Von der Pressemeldung über die Fertigstellung des Weges durch den Pappelwald sollen sogar einige Mitarbeiter im Rathaus überrascht worden sein. Kein Wunder, sieht doch vor allem das Entree auf den ersten Blick eher wie ein Baustellen-Provisorium aus. Aber dahinter steckt viel mehr, als das morbide Erscheinungsbild ahnen lässt. Unser Volkskorrespondent Jabadu hat mal hinter und unter dem High-Tech-Schlagbaum rumgeschnüffelt.
Am frisch eingeweihten Pappelwaldweg wird der Passant von der neuesten Generation proaktiver Zugangsbeschränkungen begrüßt. Endlich mal ein Modell, das die Bezeichnung „Schlagbaum“ mit Fug und Recht verdient.
Basierend auf Erfahrungen mit der Frankenheimer Lösung, hatte sich offenbar eine Projektgruppe aus Vertretern des Stadtrats, der Stadtverwaltung und externer Berater (wahrscheinlich Toll Collect) damit beschäftigt, dass sich die im Norden der Stadt gemachten Fehler nicht wiederholen.
Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der möglichst ressourcenschonenden Fertigung einer „naturnahen Zufahrtsbeschränkungsanlage für zwei- und mehrrädrige Einzelpersonenbeförderungseinheiten im Indivudual- und Wirtschaftsverkehr“ [beamtendeutsch für Auto] aus nachwachsenden Rohstoffen.
Angesichts der überall offensichtlichen Kapitulation der Stadt vor Vandalismus und Zerstörungswut, wurde hier nicht nur eine robuste Variante favorisiert, sondern zugleich ein Modell, das im Brandfall schnell und flexibel mit Mitteln aus den Beständen des natürlichen Umfeldes ersetzbar ist.
Damit größere Fahrzeuge rechts oder links nicht vorbeifahren können (auch eine Lehre aus Frankenheim), wurde zurückgreifend auf den in 40 Jahren gereiften Erfahrungsschatz der DDR-Sicherheitsorgane auf beiden Seiten ein Schutzwall errichtet.
Doch auch damit längst nicht genug. Neben dem Schlagbaum ist eine rote Markierung angebracht worden, die dem unwissenden Betrachter anfangs Rätsel aufgeben könnte.
Erst bei einem Blick in die geheimsten Planungsunterlagen wird die Genialität dieser Vision offenbar.
Wenn in den kommenden Jahren der Ansturm auf die Markranstädter Weihnachtsbaum-Plantage einsetzt, muss der Schlagbaum natürlich auch für die vielen Kaufwilligen mit ihren Fahrzeugen geöffnet werden. Und was liegt da näher, als für diesen Transit einen Wegezoll zu erheben? Das rote Kreuz markiert also den Standort der noch zu errichtenden Mautsäule.
Insgesamt ist somit eine visionäre Symbiose aus ebenso ökonomischen wie ökologischen Lösungsansätzen gefunden worden. Im Unterschied zu Frankenheim, wo angesichts der Kurzlebigkeit des Schlagbaumes Ersatzmaterial als Kilometerware eingekauft werden musste und somit nur Kosten entstanden, sind hier Zusatz-Einnahmen für das Stadtsäckel zu erwarten. Chapeau!
2 Kommentare
Brumm-brumm,summte das Bienchen, welches sich dem Perdchen näherte und leider von diesem abgewehrt wurde, könnte man diese geniale Definition evtl. bissel straffen? Z.B. so:
„Naturnahe Zufahrtsbeschränkungsanlage für Einzelpersonenbeförderungseinheiten im Indivudual- und Wirtschaftsverkehr“ [beamtendeutsch] aus nachwachsenden Rohstoffen“
und dann, statt der Mautstelle, am passenden Ort dort einen Hotto-Blitzer aufstellen? Wäre doch schneller wirksam für die Stadtkasse u. evtl. ertragreicher als ein Reitverbotsschild,welches das Führen des Pferdchens nicht verbietet, oder?
Einige Tage nach Eröffnung weihte ich mit dem Fahrrad den neuen Weg ein. Die Oberfläche ist für Fußgänger und Radfahrer akzeptabel. Das sagten sich auch einige ReiterInnen trotz Verbotsschilder und gaben ihren Untersätzen die Sporen. Leider hinterließen sie außer den genetischen Fingerabdrücken auch unschöne AbdrÜcke der Hufe, die den Beginn der Oberflächenbeschädigung einleiten. Rad-,Rollstuhl- und Rollatorenfahrer sind sauer wegen soviel Unvernunft.