Schwarze Baum-Pandemie erreicht Markranstädt

Ist das Rassismus, was in der Markranstädter Flora gerade vor sich geht? Weil Bäume plötzlich schwarz werden, fallen sie der Kettensäge anheim. „Rußrinden-positiv“ lautet die Diagnose. So geschehen im Park, wo jetzt vier stattliche Ahorngehölze in Endquarantäne mussten. Gefällt waren die Bäume zwar schnell, aber dann begannen die Probleme erst.

(Titelfoto: Stadtverwaltung Markranstädt)

Es gibt Pilze, die sind richtig lecker. Aber es gibt auch welche, die will man lieber nicht haben. Die an den Füßen beispielsweise. Andere wiederum sind gar nicht auf Menschen aus. Zumindest nicht als Wirtstier.

Der die Rußrindenkrankheit auslösende Cryptostroma corticale beispielsweise befällt nur Ahorn. Dafür breitet er sich seit etwa zwei Jahren in Deutschland besorgniserregend aus. Nun hat der Schlauchpilz auch das erste raumübergreifende Stadtgrün in Markranstädt erreicht.

Weil die vier im Park betroffenen Gehölze durch die Trockenheit der vergangenen zwei Sommerperioden bereits stark geschwächt waren, ging zudem wegen mangelnder Standsicherheit eine zunehmende Gefahr von den infizierten Gehölzen aus.

Das war mal ein stattlicher Ahorn im Park. Erst setzte ihm die Trockenheit zu, dann die Rußrindenkrankheit und schließlich wurde er von der WSM-Kettensäge erlöst. Drei seiner Artgenossen traf es ebenfalls.

Deshalb wurde schon in der vergangenen Woche ein chirurgischer Eingriff per Kettensäge vorgenommen. Ausrottung mit Stumpf und Stiel. Der Abtransport des Schnittgutes schien da nur noch eine Formsache zu sein. Diese Vorstellung wich aber bald schon einer ganz anderen Gewissheit.

Es fand sich niemand, der die zerlegten Bäume annehmen wollte. Weder die LAV für die Aufbereitung zu Kompost noch eines der ansässigen Entsorgungsunternehmen zur Endlösung in einem ihrer Müllkrematorien. 

Es hat fast den Anschein, als sei man mit der Endlagerung des befallenen Holzes genauso sensibel wie mit der Entsorgung hochinfektiösen Verbandsmaterials aus Seuchenstationen hermetisch abgeriegelter Spezialkliniken.

Und so kam es, dass die Haufen mit dem schwarzen Holz zunächst im Park verbleiben mussten. Black lives matter. Was allerdings auch nicht unproblematisch ist, weil die Sporen des Pilzes bei Menschen allergische Reaktionen auslösen können.

Laut Landesbetrieb Wald und Holz NRW können die Sporen bei intensivem Kontakt eine allergisch bedingte Entzündung der Lungenbläschen hervorrufen (Alveolitis). Eine besondere Gefährdung bestehe daher bei der Fällung und Aufarbeitung betroffener Bäume sowie bei der Verarbeitung von (Brenn-)Holz.

Auch Personen mit Vorschädigungen der Atemwege seien demnach gefährdet. Die Symptome (Reizhusten, Fieber, Atemnot, Schüttelfrost) treten in der Regel 6 bis 8 Stunden nach Kontakt auf und können mehrere Stunden, teilweise auch mehrere Tage oder Wochen anhalten.

Von daher passte es ganz gut, dass einer der Haufen am Weißbachweg direkt im Umfeld der Jakeduma-Bank zwischengelagert wurde. Noch am heutigen Dienstag war deutlich zu sehen, dass einzelne der schwarz infizierten Stämme wohl als nächtliche Sitzgelegenheit genutzt wurden.

Die Natur sorgt dafür, dass sich nur die Überlebensfähigen fortpflanzen können. Wer auf einem Stamm mit Pilzbefall Platz nimmt, könnte es in dieser Hinsicht schwer haben. Rußrindenkrankheit am eigenen Stengel…

Schon mag manch lärmgepeinigter Anlieger bei dem Gedanken frohlocken, dass demnächst für ein paar Nächte Ruhe einkehrt, weil die städtischen Nachtnomaden bei den Hautärzten Schlange stehen. Das Gute am Rußrinden-Befall im Unterleib: Der Zapadeus muss nicht amputiert werden. Er fällt nach einer kurzen Inkubationszeit von selber ab. Evolutionäres Aussitzen sozuagen. Die Natur weiß sich eben zu helfen.

So sitzt sich die Population selber aus: Umgenutztes Jakeduma-Stadtmöbel mit Rußrindenbefall.

Zu helfen wusste sich schließlich auch die Stadtverwaltung. In Absprache mit SachsenForst wurden die gefällten Bäume heute an einem Randbereich des Pappelwaldes gebracht (Titelfoto), „wo sie gefahrlos verrotten können“, wie es in einer Pressemitteilung aus dem Rathaus heißt.

Eine durchaus praktikable Lösung, wie sie auch von einzelnen Forstbetrieben immer mal wieder und je nach Lage der Dinge gutgeheißen wird, obwohl die Idealvariante in der Anlieferung zu einer Müllverbrennungsanlage bestehen soll. In Fällen wie in Markranstädt wird darauf hingewiesen, dass dennoch Warnschilder aufgestellt und die abgelagerten Holzreste mit Erde überdeckt werden sollen. Die Sporen des Pilzes würden absterben, sobald das Holz verrottet sei.

Gut dass man jetzt weiß, wie’s geht und wie man künftig schneller reagieren kann. Da sich die Rußrinden-Pandemie in Europa immer weiter ausbreitet und sich in Markranstädt noch ausreichend infektionsgefährdete Ahorn-Bäume befinden, kommt in Zukunft wahrscheinlich noch allerhand Deponiematerial dazu.

 

1 Kommentar

    • Tilo Lehmann auf 15. Juli 2020 bei 10:22
    • Antworten

    Jakedume Ole`, bald tut ER nicht mehr weh!

    Aber mal hier leider die tragische Wahrheit: Diese Rußrindenkrankeit ist mehr als besorgniserregend. In der Lausitz z.B. werden z.Zt. gerade ganze und auch noch große Waldgebiete deswegen abgeholzt. Und zwar keineneswegs nur Buchen. Vornehmlich Fichten. Kann natürlich eine andere Pilz-Population als bei Buchen verantwortlich sein. Der Effekt bleibt aber das diese eher nicht heimische Nadelholz-Baumart wegstirbt. Da kann bist Nachwuchsbäume halbstark sind eine Verödung stattfinden, also Klimawandel. Schlimm für uns Menschen, bei Jakedumen wohl eher nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.