Neues aus der vierten Etage (39): Die Nacht der langen Gesichter

So viel einträchtige Emotionen wie am Ende der Sitzung am Donnerstag gab es im Markranstädter Stadtrat selten. Alles vergessen, was es noch kurz zuvor an mal mehr und mal weniger peinlichen Duellen gab, denn diese Nachricht hat richtig eingeschlagen. Auf wessen Antlitz das Auge auch fiel – (fast) überall waren plötzlich nur noch betroffene Gesichter im Ratssaal präsent.

Es war eine marginale Mitteilung, die Bürgermeisterin Nadine Stitterich am Ende noch auszureichen hatte.

Sie selbst kündigte sie als „nicht so schöne Information“ an. Kurz und gut: Der Landkreis habe ihr am Mittwoch in einem Schreiben mitgeteilt, dass der anno 2024 auslaufende Mietvertrag mit dem Hotelier der Asylbewerberunterkunft unbefristet verlängert wird.

Die sorgenvollen Mienen am Ratstisch waren nicht unbegründet. Nur neun Monate vor den nächsten Stadtratswahlen hat der Landrat damit die Ampeln für einen Machtwechsel in der vierten Etage auf Blau gestellt.

Vor allem den christdemokratischen Seinen hat er damit einen Bärendienst erwiesen, aber auch der Rest der Duma wird am Verlust der politischen Glaubwürdigkeit zu knabbern haben. Generalverdacht, Sippenhaft, Schnauze voll, tabula rasa … es gibt viele Begriffe dafür.

Wer jetzt glaubt, dass ob dieser Steilvorlage bei der AfD gefeiert wird, muss sich staunend revidieren. Auch bei den Heilpraktikern herrscht offenbar Katerstimmung. Als Ex-Stadtrat Bodo Walther, diesmal im Publikum residierend, nach der Sitzung aus der vierten Etage herabstieg, schien sein Leib von Gram gebeugt und die Stirn von tiefen Sorgenfalten gezeichnet.

Es muss die Last sein, die plötzlich so niederdrückend auf seinen Schultern ruht. Der weitsichtige Landrat hat ihm und den Seinen mit diesem genialen Schachzug nämlich eine vernichtende Falle gestellt und ließ sie nun zuschnappen.

Wo und vor allem wie bitteschön soll die AfD so schnell 22 Kandidaten zusammenbekommen? Das nämlich ist die Zahl aller Sitze im Stadtrat, die ihr nach augenblicklicher Lage der Dinge ganz ohne Wahlkampf in den Schoß zu fallen drohen. Ganz klar: 22 Stühle und keiner sitzt drauf – das ist das Ende der AfD!

Respekt: Dieser Landrat ist echt ein genialer Stratege.

8 Kommentare

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    • Nachbar auf 9. September 2023 bei 13:19
    • Antworten

    Als Nachbar unerträglich,
    Wählt die alle ab!
    Dieser Terror andauern macht uns krank !

    1. Nicht nur krank, sondern auch arm. Ist schon erstaunlich, welche Gründe bei der aktuellken Haushaltsdiskussion im Bundestag dafür herhalten müssen, dass überall gekürzt wird. Migration st nicht dabei. Und nein – obwohl der Einäugige und seine Komplizen keine neue Wohnungen bauen, sind die steigenden Mieten keine Folge der Zuwanderung. Die wohnen ja in Hotels und 80 Prozent von ihnen gehen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Wie hoch ins eigentlich der Anteil der Pflegeversicherung an einem Kilo Koks?.

    • Bodo Walther auf 8. September 2023 bei 10:14
    • Antworten

    Jungs und Mädels: Ich bin nicht mehr in der AfD. Warum und wieso ist Wurscht. Man redet nicht öffentlich über jemanden, mit dem man mal jahrelang verheiratet war. Nur eben: Ich war nicht im Parteiauftrag gestern im Stdtrat.

    1. Na wenigestens geben Sie zu, dass sie mal in der AfD waren. Da haben ehemalige Mitglieder anderer Parteien, die entweder nie in einer Partei waren oder sich nicht mehr dran erinnern können, mehr Probleme mit der Erinnerungskultur. Wo soll’s denn jetzt hingehen? Die Linke sucht grade einen neuen Chef…nur mal so als Gratis-Tipp. :-).

    • Bekannt auf 8. September 2023 bei 9:13
    • Antworten

    Ich verstehe die Aufregung nicht. Der stets freundliche Landrat setzt doch einfach nur seine traditionelle Arbeitsweise fort. Schon der Erstbeschluss zur Errichtung der GU (Dezember 2015) erfolgte über die Köpfe des damaligen Stadtrates und des Bürgermeisters hinweg. 2 nachweislich von Ehrenamtlichen !!! mit dem Landrat persönlich geführten Gespräche, um auf die Probleme in und um die GU hinzuweisen wurden freundlich weg gelächelt.. Siehe hier bei den Markranstädter Nachtschichten https://nachtschichten.eu/?s=Ein+Hudel-Dudel
    Alle Ansätze von Integrationsarbeit wurden erfolgreich durch Zudrehen des Geldhahnes beendet. Wer wirklich von der GU profitiert sind die Betreiber samt Seilschaften aus gaaaaaanz früheren Zeiten. Und dort hat man sich den Zuspruch der Landratspartei schon von ganz oben gesichert. Und ob die wissen (wollen), wo Markranstädt liegt? Und ob die Interesse an der Unterstützung von parteilosen Bürgermeistern (m/w/d) haben – egal ob und in welcher Phase ihrer Metamorphose sie sich gerade befinden? Fragen über Fragen …

    1. Seien Sie froh, dass es nur Fragen über Fragen sind. Was glauben Sie, wie erst die Antworten Sie verunsichern würden? Da hat doch beispielswise kürzlich ein Dame (die es wissen muss) in Markranstädt öffentlich behauptet, dass 80 Prozent der Hotelinsassen einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgehen würden.

    • Ulrich Naser auf 8. September 2023 bei 7:12
    • Antworten

    Was halten sie von der Überschrift: Stadträte plattgewalzt?
    Vielleicht ein wenig zu aufreißerisch für Renate Mayntz Gedanken: „Schon Max Weber beschäftigte die Frage, wieweit das konzentrierte Fachwissen der Bürokratie noch als neutrales Vollzugsinstrument fungiert oder ob es sich nicht bereits zum eigenen Machtzentrum verselbstständigt hat und der Kontrolle des „Souveräns“ entzieht.“ (Souverän, das Volk, vertreten durch die Stadträte).
    Da ist doch die Frage berechtigt: Was ist eigentlich in den zweieinhalb Jahren, seit der Wahl von Frau Sitterich, in ihr vorgegangen? Und warum ist sie immer noch Teil der Verwaltung und nicht, in einer Metamorphose, zur Bürgermeisterin geworden?
    Siehe auch: Die Ausweglosigkeit in der Verfahrensweise zur Stellvertretung der Bürgermeisterin.
    Siehe auch: Das Abkanzeln eines jahrzehntelang ehrenamtlich tätigen Stadtrats, der auf die Kosten einer LED Beleuchtung von 170.000,- € hinweist, die nach seiner Meinung für 60.00,- € schon richtig gut bezahlt ist.
    Siehe auch: Die fehlende politische Bewertung der Entscheidung des Landratsamtes zur fristlosen Verlängerung des Mietvertrags für die Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete für das Miteinander in Markranstädt.

    1. Ihre Überschrift ist absolut treffend! Die von Ihnen vermisste Metamorphose aber hat die Bürgermeisterin vollzogen. Man muss zugeben, dass sie die Sitzung souverän geleitet hat. Wenn sich die Stadträte beisielsweise bei der Diskussion um ihre Vertretung auf Nebenkriegsschauplätze locken lassen und sich dort an völlig unwichtigen Details abarbeiten, hat sie ihren Job eben einfach gut gemacht. Rückendeckung bekommt sie nicht nur von bekannter Seite, sondern auch noch von unerwarteter. Dass sie einem möglichen Vertreter vertraut, dem nicht mal seine eigenen Reihen über den Weg trauen, ist schon bemerkenswert. Nur der Einwurf von links („Schade dass Frau Kunth nicht mehr mitzieht“) war mit Verlaub schockierend. Etwas mehr Empathie mit der Arbeitssituation wäre hier authentischer, als das Schicksal einer Bediensteten als Feigenblatt für seinen Hass auf die Christdemokraten zu missbrauchen.

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