Neues aus der Vierten Etage – Volume 36

Donnerstag, 18:30 Uhr: Beginn der 36. Sitzung des Markranstädter Stadtrates. Wie lange sie dauerte, ist unerheblich. Punkt 18:36 Uhr war bereits alles gesagt. Nur wer unbedingt noch wissen wollte, welche Firma die Fassade des MGH anstreichen darf, war mit seinem Ausharren in der vierten Etage gut beraten. Trotzdem wird man in Lallendorf wohl noch lange über dieses Event reden. Die Markranstädter Nachtschichten wagen eine mutige Prognose: Noch zwei Sitzungen, und die Meute gehorcht aufs Wort. „Sitz!“ (im Stadtrat) und „Platz!“ (vor Zorn) funktionieren jetzt schon. Bald holen sie auch das Stöckchen.

Es waren eigentlich nur zwei Tagesordnungspunkte, die halbwegs Unterhaltung versprachen: Die Wahl eines neuen Aufsichtsratsmitgliedes der MBWV und das Prozedere zur Wahl eines neuen Beigeordnenden*/Innen (m/w(d).

Lustig: Dass ein neues Aufsichtsratsmitglied gewählt werden muss, war schon klar, als der bisherige Inhaber des Sessels gewählt wurde. Schon damals wussten gefühlt 90 Prozent aller Stadträte, dass Hartmut Kauschkes Tage im Rathaus gezählt waren. Außer Räuspern, Hüsteln und wissendes Gegrinse hatten die wissenden Volksvertreter allerdings nichts dazu beigetragen und hoben ihre Hände.

Wählen bis der Arzt kommt

Am Donnerstag sollte nun Kämmerin Silke-Kohles-Kleinschmidt in Kauschkes Fußstapfen treten. Wurde aber nichts, weil die Bürgermeisterin den Punkt gleich zu Beginn der Sitzung von der Tagesordnung gekickt hatte. Eine belastbare Begründung für diesen Akt blieb sie zwar schuldig, aber da sich nicht einmal die Stadträte dafür interessierten … geschenkt. Immerhin gibts bei der nächsten Wahl auch wieder Sitzungsgeld.

Und wieder (k)eine Wahl

Noch waren keine drei Minuten vergangen, da flog auch der zweite und damit letzte interessante Punkt von der Agenda. Es ging um die Wahl eines neuen Beigeordneten. Die ist zwar fast auf den Tag genau schon ein halbes Jahr her, aber … na ja … Markranstädt eben. In einer Demokratie, in der sogar diverse Minderheiten Mehrheitsrechte genießen können, reicht manchmal eben auch eine Mehrheit nicht.

Damit wollte die CDU Schluss machen und hatte beantragt: „Die Wahl zur 1. Beigeordneten der Stadt Markranstädt aus dem Stadtrat vom 3. 11. 2022 wird in der Stadtratssitzung 4/23 (also heute, d.R,) fortgesetzt“. Die CDU berief sich darauf, dass der Tagesordnungspunkt von der Bürgermeisterin seinerzeit ohne Ergebnis abgeschlossen wurde und damit die Wahl noch nicht zu Ende sei.

„Die Wahl ist daher fortzusetzen“, heißt es im Antrag. Da kreißt der Satiriker unter humoristischen Presswehen. Was ‘ne lange Wahl. Wenn der Akt mithin also seit dem 3. 11. 2022 andauert, könnte die Stadt das fällige Sitzungsgeld teurer zu stehen kommen als das Stadtbad nach seiner Fertigstellung anno 2037.

Neuwahl mit den Veteranen

Irgendwas muss der CDU im Laufe der Zeit allerdings selbst aufgefallen sein. Zumindest wurde rund 14 Tage später noch eine Ergänzung zum Antrag nachgereicht. Darin heißt es: „Die Wahl der/des 1. Beigeordneten wird mit den selben Bewerbern wie im Stadtrat vom 3. 11. 22 wiederholt.“

Zwischen Qual und Wahl

Die Frage, ob die selben Bewerber nach einem halben Jahr überhaupt noch für das Amt verfügbar sind, wurde völlig vernachlässigt. Aber wer will schon einen Beigeordneten haben, der seit dem 3. 11. 2022 keinen neuen Job gefunden hat und däumchendrehend im Schaukelstuhl sitzt, weil er auf seine Chance bei der nächsten Wahl wartet?

Wer will denn sowas?

Und mal ehrlich: Wer aus dem ersten Akt nichts gelernt hat und seinen persönlichen Leumund noch ein zweites Mal zur gemeinnützigen Beschädigung auf die öffentliche Richtstatt schleppt, dürfte auf der Liege in einer Praxis besser aufgehoben sein als auf dem Sessel eines Beigeordneten. Sich verheizen lassen, bekommt man als Paketfahrer bei Amazon zu deutlich günstigeren Konditionen.

Das Machtwort

Aber so weit hatte es die Bürgermeisterin sowieso nicht kommen lassen. Sie habe den Antrag zur Prüfung an die Kommunalaufsicht gereicht, woraufhin ihr diese mitgeteilt habe, dass er rechtswidrig sei. „Die Wahl vom 3. 11. 22 ist mit Nichterreichen der Zweidrittel-Mehrheit abgelehnt und abgeschlossen“, zitierte CR-2 eine eMail der Wachmannschaft des Landkreises.

Ob zuerst die Kinnladen der Christdemokraten auf die Tische klackten oder die Geräusche von den Messern kamen, die nach dem Lockern der Kieferknochen aus den Kauleisten fielen, ist im Nachhinein nicht mehr feststellbar.

Kulturelle Aneignung oder: Wenn Schwarze plötzlich weiß werden

Nur zu zwei Fragen waren die von einer Sekunde zur anderen weiß gewordenen Schwarzen fähig. Seit wann die Bürgermeisterin das wisse, wollten sie zunächst erfahren. Antwort: „Seit gestern.“ Und warum sie den Stadtrat nicht gleich oder zumindest vor der Sitzung auf den gleichen Wissensstand gebracht habe? „Es reicht doch, dass ich es ihnen  jetzt sage“, erfuhren sie daraufhin aus einem mit geradezu mütterlichem Lächeln gezierten Antlitz.

Gut möglich, dass sie eine andere Antwort erwartet haben, aber dann sollten sich die Damen und Herren mal auf ihre Kinderstube besinnen. Wenn Mutti damals abends gerufen hat „Es ist um sechs, jetzt geht’s rein!“, gab’s auch keine Fragen nach dem Warum. Es war 18 Uhr, fertig! Und wer seinen Unmut trotzdem artikulieren wollte … tja … Hosen runter, mit der Schwiebe ein paar auf den Nackten und ab in die Ecke.

Und das alles in nur sechs Minuten

Da standen sie nun, die Hosen in den Kniekehlen, Gesichter zur Wand und wagten nicht mal mehr die Frage zu stellen, wie es denn nun trotzdem mal weitergehen soll mit der Wahl des Beigeordneten. Ist ja immerhin schon ein halbes Jahr her, die Bekanntgabe des Rücktritts der damaligen Beigeordneten sogar schon über ein Jahr. Selbst die Kommunalaufsicht wurde von CR-2 so zitiert, dass eine Neuwahl zu erfolgen habe. Gab’s denn dazu in der Zwischenzeit wenigstens schon mal eine Ausschreibung?

Fragen über Fragen, aber statt Antworten soll es jetzt wieder ein Krisengespräch mit dem Landrat geben. Der gleiche Landrat übrigens, mit dem es erst am 16. Januar schon einmal eine solche Talk-Runde gab und die auch schon kein Ergebnis brachte. Ein totes Pferd reiten, nannten das die Indianer.

9 Kommentare

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  1. Ja hallo, ihr habt sie ja alle gewählt.

      • Xt'Tapalatakettle auf 21. Mai 2023 bei 11:35
      • Antworten

      Ne, das wiederlegt schon ein Blick auf die Wahlergebnisse.

    • Doctor Snuggels auf 8. Mai 2023 bei 17:32
    • Antworten

    Ich bin noch recht neu in Markranstädt und verfolge seit Ende 2020 aufmerksam die lokalen Eskapaden in unserer Stadt – erst mit einem Grinsen, aber leider seit einer Weile eher mit Entsetzen..

    Ich weiß nur nicht, was schlimmer ist: Das Stadtoberhaupt, dass sich mit Händen und Füssen gegen jegliche Transparenz wehrt – oder unser Stadtrat, der sich ständig vorführen lässt. Oder ist es unser Landrat, der nun schon den zweiten Stuhlkreis moderiert.

  2. Wenigstens erfährt die Bevölkerung dank MN mehr und Zeitnah was diese BM sich herausnimmt. Beschämend aber der „Biss“ der Stadträte und …innen als Vertreter Homo Markransis…

    • Beate Lehmann auf 8. Mai 2023 bei 8:46
    • Antworten

    Herrschen ist Unsinn.
    Regieren ist Weisheit.
    Man herrscht also, weil man nicht regieren kann.
    Johann Gottfried Seume

      • Georg Deimler auf 11. Mai 2023 bei 13:44
      • Antworten

      Hallo Beate,

      der Satz bringt es auf den Punkt. „Man herrscht also, weil man nicht regieren kann“
      Nur das „man“ muss natürlich gender gerecht durch „Frau“ ersetzt werden.
      So passt es wieder zum Artikel.
      VG Georg Deimler

  3. Es ist ein unwürdiges Trauerspiel, was auf dieser Bühne und auch hinter den Kulissen abläuft. Die Wahl einer Beigeordneten sollte eigentlich wie selbstverständlich über die Bühne gehen. Aber in Markranstädt wird so etwas zum Zankapfel und zum Mittelpunkt! Es ist lähmend!!! Und alle wissen, wer es inszeniert. Und dass es nur den politischen Randgruppen nützt und der Stadt brutal schadet.
    Traue niemandem, teile und herrsche!
    Ne alte Regel,- passt aber gerade auffallend

    • Ronald Wangler auf 7. Mai 2023 bei 16:25
    • Antworten

    Das ist ja fast nicht zu glauben.
    Ich danke für all eure Infos.
    MfG,

    • Xt'Tapalatakettle auf 7. Mai 2023 bei 9:39
    • Antworten

    Da fällt Dir nix mehr ein.
    Kopfschütteln, Kopfschütteln, Kopfschütteln.
    Da macht offensichtlich eine, was sie will und das einzige Korrektiv, das, ohne dass es Konsequenzen zu fürchten bräuchte, einschreiten MUSS, macht nichts…
    Die Stürme im Wasserglas kann man nicht mehr ernst nehmen.
    Faszinierend, was für Hasen CR-2 jedes Mal, wenn’s brenzlig werden könnte, aus dem Hut gezaubert bekommt. Interessant auch, was sich hier für Konstellationen ausbilden, bzw. sichtbar werden, wenn man sie denn sehen will. Wie passt das eigentlich alles zusammen oder…da passt ja einiges zusammen.
    Aber auch das scheint man der Duma in bester Heizdeckenverkäufermanier ohne plausible Erklärung verkaufen zu können.
    Da hilfts auch nix, dass sich ein Herr Meißner traut, hier einmal einen entschuldigenden Kommentar abzugeben. Das hier ist nicht die offizielle Bühne, dass muss man sich schon mal trauen, auf selbiger zu vermelden.
    Aber „wir machen das ja alles ehrenamtlich und woher sollen wir das alles wissen“.
    Da sitzen einige schon viel zu lange und eine leider noch nicht lange genug auf ihren bequemen Stühlen.
    Nächstes Jahr ist übrigens Kommunalwahl, da könnte man zumindest die Sitze um die Dikt…äh… Meisterin mal neu auswürfeln. Vielleicht kriegt der ein oder andere Markranster mal den A**** hoch und belässt es nicht bei „Da ändert sich doch eh nüscht…“

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