Ein Sieger, ein Gewinner und viele Verlierer

Der gemeine homo marcransis hätte sich vom Besuch der Nominierungsveranstaltung der CDU um den Thron im Rathaus bestenfalls die Beantwortung einer physikalischen Frage versprechen können: Fährt ein Schiff schneller, wenn man den frischen Wind für das Boot auf Deck erzeugt oder vom Ufer aus? Aber dieser Frage wurde nicht einmal nachgegangen. Lassen wir unseren Blick also unter dem Gleichnis eines Boxkampfes auf das Geschehen richten. Das Event fand ja nicht umsonst im Sportcenter statt.

Die Markranstädter CDU hat auf ihrer Nominierungsveranstaltung am Mittwochabend den Kandidaten Peter Bär aus Quesitz ins Rennen um den Beamtensessel im Rathaus geschickt. Zweifellos eine Überraschung.

Dem unvoreingenommenen, nichts ahnenden Zuschauer muss dieses Votum wie ein Wunder vorgekommen sein. Weder der bisherige Saisonverlauf noch das direkte Duell im Abendkampf hätten auch nur ansatzweise ahnen lassen, dass am Ende ein 43:31 für Bär auf der Anzeigetafel stehen könnte.

Wenn man seine Sensoren allerdings rechtzeitig auf die höchste Empfindlichkeit justiert hatte, konnte man schon ein paar seltsame Schwingungen vernehmen, die den von Neugier getriebenen Besucher veranlassten, auch noch die Ohren aufzustellen.

So richtig war zwar auch nach Ausrichtung der Antennen nichts zu erfahren, aber es müssen wohl sowas wie Dopingvorwürfe im Raum gestanden haben.

Warmlaufen mit einem Indiz

Die Fragen, wer da wem möglicherweise was unterstellt haben könnte, welche Strategie dahintersteckt und welche Triebkräfte da am Wirken waren, musste das Publikum allerdings unbeantwortet mit nach Hause nehmen. Gleichwohl gab es Indizien, die hier und da für mögliche Gedankenspiele herhalten mussten.

Einen ersten Anhaltspunkt lieferte Bär selbst, als er seine Vorstellung mit der Aussage eröffnete, dass er nicht mit der AfD kooperiere und dies auch künftig nicht tun werde. Angesichts des Leitbildes seiner Partei, das eine solche politische Liaison ebenfalls ausschließt, drängte sich selbst dem uninteressiertesten aller Außenstehenden die Frage auf, was Bär zu diesem Auftakt-Statement getrieben haben könnte.

Als es um die Abstimmung zum Wahlprozedere ging, zeigte die CDU noch Geschlossenheit.

Solche Gedanken wurden dann aber erst mal Nebensache, weil das eigentliche Duell folgte. An dessen Ende hatten sogar Gegner von Heike Helbig einräumen müssen, dass sie den Fight klar gewonnen hat.

Lucky Punch in weiter Ferne

Bärs Vortrag war zwar so schlecht nicht und hätte für ein Sparring locker gereicht, zumal man ihm sicher auch fehlende Erfahrung mit öffentlichen Auftritten im Ring zugutehalten muss. Aber im direkten Vergleich war Bärs Vorstellung der Performance seiner Widersacherin weder rhetorisch noch inhaltlich gewachsen.

Mit dem Vorteil detaillierter Fakten und aktueller Daten, auf die sie in ihrem Boxstall Zugriff hat, entstand zwischenzeitlich sogar der Eindruck, dass Helbig zwei Gewichtsklassen höher kämpft als ihr Gegner. Diese erste Runde ging nach Punkten klar an die Bewerberin aus dem Rathaus.

Nach dem Gong zur zweiten Runde zeigten sich beide Athleten unverändert. Helbig wirkte zunächst immer noch irgendwie kämpferischer und in der Körpersprache mit starkem Siegeswillen. Aber jetzt stand nicht mehr das Duell mit dem Gegner auf dem Plan, sondern mit den Parteimitgliedern auf den Rängen. Die durften nun anonym Fragen an die Duellanten stellen.

Gleich zu Beginn ein erster Wirkungstreffer. Ob sie gegen Jens Schwertfeger intrigiert habe, wollte man von Heike Helbig wissen. Eine Frage, die sich der unvoreingenommene Besucher der Veranstaltung vielleicht noch mit dem etwas uninspiriert formulierten Rücktritt Schwertfegers von seiner Kandidatur schöndenken konnte.

Erinnerungskultur: Politbüro 2020

Immerhin könnten Vorgang und Formulierung zumindest beim älteren Besucherkreis Erinnerungen geweckt haben. Ulbricht wurde 1971 aus Altersgründen zurückgetreten, Honecker 18 Jahre später aus gesundheitlichen Gründen, in beiden Fällen erfolgte die Bekanntmachung zudem nicht von ihnen selbst, sondern vom Politbüro. Nun der Rückzug Schwertfegers aus persönlichen Gründen, bekanntgegeben in ähnlichem Duktus vom CDU-Stadtverband, ohne einen persönlichen Satz des Frankenheimer Ortsvorstehers.

Auch in der Körpersprache zeigte sich Helbig dynamischer, kampfbereiter.

Aber Schwertfeger selbst war es, der Helbig zur Seite sprang und die Frage beantwortete. Nein, er sei aus freien Stücken zurückgetreten und man habe nicht gegen ihn intrigiert, gab er bekannt. Auch Heike Helbig trat noch einmal ans Mikro und bekräftigte, dass sie nie intrigiert habe.

Danach kamen ein paar Fragen, die eher Peter Bär in die Hände spielten. Zwar machte Helbig auch dabei eine gute Figur, aber am Ende kamen dann noch zwei Fragen direkt in den Solar Plexus, die sie rhetorisch zum Taumeln brachten.

Erste Wirkungstreffer

Der erste der beiden Haken war sozusagen die Vorbereitung mit der linken Führhand. Der kam so schnell, dass nicht einmal das Publikum mitbekam, wie er angesetzt wurde. Es ging um die Frage, ob Heike Helbig Versprechungen an Mitglieder ihres Wahlkampfteams hinsichtlich einer künftigen Beschäftigung im Rathaus gemacht habe.

Da zogen sogar einige Gäste aus dem gegnerischen Fanblock kurz die Köpfe ein und gaben schockierte Laute von sich. Aber wo das Thema nun schon mal in den Ring geworfen wurde, musste sich Helbig auch danach bücken.

Das tat sie diesmal allerdings schon etwas dünnhäutig. Sichtlich getroffen, konterte sie mit einem Schattenboxen gegen nicht namentlich benannte Teilnehmer einer Videokonferenz. Die Wirkung dieses Gegenangriffs konnte sich daher auch nur bei denen entfalten.

Der Rest des nicht parteiangehörigen Auditoriums blieb verstört zurück und begann spätestens jetzt zu ahnen, dass es möglicherweise längst nicht mehr um Konzepte zur Stadtentwicklung, Visionen beim Wohnungsbau oder der künftigen Position Markranstädts im Herzen der europäischen Metropolregion Pegau-Kleinliebenau geht.

Treffer unter der Gürtellinie

Im regulären Wahlkampf gegen einen politischen Gegner sollte man mit der Aufforderung, Beispiele zur eigenen Teamfähigkeit aus den letzten sieben Tagen aufzuzählen, durchaus rechnen.

Aber in einem öffentlichen Nominierungsverfahren unter Parteifreunden sind solche Fragen nicht nur wegen des fehlenden Fragezeichens ein Statement, das einem rechten Aufwärtshaken ohne Handschuh gleichkommt.

Warten auf das Urteil, das Kreisverbandsvorsitzender Georg Ludwig von Breitenbruch (l.) verkünden musste.

Am Ende dieser zweiten Runde war sich das beobachtende Publikum uneins darüber, wer sie gewonnen hat. Während Bär an den ihm servierten Boxsäckchen kaum Gelegenheit hatte, wirkungsvoll zu glänzen, musste Helbig von gut durchtrainierten Sparringspartnern allerhand einstecken.

Da aber nicht die Punkte zählen, die man verhindert hat, sondern allein die, die man selbst erzielen konnte, hat so mancher Beobachter die Runde sogar unentschieden gewertet, mit leichten Vorteilen für Bär.

Welcher Kampf wurde gewertet?

Während die 77 anwesenden Kampfrichter zur Urne schritten, herrschte bei den Buchmachern nur verhaltener Betrieb. Egal ob man sich darüber freute oder es befürchtete: Helbig lag in der Wahrnehmung des unparteiischen Publikums so weit vorn, dass die Quoten kaum Gewinn versprachen.

Als der Ringrichter dann das Urteil verlas, klappten auf der Besuchergalerie reihenweise die Kinnladen auf die Balustrade. Peter Bär hatte den Kampf mit 43 zu 31 Punkten für sich entschieden!

Dem in mögliche Hintergründe nicht eingeweihten Beobachter war dieses Urteil nach Punkten nur so erklärbar, dass da vielleicht auch ein paar Leberhaken gewertet wurden, die zuvor außerhalb des Rings ins Ziel gingen.

Von Siegern und Verlierern

Augenzeugen mit satirischem Migrationshintergrund glaubten in diesem Moment jedenfalls, aus Nordost in etwa drei-vier Kilometern Entfernung ein paar Geräusche wahrgenommen zu haben. Klang wie Sektkorken oder gar ein Feuerwerk. Irgendein Volksfest wohl, drüben in Altranstädt. Aber egal, wer hier Sieger oder Gewinner war, es sollte an einem Abend wie diesem auch der Verlierer gedacht werden. Das war – dies konnte man im Anschluss aus vielen Mündern hören – Markranstädt. Nicht wegen des Ergebnisses, sondern wegen der Art und Weise, wie es zustande kam.

Wichtiger Hinweis: Kommentare zu diesem Beitrag werden nur freigeschaltet, wenn der Autor diesen uns gegenüber mit seinem Vor- und Zunamen zeichnet und seine gültige E-Mail-Adresse angibt. Dies sind unsere Lehren aus dem durch anonyme Fragen entstandenen Fiasko am Mittwoch im Sportcenter.

10 Kommentare

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  1. Mich hat an dem Abend einiges erstaunt, aber die Antwort von kandidatin Helbig, auf die Frage nach der 24-h-Wache der Polizei in Markranstädt hat mich vom Glauben abfallen lassen.
    Wie kommt man dabei auf Überwachungsstaat? Wie abgefahren ist denn das, zumal die eben beraubte und überfallene Kleine Farm zu Gast war- die hätten sich sicher solch eine Wache gewünscht, die auch nachts Streife fährt, oder das Problem mit Toiletten am See oder die Jakedumas mit ihrer oder den Drogen oder den Spielplätzen und auch das um die Gemeinschaftsunterkunft….

    Ich kann die Ablehnung nach den Vertretern der Exekutive in keiner Weise nachvollziehen…dachte, wir in der Demokratie brauchen die 3 Säulen des Rechtstaates, das kann man als Demokrat von der CDU doch nicht ablehen….

    Kann mir das mal einer erklären?

    • Ein aufmerksamer Bürger auf 14. Juni 2020 bei 15:31
    • Antworten

    Nach der griechischen Mythologie hat der Gott des NORDWINDES BOREAS wieder mal zu geschlagen…………..und die CDU erneut fast in die Atome zerlegt!!

    Vom Bürger aus gesehen zeigt der Mittwoch im Sportcenter ein DEUTLICHES TRAUERSPIEL DER CDU in Markranstädt, mit einer Wahrnehmung der inneren Haltlosigkeit und Zerrissenheit, des fehlenden Vertrauens untereinander, auch der fehlender Akzeptanz innerhalb dieser Partei CDU hier im Ort und das alles dargestellt an der „Pseudomacht von fast 100 CDU-Mitgliedern hier in Lallendorf“, wo immerhin 77,7 % am 10.06.20 anwesend waren, im Vergleich zu sonstigen Parteiwahlveranstaltungen mit 34 % oder noch nicht mal 50 % der Mitglieder, die sich sonst aufgerafft haben dieser Partei, zu einer Wahl, zu verhelfen!!!!????
    Und dabei gab es am 10.06.20 ein sehr vielversprechendes, von den Bürgern sehr akzeptiertes, fleißiges, erfolgreiches und anerkanntes, auch noch hoch qualifiziertes und in der CDU seit Jahren in mehreren Funktionen gut verankertes CDU-Mitglied mit tollem Netzwerk, Jens Schwertfeger aus Frankenheim, der sich für den „Thron im Rathaus“ rechtzeitig empfolen hat!!!!

    Einen besseren und erfolgversprechenden Bewerber einer Partei für das Rathaus, gegen den völlig überforderten und ohne jegliche Empathie für die Stadt und nur alle Probleme aussitzenden Bürgermeister Spiske, gab es für große Teile der Bürgerschaft, auch der CDU, nach meinen Kenntnissen nicht! Und über eine fahle und farblose Frau Helbig, die mit der „Brechstange“ gewaltsam versucht hat, erfolgreich zu sein, möchte ich genauso wenig, wie über ein aus dem „ZAUBERHUT“ und dem NICHTS hervor gegangenen und völlig unbekannten Herrn Bär erst gar nicht reden!!!!

    Aber über die sogenannten „MARKRANSTÄDTER VERHÄLTNISSE“ und über das „Fairplay innerhalb der CDU“ MUSS MAN SCHON ÜBERALL REDEN, denn dass ein Jens Schwertfeger durch den „NORDWIND BOREAS ausgestiegen wurde“ ist auch gut im „Segelboot der MN“ mit der Steuerfrau dargestellt!! Welches Unheil der NORDWIND BOREAS im Ganzen bringt, ist m. E. spätestens im September als großer Fehler, hoffentlich zu erkennen!!!

    Aber als Optimist bin ich zuversichtlich, dass der gebildete homo marcransis die wechselnden Winde und dabei den unheilvollen BOREAS aus dem Norden erkennt und im September die RICHTIGE WAHL trifft.

    Ein aufmerksamer Bürger

    • uta Lüngen auf 12. Juni 2020 bei 18:28
    • Antworten

    Oh das war aber eine große Familienveranstaltung, so eng wie alle beieinander hocken… ohne Mundschutz … ohne Distanz
    mh….

    • Bernd Hollwitz auf 12. Juni 2020 bei 16:57
    • Antworten

    Nun kann die Bürgermeisterwahl in Markranstädt aber tatsächlich noch sehr spannend werden.
    Evtl. haben einige CDU Mitglieder ihrer Fraktion am 10.6.2020 einen Bärendienst erwiesen!?

    • Ulrich Naser auf 12. Juni 2020 bei 15:00
    • Antworten

    Die Eindrücke der Nominierungsveranstaltung der CDU im Sportcenter können kaum besser beschrieben werden. Da wird die miserable Lautsprecheranlage in der Sporthalle fast zur Nebensage, wie auch der unchristliche öffentliche Umgang der CDU Parteimitglieder untereinander. Vielleicht waren nur Birgit Riedel und Jens Schwertfeger dem Anlass entsprechend richtig angezogen, als Teilnehmer einer Beerdigung.

  2. Wer sich streitet, wird nicht gewählt. Resümee des Versammlungsleiters Herr v.Breitenbuch, immerhin der Kreisvorsitzende des CDU, nach dem er seine CDU erlebt hat. Wie die CDU diese tiefe Zerrissenheit glaubhaft für den Wähler überwinden will bleibt abzuwarten.
    Meine Hochachtung gilt Herrn Schwertfeger, der trotz zweifelhafter Ränkespiele die ihn um seine Kandidatur brachten, eine bewundernswerte Ruhe ausstrahlte. Die Außenwirkung halte ich trotzdem für problematisch. Ausgerechnet der Bewerber, der jahrelang aktiv im Ehrenamt ist, sei es im Frankenheimer Heimatverein, als Stadt- und Ortschaftsrat, beim Aktionskreis barrierefrei … der wird vorab von den eigenen Leuten kaltgestellt. Ein fatales Signal an alle die, die jahrelang im Ehrenamt tätig sind.

    • markranster auf 12. Juni 2020 bei 11:46
    • Antworten

    Da zeigt sich mal wieder, daß sowohl inner- als auch ausserparteiliche Wahlkämpfe nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch hinter verschlossenen Türen ausgetragen werden. Wie soll sich dabei das Wahlvolk noch eine konkrete (Wahl-)Meinung bilden?

    • Enttäuschte auf 11. Juni 2020 bei 22:22
    • Antworten

    Alle wissen alles,
    keiner weiss Bescheid

    All die hochverehrten Weisen und Gelehrten
    Fragen sich wohin die Reise geht…

    Ihr Nachtschichtler habt Euch fair verhalten, besser hätte man den traurigen Abend nicht beschreiben können. Diesmal erhält der Karikaturist ein Sonderbienchen.

      • Connewitzer auf 14. Juli 2020 bei 22:59
      • Antworten

      [Der Inhalt des Kommentars wurde gelöscht]

      1. Was immer Du damit sagen wolltest: Wir sind hier in Markranstädt und nicht in Connewitz. Wenn Dir schon die Eier fehlen, zu Deiner Meinung zu stehen, dann nutze wenigstens ein Pseudonym und nicht die E-Mail-Adresse einer ahnungslosen Markranstädterin.

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