Kein schöner Brand in dieser Zeit

Das war ein heißer Start in die Eisheiligen. Nachdem erst ein Großeinsatz der Feuerwehr in der Leipziger Straße die Fachwelt der Physiker aufhorchen ließ (unerklärliche Phänomene: brennender Wasserkocher!) ist dann in der Nacht auch noch das Strandbad am Kulki abgebrannt. Trauer beim Zweckverband, beim Pächter und im doppelten Sinne auch bei den Gästen. Denn neben dem beliebten gastronomischen Domizil gingen damit auch die (fast) letzten Toiletten am Westufer in Rauch auf.

Offenbar brennen einige Wesen derart auf das Inkrafttreten der Corona-Lockerungen, dass die dabei abstrahlende Hitze auch zu spontanen Entzündungen außerhalb menschlicher Körper führt.

Zunächst sorgte am gestrigen Sonntag gegen 17 Uhr ein Wasserkocher für einen Großeinsatz in der Leipziger Straße. Normalerweise sind diese Geräte aufgrund der vorgeschriebenen Befüllung mit einer Art selbsttätiger Löschvorrichtung versehen. In diesem Falle scheint entweder die Automatik versagt oder sich das integrierte Löschmittel vorher verflüchtigt zu haben.

Kurz gesagt: Der Wasserkocher kochte sich selbst und die dabei erzeugten Dämpfe verrauchten sowohl die Wohnung als auch das Treppenhaus. Drei Personen mussten sich mit Verdacht auf Rauchgasintoxikation (früher: Rauchgasvergiftung) dem Rettungsdienst anvertrauen. Von hier aus: Gute Besserung! Während des Einsatzes wurde die Leipziger Straße von der Polizei halbseitig gesperrt.

Nur rund acht Stunden später wurden die Kameraden der Feuerwehr dann an die Kulki-Promenade gerufen. Der Montag war kaum eine Stunde alt, als das Gebäude am Strandbad lichterloh in Flammen stand. Obwohl in nur wenigen Metern Entfernung rund 30 Millionen Liter Wasser zur freien Verfügung standen, konnte die Feuerwehr beim besten Willen nichts mehr retten.

Die traurigen Reste eines einstigen Wahrzeichens.

Das Gebäude brannte bis auf die … ähm – sagt man bei Holzwänden eigentlich auch Grundmauern dazu? Egal, jedenfalls brannte das Gebäude vollständig ab und am Ende blieben nur noch ein paar brandneue Balken übrig. Verletzt wurde zum Glück niemand.

Während die Ermittler am Vormittag in den verrauchten Trümmern noch nach Anhaltspunkten für die Entstehung des Brandes suchten, machte in der Stadt bereits die Kunde von einem neuerlichen Ideenwettbewerb die Runde.

Denn mit dem Strandbad hat die Stadt in der vergangenen Nacht zwar einen inzwischen prägenden Teil ihres Erscheinungsbildes verloren, aber die gewagte architektonische Ausstrahlung des Gebäudes hatte unter den Bürgern und Passanten nicht nur Freunde.

Mahnende Bäderarchitektur?

Eher wollten manche darin eine Art in Holz gegossene Ausdrucksform postmoderner Erinnerungskultur erkennen, andere wiederum fanden den Baukörper einfach nur so unpassend.

Neuer Ideenwettbewerb?

Auch in der Leitstelle der Feuerwehr gab es augenscheinlich Rätselraten, welcher Kulturepoche das bauliche Ensemble zuzuschreiben ist. Also entschied man sich bei der Alarmierung offenbar dafür, die Einsatzkräfte nicht mit kulturellen Aphorismen zu irritieren, sondern mit einer möglichst treffenden Beschreibung des brennenden Objektes zum Ziel zu führen.

Pech, Zufall oder Brandstiftung – am Ende ist es nicht nur ein trauriger Anblick, sondern auch ein trauriges Ereignis. Nur eine Woche vor dem Neustart nach der Corona-Schließung trifft das nicht nur den Betreiber ins Mark, sondern auch die Gäste. Und natürlich den Eigentümer.

Das ist der Zweckverband Erholungsgebiet Kulkwitzer See (ZEG), dessen Vorsitz Bürgermeister Jens Spiske inne hat.

„Ich habe bereits mit dem Pächter gesprochen“, sagte Spiske am Vormittag. „Jörg Seifert ist ja einer, der nach vorne guckt und gleich wieder loslegen will.“ Der Gastronom arbeite schon „heftig“ daran, eine Interimslösung zu finden, um den Betrieb wiederaufnehmen zu können, so der Bürgermeister und ZEG-Chef..

Inzwischen soll es Hinweise auf Brandstiftung geben.

Jens Spiske habe Seifert Unterstützung sowohl der Stadt Markranstädt als auch des Zweckverbandes zugesichert. Dass es weitergehe, sei nicht die Frage, zeigte sich Jens Spiske ob Seiferts Aussage erleichtert.

Notdurft Hafenkante?

„Aber man muss natürlich überlegen, wie es weitergeht. Ob es wieder aufgebaut wird, ob es anders aufgebaut wird … wie auch immer. Jörg Seifert will auf alle Fälle dran bleiben und den Standort in den nächsten Jahren weiterbetreiben“, so Jens Spiske gegenüber MN. Zunächst seien dazu auch versicherungstechnische Fragen zu klären.

Auch die Toiletten sind im Eimer.

Allerdings dürften Jens Spiske nicht nur in seiner Eigenschaft als Verbandsvorsitzender einige Sorgen umtreiben. Mit dem Gebäude am Strandbad sind zugleich die nahezu letzten Möglichkeiten zur würdevollen Verrichtung einer Notdurft am Westufer des Kulkwitzer Sees vernichtet worden und damit wäre auch die Stadt selbst mit im Boot.

Lediglich im „Ab ans Ufer“ steht noch ein letzter Fels in der Brandung, bevor der Begriff „Null-Null“ seine wahrhafte Dimension entlang der Uferpromenade entfaltet.

 

3 Kommentare

    • Michaela Täschner auf 17. Juni 2020 bei 18:28
    • Antworten

    Natürlich wie immer nur von hörenden und sagenden Mitbewohnern unseres schönen Städtchens vermittelt bekommen, dass es nicht weit her ist mit der tatkräftigen Unterstützung der Stadt und des Zweckverbandes. Der Pächter, so sieht’s für den uninformierten Bürger der Stadt aus, steht ziemlich alleine da. Vielleicht ist es euch eine Recherche und Aufklärung wert. Was wird nun aus dem Strandbad. Und wer hilft am Ende.

    • Volker Schack auf 12. Mai 2020 bei 14:56
    • Antworten

    Ich Arbeite seit 1969 und wohne seit 1972 in Markranstädt am See. Habe miterleben müssen, wie die Fischhütte auf der Campingseite des Sees und die Beachbar auf unserer Seite angezündet und abgebrannt worden sind. Diese Strandbaracke hätte nie rein aus Holz und Pappdach gebaut werden dürfen. Ein Ideenwettbewerb für eine gute Lösung wurde damals 2009 gar nicht erst ins Auge gefasst.
    Um wieder ein lauschiges Plätzchen einzurichten schlage ich vor, eine zweite Art „Ab ans Ufer“ zu installieren. Dazu würde die Interimslösung von Herrn Seifert mit Container (Imbiss und Toilette) und Bestuhlung der Fläche einschließlich dieser abgebrannten Hütte , versehen, ausreichen. Die Buchenhecke und die Büsche wurden ja nicht in Mitleidenschaft gezogen. Über Winter könnte alles abgebaut werden und zum Anbaden wieder aufgestellt werden. Der ganze Zaun wäre nur zurückgesetzt nötig. Die Schwimmpontonbrücke brauchte nicht abgeschlossen sein und könnte ganzjährig begehbar genutzt werden!

    1. Na das ist doch mal ein Vorschlag. Respekt! Allerdings würde es zu dessen Umsetzung, ebenso wie für andere Visionen oder den schnöden Wiederaufbau, eines arbeitsfähigen Zweckverbandes bedürfen. Die letzten an die Öffentlichkeit gelangten Nachrichten über dieses Gremium stammen vom Betreiber eines Beatmungsgerätes auf der Intensivstation.

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