Gestern hat der meteorologische Frühling begonnen. Nur eine Woche zuvor soll der wärmste Februartag in der Geschichte der Wetteraufzeichnungen gemessen worden sein. Eine fragwürdige Aussage, denn der Beginn der Aufzeichnungen lässt sich gar nicht so einfach datieren. In Leipzig wird seit 1863 aufgezeichnet, in Deutschland gilt erst 1881 als Jahr des Starts. Geklärt ist die Sache nur in Markranstädt. Wir haben hier nämlich auch einen Kachelmann vor Ort und weil das dem homo marcransis weitgehend unbekannt ist, haben wir ihn einfach mal besucht. Also hereinspaziert zu einer Stippvisite bei Daniel Ball, dem Wetterkönig von Markranstädt!
Anfangs sollte es nur eine Art Werbegag sein, was Daniel Ball und David Polz anno 2014 aus der Taufe gehoben haben.
Die beiden Betreiber der Markranstädter Firma TGS Webdesign wollten ihren Kunden damit ein interessantes Modul anbieten, mit denen die Internetseiten aufgepeppt werden können. Aktuelle meteorologische Live-Daten direkt aus Markranstädt, wer sonst kann schon mit sowas aufwarten?
„Am Anfang mussten wir schon ein paar Euro in die Hand nehmen“, erinnert sich Daniel Ball. Der 41-Jährige hat sich schon als Schüler dafür interessiert und zeitweise Wettertabellen geführt. Heute ist der Kraftfahrer auch aus beruflichen Gründen ein Wetterfrosch. Schließlich sollte man vor Fahrtantritt wissen, welche Witterungsbedingungen einen da draußen auf der Piste erwarten.
Die Kachelmänner kochen auch nur mit Wasser
Was Daniel Ball in die Hände spielte: Man muss heute kein studierter Meteorologe mehr sein, um Daten messen und vor allem analysieren zu können. „Dafür gibt es Software und wenn man das passende technische Equipment hat, ist der Arbeitsaufwand überschaubar“, hat er festgestellt. In den großen, namhaften Wetterstationen zwischen Ahlbeck und Zittau sind die automatisierten Abläufe nicht viel anders.
High-Tech unterm Dach
Das in Markranstädt eingesetzte Equipment besteht aus einem Temperatursensor, einem Regensensor, einem Windmesser und einem Windrichtungsanzeiger. Alles elektronisch gesteuert und mit einem rund um die Uhr laufenden Rechner verbunden, der die gewonnenen Daten mit einer speziellen Software ausliest, analysiert und auf einen Server hochlädt.
Weil das alles so reibungslos funktioniert, hat Ball noch eine spezielle Webseite dafür gebaut, die es inzwischen auf durchschnittlich 2.500 Klicks im Monat bringt.
Zugriffe weltweit
Zahllose Zugriffe auf die Markranstädter Werte gibt es darüber hinaus aus auch auf den Seiten von wetter.net, wettersektor.de, regionalwetter-sa.de oder dem internationalen Wetterportal wunderground.com, die allesamt auf die Daten aus der Zwenkauer Straße zurückgreifen.
Angelockt werden die Besucher auf der Markranstädter Wetterseite allerdings nicht nur durch die exklusiven Daten, sondern sicher auch von einem ganz besonderen Highlight, das einmalig in der Stadt am See ist.
Wer sich am Wochenende morgens das Alpenpanorama auf 3Sat oder dem BR reinzieht, tut das nicht nur wegen der entspannenden Schrammel-Musik beim Frühstück, sondern auch der Bilder wegen. Dank der Markranstädter Wetterseite gibt’s sowas auch live aus Lallendorf. Flachland-Panorama aus der Zwenkauer Straße – rund um die Uhr!
Wettercam rund um die Uhr
„Aus Gründen des Datenschutzes mussten wir die Qualität der Wetterkamera allerdings etwas runterfahren“, schränkt Daniel Ball überzogene Erwartungen ein. „Personen und Kfz-Kennzeichen dürfen nicht erkennbar sein.“ Und natürlich fehlen auch Zither-Klänge, Schuhplattler oder andere musikalische Weisen, die auf dem Überweisungsträger an die GEMA als vierstellige Zahl erscheinen würden.
Anerkennung gab es von der Fachwelt auch für die Genauigkeit der Markranstädter Daten. Selbst für satirisch geprägte Besucher aus dem kühlen Bunker der Markranstädter Nachtschichten grenzt das an ein Wunder. Wie schafft man es, nur rund einhundert Meter Luftlinie vom Rathaus und damit einem nie versiegenden Quell heißer Luft entfernt, die Temperatur trotzdem so exakt zu messen?
Daniel Ball lächelt und zeigt stolz auf eine selbst entworfene Anlage, die er Klimabox nennt. „Sensoren hängen üblicherweise entweder in der Sonne oder im Schatten und liefern damit keine exakten Daten, weil sie sich beispielsweise durch Sonneneinstrahlung selbst erhitzen.“
Klimabox „made by Balli“
Anders liegt der Fall, wenn sich der Sensor in Balls isolierter Klimabox befindet. „Ein Lüfter saugt die Außenluft an und der Luftstrom wird im Inneren der Box am Sensor vorbeigeführt. Dadurch misst er nur die Lufttemperatur.“
Seit fast sieben Jahren produziert die Markranstädter Wetterstation nun schon Daten aus dem Lallendorfer Zentrum. Sie sind abgespeichert und lassen endlich auch für den homo marcansis einen Blick auf die Werte „seit Beginn der Wetteraufzeichnungen“ zu. In diesem Fall also seit 2014.
Der Stationsrekord in Sachen Hitze wurde am 26. Juni 2019 mit 39,3° C gemessen. „Die 40 Grad-Marke haben wir noch nie geknackt“, weiß Ball, der vor allem deshalb an heißen Tagen immer wieder auf eines der überall in der Wohnung hängenden Displays blickt, die mit seiner Wetterzentrale vernetzt sind.
Markranstädter Rekorde
Ironie der Meteorologie: Der kälteste Tag lag ausgerechnet im zweitwärmsten Februar seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Deutschland. Kurz vor der jüngsten Wärmewelle wurden am 10. Februar in Markranstädt arschkalte -15,9 Grad registriert. Gemessen wurden sie in der zugleich längsten bislang aufgezeichneten Frostperiode, die vom 6. bis 15. Februar exakt 9 Tage, eine Stunde und eine Minute währte.
Die heftigste hoch über den Dächern der Zwenkauer Straße gemessene Windböe war am 29. Oktober 2017 mit einer Geschwindigkeit von 86,6 km/h unterwegs. Wohlgemerkt zu einer Zeit, als da noch Tempo 30 vorgeschrieben war.
Sorgenfalten ziehen sich über Daniel Balls hohe Stirn, wenn die Sprache auf Niederschläge kommt. Der Regen-Rekord stammt vom 27. Juli 2016. Damals fielen 36,9 Liter Wasser pro Quadratmeter auf den Markranstädter Mutterboden.
Wie’s aussieht, ein Bestwert für die Ewigkeit. Seitdem gibt’s immer nur Höchstwerte auf der anderen Seite der Skala und es hat den Anschein, dass der aktuelle Dürre-Rekord auch nicht mehr lange halten wird. In der Zeit zwischen dem 3. und 22. Oktober 2018 fiel in Markranstädt 19 Tage lang nicht ein einiges Tröpfchen zur Erde.
Datenbank angezapft
So, liebe Gemeinde: Wenn Sie künftig also ihren Blick oben in der linken Spalte (oder via Smartphone unter dem jeweils aktuellsten Beitrag) auf den Markranstädter Wetter-Monitor gleiten lassen, dann wissen Sie jetzt, woher die Daten stammen.
Einen virtuellen Besuch auf wetterstation-markranstädt.de kann allerdings auch dieses kleine, vor fünf Jahren eigens für die Markranstädter Nachtschichten entwickelte Display (vielen Dank nochmal!) nicht ersetzen. Klicken Sie sich ruhig mal rein und staunen Sie, was man da alles über die Markranstädter Wetterlage erfährt. Es lohnt sich!
2 Kommentare
Hallo Herr Kachelmann unserer Stadt am See, jetzt wird es spannend für die Damenwelt. Nach diesem Outing in den MN können Sie sich bestimmt vor heissen Anfragen nicht retten. Meine Frage zu Ihrem Beuteschema. Habe ich eine Chance: weiblich, zarte 40 Jahre, blond, schulterlanges Haar, sehr selbstbewusst, suche devoten Liebhaber? Einmal monatlich Blind Date Dienstagnachmittag nach Anmeldung.
Es ist wie immer beim Online-Dating: Die unangenehmen Eigenschaften werden verschwiegen. Also Herr Kachelmann, gar nicht erst freuen, sie hat Locken. Da dauerts ausnahmsweise auch mal 12 Minuten, bis man sich verliebt hat.