Markranstädter Wochenschau: Hotel wird geräumt, Korsett für die Gesinnung und Fleppen für den Lift

Woche drei im neuen Jahr: Wie schnell doch die Zeit vergeht. Für den Landkreis offenbar nicht schnell genug, denn der hat jetzt unter seiner Kündigung der Flüchtlingsunterkunft zum 30. Juni ein paar übrig gebliebene Silvesterraketen angebracht und mit Vmax in den Nachthimmel über Borna geschossen. Heißt: Schon am kommenden Dienstag soll das Hotel beräumt werden. Die Stadt wurde vom Landkreis traditionell als letzte Instanz davon in Kenntnis gesetzt. Und so war hier die Überraschung groß, als plötzlich ganze Pilgerströme besser informierter Fachkräfte in der Schkeuditzer Straße anklopften, um sich um eine der drei letzten freien MBWV-Wohnungen zu bewerben. Kommunikation ist eben alles, das lehrt uns auch ein Blick auf die anderen Nachrichten, die in der zurückliegenden Woche über uns kamen.

Die Bundestagswahl steht vor der Tür. Und weil noch nicht einmal die Meinungsforscher wissen, wen sie diesmal wählen sollen, macht sich der Erb-Adel unserer Demokratie so langsam Sorgen um seine Zukunft.

Denn dessen Gesinnungswächter in den Redaktionsstuben haben vor allem bei der älteren Generation deutliche Defizite in der politischen Haltung festgestellt.

Der Haltungskorrektor: Das Korsett für die richtige Gesinnung

Gerade noch rechtzeitig zur Eröffnung des Wahlkampfes präsentiert die in Markranstädt erscheinende Lokalgazette nun die Lösung des Problems.

In der Tat verrückt, man kanns nicht anders ausdrücken.

In der Tat verrückt, man kanns nicht anders ausdrücken.

Allerdings hat die Sache mit dem neuen Haltungskorrektor einen Haken: Freiwillig will im widerspenstigen Osten einfach niemand sowas tragen. Wie die Markranstädter Nachtschichten aus gut informierten Kreisen erfuhren, will Karl Lauterbach deshalb als Info-Teams getarnte Einsatztruppen in die Seniorenheime schicken.

Diese Kommandos sollen, ähnlich wie bei den Corona-Impfungen, die Insassen davon überzeugen, dass sie sich die neuen Haltungskorrektoren freiwillig zwangsanlegen lassen. Nach Angaben der Bundesregierung würden drei Millionen fest an den Wirbelsäulen der geronten Leiber angezurrter Haltungskorrektoren genügen, um noch ein letztes Mal über die 5-Prozent-Hürde zu kommen.

Es gibt übrigens nicht nur links- und rechtsausgleichende Korrektoren, sondern auch grüne. Die drehen sich wie Windräder, während das BSW-Modell Spondylose simuliert.

Auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen werden ältere Bürger ständig mit neuen Maßnahmen gegängelt. Weil es beispielsweise in Leipzig-Grünau immer wieder vorkommt, dass sich Rentner mit den Fahrstühlen verfahren, sie beim Einparken beschädigen oder versehentlich den Aufwärtsgang einlegen, hat die neue Minderheitsregierung in Dresden ein speziell für ältere Fahrstuhlnutzer entwickeltes Ausbildungspaket geschnürt.

Neu: Fahrstuhl-Fahrschule

Demnach müssen Fahrstuhlfahrer jetzt eine Fahrschule besuchen und dort den „Nachweis zum eigenständigen Führen einer für den vertikalen Personentransit installierten Bürgeraufzugskabine“ erwerben. Den gibt es freilich in verschiedenen Varianten. Für größere, bis zu acht Personen fassende „mechanische Stetigförderer für den Senkrechttransport humanoider Stückgüter“ benötigt man beispielsweise zusätzlich ein Gesundheitszeugnis und muss eine spezielle Prüfung für die Befähigung zur Personenbeförderung ablegen.

Simulierter Fahrschulbrand in der ersten Fahrstunde zum Erwerb des Fahrstuhl-Führerscheins.

Simulierter Fahrschulbrand in der ersten Fahrstunde zum Erwerb des Fahrstuhl-Führerscheins.

Wie das Bild zeigt, hat die lokale Tageszeitung eine Grünauerin bei ihrer ersten Fahrstunde mit einem speziellen Fahrschul-Fahrstuhl begleitet. Offenbar stand der Einführungskurs unter dem Thema „Verhalten im Fahrstuhl während eines Brandes“.

Ein Kurs samt Prüfung und Führer*Innenschein kostet übrigens 3.000 Euro, kann aber von der Steuer für die bereits versteuerte Rente abgesetzt werden. „Sicher ankommen, das sollte insbesondere für unsere älteren Mitbürger nicht nur auf dem Weg nach unten gelten“, wirbt das Verkehrsministerium für die Lift-Fahrschule, denn Schwarzfahren wird noch teurer.

Aufatmen in Markranstädt! Das seit über einem halben Jahr andauernde Gezerre um das Stadtratsmandat von Bürgermeisterin Nadine Stitterich hat endlich ein Ende, wenngleich ein überraschendes. Grund für den Zoff war die Regelung der Sächsischen Gemeindeordnung, wonach man nicht gleichzeitig Bürgermeisterin und Stadträtin sein kann.

Eine überraschende Lösung

Bislang ist man im Ratssaal davon ausgegangen, dass sich Nadine Stitterich deshalb für einen der beiden Posten entscheiden und den anderen folglich aufgeben muss. Schon frohlockte die in der Mehrheit befindliche Opposition über Neuwahlen zum Bürgermeisteramt, doch jetzt plötzlich diese Wendung.

Mesiterhaft gelöst: Jatzt kann Nadine Stitterich Stadträtin und Bürgermesiterin zugleich sein.

Mesiterhaft gelöst: Jetzt kann Nadine Stitterich Stadträtin und Bürgermesiterin zugleich sein.

Die Markranstädter Regierungschefin hat einen Weg gefunden, wie sie beide Mandate trotzdem miteinander vereinbaren kann. Dass Stadträtin und Bürgermeisterin zugleich nicht geht, mag sein, aber von einem Konflikt zwischen Stadtrat und Bürgermesiterin steht nichts in der Sächsischen Gemeindeordnung.

Von diesem taktisch mesiterhaften Schachzug war sogar die CDU überrascht, die sich offenbar darauf verlassen hat, dass Gesetze im Rathaus traditionell nur genutzt werden, um Dinge zu verhindern. Jetzt also endlich mal ein wirklich sympathisches Beispiel dafür, wie man Vorschriften auch auslegen kann, um vorwärts zu kommen. Chapeau!

2 Kommentare

    • Ralf Dell auf 17. Januar 2025 bei 8:51
    • Antworten

    Man sollte Gesetzestexte schon genau lesen. Der Begriff „Bürgermeisterin“ kommt in der sächsischen Kommunalverfassung gar nicht vor.

    • Lachlerche auf 17. Januar 2025 bei 8:30
    • Antworten

    Oh nein, diese Rechtschreibfehler im Amt. Der neue Name der Rathauschefin ist doch von Messias abgeleitet. Ein S mehr und es passt

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