Neues aus der vierten Etage (16)

Radio Sachsen hatte noch in den gestrigen Morgenstunden vermeldet, dass es in der vierten Etage des Markranstädter Regierungskomplexes am Abend wohl etwas lebhafter zugehen könne. Als Grund wurde eine gewisse Katerstimmung nach der Montagsveranstaltung in der Stadthalle diagnostiziert. Aber da lagen die MDR-Demoskopen wohl total daneben. Satirisches Strandgut gab es dennoch zur Genüge.

Wie immer verlassen sich die Hobby-Schreiberlinge der Markranstädter Nachtschichten auf die Qualitätspresse, wenn es darum geht, die wichtigen Daten aufzubereiten. Die lustigen Fakten, der Name sagts, sind ohnehin viel lustiger.

Da war gleich zu Beginn beispielsweise die Frankenheimer Schranke mal wieder Gegenstand der Diskussionen. Seit 24. September 2015 sei diese bereits kaputt, wurde im Rahmen der Bürgerfragestunde festgehalten. Ein neuer Schlagbaum sei bestellt, ließ der Bürgermeister wissen. „Aber die Lieferzeiten sind lang,“, schloss er seine Aussage.

Da hüpfte das satirische Herz. Offenbar werden die Schranken in Frankenheim so schnell geschreddert, dass die deutsche Industrie mit der Produktion gar nicht mehr nachkommt. Vielleicht sollte man die Schlagbäume demnächst weltweit ausschreiben und gleich ein paar rot-weiße Alu-Ärmel auf Reserve legen? Was man nicht braucht, kann man ja irgendwann an die AfD verkloppen, die damit Hotels einzäunen kann.

Handschlagbäume

Zu einem Handschlag kam es dann zwischen Hans-Jürgen Berg (Linke) und Jens Spiske. Berg rückt als Stadtrat für Heiko Küster nach, hatte gleich nach der Ankunft seine Jacke schon mal über die Lehne von Küsters Stuhl gehängt. Reviermarkierung? Man kann ja nie wissen, was zwischen Eröffnung und Vereidigung so alles passiert.

Aber es klappte alles und Spiske war die Freude richtiggehend anzusehen: Ich freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit in diesem Gremium.“ Klar gibt es sicher auch noch andere Gremien, vor denen man sich gelegentlich trifft, aber da soll der Spaßfaktor wirklich nicht annähernd so groß sein wie in der vierten Etage.

Bei den folgenden Tagesordnungspunkten war dagegen die Geduld des Publikums gefragt. Ausgehend von der Annahme, dass die meisten Punkte bereits in den Ausschüssen hinreichend erörtert und dort mitunter ohne Gegenstimmern durchgewunken wurden, war die Flut der nun plötzlich auftauchenden Fragen schon etwas verwunderlich.

Noch mehr allerdings das quantitative Aufkommen fragloser Statements. Hier konnte man sich mitunter des Eindrucks schwer erwehren, dass auf Seiten der CDU die Bewerbungsphase für den Fraktionsvorsitz oder vielleicht noch höhere Aufgaben bereits Fahrt aufgenommen hat.

Schul-Abakus von Vilerroy & Boch

Richtig interessant wurde es dann bei Tagesordnungspunkt 19. Hier ging es um die Freigabe zusätzlicher 160.000 Euro für den Erweiterungsbau der Grundschule. Wie die Summe zustande kam, wurde zwar zu erklären versucht, zu verstehen war es allerdings eher nicht.

Wie auch, wenn die Ursache noch nicht ermittelt ist? Ronald Gängel versuchte, die Vorgänge ähnlich wie ein Pfarrer mit einem Gleichnis zu beleuchten. Wenn man also drei Waschbecken anzubringen hat, dazu einen Auftrag erteilt und der Handwerker jedoch deren fünf anbringt, ist es wohl verständlich, dass man mit den veranschlagten Kosten nicht hinkommt.

Das biblische Bild von der wundersamen Vermehrung der Waschbecken wurde dann mehrfach aufgegriffen, führte dennoch nicht zu einem nachhaltigen Glaubensbekenntnis der Gemeinde. Fest steht: Da ist etwas schief gelaufen. Der Architekt weilt im Ausland, die Handwerker wollen ihr sauer verdientes Geld und die Stadträte mussten nun reagieren.

Die „Pille danach“ für eine wundersame Vermehrung von Waschbecken

Das taten sie auch. Auf Drängen Jens Schwertfegers (CDU) allerdings nicht ohne eine Untersuchung des Vorgangs durch das Rechnungsprüfungsamt der Prüfbehörde. Spiske verwies darauf, dass das Rathaus bereits drei bis vier Aktenordner zusammengestellt habe, in denen irgendwo die Ursache für das Desaster enthalten sein muss.

waschbecken

Und sie wuschen sich alle und wurden sauber; und sie hoben auf, was übrig blieb an Wasser, fünf Becken voll. Die aber gewaschen waren, waren etwa fünftausend Männer, ohne Frauen und Kinder. (MN .3.2.16)

Zur Erklärung: Es geht hier nicht um zwei zu viel angebaute Waschbecken oder wie weit man trockenen Fußes über Wasser laufen kann, sondern um Dinge wie Deckenleuchten, Blitzschutz, kontaminierten Boden, HOAI-Forderungen und einige Dinge mehr.

Bei Gesamtkosten von rund 1,37 Millionen Euro machen die 160.000 Euro immerhin zusätzliche Kosten von rund 11,7 Prozent aus. Für solche Erfolgsmeldungen braucht allein die FDP wenigstens zwei Bundestagswahlen.

Satirisch-sympathischer Höhepunkt

Der satirische Höhepunkt des Abends hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits zu entwickeln begonnen. Noch-Fraktionschef Dr. Kirschner (CDU) entfernte sich zwischendurch vom Ratstisch, wohl um einem inneren Bedürfnis nachzukommen. Wenige Sekunden später folgte ihm Monika Rau (FWM) mit dem offensichtlich gleichen Ansinnen.

Die Diskussion ging inzwischen weiter, weshalb beiden Abgeordneten nach ihrer Wiederkehr ein Stück Film fehlte. Monika Rau meldete sich später zu Wort und erheiterte die Anwesenden mit der Aussage: „Eventuell ist meine Frage schon beantwortet worden, aber ich war gerade mit Dr. Kirschner auf der Toilette…“

Jahresrückblick bei Ginger-Ale

Infolge der darauf folgenden Heiterkeit war auch ausreichend Zeit, das Zitat wörtlich in Schönschrift zu notieren und für den Jahresrückblick 2016 mehrfach rot zu unterstreichen. Köstlich, sympathisch, menschlich. Das sind die Momente, weshalb sich Satiriker ihre Hintern auf harten Brettern breit sitzen und bei trockener Luft zugucken, wie Volksvertreter zwischen zwei Atemzügen Ginger-Ale schlürfen.

Das Thema Toilette kam dann noch einmal in einem ernsteren Rahmen auf den Tisch. Die Abgeordneten beschlossen, an der Stelle des eingestürzten Altbaus am Parkplatz Oststraße die Errichtung der Minimalvariante einer Hall of pee. Sie beherbergt lediglich eine Kammer für die Technik und einen großzügigen, behindertengerechten Raum für das große und kleine Geschäft inklusive Umkleidemöglichkeit.

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Eine Trennung nach Geschlechtern ist demnach nicht vorgesehen. Entweder wird die Verrichtung im Bedarfsfall gleichzeitig vorgenommen (was auch den neuen Maßstäben der Gleichstellung entsprechen würde) oder man muss bei größerem Andrang vor der Tür Charleston tanzen. Welche Variante auch immer: für Unterhaltung ist gesorgt und das Kopfkino ist bereits in vollem Gange. Gruppenbrunzen mit Seeblick – das gab es schon bei den alten Römern.

massenklo

Wird garantiert ein Touristen-Magnet: Familien- und Gruppenbrunzen wie im alten Rom für nur 65 römische „M’s,“ also „Sowieso-Kosten“ von 49.000 Sesterzen und Altprojektkosten von 16.000 Sesterzen. 

Ansonsten gab es nicht viel Überwältigendes in der vierten Etage. Aus Zeitgründen musste sich der MN-Spion sowieso vor der Zeit zurückziehen, hätte aber auch bei einem größeren Zeitfonds keine Lust mehr gehabt, den selbstbeweihräuchernden Statements länger zu lauschen.

Nur Zungenküsse fehlten

Wer damit gerechnet hat, dass das politische Gemetzel der letzten Tage im Kreise der städtischen Senatoren eine Fortsetzung fand, sah sich getäuscht. Im Gegenteil: Es fehlten eigentlich nur noch Damenwahl und Walzer.

Davon abgesehen, dass politische Meinungsverschiedenheiten des Ausmaßes der letzten Wochen nichts in einem Stadtrat zu suchen haben, stand die Zärtlichkeit der verbal ausgetauschten Streicheleinheiten derart im Widerspruch zum öffentlich wahrnehmbaren Säbelrasseln, dass eine Dame im Publikum ihren Sitznachbarn sogar flüsternd fragte, ob hier Betäubungsmittel im Spiel wären.

Lift-Seile mit LSD geschmiert

Das war sicher nicht der Fall. Zumindest nicht bei den anwesenden Menschen. Beim Fahrstuhl möglicherweise schon. Der verrichtete ohne zu ächzen seinen Dienst, kam oben wie unten an und gab sogar sein Ding-Dong zuverlässig von sich. Da stimmt was nicht mit dem Ding. Jagdwurst in der Prostata oder so. Jedenfalls nicht geheuer.

 

1 Kommentar

    • Manfred Schwung auf 7. Februar 2016 bei 20:06
    • Antworten

    Ein irrsinniger Beschluss

    So, nun hat nach schon zweijähriger Amtszeit dieser Bürgermeister auch seine Investruine.
    Denn nur weil es mit Steuermittel gefördert werden soll, hat der Stadtrat eine Rollstuhl gerechte „einsitzige Edeltoilette“, nicht getrennt für Damen und Herren, viele 100 Meter entfernt vom Wasser und vom Strand und von der behinderten Badestelle am Parkplatz Nord, zu einem Schnäppchenpreis von 153.860.00 Euro mit den Stimmen der CDU und der FWM beschlossen!

    Da von diesem Schnäppchenpreis nur 75 % durch Steuermittel gefördert werden, hat die Stadt für diesen „edlen Einzylinder“ auf jeden Fall fast 40.000.00 Euro Eigenmittel aufzubringen!
    Spätestens jetzt kann jeder Bürger die Sinnhaftigkeit für diese ohne Bedarf beschlossene Investition, erkennen! Und wenn man sich über die Amortisation dieser „einsitzigen Edeltoilette“ Gedanken macht und eine Saison mit vier Monaten und täglich großzügig 20 für 1.00 Euro bezahlte Benutzungen zugrunde legt, ist schon nach 64 Jahren, ohne Berücksichtigung der Betriebskosten, der Reinigungskosten und eventueller Reparaturen dieses Objekt amortisiert! Aber nur dann! Diese Kalkulation hatte sicher der Bürgermeister und die CDU und FWM – Stadträte im Kopf, als sie verantwortungsbewusst über diesen Steuergeldeinsatz beschlossen haben.

    An diesem Standort gab es vor Jahren schon eine WC- Anlage für die Segler. Alle Segler haben aber seit längerem eigene WC und Duschanlagen in den Vereinen, sodass es an dieser Stelle wie es den Stadträten und dem Bürgermeister bekannt ist, überhaupt keinen WC-Bedarf mehr gibt und Rollifahrer parken ohnehin auf dem Südparkplatz in der Nähe der behinderten Badestelle, die nun wie im Stadtrat zu hören war, kein WC bekommen wird!

    Von dieser Überlegung aus haben sich wenigstens 23% der verantwortungsvollen Stadträte leiten lassen und gegen diese sinnlose Steuermittelverschwendung gestimmt!

    Mit diesem Beschluss kann aber der Bürgermeister die Fehlentscheidungen der Bauamtsleiterin, die in die Planung, Erschließung, Abbruch der nicht mehr benötigten und im Jahr 1985 errichteten WC-Anlage der Segler und deren Projektabwicklung in den Sand gesetzte Kosten, von 65.000.00 Euro vertuschen und sich vom Staat fördern lassen! TOLL!

    Beruhigend ist aber, das seine Vorgängerin Frau Radon in ihrer siebenjährigen Amtszeit ganz andere Investruinen auf den Weg gebracht, z.B. den Baumhaushort (ca. Kosten 700.000.00 Euro) an der Grundschule, öffentlich bis heute deklariert als PASSIVHAUS! In Wahrheit ist dieser Hort aber WELTWEIT DAS EINZIGE PASSIVHAUS MIT ELEKTROHEIZUNG!
    Eine innovative Lösung aus Markranstädt/Sachsen!

    Manfred Schwung

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