So langsam sieht’s danach aus, als hätten Bäume in Markranstädt eine stärkere Lobby als die vulnerable Impfgeneration und die Falschparker zusammen. Erst gab es Nachwehen zu den Fällungen in der Möwengasse, anschließend standen Waldarbeiten im Pappelwald auf der Agenda, danach ging’s an der Kita am Bad mit Kettensägen zur Sache und schließlich sorgte am Montag ein offener Brief samt Transparent auf der Fläche Zwenkauer / Ecke Lausener Straße für Aufsehen.
Auf die Holzarbeiten am Kita-Standort kommen wir in den nächsten Tagen ausführlich zurück. Beginnen wir also mit der Grünanlage am Abzweig der Lausener von der Zwenkauer Straße.
Dort wurden Passanten am Wochenbeginn vom Transparent einer Bürgerinitiative gegrüßt.
Ein Bürgerpark statt Bebauung wurde da gefordert und weil das Thema für viele Markranstädter etwas überraschend daherkommen könnte, hatten die Initiatoren gleich noch einen erklärenden Brief an einen Baum gepinnt, der an die Markranstädter Bau- und Wohnungsverwaltungs GmbH (MBWV) gerichtet ist.
Positiv: Nicht anonym
Absender ist eine Bürgerinitiative und die namentliche Urheberschaft ist auch schon das positivste Merkmal dieser Form der Kommunikation. Wenigstens nicht schon wieder ein anonymer Brief.
Andererseits hätte es eines Absenders auch gar nicht bedurft. Bereits der Duktus des ersten Satzes liest sich wie ein in Worte gegossener DNA-Code. Darin heißt es, „… wir, die Bürgerinitiative (BIM) sind überzeugt Widerspruch, im Rahmen ihrer Tätigkeit als GF der MBWV, einem Eigenbetrieb unserer Stadt, also einem Eigenbetrieb der Markranstädter Bürgerinnen und Bürger, ist Ihnen fremd.“
Hauptsache gegendert
Das kommt dabei raus, wenn man Eigenbetriebe der Öffentlichen Hand mit deren eigenen Waffen schlagen will und sich am Beamtendeutsch versucht. Satiriker feilen an solchen Prologen mitunter Tage – und scheitern trotzdem.
Aber das Schreiben war jetzt nicht nur der heiteren Erbauung dienlich. Neben ernsten und nachdenklich stimmenden Tönen findet man darin auch Informationen, die für einige Bürger vielleicht auch in ganz anderer Hinsicht neu sind. So zum Beispiel der Name des Areals, der mit „Kleiner-Hennig-Park“ angegeben wird.
Gelichtete Reihen
Dort sind im letzten Sommer einige Bäume, vorwiegend Birken, der Trockenheit zum Opfer gefallen und mussten gefällt werden. Im Brief der BIM ist die Rede von „11 schönen, wunderbaren, abgestorbenen Bäumen!“ Laut Pressemitteilung der Stadtverwaltung vom August letzten Jahres waren es zwar 16, aber unterstellen wir ruhig mal, dass die fünf nicht aufgezählten Gehölze genauso schön und wunderbar abgestorben waren.
Doch das ist nur Geplänkel am Rande. Die Befürchtungen der Bürgerinitiative liegen tiefer und sind angesichts des Klimawandels absolut gerechtfertigt. Es muss selbstverständlich eine öffentliche Diskussion darüber geben, wenn Grünflächen bebaut werden sollen. Und wenngleich es im Rahmen des Planungsprozesses ausreichend Möglichkeiten für eine öffentliche Beteiligung gibt, kann man die Meinungsbildung durchaus mit Plakaten und Briefen fördern.
Problematisch ist allein, wenn mit solchen Zeilen suggeriert wird, dass die gesamte „Stadtgesellschaft eine Bebauung … des Areals absolut nicht wünscht“. Das kann zwar sein, ist aber erst mal nur eine Vermutung und kratzt damit an der Glaubwürdigkeit eines solchen Dokumentes. Das wäre ja fast so, als wenn sich ein Feuerwehrmann im Namen aller Kameraden von einem offenen Brief distanziert, obwohl der von einem Kameraden geschrieben wurde.
Das Argument der BIM, wonach die Fläche nicht als Bau- sondern als Wohlfühl-Lücke behandelt werden sollte, ist keinesfalls ein Leichtgewicht. Auf der anderen Waagschale liegt das bisherige stiefmütterliche Dasein der Grünanlage.
Oft nur als Abkürzung beim Transit zwischen Albertstraße und Südstraßenviertel genutzt, war das Areal zuletzt eher eine Oase für Hunde, die hier der tütenlosen Ablage ihrer Exkremente nachgehen können. Deutlich höher in der Skala sowohl der Aufenthaltsqualität als auch Bürgerfrequenz liegt da der gegenüberliegende Bereich am Krakauer Teich.
Abstimmung war schon
Wie auch immer: Der Hut liegt im Ring. Für einige Stunden lag er am Montag sogar für alle sichtbar dort, in Form des Plakates und eines Briefes. Allerdings zu spät. Der Bebauungsplan, angekündigt auf Seite 2 im Amtsblatt vom Januar, lag bis 26. Februar aus und bis dahin konnten von jedermann Stellungnahmen abgegeben werden.
Jetzt kommt es darauf an, ob und wie die „Stadtgesellschaft“ diese Möglichkeit genutzt hat, um ihre mutmaßlich absolut ablehnende Haltung zum Ausdruck zu bringen. Plakate und offene Briefe werden dabei allerdings nicht berücksichtigt. Gleich gar nicht, wenn sie nach Ablauf der Frist auftauchen.
Warten auf Ergebnisse
In einer der nächsten Sitzungen des Stadtrates wird die Stadtgesellschaft über das Ergebnis der Auslegung sicher informiert.
6 Kommentare
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Macht das letzte Stück grün platt, aber sich Ökostadt u.s.w. nennen wollen. Aber was tut man nicht alles, um die zinsgünstigen Kredite zu nutzen und Betonblöcke zu bauen. man sieht ja am Nahkauf wie das große Grundstück bis in die letzte Ecke genutzt wurde. Jetzt schon fehlen überall Parkplätze,, aber sicher haben die neuen Anwohner alle keine Autos und fahren Bus. Da ist wie immer nicht bis zum Schluss gedacht. Aber das ist ja nichts Neues in dieser Stadt.
Ganz ohne Spaß und Humor (also so wie Ihre Kommentar): Wir haben Ihre Ausführungen nochmal freigeschaltet. Bitte berücksichtigen Sie künftig, dass es hier etwas lockerer und eben mit Spaß, Humor oder notfalls auch einer Prise Zynismus zugeht. Der Tenor Ihres Kommentars ist eher was für die dem Toternst geweihten Medien.
Meines Wissens wurde Widerspruch einer gebildeten Bürgerinitiative mit Unterschriften gegen die Beseitigung dieses Hains schon am 10 August 1919 auf dem Bürgerbüro abgegeben. Kurioserweise wurde diese Liste nie aktenkundig oder anderswie bearbeitet oder bestätigt. Mich verwundert dieser Umgang mit unangenehmen Dokumenten nicht, wurden von unserer Bi seinerzeit fast 10.000 Unterschriften gegen den Bebauungswahn am Westufer vom damaligen Landwirtschaftsminister Kupfer entgegengenommen. Vom weiteren Verbleib konnten wir auch nichts mehr erfahren , außer, dass sich Herr Oliver Fritsche, unser Wahlkreiskandidat von der CDU nur so geäußert hat, dass es innerhalb der Ministerien schon vorkommen kann, dass mal was nicht weitergegeben wird. Wenn gebaut werden soll, wird geholzt und abgeholzt, das ist dann im Nachhinein gefundenes Fressen für Satiriker, die Dinge aber gehen ihren Gang, früher sozialistisch!
Zu kurz gedacht! Oliver Fritsche hat die Unterschriftenliste damals eigenhändig in die Wahlurne geworfen. Wie sonst sollten in einer Stadt mit 6.000 Wählern über 10.000 Stimmen zusammenkommen? Die überschüssigen 4.000 Stimmen wurden gleich als Rücklage für die kommende Bundestagswahl übertragen.
Ihr habt das Schreiben der BIM sehr schön zutreffend analysiert und auseinander genommen.
Ich habe mich an diesem sprachlichen Leckerbissen gelabt und habe mich zudem äußerst amüsiert!
Danke!
Grammatik gelernt bei Yoda sie haben.