Fußball mit dem Taschenrechner

In Fußball gibt es derzeit Rudelbildungen, ohne dass auch nur eine Seele auf dem Platz steht. Grund dafür sind die Regelungen, die der Verband wegen der Corona-Pandemie ausgeschwitzt hat. Die sind derart vage formuliert, dass sich dagegen sogar die biblische Schöpfungsgeschichte wie eine wissenschaftliche Studie liest. Scheinbar wissen noch nicht einmal alle betroffenen Vereine, was die Regelungen so alles regeln.

Allein die Organisation des Fußballs ist ein Steilpass für jeden Satiriker. So ist der Sächsische Fußballverband (SFV) Mitglied im Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV), der wiederum ist Mitglied im DFB, der seinerseits in der UEFA ist, die in der FIFA organisiert ist.

Weil da jeder offenbar sein Süppchen kocht, gibt es nun unterschiedliche Regelungen mit noch unterschiedlicheren Auslegungen. Das Chaos ist vorprogrammiert. Da beispielsweise der Thüringer Verband einen anderen Weg gehen will als der Sächsische, gibt’s in der gemeinsamen Oberliga trotz aller Regelungen keine Regelungen.

Die beiden einzigen belastbaren Maximen lauten: Die Saison in Sachsen ist beendet und die Auf- und Abstiegsregelung in den Ligen wird außer Kraft gesetzt. Es gibt also keine Meister. Trotzdem will der Verbandsvorstand aber Aufsteiger ermöglichen. Namentlich genannt wurde in den Medien der SSV Markranstädt, der demnach den Aufstieg in die höchste sächsische Spielklasse wahrnehmen könne.

Die Verbindlichkeit der Floskeln

Andererseits heißt es aber auch, dass keine Mannschaft aus der Sachsenliga oder der Landesklasse absteigen muss. Das kann eigentlich nur bedeuten, dass die betreffenden Ligen aufgestockt werden müssen, zumal es aus der Sachsenliga wohl auch keinen Aufsteiger in die Oberliga geben wird. Aber den Begriff Aufstockung sucht man in dem entbundenen Regularium vergeblich.

Auch in den unteren Ligen gibt es trotz Regelung des SFV noch zahlreiche Fragen. Die Saison wird zum 30. Juni beendet und es werden bis dahin auch keine Meisterschaftsspiele mehr ausgetragen. Meister werden nicht ermittelt, ebenso gibt es keine Absteiger.

Wohlgleich könne es aber Aufsteiger geben, die „durch den SFV unter Anwendung einer Quotientenregelung ermöglicht“ werden sollen.

Dividenden, Divisoren und Quotienten

Wie die Formel genau lautet, steht in der SFV-Mitteilung nicht geschrieben. Möglich, dass sie äquivalent zu der des NOFV aus dem Quotienten aus Punkten und Anzahl der bis zum 13. März absolvierten Spiele gebildet wird. Was das dann für die Markranstädter Vereine allerdings wirklich bedeutet, ist nur schwer vorherzusagen.

Im Augenblick lässt das durch die Verbände entbundene Horrorskop folgende Deutungen zu:

Das Verbands-Horrorskop

Dem SSV Markranstädt wäre als Tabellenführer mit fünf Punkten Vorsprung auf den Zweiten selbst bei noch so abenteuerlicher Quotientenformel das Aufstiegsrecht nicht mehr zu wegzurechnen. Man wolle es auch wahrnehmen, sagt Vorstand Micha Unverricht. Mannschaft und Vereinsführung hätten sich dafür ausgesprochen.

Markranstädt: Aufstieg möglich

Allerdings steht dieses Votum in Abhängigkeit zum finanziellen Gerüst. Rein monetär ist der Unterschied zwischen Landesklasse und Sachsenliga zwar nicht so groß, aber wie sich die Sponsorenlage entwickelt, kann im Augenblick wohl kein Verein zwischen Elbe und Rhein annähernd vorhersagen. Das letzte Wort in Sachen Aufstieg ist also noch nicht gesprochen.

Räpitz: Abstieg wegreguliert

In der Kreisklasse A wird der Tabellenvorletzte SG Räpitz mit ziemlicher Sicherheit von der Nichtabstiegsregel profitieren. Ob man sich darüber freut, im nächsten Jahr wieder „da oben“ antreten zu dürfen, steht auf einem anderen Blatt.

Immerhin haben die Räpitzer in der laufenden Saison bei 18 Spielen den Rasen 13 mal als zweiter Sieger verlassen und nur drei Begegnungen gewonnen. Ein Indiz für die Planung: Im Umfeld des Vereins wurde jüngst schon mal das Wort „Trainerwechsel“ gehört.

Großlehna: Rechenspiele um Aufstieg

In der 1. Kreisklasse wurde der Stand mit Blau-Weiß Großlehna als Tabellenführer eingefroren. Da es Meisterlorbeeren nicht gibt, steht also nur noch die Frage nach dem Aufstiegsrecht im Raum.

Hier hat aber wahrscheinlich der Tabellendritte Sternburg Lützschena die besten Karten. Da mit Großlehna, Lindenau und Lützschena drei Teams punktgleich mit 31 Zählern vorn liegen, dürfte sich rein mathematisch der beste Quotient für die Bierbrauer aus dem Leipziger Nordwesten ergeben, die ein Spiel weniger absolviert haben.

Kulkwitz: Sowieso unabsteigbar

Völlig emotionslos können hingegen die Kicker aus Kulkwitz das Treiben betrachten. Mit 21 Punkten aus 14 Spielen liegen sie genau in der Tabellenmitte der 2. Kreisklasse und müssten sich selbst unter regulären Bedingungen nicht mit Aufstiegsgedanken beschäftigen.

Ein Abstieg ist von der Bodenplatte des sächsischen Fußballs ja ohnehin nur möglich, wenn man in einer Art sportlicher Kreislaufwirtschaft danach in der 1. Bundesliga ganz oben gesetzt wird.

Emotionen sind in Kulkwitz aber dennoch im Spiel, wenn auch auf einem ganz anderen Terrain. Der Verein begeht in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Hört man auf die von Verärgerung gestörten Signale alter Urgesteine des Vereins, war zwar sowieso keine große Sause geplant, aber jetzt drohen coronabedingt sogar deren vereinzelte Privatinitiativen ins Wasser zu fallen.

 

1 Kommentar

    • Franz Hüftenagrarökonom auf 10. Mai 2020 bei 23:35
    • Antworten

    Unter strenger Einhaltung folgender Regeln darf der Fussballspielbetrieb fortgeführt werden.
    1. Eine Schwalbe gilt ab sofort
    als abstandseinhaltendes Positivvergehen
    und wird mit einer rosa Karte belegt.
    2. Für Stürmer gilt die Maskenpflicht
    3. Libero und Torwart müssen hinter einer Plexiglaswand lauernd abwehren, die Maskenpflicht für diese Personengruppe besteht nur während eines direkten Beschimpfvorgangs des Schiedsrichters.
    4. Vor einem Einwurf hat der Linienrichter dem ausführenden Spieler Einweghandschuhe zur Verfügung zu stellen.
    5. Das Freistoss-Spray ist durch Desinfektionsspray zu ersetzen
    6. Auf der Auswechselbank ist jeder zweite Platz unbesetzt zu belassen
    7. Zum Zwecke der alternativen Darstellung emtionaler Erregungszustände hat jeder Spieler zwei vierbuchstabige Karten mit sich zu führen und zu geeignetem Zeitpunkte aufzuzeigen.
    Karte 1 ist zu beschriften mit „FREU“ , Karte 2 hingegen ist mit der Aufschrift „MIST“ zu versehen.

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