Mit Feng Shui gegen Markranstädter Bankenkrise

Kraft durch Freude? Bislang chronisch unterbeschäftigte Einheiten einer geheimen Stadtguerilla haben mit einer neuen Ausdrucksform moderner Architekturkritik eine Beschäftigung gefunden, die ihnen endlich gesellschaftliche Aufmerksamkeit bringt. Die ganze Stadt rätselt nun, wer dahinter steckt.

Auf dem Stadtbiotop neben der Parkstraße sind sämtliche Bänke um 180 Grad gedreht worden. Kein Werk von Vandalen, denn die Sitzgelegenheiten sind festgeschraubt.

Die zum Lösen erforderlichen Werkzeuge und mehr noch die handwerklichen Fähigkeiten sind den vandalisierenden Bevölkerungsgruppen bekanntlich fremd. Ein stichhaltiges Alibi also.

Dass die Bänke hinterher auch wieder ordnungsgemäß und mit DIN-gerechtem Drehmoment angeschraubt wurden, erhärtet den Verdacht, dass hier hochqualifizierte Profis am Werke sind. Auch die jüngsten Angaben der Polizei, wonach die Zahl von Straftaten und Sachbeschädigungen allein im Umkreis von 50 Metern um das Alte Ratsgut um teilweise mehr als die Hälfte zurückgegangen sei, sind deutliche Indizien, die auf eine ganz andere Tätergruppe hinweisen.

Naturnaher gehts nicht, wenn man mit dem Gesicht direkt in der Hecke sitzt.

Es bleiben ja nur noch die Rentner übrig. Fiese, hinterhältig agierende Greise, die tagsüber an den Kassen der Supermärkte einen auf Mitleid machen, indem sie sich vertrauensvoll das Geld aus den Portemonnaies zählen lassen oder so tun, als würden sie auf dem Bahnhof an ein paar lächerlichen Stufen scheitern.

Nach Einbruch der Dunkelheit jedoch werden sie dann plötzlich aktiv. Aus den unscheinbaren Plastekisten ihrer Rollatoren, eigentlich als Gebissablage gedacht, holen sie dann leistungsfähige Druckluftschrauber raus und drehen die Bänke um. Was von Passanten am folgenden Tag bestenfalls als Protest gegen das sinnlose Aufstellen von Stadtmöbeln beurteilt wird, hat aber einen tieferen Hintergrund.

Dem Elend auf Straßen und Wegen einfach mal den Rücken kehren und vorm Panorama aus Gras und Hundehaufen entspannen. Wellness in Markranstädt.

Wer will sich schon auf einer Bank ausruhen, die einen zwingt, auf das Konzentrat des gesamten gesellschaftlichen Elends auf Straßen und Wegen zu blicken, wo sich hinter dem Rücken doch eine Idylle nahezu unberührter Natur erstreckt, deren Grün lediglich von ein paar Hundehaufen unterbrochen wird?

Aus Yin mach Yang: Die daoistische Harmonielehre Feng Shui zeigt die Stadt in neuen Perspektiven.

Welche wirtschaftlichen Perspektiven hinter solchen Aktionen stecken, zeigt auch die Bank in der Schulstraße. Wer will beim Ausruhen schon Busse zählen? Also flugs rumgedreht das Teil und schon sind die Sitzer dazu verdammt, sich mit dem Portfolio des Möbelhauses zu beschäftigen.

Das ist wie mit einem schlechten Song, der plötzlich zum Hit wird. Die stete Wiederholung bringt den Erfolg! Wer drei Tage in Folge stundenlang auf die gleiche Küche schaut, der kauft sie schlussendlich auch. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Werbewirtschaft das wahre Potenzial solcher PR-Maßnahmen erkannt hat und vor jedem Schaufenster Bänke stehen.

Man sollte also nicht schon wieder meckern, sondern sich viel eher mit den wahrhaft bedeutenden Botschaften dieser Aktionen und deren positiven Effekten beschäftigen. Handelt es sich doch in Wahrheit um Gestalt gewordene Vorschläge für eine sukzessive Umgestaltung der Stadtmöblierung nach modernen Feng-Shui-Maßstäben. Positive Energien aufnehmen, Kraftlinien folgen, den eigenen Körper von negativen Sennetts reinigen.

Und ganz nebenbei wird damit auch ein erzieherischer Lerneffekt für die Jugend erzielt, die es nie und nimmer fertig brächte, auch nur eine Schraube an einer solchen Sitzgelegenheit zu lösen. Quasi auf spielerische Weise wird ihnen ganz nebenbei nähergebracht, was eine Drehbank ist. Ein pädagogischer Synergie-Effekt, der die Markranstädter Bankenkrise in einem ganz neuen Licht erscheinen und das unter Nachwuchssorgen ächzende Handwerk jubeln lässt.

 

3 Kommentare

    • Beobachter auf 19. August 2019 bei 13:38
    • Antworten

    Hmmm, also Seebenischer wenn man deinen Kommentar so liest erklärt sich einiges und wird verständlicher im Bezug auf die Benutzer der 4 Etage. Denn manchmal kam mir der Verdacht dass dort etwas nicht stimmt, wenn man aber nun bedenkt dass Markranstädt 12h hinter her rennt ist es kein Wunder.
    Ich frage mich aber manchmal ob es wirklich nur 12h sind?
    Warten wir mal ab was die neuen irgendwann in der 4 Etage zusammen bringen und ob dann die neuen Stadtmöbel vor G&B auch hinter her hinken.

    • Bernd Hollwitz auf 19. August 2019 bei 10:14
    • Antworten

    Also, meine Damen und Herren,
    wenn wir in der Stadt Schildau wären,
    würde ich sagen:
    Das ist ein SCHILDBÜRGERSTREICH!!!
    Hier wird ein schier unglaublich toller Stoff für Satiriker, Lach – und Witzbolde geliefert.
    Ach ist das schööön …..

    • Der Seebenischer auf 18. August 2019 bei 19:37
    • Antworten

    Liebe MN-Redaktion,
    zur Lageveränderung der Stadtmöblierung gibt es eine anderweitige, aber einfachere und doch plausible Erklärung.
    Da die Erde rund ist und sich fortlaufend um seine eigene Achse dreht, wechselt folglich auch die Position der Stadtmöbel stetig, klar auch aller 12 Stunden exakt um 180 Grad, um dann nach weiteren 12 h ganzheitliche 360 Grad zurückgelegt zu haben und damit wieder in Ausgangsrichtung zu stehen, so galaktisch betrachtet. Heisst im Klartext, die Möbel stehen richtig, der Rest von Markranstädt konnte dem Raum-Zeit-Kontinuum nicht mehr folgen und somit ist Markranstädt, nun ja 12h oder viel mehr hinter der Zeit.
    Folgt man den Theorien Stephen Hawkins‘, könnte hier eine kritische Masse auf ein kritisches Minimum geschrumpft sein und nun treten auch erste Strahlen aus dem Markranstädter schwarzen Loch.
    Also, Sonnenbrille auf und investigativ weiter knallhart recherchieren! Euer Seebenischer

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