mit irgendwas beschäftigen. Ablenkfütterung nennt man das in der Jägersprache.

So wahr mir ich helfe. Vereidigung im KuK.

So wahr mir ich helfe. Vereidigung im KuK.

Da kann man mal eine Ausschreibung zurückziehen oder eine neue servieren, auch mal jemanden entlassen, der noch nicht lange genug da ist, um mit seiner Abfindung gleich die Sanierung des Stadtbades zu gefährden. Und während sich die gierige Meute blind auf diese Duftmarken stürzt, kann sie wenigstens mal ein paar Minuten ruhig durchatmen. Ein Knochen-Job!

Auch in Fragen der Repräsentation legt die Neue im Amt wesentlich mehr Kreativität an den Tag als ihre Vorgänger. Nicht allein dass der Stern auf der Motorhaube die Fahrerin als Kenner deutscher Wertarbeit ausweist. Auch die Zeiten solch einfallsloser Kennzeichen wie CR oder JR sind Vergangenheit. Statt dessen rätselt Markranstädt jetzt, was das ZA bedeuten soll. Womit nun auch das Volk seine Ablenkfütterung hat.

Das ZA stehe für Zarin, ist man in Teilen des Wahlvolkes inzwischen überzeugt, weil schon der alte Goethe einst meinte: „Sage mir was du fährst und ich sage dir was du bist.“ Die Leute machen sich’s manchmal wirklich so einfach.

Und überhaupt kann einem die permanente Kritik des homo marcransis so richtig auf den Zeiger gehen. Es gibt so viel Positives zu sehen, aber nein, das Volk will nur meckern.

Trophäen des Wahlsieges.

Trophäen des Wahlsieges.

Nadine Stitterich geht immer ordentlich aus dem Haus. Die Haare sind gekämmt, keine Krümel an den Mundwinkeln und ein frisches Taschentuch hat sie sicher auch stets mit dabei. Die Bügelfalten sitzen, sie riecht nicht, kommt nie in Jogginghosen ins Büro und im Gegensatz zu ihrem bärtigen Amtsvorgänger ist ihr Antlitz stets sauber rasiert.

Dazu ein strahlendes, gewinnendes Lächeln, das sogar hinter der Maske wahrnehmbar ist. Andere Städte müssen für Fotoshootings viel Geld in die Hand nehmen, um ihre Probleme werbewirksam in solch einem Glanz kaschieren zu können. Wir in unser aller Markranstädt kriegen diese Sonderausstattung für lau!

Kann man nicht auch mal sowas Positives sehen statt immer nur über Wirbel, Gegenwind und fragwürdige Ausschreibungen zu reden? Das fühlt sich ja fast so an, als läge da schon ein ganzes Jahrhundert hinter uns und nicht erst lächerliche hundert Tage.

 

10 Kommentare

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    • Ein aufmerksamer Bürger auf 2. März 2021 bei 12:24
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    Der schwere Rucksack unerledigter Aufgaben des letzten Bürgermeisters

    Ja, wie schnell die ersten 100 Tage der neuen Bürgermeister-Amtszeit doch schon vergangen sind! Dabei konnte sich Frau Stitterich aus dem fast einem Dutzend von Herrn Spiske immer von Ihm durch „GUTEN JOB GEGLAUBTEN “, ABER NIE ERLEDIGTE AUFGABEN, PROJEKTE UND MASSNAHMEN , hier nach Dringlichkeit und eigenem Gusto, etwas heraussuchen.

    So konnten wir Bürger gestern schon in der „Qualitätspresse“ zur Kenntnis nehmen, dass unsere neue Bürgermeisterin dankenswerterweise die nach über 12 Jahren immer noch fehlende Barrierefreiheit des am 15.12.09 schon in Betrieb genommenen Bahnhofs Markranstädt zeitnah beseitigen will! Hoffentlich kommt noch 2021 der dringend notwendige Fahrstuhl zum Einsatz damit die etwa 20 % der restlichen Einwohner, d. h. dann auch ALLE BÜRGER den dann barrierefreien Bahnhof und die Eisenbahn benutzen können!!

    Die etwa 30.0 T€ Betriebskosten/Jahr für den Fahrstuhl können WIR sofort und locker und leicht als Stadt jährlich einnehmen, indem wir das von Herrn Spiske im Neuseenland einmalige und von Ihm verantwortungslos eingeführte, kostenlose Parken bei uns am Westufer des Kulki wieder abschaffen! Denn durch die Wiedereinführung dieser Einnahmen der überall üblichen Parkgebühren dann auch wieder am Kulki, könnte die Stadt m.E. pro Saison mehrere 100.0T€ einbringen! TOLL, WENN DAS GELD AUF DER STRASSE LIEGT!!!

    Jetzt hoffe ich als aufmerksamer, aber auch als stark gehbehinderter Bürger, dass unsere Bürgermeisterin in den etwa 10 Wochen bis zur beginnenden Saison am See alle Voraussetzungen schafft, damit ein kostenloses Parken, der bis zu 1000 PKW und Wohnwagen an Hochsommertagen, auf den zwei Parkplätzen am Kulki wieder abgeschafft wird, denn damit könnten nicht nur die Betriebskosten des Fahrstuhls am Bahnhof, locker ausgeglichen werden!! Ich könnte wieder die S-Bahn benutzen!

    Nun wünsche ich unserer fleißigen Bürgermeisterin weiter ein „glückliches Händchen“, um aus dem Rucksack „der Erbmasse von Herrn Spiske“ mit viel Erfolg für uns ALLE, z.B. bei der Schaffung der seit über 11 Jahren zugesagten barrierefreien Toilette am Westufer des Kulki, oder der unverzüglichen Montage der vor über 7 Jahren am 04.07.13 einstimmig im Stadtrat beschlossenen Aufstellung der STADTMÖBEL in der Leipziger Straße 20-22, oder der Ertüchtigung der Priesteblicher Straße, oder der Errichtung einer weiteren m.E. dringend aber auch erweiterungsfähigen KITA, auch die Wiedererrichtung des abgebrannten STRANDBADES uvm., wirksam sein kann, bzw. zeitnah realisiert wird!!!

    Ein aufmerksamer Bürger

    1. Das Finanzierungsmodell ist nicht ganz stimmig. Es müsste ein Parkplatzwächter (24 Std.) eingestellt werden, um Zahlautomat und Schranke vor Jakedumas zu schützen. Auch das Toilettenhäuschen benötigt eine Arbeitskraft, denn die Verunreinigungen werden immens sein. Diese Kosten müssen also gegegerechnet werden.

      1. Mit diesem Fachwissen sollten Sie sich im Rathaus bewerben. Dort gibts Stellen für hochqualifizierte Akademiker schon ab Gehaltsgruppe E 10!

        1. Das wird nischt. Für so einen Posten bin ich viel zu jung, munter, agil und entscheidungsfreudig. Ich hätte Probleme mit den vielen einzuhaltenden Vorschriften und würde jedes Fettnäpfchen mitnehmen. Die behördlichen Klüngeleien sind mir fremd.

    2. Es hätte auch völlig gereicht, wenn Sie dazu ein Foto der Bürgermeisterin gepostet hätten. Wir alle müssen sparsamer mit den immer knapper werdenden Ressourcen des Internets umgehen.

    • Marc Ranstetter auf 1. März 2021 bei 14:48
    • Antworten

    „Zarin“ ist nur logisch. Eine „Kaiserin“ hatten wir in Markrans ja schon. Und die Trophäen des Wahlsieges dürften inzwischen verwelkt bzw. ausgetrunken sein. Nun beginnt der Ernst der Amtsausübung.

    1. Genau. Und dieser Ernst beginnt schon bei der ordnungsgemäßen Genderung der Amtsbezeichnung. Müsste es nicht BürgerInnenmeisterIn heißen?

    • Doppelrömer auf 1. März 2021 bei 10:19
    • Antworten

    Achso- ich vergas: Gratulation Frau Bürgermeisterin. 100 Tage=3+1 Gehaltsabrechnungen sind rum. Herzlichen Glückwunsch!

    • Doppelrömer auf 1. März 2021 bei 10:14
    • Antworten

    Mein Leseschmunzeln hat mich vom ersten bis zu letzten Buchstaben begleitet! Schöner Rückblick-schöner 2455er laaanger Ausblick. Jetzt gilt es also: Nicht mehr posen- Positiv wird’s für M. Ich bleibe dabei aber negativ, das ist mein Coronapositiv…
    Liebe Satiriker, ich glaube gesehen zu haben: Waren da nicht am besagten Gefährt vier Ringe ineinandergeflochten statt ein Sternchen? Das würde die Autokennerin noch mehr in’s Licht einer Expertin deutscher Wertarbeit rücken. Ist der Ursprung doch aus der Zusammenlegung teutonischer Autoschmieden entstanden- damals. Wie dem auch sei- das Sternchen fährt es doch.

    1. Dieser laaaaange Rückblick war eine Reminiszenz an die Gesichter der Leser, die schließlich auch immer länger werden.

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