Neues aus der vierten Etage (24.2)

Ob der Mammutsitzung brauchte es ein wenig Zeit, um ausreichend Kraft für den 2. Teil des Resümees zu generieren. Zum Glück wurden dem Volke die harten Fakten bereits von den Kollegen der Qualitätspresse zur Kenntnis gereicht. Wohl an … und danke für Ihre Geduld.

Was bisher geschah: Um die Sitzung abzukürzen, wurde eingangs zehn Minuten darüber diskutiert, wie man sie abkürzen kann. So wurde die Diskussion zu den „School-Papers“ vertagt. Ein havariertes Regal in der Bibo fand Eingang in die Kandidatenliste zum Unwort des Jahres, Sportvereine der Kernstadt wollen mehr Herdprämie für die temporäre Elternzeit, das CJD bekam jede Menge Hausaufgaben aufgebrummt und für die Kita am Bad gab’s eine ansehnliche Gewinnausschüttung vom Steuerzahler.

Nachdem nun ein Neubau ganze 3 Tagesordnungspunkte bestimmt hatte, widmete sich die Runde dem heiklen Thema einer Hornzsche. Zur Erklärung für den Zugezogenen: Hornzsche wurde 2010 zum beliebtesten sächsischen Wort des Jahres gekürt, beschreibt eine ärmliche, verwahrloste, verfallene Behausung und ist somit eine Art Synonym für das Denkmal-Objekt in der Schkeuditzer Straße 1.

Ronald Gängel (Linke) ließ es sich nicht nehmen, mit mahnendem Zeigefinger auf den ungenügenden Zustand der Sicherungsmaßnahmen hinzuweisen, gleich nachdem er zum wiederholten Mal feststellte, dass er in das Vorhaben nicht wie gewünscht eingeweiht wurde.

schkeuditz1

Sowas seht unter Denkmalschutz. Wer ein solches Stilleben sein Eigen nennen darf, zögert gewöhnlich keine Sekunde, wenn er wegen des Verkaufs zur Unterschrift gerufen wird.

Offenbar war die Stadtverwaltung so froh darüber, dass sich doch noch eine barmherzige Seele dieser Bruchbude annehmen will, dass sie ihn in der Feierlaune einfach vergessen hat. Im Übrigen waren auch die Stadträte erleichtert, auch wenn nicht abzusehen ist, ob und wie die Zukunft des teils als „wertvolles Grundstück“ (???) bezeichneten Häuschens aussehen und ob sie denn in das Einzelhandelskonzept der Stadt passen wird, an dem man nun schon so lange feilt. Verkauft ist verkauft.

Irgendwie könnten diese Bedenken auch auf weitere Grundstücke für das sehnsüchtig erwartete Protonen-Therapiezentrum zutreffen. Da hat doch der Landkreis tatsächlich herausgefunden, dass die geplante Gebäudeaufstellung nicht mit dem Bebauungsplan harmoniert. Tse, tse, tse…

Gott sei Dank ist ja noch Platz genug in der Ranstädter Mark, wenngleich ein Teil abgetreten wurde, um die Wohnbebauung fortzuführen. Hoffentlich auch im sozialen Sinne. Ein Schelm, wer Böses bei der CDU-Frage dachte, warum die Planung durch die stadteigene MBWV durchgeführt wird und nicht durch das stadteigene Bauamt…

Schließlich kam für die Stadträte endlich die (langsam fortgeschrittene) Stunde, mal wieder die Säbel rasseln zu lassen. Lieblingsthema Schranke oder nicht Schranke oder wie es im Verwaltungsdeutsch heißt: Grundsatzbeschluss zum Ausbau zwischen „An den Windmühlen“ und „Priesteblicher Straße“ – Minimalvariante. Selbst das schläfrig in sich zusammengesunkene Publikum richtete sich in den warmgesessenen Stühlen wieder auf.

Weckruf gegen 21:30 Uhr

Heike Kunzemann (Linke) startete sogleich mit einem Antrag, nämlich hier und jetzt noch einmal die Bürgerinitiative „Für ein grünes Frankenheim ohne Durchgangsverkehr“ anzuhören. Holla, da ging aber der Punk ab! Warum noch einmal diskutieren, wo doch das Volk entschieden hat? Fürsprache kam nur von links, daher wurde der Antrag abgelehnt.

Dennoch blieb das Thema kontrovers, Bürgerbefragung hin, Unfallschwerpunkt (?) her, bis hin zur Frage der Sinnhaftigkeit überhaupt. Als ob die Stadt nichts Besseres zu tun hätte. Die Beschlussvorlage war wohl missverständlich, schließlich ging es doch nur darum, der Stadt den Auftrag zu einer Prüfung zu erteilen. Wenn Du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis.

Tische und Stühle

Schlussendlich haute der zuletzt abgetretene CDU-Fraktionsvorsitzende mit einem Antrag zur Geschäftsordnung, nämlich nun endlich mal zur Abstimmung zu kommen, auf den Tisch. Nach der erfolgten mehrheitlichen Zustimmung wurden auch die Gesichtszüge des Frankenheimer Ortsvorstehers wieder weicher, nachdem er ob so mancher Argumente schon das Polster seines Ratsstuhls durchzuscheuern drohte.

Flott ging es durch die nächsten Punkte zu dem in der Tagesordnung mit 7 Zeilen am längsten geratenen TOP 19. Der wurde von den Freien Wählern eingebracht und traditionell verspricht der darauf folgende interfraktionelle Disput einen hohen Unterhaltungswert fürs Publikum. Zumal es sich bei der Entwicklung des Kulki-Westufers um eines der Lieblingsprojekte der letzten Bürgermeisterin handelt.

Die Ernüchterung des nach verbalem Raufhändel lechzenden Publikums folgte jedoch auf dem Fuße. CDU-Fraktionschef Michael Unverricht sprach seine Hochachtung für die Vorlage aus.

Das war wohl auch der Tatsache geschuldet, dass offensichtlich gar nicht alles auf den Kopf gestellt, sondern nur ein bisschen dran verbessert werden soll. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Schwachstellen manchmal erst später zeigen.

Lediglich die Verheißung, dass man am Ende auch noch mal ein bisschen auf dem Bebauungsplan herumkritzeln müsste, führte hier und da zu Bauchschmerzen. Angesichts der folgenden Diskussion zur Umformulierung des Antrages kamen beim Publikum auch noch mächtige Kopfschmerzen hinzu. In so später Stunde und unter Einwirkung offenbar nachlassender Konzentration, gelang die Vollendung dieser redaktionellen Höchstleistung erst nach mehreren Anläufen.

Der Doppelstabmattenzaun

Als der Bürgermeister schließlich erleichtert ein „So, jetzt haben wir es“ ausatmete, polterte ganz offenbar nicht nur ein Tagebau-Findling schwerkraftgebunden aus der vierten Etage gen Fußweg.

Nicht zuletzt hat Dr. Donat (FWM) in seiner Präsentation noch einen weiteren Kandidaten zum Markranstädter „Unwort des Jahres 2016“ beigesteuert. Stefan Raabs Maschendrahtzaun war gestern – in Markranstädt wird demnächst der “Doppelstabmattenzaun“ kultiviert. Zum Glück hatte St. Laurentius gegenüber bereits die zehnte Abendstunde eingeläutet, so dass man sich mögliche Diskussionen über Knallerbsensträucher eisern verkniff.

Finale mit Morrrmonen

Der Mitteilungs-Teil der Sitzung fiel vergleichsweise kurz aus und hatte dennoch seinen satirischen Höhepunkt, als Ronald Gängel (Linke) anfragte, wie denn wohl Post von den Morrrmonen ausgerechnet in seinem Fraktionsbriefkasten landen konnte. Wo hätten die denn bitte schön die Adresse her?

Aber es gab schließlich Entwarnung, als heraus kam, dass nicht nur er, sondern auch die anderen Fraktionen, so einen interessanten Brief erhalten hatten. Warum, das wird wohl ewig ein Geheimnis bleiben.

Die den Mormonen oft zugesprochene Lebensweise wird zwischen den Fraktionen – oft in recht überraschenden Konstellationen und mit noch überraschenderen Zielstellungen – in zahlreichen Situationen bereits wahrhaft gelebt. Da muss man keine Werbung mehr für Polygamie machen. 

Und so war nach gut 3 Stunden der Blockbuster für den gemeinen Bürger vorbei. Wie lange der Abspann für die Auserwählten weiterging, ist bis heute unbekannt.

Executive Producer: Jens Spiske, Starring: 17 deputys as actors and any dummies from lallenvillage…

 

2 Kommentare

    • Anton U. auf 10. November 2016 bei 9:29
    • Antworten

    Hallo Redaktion,
    mit der Weltpolitik habt ihr es ja nicht so sehr,
    daher versuche ich es mal in der Rubrik Kultur.

    Zum Nachdenken über die Weltpolitik und im Kulturteil rege ich ein kleines Preisauschreiben an.
    Es geht darum, ein berühmtes Zitat von Franz Kafka sinnvoll zu erweitern.
    „Ein Idiot ist ein Idiot.
    Zwei Idioten sind zweit Idioten.
    10.000 Idioten sind eine politische Partei“
    soweit Franz Kafka, nun Vorschläge um folgenden Satz zu vollenden:
    59.000.000 Idioten sind …………

    Zu gewinnen gibt es eine originale von mir selbst gezeichnete und signierte Briefmarke. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

    Na das ist Sponsoring für so eine gute Online-Zeitung – Ist mein Dankeschön an das Redaktionsteam.

    • Bernie Rundstein auf 9. November 2016 bei 12:42
    • Antworten

    Hey, geiler Beitrag!
    Da geht’s ja rund in der vierten Etage.
    Brauchen die da in der vierten Etage noch Statisten?
    Ich kann gut sitzen und nichts tun und würde mich auch nicht zu oft zu Wort melden.
    Blödsinnige Fragen kann ich auch stellen, wenn mal alles festgefahren ist.
    Abstimmen so wie vorher ausgemacht – ist versprochen.
    Wohin muss man sich da wenden um an Teil dieses Obskuritätenkabinetts zu werden?

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