Meinung: Schnitzel mit Kartoffeln und dicken Möhren

Die Bürgermeisterin hat für uns ein Konto eröffnet. Was bei Jugendlichen für Freude sorgen und schon Großbestellungen beim Dealer des Vertrauens auslösen könnte, wird in den dunklen Gassen Lallendorfs allerdings kontrovers diskutiert. Sechs Bürger, sieben Meinungen. Wie immer. Da kann auch der MN-Schriftführer die Feder nicht mehr stillhalten und meldet eine achte Sichtweise an. Die ist allerdings völlig befreit vom Saldo des Kontos und der Vollmacht darüber.

Die Ursache der Irritationen könnte schon in der Bezeichnung liegen. Der Begriff Bürgerkonto suggeriert, dass es sich um eine Geldanlage für den homo marcransis handelt, ausgestattet mit Mitteln, auf die der städtische Haushalt schmerzlich verzichten muss.

Weil es aber eben nicht so ist, vermuten genetisch mit Zweifeln vorbelastete Zeitgenossen, dass es sich hier um eine Finte der Bürgermeisterin handelt. Sie stellt unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit Geld für Dinge zur Verfügung, die sie sowieso bezahlen muss, wird befürchtet.

Der Wahrheit zwischen die Scheine geguckt

Richtet man seinen Scheitel allein auf den Geldfluss, stimmt das sogar. Und ja, die Symbolik des Begriffes Bürgerkonto klingt auch erst mal nach einer öffentlichkeitswirksamen Maßnahme zur Pflege eines wiederwahlwilligen Einwohnerumfeldes. Aber ganz so einfach sollte man es sich mit dem Urteil nicht machen.

Es geht hier weniger um Dinge, die man als Öffentliche Hand sowieso schon auf dem Schirm hat oder wenigstens haben sollte und die man sich vom Bürgertum auf diese Weise nur bestätigen lassen will.

Vielmehr sind Ideen gefragt. Selbst die, man lese und staune, kosten nämlich Geld. Viel Geld bisweilen.

Setzen Sie mal ein Planungsbüro in Bewegung, das analysieren und Ideen entwickeln soll, wo 20.000 Euro in Markranstädt am besten investiert werden könnten.

Die fangen gar nicht erst an sich mit dem Thema zu beschäftigen, bevor nicht eine erste Abschlagszahlung in Höhe von 5.000 Öcken auf deren Konto eingegangen ist.

Kostenlos, nicht umsonst!

Da sind schon mal 25 Prozent weg, weitere 25 nach Fertigstellung der Analyse. Nach einem Jahr hat sich der Kontostand halbiert, ohne dass auch nur eine Schaufel in die Hand genommen wurde.

Und selbst dann ist noch lange nicht gewährleistet, dass die Ergebnisse auch wirklich im Interesse des Bürgertums sind. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Theoretiker in ortsfernen Planungstempeln mit ihrer sich selbst verliehenen Deutungshoheit über verkaufsfördernde Floskeln völlig daneben liegen.

Potenzial nach oben

Wieviel einfacher und vor allem zielführender ist es hingegen, aus dem Haushalt nur rein buchhalterisch ein paar Euro herauszukopieren und mit ihnen den Ideenreichtum der Einwohner anzuzapfen? Kostenlos! Da bleiben von den 20.000 Euro am Ende auch wirklich 20.000 Euro für die Projekte übrig. Also ich denke, diese Sache hat Potenzial.

Okay, die Einschränkung zur Verwendung der Mittel nur für öffentliche Zwecke ist jetzt mit den freiheitlichen Privatinteressen einiger Einwohner nicht unbedingt vereinbar.

Es hört sich für manche eher so an, als würde die Frau fragen, was sie am Sonntag kochen soll und ihrem Gatten strahlend unterjubeln: „Du hast freie Auswahl, so lange es sich um Schnitzel mit Kartoffeln und Möhrengemüse handelt.“

Das Zeug muss weg!

Aber es wird selbst dem machomäßigsten Macho einleuchten, dass das vorhandene Zeug erst mal weg muss und es deshalb Kartoffeln mit Schnitzel und Möhren gibt.

Sinnstiftende Nebeneffekte: Einerseits ist der häusliche Sozialfriede gesichert, weil sie ihn mit ihrer Frage das Gefühl gab, aktiv in den Entscheidungsprozess einbezogen zu sein und zweitens kann er immerhin noch den Antrag stellen, dass es das Fleisch als Steak gibt, statt es sich eklig paniert in den Hals schieben zu müssen.

Auch den eher mickrigen Saldo dieses Bürgerkontos halte ich für zunächst angemessen. Es ist ein erster Schritt, ein Versuch sozusagen. Wenn der auf fruchtbaren Boden fällt, kann man den Betrag ja aufstocken. Es liegt also an uns selbst, was daraus wird. Im Zweifelsfall sind die paar Euro schnell wieder zurückgebucht. Es ist ja nur ein anderes Fach im gleichen Portemonnaie. Staatlich legitimierter Geldtransfer sozusagen.

Sichere Geldanlage

Kein Risiko dabei und mehr noch: Wenn man das als Chance sieht und nutzt, ist es ebenfalls völlig risikofrei. Also ich meine: Potenzial um sich aufzuregen hat die Sache nicht ansatzweise. Es sei denn, man ist ohnehin schon auf 180, weil es am Sonntag Schnitzel mit Kartoffeln und Möhren gibt, ohne dass man gefragt wurde.

 

12 Kommentare

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    • Deimler auf 14. März 2021 bei 12:48
    • Antworten

    Ein Extra-Haushalt für die Bürger in Markran’s, soll doch nicht etwa, heißen der restliche Haushalt ist gegen die Bürger?
    INSEK und BÜRGERHAUSHALT dienen dazu, damit keiner sagen kann: „Die im Rathaus machen Politik am Bürger vorbei“.

    Die Markran’ser können jetzt Wünsche äußern. Ein Ersatz für ausgefallene Weihnachts-, Oster- und Geburtstagsfeiern.
    Aber Schnitzel mit Möhren/ Rosenkohl oder eine Eisenbahn für Fritz’chen, auch das Smartphone für Heidi gehen gar nicht.

    Laut LVZ können den Entscheidern im Rathaus auch Einsparungsvorschläge gemacht werden, von denen dann die Extra-Haushalt-Wünsche finanziert werden könnten. Ist euch von den Nachtschichten wohl entgangen?
    Da hätte ich einen Einsparungsvorschlag:
    Einfach mal die Natur um die Kernstadt herum mehr zur Ruhe kommen lassen. Die Quaderförmigen Heckenschnitte und das Trimmen jedes Grashalmes ganzjährig auf unter 10 cm sein lassen. Dann muss die Grünflächenpflege nicht 854. 000,00 € jährlich kosten. Von dem Eingesparten könnten Blühflächen und Blühstreifen in der Kommune angelegt werden, was der Artenvielfalt zu Gute kommt. Nur dann wird es in Zukunft neben dem Schnitzel auch weiteres gesundes Obst und Gemüse geben.

    1. Letzterem kann ich nur zustimmen. Auch das Geld für das zweimal jährliche Vollstopfen der Straßen mit Verkehrszeichen und das anschließende Schaufahren der Kehrmaschinen im Frühjahr und Herbst kann eingespart werden. Jeder Grundstückseigentümer muss jeden Freitag vor seinem Grundstück die Straße reinigen (auch die Stadt an ihren Grundstücken). Wozu das also? Einzige momentane Erklärung, die Stadt kommt sichtlich ihren wöchentlichen Anliegerpflichten Straßenreinigung nicht nach und so wird vor ihrer Tür wenigstens zweimal jährlich gereinigt – auf Kosten aller Markranstädter, auch derer die jede Woche die Straße satzungsgemäß kehren.

      1. Wo kommen wir denn hin, wenn jeder seinen Dreck vor der eigenen Tür kehrt?

    2. Wieder so eine Ausrede für eigene Faulheit bei der Rasenpflege. Haben Sie mal dran gedacht, dass man im Park die Scheißhaufen der Hunde nicht mehr sehen kann, wenn das Grs drüber steht?

    • Marc Ranstetter auf 12. März 2021 bei 10:46
    • Antworten

    Irgendwie bekomme ich das Gefühl nicht los, dass die MN da einen Legastheniker in die Recherchespur geschickt haben. Sowohl in der dreibuchstabigen Qualitätspresse als auch im grün-weißen Selbstberieselungsblatt ist von einem „BURGERHAUSHALT“ zu lesen und nicht von einem Bürgerkonto. Soll heißen, wir Bürger haben gar kein Geld und bekommen auch keins, nicht mal eine Kreditkarte oder einen ungedeckten Scheck. Wir dürfen nur vorschlagen, wofür die 20.000 Euronen im Bürgerhaushalt verwendet werden sollen. Letztlich entscheidet die Stadt und macht sowieso was sie will. Wenn es nämlich um Scheine geht, muss man doch immer auch den Schein wahren oder?

    1. Nicht nur einen Legastheniker??? Diese vermeintliche Schwäche ist bei uns das wesentlichste Einstellungsmerkmal. Am besten gleich im fortgeschrittenen Stadium, da können wir uns die weiteren Schulungen sparen. Im konkreten Fall müssen wir aber entschieden widersprechen. Das ist nicht Legasthenik, sondern pure Unwissenheit.

    • Bürger auf 12. März 2021 bei 10:32
    • Antworten

    Kann alles sein, jedoch die Lebenserfahrungen der Bürger im Bezug Geld und Politiker ist gerade zu diesen Zeiten wieder bestätigt.
    Wer hat da eigentlich Zugriff und die Entscheidungsbefugnis und ist das denn demokratisch legitimiert und in welchen Büchern wird das denn dann von wem nachzuvollziehen sein?
    Darüber weiß ich leider nichts, also Skepsis angesagt, zwangsläufig.
    Der Vorwurf: Intransparenz
    Die ist man zwar gewohnt, schaffte aber noch nie Vertrauen, ist so.
    Ich erfahre hier zum ersten mal davon, warum nur?
    LVZ-Fehlanzeige und dann immer unter LVZ+, die Seite der Stadt habe ich in den letzten Wochen und Monaten sooft besucht und bin fast nie auf Neuigkeiten gestoßen, sprich, das guckt man dann nicht mehr immerzu…
    Wieso ist sowas überhaupt notwendig? Haushaltstechnischer Trick oder wie?
    Ich verstehe es noch nicht so ganz, um da überhaupt zu bewerten.
    Vielen wird es ähnlich gehen, wenn die es überhaupt mitbekommen haben, denke ich.

    1. Wir schreiben ja schon viel, aber trotzdem längst nicht alles. Schauen Sie mal in die LVZ vom Dienstag und dort auf Seite 20. Da stehts schwarz auf weiß, was Sie vermisst haben.

    • EddiKonstantin auf 12. März 2021 bei 9:21
    • Antworten

    Olit gefällt mir!

    1. Und wenn*s ein Mann ist?

  1. Zitat: „Ich hätte gern am Sonntag Rosenkohl“…, (und eine nachhaltige Kulki-Toilette, wenn’s eben nicht reicht)…Was hübsch vergänglich gelächeltes reicht jedoch nicht.

    1. Rosenkohl gibts nicht! Der ist beim Erzeuger am Stengel erfroren.

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