Markranstädter Wochenschau (39): Zwischen Wahl und Corona

Allerhand los gewesen in dieser Woche. Da sind analytische Denker oftmals nicht nur an die Grenzen ihrer Fähigkeiten gelangt, sondern haben sie sogar teilweise weit überschritten. Am Redaktionstisch der Lokalgazette wurde mit Blick in den Kaffeesatz gar mutig postuliert, dass Spiske die Wahl nicht gewonnen hat, weil sein Name nicht unter dem Bild des Mannes stand, der hier seit sieben Jahren als Häuptling durch die Stadt und die Medien geistert. Lustich. Bär hatte seinen drunter – geholfen hat’s trotzdem nicht. Was nun?

Alles Geschichte. Es geht in die Verlängerung. Von Vorrunden-Siegerin Nadine Stitterich nehmen wir mal stark an, dass sie wieder antritt und sind sogar ziemlich sicher, dass sie den Vorsprung nicht nur locker ins Ziel austrudeln will. Da kommt ganz sicher noch was. Bär und Spiske haben ihre Ambitionen gegenüber den MN hingegen sogar schriftlich hinterlegt.

Zumindest beim CDU-Kandidaten wurde das vielfach nicht unbedingt erwartet. Das Zwischenergebnis war vergleichbar mit den aktuellen Rundenzeiten von Sebastian Vettel.

Aber Bär nimmts wohl ebenso sportlich wie die Scuderia Ferrari: Wenn man schon mal so viel investiert hat, kann man das Rennen auch zu Ende fahren. Chapeau!

Dabei darf er auch auf die Unterstützung seines Teams in der Boxengasse zählen, heißt es in einer von Bär selbst unterzeichneten Presseerklärung der CDU Markranstädt. Leichter wird’s zwar nicht, aber wenn man nichts mehr zu verlieren hat, führt das oft zu den größten Überraschungen. Also auf in Runde zwei.

Da will auch Titelverteidiger Jens Spiske an den Start gehen. Zwar mit rund 7,8 Sekunden Vorsprung auf Bär, aber einem Rückstand von 9,1 Sekunden auf die führende Nadine Stitterich. Für den Amtsinhaber nach eigenen Aussagen „keine Vorentscheidung“.

Und in der Tat hat Spiske schon mal eine furiose Aufholjagd hingelegt. Vor acht Jahren betrug sein Rückstand nach dem ersten Wahlgang sogar 11,9 Sekunden, am Ende der Verlängerung kam er mit 3,2 Sekunden Vorsprung als Erster ins Ziel.

Allerdings sind diesmal die Konstellationen anders. Jetzt kann er nicht mehr auf die Aufgabe von überrundeten Go-Kart-Piloten hoffen, die ihm ihre Treibstoffreste überlassen.

Zumindest hat Spiske aber schon mal Reserven an seinem bisherigen Fahrstil entdeckt. Demnach hat er zu oft in den Rückspiegel geschaut statt nach vorn.

„Ich habe den Fokus wohl zu sehr auf das Erreichte gelegt“, teilt er mit und hat erkannt: „Das reicht nicht.“ Deshalb will er jetzt den Blick darauf schärfen, was vor ihm liegt. Wir dürfen gespannt sein, ob er diesmal die richtige Reifenwahl getroffen hat.

Quarantäne im Schulbus

Das Corona-Virus ist nach Markranstädt zurückgekehrt. Ein wahres Festessen für Verschwörungstheoretiker. Aber auch Satiriker hatten ihren Spaß. Allein der öffentliche Umgang mit der Entwicklung liest sich wie das Drehbuch für eine Kabarett-Nummer.

Die Schüler erfuhren von ihrem Glück des Unterrichtsausfalls lediglich durch einen Blick auf den Vertretungsplan im WorldWideWeb.

Der Grund wurde ihnen da zwar noch vorenthalten, aber Hauptsache schulfrei. Wohl dem, der über Internet verfügt.

Womit wir in den ländlichen Gemeinden wären. Die Schüler sollten zu Hause bleiben und ihre Zimmer möglichst nicht verlassen.

So weit, so gut. Am folgenden Tage aber sollten sie sich im Alten Ratsgut Hordisstraße (Titelfoto) zum Corona-Test in der Kernstadt einfinden.

Da stellen sich für die Landeier Fragen, auf die Stadtbewohner des Gesundheitsamtes von alleine nie kommen würden. Wie gelangt eine Zwölftklässlerin unter Einhaltung der Kontaktbeschränkungen vom Dorf in die Stadt?

Das Landratsamt antwortete auf MN-Anfrage: „Mit der Schule wurde vereinbart, dass die Schüler einzeln zur Abstrichambulanz kommen und nicht den ÖPNV nutzen. Fahrgemeinschaften unter den Betroffenen sind natürlich möglich.“

Das ist Realsatire in Reinkultur! Das Landratsamt vereinbart mit der Schule über die Köpfe der Testpersonen hinweg, wie diese zu erscheinen haben. Und dann noch: Fahrgemeinschaften unter den Betroffenen! Sowas ist nur unter Corona-Bedingungen möglich!

Wenn die Alten früh aus dem Haus sind, setzt sich die 17-Jährige Göre hinters Lenkrad, holt die Clique ab und auf geht’s in die Kernstadt. Winkt unterwegs eine Kalkmütze mit der Kelle, einfach Fenster runterleiern und sagen: „Ist in Ordnung, Herr Wachtmeister. Hat das Landratsamt so mit der Schule vereinbart!“ Und dann nicht vergessen: Das Gaspedal ist rechts!

Nicht minder originell ist die Lösung, wenn man sich dem zivilen Gehorsam unterwirft und sich ein Elternteil bereiterklärt, eine Fahrgemeinschaft zu transportieren. Noch mag Vater oder Mutter gesund und Tochter oder Sohn nicht infiziert sein. Aber die Infektionschancen steigen mit jedem Fahrgast (laut Landratsamt: „Betroffenen“), der da zusteigt. Da binden sich die Viren schon beim Anblick der fahrenden Infektionsbombe ihre Lätzchen um.

Also bei so viel organisierter Desorganisation können wir Ihnen nur wünschen: Bleiben Sie gesund!

 

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