Hallo Markranstädt! Hier sind wieder die „Auf-dem-Laufenden-Halter“ aus der satirischen Selbstquarantäne. Diesmal mit einem besonderen Service zum Wochenende. Damit Sie zu Hause bleiben können, ist unser internationaler Sonderreporter John Silver jun. für Sie am Kulki spazieren gegangen und liefert Ihnen seine Impressionen hiermit frei Sofa. Genießen Sie den Ausflug.
Die Natur kennt keine Ausgangssperren und auch kein Kontaktverbot. Wenn die Bache dem Keiler fahrlässig den Hintern zudreht, lässt der sich nicht lange bitten.
Da gehts im Pappelwald gleich mal zu wie beim Autoklempner: rein, rauf, runter, raus. Nutzen wir die Vorgänge gleich mal fürs Home-Schooling der daheim sitzenden Kids im Fach Biologie.
Nachdem der Keiler also in die Bache gelaicht hat, sucht diese sich ein stilles Plätzchen zur Ei-Ablage. Meist wühlt sie dazu den Boden des Pappelwaldes auf und legt ihren Rogen (oft auch als Kaviar bezeichnet) in die so entstandenen Wildschwein-Suhlen.
Schon wenige Tage später zeigen sich die ersten Triebe, die sich schnell zu ansehnlichen Strünken entwickeln, an denen nach ein paar Wochen schon die Frischlinge hängen.
Expedition ins Tierreich
Wenn sie reif sind, fallen sie ab, rotten sich trotz staatlichen Kontaktverbotes zusammen und ziehen in Scharen durch das heimatliche Gefilde am Ufer des Kulkwitzer Sees.
Um diese biologischen Vorgänge des Werdens und Vergehens aus erster Reihe beobachten zu können, haben findige Markranstädter mitten in dieser Population eine naturnahe Veranda errichtet. Eine Aussichtsplattform getreu dem Motto: Mitten drin statt nur dabei.
Das Problem: Die Wildschweine haben den Pappelwald inzwischen weitgehend abgefuttert und dehnen ihr Revier so langsam aus. Zur Freude der in Quarantäne kasernierten Anrainer.
Während die Italiener auf ihren Balkonen Lieder singen müssen, um sich die Zeit zu vertreiben, können die Ost-Markranstädter beim Blick aus ihren Fenstern live an „Expeditionen ins Tierreich“ teilhaben.
Das wäre normalerweise das Aus für die Bürgerbeobachtungsstation im Wald. Aber wie das so ist in Krisenzeiten, wird der Mensch plötzlich kreativ und entwickelt Ideen. Kurzerhand wurde das stationäre Safari-Interieur zur geplanten Christbaumplantage verlagert.
Hier können Erholungssuchende gegen ein geringes Entgelt künftig beobachten, wie die Haleluja-Stauden gedeihen. Und ganz sicher werden ab und zu auch mal ein paar Wildschweinrotten vorbei schauen – und sei es auf der Flucht vor einem Wolfsrudel.
Wenige Meter weiter liegt, versteckt hinter Gebäum und Gesträuch, die idyllische Blaue Lagune. Dass sie ihren Namen dem Zustand ihrer Besucher verdankt, ist ein hartnäckiges Gerücht, das vor allem im Frühjahr, Herbst und Winter jeglicher Grundlage entbehrt. Fakt ist hingegen, dass dieser Abschnitt seit vielen Jahren den Titel „Bereich der vorbildlichen Ordnung und Sicherheit“ trägt.
Dafür sorgt der Strandvogt, der letzte seines Standes im mitteldeutschen Neuseenland. Die beliebte Lagune ist auch in Krisenzeiten der einzige Ort am See, an dem wirklich Zucht und Ordnung herrschen. In diesen Tagen wacht der Strandvogt sogar persönlich über die Einhaltung der Kontaktvorschriften und hat eigens dafür eine Kontrollstation mit Einlassdienst errichtet.
Es dürfen immer nur maximal zwei Personen rein und das im Abstand von anderthalb Metern. Und weil der Euro nichts mehr wert ist, muss der Eintritt in Naturalien entrichtet werden. Besonders hoch im Kurs stehen Desinfektionsmittel aus Krostitz. Da sage noch einer, der homo marcransis wäre in Krisenzeiten nicht kreativ!
Kneipp-Kuren hoch im Kurs
Bei sieben Grad Wassertemperatur ist an einen körperlichen Einstieg in die Fluten natürlich nicht zu denken. Aber irgendwo steht geschrieben, dass es mal einer geschafft haben soll, über das Wasser zu laufen. An der Blauen Lagune funktioniert das tatsächlich, wie man sieht. Allerdings nur wenn man sich in der Nähe des Ufers aufhält.
Eine solch waghalsige Tat, auch als Kneipp-Kur bekannt, hat übrigens eine fördernde Wirkung für die Stärkung des Immunsystems. Selten war das so wichtig wie heute und deshalb sieht man rund um den See immer mehr Menschen, die das – selbstverständlich nur zu zweit und in gebührendem Abstand zu anderen Menschen – zelebrieren.
Wärmeanstalten geschlossen
Womit wir beim letzten Tipp wären. Wenn auch Sie sowas vorhaben, vergessen Sie Handtücher und temperierendes Equipment nicht! Auch ein kleines Fläschchen hochprozentigen Desinfektionsmittels sollte in Ihrem Picknick-Korb nicht fehlen.
Die in der Nähe befindlichen Aufwärmanstalten „Ab ans Ufer“ und „Holzwurm“ haben coronabedingt geschlossen und nur aufs Warmzittern sollte man sich trotz Sonnenscheins und Frühlingswetter nicht verlassen.
Damit Sie daheim bleiben können!
Sie sehen und lesen also: Sie verpassen da draußen gerade nichts. Bleiben Sie daheim, haben Sie Geduld und nutzen Sie unseren todesmutigen Außenreporter als Informationsquelle. Dessen Rezept für Unversehrtheit: Täglich zwei Gläser Rotwein und eine Knolle Knoblauch. Kann auch zwei Zehen Rotwein und ein Glas Knoblauch gewesen sein. Irgendwie sowas in der Richtung.
3 Kommentare
Die Wühlerei um das Schild hat mich verwundert. Ich dachte aber, die ist das Ergebnis einer Symbiose zwischen Gartenbesitzern und Wildschweinen. Also die Wildschweine graben das Hinweisschild – Abfälle illegal abladen Verboten – aus, und die anderen Schweine werfen dafür ihre Gartenabfälle den Schweinen zum Fraß vor. Nachteil der Symbiose. Die einen Schweine fressen nicht alles auf, was die anderen Schweine hinwerfen. Ergebnis ist, es sieht aus wie im Schweinestall.
Ist doch eine Schweinerei, oder?
Hätte er mich doch angesprochen, bei seiner Visite im Pappelwald und am Westufer, wir sind uns doch begegnet! So hätte ich ihm zeigen können, dass direkt am ganzen Ufer nicht bloß die Wildschweine wüten. Durch das Niedrigwasser des Sees kann jetzt der Schilfgürtel begangen werden und so werden allerorts Wildwechsel für jedermann angelegt und diesem gewachsenen „Hindernis“ der Garaus gemacht. Der kettenverschlossene Steg kann demgegenüber nur unter Inkaufnahme des Abstürzens ins Wasser, begangen werden. Davon wird man nicht mal von den illegalen Öffnungen im Zaun abgehalten. Die Maulwürfe sorgen gemeinsam mit jungen und alten Erholungssuchenden am“ Genießerstrand“ für Unbill, Restbäume, Abfalltonnen sind da nicht ausgenommen. Corona hat auch ein Gutes, haufenweises Einfallen in unsere Idylle ist vorerst nicht mehr möglich.
Lieber Volker, der Pegel ist in letzter Zeit um etwa 15 cm gestiegen und wird irgendwann seinen Normalstand wieder erreichen. Alles wird gut.