Es war ein so großer Tag für die Markranstädter Gebirgsmarine, dass sogar das kleine „Rukulotte“ zu einem mondänen „Ruhm und Ehre der Kulkwitzer Seenflotte“ anwuchs. Das Pappbootrennen beim Promenadenfest war am Samstag in gleich vielerlei Hinsicht eine Machtdemonstration: Die Herrscher auf dem 8. Weltmeer kommen aus Lallendorf!

Nach zwei Stunden Bauzeit in der KFC-Werft waren die acht Teams bereit, zu einer Wettfahrt auf dem Kulki in See zu stechen.
Die nur aus Pappe und Klebeband gefertigten Gefährte waren samt ihrer Besatzungen eine einzige Hommage an die legendären Filme von „Das Boot“ über „Jagd auf Roter Oktober“ bis hin zu den mysteriösen Vorgängen auf der „Bounty“.
Das Boot
Die beiden Stege, zwischen denen sich die Start- und Ziellinie befand, erinnerten schon optisch an den Hafen von La Rochelle, von dem U 96 einst ablegte und dann auch dahin zurückkehrte. Winkende Bräute, Musik und flammende Durchhalteparolen inklusive.
Und zumindest das Team „Dauerbrenner“ hatte sich sogar an das Drehbuch gehalten. Gefühlte Stunden paddelte der Kapitän mit seinem kaum wind- und gleich gar nicht wasserschnittigen Gefährt gegen den Ostwind an und kam dabei kaum von der Stelle.
Im Geiste hörte man Jürgen Prochnow, als er Herbert Grönemeyer aufforderte: „Sie müssen die Milchgesichter nach ihrer Rückkehr fotografieren, da haben sie Bärte.“ Und in der Tat hatte der arme Paddler nach der Bewältigung seiner 200 Meter nicht nur einen Bizeps wie Balu der Bär, sondern es war ihm unterwegs ein Bart gewachsen.

Jagd auf Roter Oktober
Noch größere Probleme hatte ein anderes Team mit seiner Konstruktion. Unmittelbar nach dem Stapellauf zeigte sich, dass die „Müritzrakete“ einen klaren Rechtsdrall hatte. Kaum Raumgewinn für das Schiff, dafür souveränes Fahrverhalten im Kreisverkehr.
Zwischenzeitlich hatte es sogar das Anschein, dass der Schiffsführer die Zielboje aus den Augen verloren hatte. Wahrscheinlich war es ein Signal aus dem Papp-Sonar, dass ihn schließlich wieder auf Kurs brachte. „Senden sie ein Ping, Wassili. Und – Wassili – nur ein Ping!“
Molkerei auf der Bounty
Richtig gut kam die Besatzung des KFC durch die Wellen. Zwei junge Nachwuchskräfte mussten es sein, damit der Tiefgang des Torpedobootes die Wasserlinie nicht über der Reling zusammenbrechen ließ.
Weil insbesondere Verluste von jungen Kadetten vermieden werden sollten, befand sich der Rettungskreuzer des Seenotdienstes ständig in unmittelbarer Nähe des KFC-Flaggschiffs. Das allerdings sorgte wohl zunächst für Irritationen innerhalb der Besatzung. Offenbar hat der Funkmaat unter Deck mehrfach „Schraubengeräusche von 11 Uhr“ vernommen und gemeldet: „Kommt schnell näher!“

Da der Gegenbefehl „Rohr 1 bis 4 bewässern“ mangels irgendwelcher Rohre überflüssig war, mussten die Kids die Flucht nach vorn antreten und kamen so auf eine absolute Spitzenzeit. Am Ziel gabs aus Altersgründen dann statt Sekt zwar nur Milch, aber zumindest wissen die erfolgreichen Kids jetzt, was es mit der Molkerei auf der Bounty auf sich hat.
Titanic
Ihrem Namen machte die Titanic 2.0“ alle Ehre. Anders als das Original, erreichte es allerdings nicht einmal das Markranstädter Polarmeer. Schon beim Einchecken des Kapitäns neigte sich der Dampfer gen Steuerbord und warf seinen Käpt’n ab.
Der konnte allerdings gerettet werden und ließ es sich nicht nehmen, den notdürftig geflickten Seelenverkäufer erneut zu besteigen. Allerdings entschied sich der Kahn, das Hafengewässer trotzdem nicht zu verlassen. Was auch immer der Schiffsführer unternahm, der Bug des Pappkreuzers zeigte immer gen Strand.

…und dann war da noch die Polizei, die mit neuer Technik den Drogenschmuggel auf dem Kulki unterbinden will.
Das war gut so, denn die vollgesogene Pappe trat dann zwangsläufig den Sinkflug an. Und weil das unmittelbar in seichter Ufernähe geschah, schloss sich auf der Titanic dann auch der Kreis zum U 96 von Kaleun Jürgen Prochnow: „Eine Schippe Sand. Der liebe Gott hat uns eine Schippe Sand unter den Kiel geschmissen.“
6 Kommentare
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Rundum gelungen. Veranstaltung, Wetter, Berichterstattung der MN.
Markranstädt kann auch positiv.
Lauter gesunkene Schiffe und verschwendete Volksressourcen – was ist daran positiv?
Da staunt der Seemann- und der Matrose wundert sich! Welch geschichtliches Wissen gepaart mit MN den Schmunzel-Schreibenden! Und von wegen wir sind hier im Binnenland: Markranst ist Wasserhauptstadt! Tolle Bürger-Menschen hier…
Es war seinerzeit möglicherweise kriegsentscheidend, dass der alte Dönitz keine Markranstädter in seinen Wolfsrudeln hatte…
Ich beneide euren Humor!
Wir geben gern davon ab, weil wir so viel davon haben. Auch in der Hoffnung, dass die Menschen mit viel Geld mit ihrem Überschuss ebenso handeln. Allein ein Blick auf den Kontostand holt uns immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.