Ortsumfahrung Markranstädt: Hier kommt die sechste Variante

Die Verkehrsplaner müssen sich in Markranstädt gerade wie in einer verkehrten Welt fühlen: Während Nachrichten wie der Bau einer Umgehungsstraße anderswo Jubelstürme auslösen, ist in Markranstädt das Gegenteil der Fall. Also ein Fall für die Markranstädter Nachtschichten, die sowieso immer alles von der anderen Seite aus betrachten. Konkret heißt das allerdings: Nix verkehrte Welt in Markranstädt, sondern ausnahmsweise mal was vom Kopf auf die Füße gestellt. Die 50 Millionen für eine Ortsumfahrung wären beispielsweise im Wohnungsbau besser angelegt. Neben den fünf vorgelegten Variante bringen die Markranstädter Nachtschichten deshalb nun eine sechste Möglichkeit ins Spiel. Kosten: Null Euro!

Straßen gibt’s, die gibt’s gar nicht. Jetzt soll Markranstädt plötzlich doch noch eine Ortsumfahrung bekommen.

Nach rund zehn Jahren sind zumindest die Vorplanungen schon mal so weit fertig, dass fünf mögliche Varianten auf dem Tisch liegen.

Es können auch 15 Jahre sein, wer weiß das schon – oder wer will das wissen? In Deutschland dauert sowieso alles länger und somit viel zu lange. Alles eine Folge des Fachkräftemangels. Denn internationale Experten aus dem arabischen und nordafrikanischen Raum haben längst unter Beweis gestellt, wie schnell sie eine Straße bauen können. Quasi überholen ohne einzuholen.

Straßenbau mit Fachkräften

Nehmen wir als Beispiel die transeuropäische Balkanroute. Ihre Planung hat kein Blatt Papier und der Bau keinen Cent gekostet. Mehrspurig schlängelt sich die Trasse durch den Kontinent und vor allem umweltfreundlich. Das Hauptaugenmerk lag von Anfang an auf der Sicherheit der Fußgänger. Deshalb musste da weder ein Südrumänischer Crystalpfeifer noch der seltene slowakische Stelègnic-Kaiman umgesiedelt werden. Einziges Manko bislang: Der Verkehr fließt nur von Süd nach Nord. Aber wenn der Verdrängungswettbewerb erst richtig ausgebrochen ist, werden sicher auch die Gegenspuren bald fertig.

Anders ist das, wenn Deutschland baut. Erstmal muss hier eine Straße errichtet werden, die den Grund für den Bau einer Umgehungsstraße liefert.

Rund eine Milliarde Euro hat die Autobahn 38 verschlungen. Allerdings hätte man sich das Stück zwischen Markranstädt und dem Kreuz Rippachtal sparen können, denn seither rollt der Verkehr abkürzungsweise durch Lallendorf. Also muss nun eine 50 Millionen Euro teure Umfahrung her, die am Ende wohl mindestens 150 Millionen kostet.

…was nicht sein darf

Wie in einer tibetanischen Gebetsmühle weisen Bund und Land immer wieder darauf hin, dass es nicht möglich ist, den Transitverkehr zwischen Markranstädt und dem Schkeuditzer Kreuz zum Verbleib auf der Autobahn zu zwingen. Es zählt zu den Merkmalen der 1989 gewonnenen Freiheit, dass der osteuropäische Brummifahrer selbst entscheiden darf, ob er via Autobahn oder Bundesstraße von Bukarest nach Berlin fährt.

Die „Lützener Lösung“

Fünf Kilometer weiter westlich – in Lützen – hat man das Problem längst gelöst. Eher heimlich zwar und aus einem ganz anderen Grund, aber es zeigt, dass das möglich ist. Schauen wir mal hin: Wenn Sie auf der B 87 von Lützen in Richtung Weißenfels durch Dörfer wie Röcken oder Rippach fahren, meinen Sie, dass Sie da noch auf der B 87 sind? Grämen Sie sich nicht ob Ihrer Fehleinschätzung – die meisten Kraftfahrer glauben das. Wohl auch aus einer Art Gewohnheitsrecht, weil das früher wirklich mal die B 87 war.

Was nur wenige wissen: Das, was am westlichen Ortsausgang von Lützen als Zubringer für die A 38 wahrgenommen wird, ist die neue B 87 – und das seit Jahren schon.

Die Bundesstraße 87 führt direkt zur Autobahn und ab Anschlussstelle Lützen ist die A 38 zugleich auch B 87. Die alte Bundesstraße ist jetzt die Landesstraße 188 und damit für den europäischen Transitverkehr tabu. Es geht also.

Seit dem Jahr 2000 verläuft die Bundesstraße 87 westlich von Lützen auf der A 38. Man staunt, was alles möglich ist.

Seit dem Jahr 2000 verläuft die Bundesstraße 87 westlich von Lützen auf der A 38. Man staunt, was alles möglich ist.

Warum das nicht auch in der Metropolregion Markranstädt möglich ist und hier lieber 50 Millionen Euro für eine Ortsumfahrung in die Hand genommen werden, liegt wahrscheinlich in Fragen der Finanzierung. Die Markranstädter Umgehungsstraße wird aus Steuergeldern bezahlt. Das ist einfach: Hand rein in die Taschen der Bürger und fertig.

Bei der B 87 in Lützen war das anders. Hier hätte die Mibrag vor der Errichtung eines Tagebaus und der Abbaggerung von Orten wie Röcken eine teure Verlegung der B 87 bezahlen müssen. Da die A 38 selbst für einen Tagebau als unantastbar galt, hat man den Verlauf der Bundesstraße einfach über die Autobahn gelegt. Wird billiger für den Bergbaubetreiber, dessen Geld in der Politik also schwerer wiegt als der Steuergroschen des Promuchels. So einfach ist moderne Verkehrsplanung.

4 Kommentare

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    • markranster auf 14. September 2023 bei 20:21
    • Antworten

    Eine 7. Lösung wäre ein Tunnel (ähnlich wie auf der A4 bei Jena)…
    ansonsten bin ich mit der Einschätzung bei meinem Vorredner
    „bis sich da alle Protagonisten geeignet haben, gibt’s keinen Individualverkehr mehr, der eine Ortsumgehung bräuchte…“

    1. Das Problem: Wenn jeder denkt, dass es sowieso nichts wird mit der U-Straße und nichts unternimmt, wird auch nichts passieren bis zu dem Zeitpunkt, da es keinen Individualverkehr mehr gibt. Dann rollt also bis zum St. Nimmerleinstag der Schwerverkehr durch Lallendorf, obwohl das mit zwei Handgriffen zu vermeiden wäre.

    • Xt'Tapalatakettle auf 14. September 2023 bei 13:32
    • Antworten

    Das liegt vielleicht daran, dass das Ganze wohl nicht so einfach ist wie in Lützen.
    Das gehört wie Weißenfels, wo die B87 nach „Abgang“ von der A9 wieder ihre ursprüngliche Bezeichnung hat, zum Burgenlandkreis.
    „Unsere“ 186 führt im Umgehungsbereich in einen anderen Landkreis.
    Noch dazu wäre dann die A38 gleichzeitig B87 + B186 und die A9 zusätzlich B87 und dann ab Günthersdorf (oh je, das ist Fledermausland) die B181 gleichzeitig auch die B186…
    Also, bis sich da alle Protagonisten geeignet haben, gibt’s keinen Individualverkehr mehr, der eine Ortsumgehung bräuchte…

  1. Oh! Der Blick in die leere Kommentarspalte zeigt nicht nur uns, sondern ganz sicher auch den Planern ganz deutlich, dass die Markranstädter Nachtschichten sowohl mit dem Thema als auch dem Lösungsvorschlag bei der Bevölkerung völlig daneben lagen. Sorry, liebe Leser – das wird nicht mehr vorkommen. Ab sofort werden wir das Projekt „Bau einer Ortsumfahrung“ ganz im Leserinteresse wohlwollend begleiten.

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