Markranstädter Startup lockt mit Fitness fürs Zwerchfell

Am Donnerstag ist es so weit: Der im Mai neu gewählte Stadtrat tritt zu seiner konstituierenden Sitzung erstmals zusammen. Traditionell ein Fall für Neugierige, die wissen wollen, wie die Neuen eigentlich aussehen. Aber das reicht bekanntlich längst nicht mehr, um das gemeine Bürgertum von den Fernsehsesseln wegzulocken. Deshalb hat sich die Stadt jetzt was einfallen lassen, um für noch mehr Neugier zu sorgen.

Es reicht schon ein Blick ins Bürger- und Ratsinformationssystem, um der Strategie ansichtig zu werden. Gleich eine ganze Reihe leerer Beschlussvorlagen lässt erahnen, worum es in der ersten Sitzung gehen soll. Hände heben für nichts!

Die betreffenden Beschlussvorlagen lesen sich zunächst traditionell bedeutungsschwanger. Zumindest bis Tagesordnungspunkt 6 beinhalten sie auch die Angaben darüber, was genau beschlossen werden soll. So beispielsweise die Besetzung der Ausschüsse.

Danach aber wird’s dünne. In der Beschlussvorlage zur Wahl eines stellvertretenden Bürgermeisters ist gar niemand nominiert, ebenso wenig wie bei der Wahl der Vertreter im Zweckverband Erholungsgebiet „Kulkwitzer See“. Trotzdem stehen beide Punkte auf der Tagesordnung.

Der gutgläubige homo marcransis könnte versucht sein, sich mit dem Argument zu beruhigen, dass den jeweiligen Beschlüssen vielleicht eine Diskussion mit anschließender Aufstellung entsprechender Kandidaten vorausgeht.

Dieser Wunschvorstellung widerspricht allerdings die Tagesordnung, die für ein solches Ansinnen keinerlei Spielraum lässt. Da ist klar und deutlich von Beschlüssen die Rede und nicht von vorangehender Diskussion, Nominierung oder Einigung. Und die den Beschlüssen zugrundeliegenden Vorlagen besagen eindeutig … nichts.

Das macht neugierig. Sollte es sich vielleicht um ein politisches Bildungsangebot für die Neueinsteiger im Stadtrat handeln? Sozusagen um Abstimmungsübungen zur Grundausbildung „Wie votiere ich richtig?“

„Ave, bin auch dafür“

Immerhin will auch das gelernt sein. Nicht dass da zufällig mal jemand den ausgestreckten Arm im 45-Grad-Winkel nach vorn reißt und dieses Signal der Zustimmung von anderen vielleicht noch instinktiv als Aufforderung missverstanden wird, diese Geste mit zurückgeklappter Hand zu erwidern?

Allein die sich daraus entwickelnde Neugier lockt sicher ein paar gelangweilte Markranstädter in den Fahrstuhl hinauf zur vierten Etage.

Kopfkino pur. „Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 7: Bestellung eines stellvertetenden Bürgermeisters. Wie Sie der vor Ihnen liegenden Beschlussvorlage entnehmen können, stehen zur Wahl: … niemand. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen.“

Dann wird kontrolliert, ob die Arme auch schön senkrecht gen Saaldecke zeigen. Leichte Abweichungen um plus-minus fünf Grad sind erlaubt.

Wir üben bis das sitzt!

Und damit das schlussendlich auch richtig sitzt, gibt’s die Übung dann gleich nochmal für die Besetzung des Zweckverbandes Kulkwitzer See.

Da kommt auch das Publikum auf seine Kosten: Der Ratssaal wird zum Fitness-Center fürs Zwerchfell. Und das alles sogar ganz für lau!

Auch wenn einige der wichtigsten Spaßfaktoren aus der letzten Legislatur nicht wiedergewählt wurden, verspricht das Unterhaltungsprogramm in der vierten Etage weiterhin höchste satirische Qualität. Kommse doch einfach mal mit!

 

2 Kommentare

    • jabadu auf 8. Oktober 2019 bei 22:54
    • Antworten

    Im Tagesordnungspunkt 8 soll beschlossen werden, dass die regelmäßigen Sitzungen des Stadtrates im Verwaltungsgebäude Markt 11, Ratssaal 4. OG stattfinden sollen. Schade, ein größeres Publikum bei den Sitzungen ist scheinbar nicht gewollt. Dabei bietet sich ja das KuK richtig an. Oder der “AST“. Dass es dort ginge, hat die Vergangenheit gezeigt. Beim Puppentheater wie „Rabe Socke“ oder die „Eisprinzessin“ war der Spielsaal immer bis auf den letzten Platz gefüllt. Warum sollte das bei einem kommunalen Kaspertheater nicht gelingen? Einen Versuch wär`s wert.

    1. Genau diese Gedanken (mit der gleichen Alternative KuK) haben wir auch schon entbunden und sie in einigen MN-Beiträgen auch schon schmackhaft zu machen versucht. Hat nicht geklappt – aus nicht nachvollziehbaren Gründen will man da nicht ran. Man munkelt, dass man – sozusagen als Kompromiss – den neuen Speisesaal der Grundschule (so er denn einmal fertig ist), nutzen will.
      Der Speisesaal ist denkbar ungünstig (akustische Anlage, Beamer, vor und nach der Sitzung jedesmal die Bestuhlung umräumen). Irgendwas muss da im Busch sein, was den Umzug ins KuK verhindert. Wäre jetzt ein guter Moment, das in der Bürgerfrage dem neuen Stadtrat mit auf den Weg zu geben.

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