Markranstädt: Ein Montag im Schnee

Fast möchte man schon von einer Art meteorologischem Rassismus sprechen. Für das, was bei uns im Flachland das gesamte gesellschaftliche Leben zu Erliegen bringt, würden die Quirlschnitzer im Erzgebirge noch nicht mal ihre Schlitten aus dem Schuppen holen. Drei Flocken hochkant auf dem Gleis, schon ruht die Bahn und auch auf den Markranstädter Straßen sah es am gestrigen Montag nicht anders aus. Vom Autosurfer bis zum Rettungshubschrauber – alles dabei. Übrigens haben uns die Bürgerfreunde Markranstädt, die auch gestern wieder unterwegs waren, ein kurzes Video überlassen, das die Lage am Tag in nur 13 Sekunden festgehalten hat. Sehenswert: Klicken Sie einfach hier.

Natur: Natürlich natürlich

Der plötzliche Wintereinbruch ist ein Naturereignis, kein Ergebnis der Wettervorhersage.. Insofern kann man das in plötzliches Weiß gehüllte Ambiente auch einfach mal genießen, statt sich zu ärgern. Hier mal ein paar Impressionen dazu aus der Kernstadt.

Die Natur als Designer für Stadtmöbel. Sitzschalen inkliúsive.

Auf der Bank vorm Möbelhaus hat die Natur die Architektur sowas von vorgeführt. Statt flache Bretter moderner Designer, die in den Hinterbacken ein Muster hinterlassen und spätestens nach einer Viertelstunde dauerhafte Kreuzschmerzen verursachen, hat sie hier gezeigt, was natürlicher Sitzkomfort ist. Bionik nennt sich die Disziplin, in der die Wissenschaft von der Natur lernt.

Unberührte Natur auf dem Spielplatz in der Kita am Weißbachweg.

Von den hysterischen Nachrichten über den bevorstehenden Wintereinbruch haben sich auch die Markranstädter Kids anstecken lassen. So war die Infrastruktur der Spielplätze sprichwörtlich – nein, kein Schreibfehler – verweißt. Am Mittwoch sollen’s bis zu minus 20 Grad werden. Wenn der Schnee trotzdem verschwunden ist, haben ihn die Jakedumas mit Trinkhalmen aufgezogen.

Da muss einem kein Licht aufgehen, um das schön zu finden.

Nach der letzten Stadtratssitzung hat sich manche Dame beim Gang durch den Weißbachweg trotz hell leuchtender Lampen lieber männlicher Begleitung bedient. Gestern wars tagsüber leichter. Man achtete beim Transit zwischen Markt und Park nicht auf den Weg, sondern auf die Laternen. Da muss einem nicht mal ein Licht aufgehen, um das schön zu finden.

Verkehr: Mobilität im Stau

Nicht nur auf den Straßen war allerhand los. Auch im Luftraum über Markranstädt war reichlich Bewegung. Im Bereich B 87 / B 186 ging zeitweise gar nichts mehr. Hier war sogar ein Traktor im Einsatz, um feststeckende LKW von der Kreuzung zu ziehen.

Mit viel Technik ging's auf der Kreuzung gegen die Natur.

Am Nachmittag wurde die Situation durch einen Notarzt-Einsatz noch angespannter. Das Einsatzfahrzeug stand im Kreuzungsbereich, die Ampeln schalteten nach eigenem Dünken um. Entsprechend lang waren die Staus, auch die der Passanten. Eigentlich fehlten nur noch Stühle und Popcorn, um das winterliche Kinoprogramm bei minus 8 Grad temperaturgerecht zu komplettieren.

Künstlicher Schneesturm bei Landung und Start.

Einige Passanten postulierten bei diesem Anblick, dass das Programm für die ersten 100 Tage möglicherweise doch etwas zu ambitioniert war. Aber es stellte sich bald heraus, dass dieser Einsatz der Unterstützung des Notarztes in den Marktarkaden diente. Zeitgleich halfen sich Trucker in der Schkeuditzer Straße mit Schaufeln gegenseitig, um wieder auf die glatte Piste zu kommen.

Schahaaatz, welches ist unser Auto?

Auch in der Parkstraße (Foto), Schulstraße und Eisenbahnstraße mussten Anrainer ihre Autos freischaufeln. Sofern sie die fanden. Was da alles für Werkzeuge zum Einsatz kamen, lässt allerdings Zweifel am Entwicklungsgrad unserer Gesellschaft aufkommen. Teilweise wurde der Schnee sogar mit Eimern vom Erdboden gekratzt. Da mache noch einer Witze über Schildbürger.

Gesellschaft: Spaß haben

Am schönsten ist der Winter von seiner lustigen Seite. Das Internet lief gestern geradezu über von der Fülle kurioser Videos. Aber auch der gemeine homo marcransis zeigte, dass er durchaus in der Lage ist, der weißen Pracht reichlich Spaß abzugewinnen.

Motor-Snowboarding in der Ranstädter Mark.

Eines der meistgeklickten Videos war eine Szene von einem Snowboarder, der sich von einem Auto durch Leipzig ziehen ließ. Alles nur geklaut. Sandra Thuselt, Chefin des Kinderfestfereins, hatte zu jenem Zeitpunkt längst dieses Motiv aus der Ranstädter Mark im Kasten. Das ist der Beweis, dass Markranstädter in Sachen winterlicher Kreativität und Spaß wieder mal ganz vorne lagen.

Die Iglu-Siedlung. Bei REWE gibts demnächst Robbenfleisch und Eisbären-Leber.

Fernab der öffentlichen Wahrnehmung hat das Landratsamt in der Hordisstraße offenbar eine weitere Flüchtlingsunterkunft errichtet. Weil wegen der globalen Klimaerwärmung aktuell immer mehr Eskimos Asyl im eiskalten Markranstädt suchen, wurde quasi über Nacht diese Iglu-Siedlung aus dem Boden gestampft. Wer ganz still ist, kann die Kälte förmlich klirren hören.

Transport mit Köpfchen statt Stau mit Schneeketten.

Während in Deutschland der gesamte Warenverkehr zum Stillstand gekommen ist, zeigen uns ausgerechnet zwei afrikanische Frauen, wie der Transit von Lebensmitteln aufrechterhalten werden kann. Sie haben dabei sogar noch die Hände frei und laufen in der Neuen Straße ganz entspannt an hochmotorisierten Lieferfahrzeugen vorbei, die dort steckengeblieben sind. Faszinierend.

 

10 Kommentare

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    • Leser X auf 10. Februar 2021 bei 8:56
    • Antworten

    Also die Iglu-Siedlung ist ein Kandidat für den Comedy-Preis des Jahres. Hut ab, ich habe abgefeiert.

    1. Sie brauchen diesen Preis nur zu stiften und ihn an uns zu übergeben. Nicht so viel reden. Machen!

    • Bürger auf 9. Februar 2021 bei 16:30
    • Antworten

    Dienstag Nachmittag und immernoch alles voller „Schmierseife“ auf den Bundesstraßen . Unfassbar.
    Und ich dachte, die älteren Leute soll man schützen? Jetzt kommen dann reihenweise OHBs ins Krankenhaus bis endlich alle weg sind oder wie?
    Hier klappt nichts mehr in dem Land, außer Steuer- und Diätenerhöhung , siehe Landtag gestern. (300 Euro) ob die auch erst 2030 ausgezahlt werden wie die Coronahilfen?
    Aber wegen Schnee kann man sich auch bei den Impfungen rausreden, die nicht da sind
    Leute Leute, denkt genau nach wen ihr nicht wählen könnt dieses Jahr!
    Danke MN

    1. He Bürger, immer positiv denken, alles wird gut und wir schaffen das. Sonst kriegst du noch graue Haare.

        • Bürger auf 10. Februar 2021 bei 12:38
        • Antworten

        Was muss man nehmen um das Dilettantentum positiv zu sehen?
        Das mit den Haaren, reden wir nicht drüber.

        1. Eben. Die Friseure haben eh zu.

      1. Die sind doch heute überall rasiert…

    2. Sie haben wohl auch die Botschaft unserer Bürgermeisterin gelesen: „…bleiben Sie bitte zuhause, soweit es sich vermeiden lässt.“ Nicht immer alles so wörtlich nehmen.

    • Tilo Lehmann auf 9. Februar 2021 bei 15:00
    • Antworten

    Na ihr Autos: Da bekommt die „Parkstraße“ doch schon mal ne neue Bedeutung. In Leipzig dagegen ist das Auto Hordn (off sächsch) im öffentlichen Verkehrsraum unerwünscht. Radfahrer brauchen eben Platz. Für homo markransis gilt das nicht. Hier können die Gefährte öffentlich auf der Straße gehordet werden. Also ab in die Hordisstraße… Schöne Bilder übrigens (den Hubschraubergrund ausgenommen bevor hier noch rumgemosert wird).

    1. Der mit der Parkstraße war gut. Würde aber auch heißen, dass dem Winterdienst spätestens in der Edisonstraße ein Licht aufgehen müsste.

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