Die Markranstädter Wochenschau (19/2020)

Die aktuelle Wochenschau droht aus den Nähten zu platzen und ein mehrseitiges Poem zu werden. Um das zu verhindern, mussten wir zum gegenwärtig sowieso in Mode gekommenen Mittel der Zensur greifen. Den Rotstift zum Opfer gefallen sind vorwiegend erläuternde Ausführungen zur Stadtratssitzung am Donnerstag.

Die Tagesordnung der ins KuK verlagerten Sitzung umfasste 20 Punkte. Da eine Bürgerfragestunde ebenso fehlte wie der Punkt „Wichtige Informationen und Aktuelles“, war das öffentliche Interesse ungefähr so groß wie an der Sitzung einer Freimaurerloge. Auch Satiriker wollten sich das, selbst unter Zwang, nicht antun.


Hier die wichtigsten Beschlüsse:

  • Der Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2016 wurde mit einer Enthaltung verabschiedet.
  • Zur Digitalisierung an den Grundschulen Großlehna und Kulkwitz wurde der vorzeitige Maßnahmebeginn auf den Weg gebracht.
  • Quasi im Nachgang wurden zusätzliche Mittel für den Sportboden in der Stadthalle freigegeben.
  • Ebenso wurden geänderte Bebauungspläne und Ergänzungssatzungen sowohl für den Ortskern Göhrenz als auch das Bebauungsgebiet Seebenisch-West verabschiedet.
  • Der Vergabe der Straßenbauarbeiten für den Wirtschaftsweg durch den Pappelwald wurde ebenfalls zugestimmt. Der Anbieter hatte sich etwas verkalkuliert und muss das Vorhaben nun unter Beibehaltung der Leistungsmerkmale um rund 14.000 Euro günstiger ausführen.
  • Beim Neubau der Klassenräume am Gymnasium (Bebelhalle) wurde die Vergabe der Arbeiten für die Freianlagen beschlossen.

Sonstige Nachrichten

Autokino

Die Markranstädter CDU will angesichts der ausfallenden Feste wenigstens eine Alternative auf den Weg bringen, um „unter den gegebenen Umständen den Menschen unserer Stadt ein bisschen Normalität und Unterhaltung zu ermöglichen.“ Die Christdemokraten haben daher beantragt, die Möglichkeiten der Durchführung eines Autokinos am Westufer des Kulki zu prüfen.

Stattfinden soll es am Kinderfestwochenende, das vom 10. Juli bis 12. Juli geplant war und wegen der Corona-Beschränkungen ausfallen muss. Die CDU habe sich mit dem Kinderfestverein bereits verständigt.


Start in den Musiksommer per Video

Der für heute geplante Start in den Markranstädter Musiksommer fällt leider auch aus. Damit Liebhaber der klassischen Musik nicht ganz darauf verzichten müssen, werden in vier Teilen jeweils Samstag, Sonntag, Montag und Dienstag ab 16.00 Uhr Auszüge des Eröffnungskonzerts aus dem Jahr 2019 auf dem YouTube-Kanal „Markranstädt TV“ gezeigt. Zu sehen und hören ist die Sinfonie No. 8 op 93 F-Dur von Ludwig van Beethoven, aufgeführt vom Orchester des Sinfonischen Musikvereins Leipzig e. V. unter der Leitung des Kantors Frank Lehmann. 

Hier gehtt’s zum Youtobe-Kanal“ Markranstädt-TV“

Lassen Sie uns nach dem kurzen Blick auf die seriösen Nachrichten zur Wochensafari durchs wilde Markranistan starten. Weil uns diesmal keine Nachrichten vom Lande erreicht haben, die zu einem Ausflug dahin verlocken konnten, drehen wir uns also mal in der Kernstadt im Kreise. Beginnen wollen wir das Ringelreihen im KuK, wo am Donnerstag der Stadtrat tagte.

Einem sozialdemokratischen Instinkt folgend, wollte die gleichnamige Partei dort ein Zeichen setzen und fragte deshalb nach, wie in der aktuellen Krisenzeit den Soloselbstständigen zu helfen sei.

Der Hintergrund dieser Frage: Während DAX-Unternehmen Milliarden in die Schließmuskel geschoben werden, damit sie auch künftig noch Dividenden erbrechen können, dürfen die Solisten der deutschen Wirtschaft ihre Telefongebühren für drei Monate geltend machen.

Aber einige Abgeordnete der Markranstädter Duma scheinen ihr soziales Gewissen inzwischen durch den Konsum systemrelevanter Medien beruhigt zu haben, nach deren Überzeugung sich das Soforthilfe-Füllhorn über alle Beteiligten der Wirtschaft ergießt.

Ein Solo sind zehn Mann!

Und so schritt man im Stadtrat zunächst zur Definition, was denn ein Soloselbstständiger überhaupt sei. Die beste Antwort: Bei den Freien Wählern ist ein Soloselbstständiger ein Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern.

Drum heißt das ja auch solo: Mindestens zehn Freunde müsst ihr sein! Ab elf bist du nämlich schon zu zweit. Nach dieser Formel kann sogar ein Single in der Einzelzelle rauschenden Gruppensex haben.

Auftrieb zur Hartz IV-Alm

In Städten wie Leipzig oder Dresden ist man da wesentlich sensibler. Dort hat man die katastrophale Situation erkannt, dass es keine Hilfen für die Einzelkämpfer gibt.

Nach dem Dresdener Vorstoß hat Leipzig letzte Woche nachgezogen und für jeden Soloselbstständigen eine Soforthilfe in Höhe von 2000 Euro beschlossen. Im Landkreis Leipzig hingegen ist man der Meinung, dass das nicht nötig sei, weil es für diese Spezies schließlich schon ein Hilfsprogramm gibt. Es nennt sich Hartz IV.

Schön, dass man in dieser Frage auch die Markanstädter Duma eng an der Seite des Landkreises weiß. Dass diese Zuschüsse den Leipziger Selbstständigen auch eine bessere Position beim Neustart nach den Lockerungen bieten, könnte man als von öffentlicher Hand geförderte Wettbewerbsverzerrung betrachten.

Verschwörungstheorie! Es ist nicht von öffentlicher, sondern von langer Hand geplant. So jedenfalls fühlt es sich für die Betroffenen an. Der Landkreis-Einwohner ist damit Opfer zweiter und der Markranstädter sogar dritter Klasse, wenn noch nicht mal seine eigenen Volksvertreter wissen, was ein Soloselbstständiger ist.

Quasi soloselbstständig waren vor einigen Wochen auch die regionalen Erzeuger auf dem Markranstädter Wochenmarkt. Lediglich deren drei hatten sich dort zunächst im weiten Rund verlaufen. Von den eigens durch die Stadtverwaltung eingeladenen Firmen war gar nur eine dem Ruf nach mehr Ab- und Umsatz gefolgt.

Wochenmarkt im Aufwind

Aber die in den letzten zwei Wochen öffentlich wahrnehmbare Reaktion sowohl der Veranstalter als auch der enttäuschten Kundschaft hat wohl erste Früchte getragen. Langsam aber sicher kommt es auch bei den regionalen Erzeugern an, dass sich in den Köpfen der Kunden was geändert hat und man daher auch selbst etwas ändern sollte.

Artiges Anstehen in 1,5 m Abstand.

Immer nur von den Kunden Solidarität einfordern (Kaufen Sie vor Ort!), wird unglaubwürdig, wenn man sie nicht einmal gegenüber seinen selbstständigen Kollegen zeigt und sie statt dessen freitags auf dem Markt allein im Regen stehen lässt. So ein Markt funktioniert nur, wenn er Vielfalt bietet.

Und so langsam scheint tatsächlich Bewegung in die Sache zu kommen. Das gestrige Angebot war schon erfrischend bunter, entsprechend auch der Zuspruch der Kunden. Sogar der einst bei Edeka eingemietete Fleischer aus Pegau hat jetzt eine Möglichkeit entdeckt, wie er den Markranstädter Kunden nicht Wurst sein, sondern treu bleiben kann. Er bietet seine Waren open air feil.

Damit bot das Pflaster zwischen Kirche und Rathaus gestern mehr als nur einen Funken Hoffnung, dass sich dort eine zeitgemäße Alternative zu langen Lieferketten, eingeschweißtem Industriefutter und anonymisierten Online-Bestellungen etablieren kann. Jetzt liegts an den problemdenkenen Zögerern, den abfahrenden Zug noch zu erreichen.

Lockerung in der Hundetüte

Manchen Zeitgenossen scheint es nicht schnell genug zu gehen, dass auch für die Schließmuskel ihrer Hunde endlich Lockerungen beschlossen werden. Ist ja kaum noch zu ertragen, jedesmal hinter dem Tier auf die Knie zu fallen. Wenns denn im Zweifelsfall überhaupt was im festen Aggregatzustand ist und es dem Herrchen nicht durch die Glieder fährt, dass es besser den Trichter aus der Küche mitgenommen hätte.

Nachdem nun endlich auch die Sandkästen auf Spielplätzen wieder verfügbar sind, haben Hundefreunde in einem beherzten Akt zivilen Engagements zur Selbsthilfe gegriffen und den Behörden die Arbeit erspart, auch am Kulki für die Entfernung der Krisenbeschilderung zu sorgen. Sie haben die Sache einfach selbst in die Hand genommen.

 

1 Kommentar

    • Begeisterte MN-Groupie auf 9. Mai 2020 bei 11:33
    • Antworten

    Obwohl das mit Flakscheinwerfern illustrierte Titelbild der aktuellen Ausgabe der Wochenschau nichts Gutes verhieß, haben mich die MN-Redakteure auch diesmal nicht enttäuscht und sind wieder Überbringer guter und hoffnungsvoller Nachrichten, wie man sie woanders – oder besser in der regionalen Presse – nicht findet. Nämlich genau die Kunde, dass der „angeschobene“ Regional-/Saisonalwaren-Wochenmarkt freitags in Markranstädt doch nicht im Wochenbett verendet, sondern auf dem Weg in die Vorschule ist. Gibt sie mir – nicht zuletzt aufgrund dessen, dass mein Lieblingsfleischer uns so die Treue hält – die Hoffnung, meinen Lieben wieder abwechslungsreiche Wochenendmahlzeiten im gewohnten Geschmackskanon bieten zu können. Und das mit Waren von hier – einfach Klasse. Einen Haken gibt es aber: Zu der Zeit, in der der Markt stattfindet, bin ich auswärts in L. auf Arbeit. Aber auch da setze ich auf die findigen MN-Redakteure, die bis jetzt für alle Lebenslagen den richtigen Tipp hatten. Enttäuscht mich nicht! Eine treue MN-Fännin

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