Endlich: Frauen fordern Rückkehr der Apartheid im Nahverkehr

Spätestens seit der 1968 erfolgten Anerkennung der Sorben als nationale Minderheit der DDR ist die Rassentrennung im Osten Deutschlands überwunden. Abgesehen von ein paar Ostfriesen, ein paar Millionen ostdeutscher Wanderarbeiter und einer unbedeutenden Minderheit von FDP-Mitgliedern gilt das inzwischen übrigens auch für den Westen. In den USA hat der Prozess etwas länger gedauert. Doch kaum dürfen auch dort Schwarze in den Zugabteilen der Weißen sitzen, regt sich in Deutschland eine Initiative, die in den Waggons der Bahn ein Wiederaufleben der alten Tradition einführen will.


In Deutschland ist eine Petition im Gange, die eine Trennung der Passagiere im öffentlichen Nahverkehr fordert.

Diesmal zwar nicht nach Weißen und Schwarzen, aber das Instrument ist das Gleiche wie das, was den Ku-Klux-Klan bis heute so erfolgreich macht.

Frauen wollen eigene Waggons. Eine längst überfällige Forderung, die zwar nach Sexualrassismus klingt, aber ihre absolute Berechtigung hat. Das zu verstehen, hilft ein Blick in die Historie.

For your wifes only

Denn die Abschaffung der Apartheid hatte auch in Deutschland ein tiefes Loch in die Gesellschaft gerissen. Weil der Deutsche Michel immer was zum Trennen braucht, drohte sein Geist mangels diskriminierbarer Rassen nun zu verkümmern.

Im DDR-Politbüro wusste man darum und hatte deshalb die Trennung auf vielerlei anderen Gebieten gefördert, um den Michel abzulenken. Mit der Trennung zwischen Ostmark und Geld beispielsweise oder Parteisekretären und Menschen, Arbeitern und Berlinern, Hammer und Zirkel, Genossen und Intelligenz oder Musik und Oktoberclub.

Das hat eine ganze Weile funktioniert. Wohlgemerkt: Schon 1968! Damals waren die Busse in den USA vorn noch für Weiße reserviert, während Schwarze im Heck hinter dem Kasten mit dem Streugut Platz nehmen mussten. Selbst im Falle einer Notbremsung war es den Negern bei Strafe verboten, nach vorn zu kullern.

Einheit statt Trennung

Im Osten Deutschlands ist man mit der Trennerei ganz gut über die Runden gekommen. Bis zum Mauerfall. Die Tinte unterm Einigungsvertrag war noch nicht trocken, da wurde dem Ossi schon gewahr, dass die Trennung vom Ehepartner, die es als soziale Errungenschaft bis dato quasi für lau gab, plötzlich unbezahlbar wurde. Was nützt die neu gewonnene Reisefreiheit, wenn einem auf dem Trip nach Thailand ständig der eigene Partner an den Hacken klebt?

Der Frust darüber währte aber nur kurz, denn bald schon wurde dem Michel eine neue Möglichkeit der Selektion geboten: die Mülltrennung.

Hier konnte die Tugend der deutschen Gründlichkeit allein bei der fachgerechten Entsorgung eines Teebeutels bis zum Exzess ausgelebt werden. Der Inhalt kommt in die braune Biotonne, der Faden in den Textilcontainer, die Stahlkrampe, die den Faden am Beutel fixiert, kommt in den Schrott und der Beutel sowie das kleine Schildchen in die blaue Papiertonne.

Das Ende der Trennungskultur

Doch irgendwann wurde auch das zu langweilig und es setzte die endgültige Verwahrlosung der Trennungskultur ein. Wegen Versetzungsgefährdung ganzer Schulklassen wurde das Bildungsniveau angepasst. Silbentrennung ist seither Glückssache, deshalb in jedem Fall richtig und macht folglich keinen Spaß mehr.

Auch in der Freizeit hat sich Tristesse breitgemacht, seit es im Jugendfußball keine Trennung zwischen Siegern und Verlierern mehr gibt. Jeder bekommt einen Pokal. Nur der Schütze des vermeintlichen Siegtores muss sich nach dem Spiel gegenüber der Gleichstellungsbeauftragten des Vereins rechtfertigen. Hat der renitente Bengel mit seinem Treffer die gegnerische Mannschaft vielleicht als Verlierer diskriminieren wollen?

Der Rasierer wird weiblich

Auch in der Politik gibt es inzwischen keine Trennung mehr, seit sich die selbsternannte Mitte quer durch die Farbpalette des Regenbogens miteinander vermischt. Das Ende vom Lied: Selbst die Geschlechterrollen wurden vereinheitlicht – der Rasierapparat wird jetzt von allen 75 Geschlechtern vereinnahmt.

Die nun eröffnete Forderung nach Trennung von Frauen und Männern im deutschen Nahverkehr ist eine logische Folge dieses ungelösten Konflikts. Allein für Satiriker ist das Kopfkino unbezahlbar.

Frauen suchen hektisch nach ihren Waggons, Männer folgen artig mit dem Gepäck.

Frauen suchen hektisch nach ihren Waggons, Männer folgen artig mit dem Gepäck.

Schon sieht man auf den Bahnsteigen bereits 30 Minuten vor der Abfahrt des Zuges hektisch kreischende Frauen auf der Suche nach ihrem Waggon „Femmes only“ umherirren, gefolgt von männlichen Kofferträgern, die auf dem Heiratsmarkt günstig erstanden wurden und jetzt demütig unter der Last ihrer Bürde hinter ihren Herrinnen her ächzen.

Allerdings ist die Online-Petition für Frauenwaggons noch immer viel zu halbherzig formuliert. Lediglich die Rechte der Frauen kommen dabei zum Ausdruck, kein Wort über die Pflichten der Männer.

Da muss noch mehr kommen!

Wie müssen sie sich verhalten, wenn sie (natürlich nur um den Koffer ihrer Herrin im Abteil zu verstauen), einen Frauenwaggon betreten? Müssen sie als Beweis ihrer Zutrittsberechtigung die Hose runterlassen und ihr Brandzeichen zeigen?

Wo sind die Konsequenzen?

Welche Strafen drohen ihnen, wenn sie sich unrechtmäßig in einem Damenwagen aufhalten? Müssen sie dann möglicherweise zurück auf die Plantage und den Rest ihres Lebens Spargel stechen? Und schließlich: Sollten männliche Zugbegleiter, die in Frauenwaggons Fahrscheine kontrollieren, vorher sicherheitshalber kastriert werden?

Ähnlich wie auf Zigarettenpackungen sollten an den Damenwaggons Warnhinweise zur Abschreckung gegen unberechtigtes Betreten durch toxische Männer angebracht werden.

Ähnlich wie auf Zigarettenpackungen sollten an den Damenwaggons Warnhinweise zur Abschreckung gegen unberechtigtes Betreten durch toxische Männer angebracht werden.

Wir erkennen: Allein mit der Forderung nach geschlechtlicher Apartheid im Nahverkehr ist es noch nicht getan. Es bedarf der Mitwirkung kompetenter Ausschüsse und breit aufgestellter Arbeitsgruppen, die diese Petition mit einem gesellschaftlich tragfähigen Gesamtkonzept unterfüttern. Dazu sollte nicht zuletzt auch ein Warnhinweis an den Waggons gehören.

Die Freuden der Männer

In etwa so: „Die Stereotype, die in diesem Wagen gelebt werden, waren früher falsch, sind es aber heute nicht mehr. Anstatt die Inhalte des Waggons zu entfernen, ist es uns wichtig, ihre Auswirkungen aufzuzeigen, aus ihnen zu lernen und Unterhaltungen anzuregen, die es ermöglichen, die Trennung von Menschen nach biologischen Merkmalen nicht als Diskriminierung anzusehen.“

Dieser Lerneffekt bedient übrigens auch eine uralte Sehnsucht der Männer. Endlich mal in Ruhe Bahn fahren und nur dem Takt der Gleise lauschen. Ohne ständig von Fragen genervt zu werden, ob zu Hause das Bügeleisen rausgezogen oder die Haustür abgeschlossen wurde.  Damenwagen: Es ist eine Petition für Männer.

4 Kommentare

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    • Bürgerin auf 20. März 2025 bei 13:25
    • Antworten

    Der Gedanke für Unsinnigkeit ist zumindest geboren. Damit können sich wieder die Menschen und Menschinnen eine Zeit lang beschäftigen, daran ewig festhalten um zu einer Lösung zu kommen. Ist diese dann nach jahrelanger Abwägung händeringend gefunden, dann ploppt plötzlich abrupt die Frage nach der Diversität auf. Noch ein extra Waggon?
    Das wird kompliziert.

    1. Das liegt möglicherweise auch am Bildungsniveau. Zu DDR-Zeiten hatten auch Frauen und Mädchen eine ordentliche Bildung genossen und konnten sich deshalb auch beruflich erfolgreich verwirklichen. Im Arbeiterzug nach Leuna oder Leipzig hatte man demzufolge wichtigere Gedanken. Im Westen ist da heute noch anders. Wenn man sogar schon in der Kita das letzte Jahr wiederholen musste, kann man bestenfalls einen Job bei den Vereinten Nationen bekommen und für den Arbeitsweg steht ein Jat bereit. Auf dem Flug nach New York hat man dann genügend freie Spitzen, um sich Gedanken über Frauentransporte bei der Bahn zu machen. Geistiges Sondervermögen sozusagen.

  1. Als Mann bin ich den Damen dankbar für den Vorstoß. Unter der Knute meiner Frau von früh bis spät auf der Spargelplantage gebeugt, habe ich leider nicht genug freie Spitzen, um mir über die Selektion an Bahnsteigen Gedanken zu machen. Wie gut, dass mir die Herrin meine Wünsche nach einer quasselfreien Bahnfahrt von meinem durch Peitschenhiebe vernarbten Rücken abgelesen und diesen Denkprozess für mich erledigt hat. Denn das Vorhandensein von Damenwaggons bedeutet im Umkehrschluss zugleich die Existenz von Herrenwaggons.

    1. Der Herrenwaggon hat bei der Bahn bereits eine lange Tradition. In der Fachsprache wird er Tender genannt.

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