Der oberste Schriftführer der Markranstäder Nachtschichten traut sich wegen der Drehbänke nicht mehr aus dem Haus. Auslachen lassen kann er sich auch im heimischen Ehebett, da muss man sich nicht auch öffentlich noch zum Ei machen, wenn man draußen als Markranstäder identifiziert wird. Die freien Spitzen hat er genutzt, um mal Ordnung in seine Gedanken zu bringen und die satirische Gemeinde am Ergebnis partizipieren zu lassen. Ein Kommentar zum Thema Stadtmöbel.
Ich erinnere mich noch gut: Es ist kaum sechs Jahre her, als mich jedesmal, wenn ich nach meinem Wohnort gefragt wurde, ein ähnliches Gefühl überkam. „Mnstädt“ hab ich dann leise genuschelt, weil ich wusste, welche Frage danach kommen würde. Entweder die, auf welcher Seite des Grabens ich stehe oder ganz einfach: „Markranstädt? Ist das nicht da, wo gerade das mit der Bürgermeisterwahl…?“
Kaum dass diese patriotischen Wunden verheilt sind, geht es nun schon wieder los. Zwar fragt niemand mehr, auf welcher Seite des Grabens ich stehe, dafür aber, in welche Richtung ich schaue, wenn ich auf einer Bank sitze. „Markranstädt? Aha! Na, wohin gucken sie denn heute bei ihnen, guter Mann? Auf die Schule oder in die Hecke?“
Natürlich könnte man auch stolz sein. Stolz darauf, sich Bürger einer so geilen Stadt nennen zu dürfen, in der es keine anderen Sorgen als die Standortfrage von ein paar Stadtmöbeln gibt. Ich find’s trotzdem eher peinlich. Schon kursieren die ersten Witze über uns. „Die Markranstädter sind so arm, die drehen jede Bank zweimal um, bevor sie sich hinsetzen!“ Muhaha.
Auch Arbeitskollegen können ja so grausam sein. Vorm gesamten Kollektiv fragt mich einer mit besorgter Mine: „Warst du heute schon auf’m Klo?“ Erstaunt über so viel menschliche Anteilnahme nicke ich bestätigend, da folgt schon die Pointe. „Und wie rum sitzt man da heute in Markranstädt?“
Mobbing-Opfer
Alles brüllt und biegt sich vor lachen, während die Sekretärin auf den Kalender schaut und mit Tränen in den Augen hinzufügt: „Heute ist Dienstag, da kacken die dort mit dem Gesicht zur Wand!“ Schon folgt der nächste Einwurf: „Du solltest den Bereich hinter der Kloschüssel mit einer Zeitung tapezieren, da hast du an den 180-Grad-Tagen bei der Eiablage was zu lesen.“ Als ob ICH Zeitung lesen würde. Ein Kammerjäger frisst doch auch kein Rattengift.
Auch meinen Bürostuhl haben sie manipuliert, die Lustigen die. Haben die Rollen abgebaut, das Möbel am teuren Laminat festgeschraubt und mir einen Schraubenschlüssel auf den Schreibtisch gelegt. Davor ein Zettel mit der Aufschrift: „IKEA-Bürostuhl – Markrans Tädt – mit patentiertem Schraubsystem für stufenlos verstellbare Drehmomente“. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Oder anders gesagt: Quäle nie einen Markranstädter zum Scherz, denn er könnte geladen sein.
Mach mir den Markranster!
Sogar in die deutschen Schlafzimmer hat der neue Hype schon Einzug gehalten. Es gibt ja beim Sex so landestypische Praktiken, von denen keiner weiß, was sie bedeuten.
Französisch könnte wohl was mit Fröschen sein, bei Griechisch streiten sich die Gelehrten, ob da durchs Hinterstübchen gemeint ist oder mit Rettungsschirm und bei Polnisch ist am nächsten Morgen die Frau weg.
Deutsch bedeutet wohl, dass es pünktlich losgeht und die Eskimo-Nummer ist sowieso immer angesagt, weils keine Frau gibt, die nicht kalte Füße hat. Wie langweilig! Selbst SM-Praktiken sind ja inzwischen sowas von abgedroschen.
Jubel auf den Porno-Seiten
In Anlehnung an die inzwischen ebenfalls überstrapazierte 69-er Stellung gibt es jetzt auf den internationalen Pornoseiten die neue Position 88. Die heißt so, weil in der Bezeichnung markranstädtisch ein ä vorkommt, das es im Internet nicht gibt und den Surfer daher ins Nirvana führt. Deshalb 88, getreu dem Motto: „Du kannst es drehen oder wenden, ’s wird stets bei 88 enden.“
Die 88-er geht auch auf der Bank
Wenn Ihr Partner Ihnen also demnächst ins Ohr haucht „Komm Schatz, lass uns die Bank machen“, dann meint er die 88er Stellung und damit die „Markranstädter Position“, bei der beide Kopulierenden mit dem Kopf am Fußende liegen. Und schon sind wir mit dem Ruf abartiger Geruchsfetischisten stigmatisiert.
Es ist zum Schämen! Derart zum Schämen, dass die ersten Ureinwohner in ihren Lebensläufen vorsichtshalber darauf hinweisen: „Ich bin zwar Markranstädter, aber ich masturbiere nur.“
Übrigens: Wenn Sie demnächst Bus oder Bahn fahren … Ich wills nur mal vorsichtig anklingen lassen, damit Sie sich nicht wundern, wenn der Fahrkartenkontrolleur Sie dezent darauf hinweist, dass heute Donnerstag sei und Markranstädter bitte entgegen der Fahrtrichtung Platz nehmen wollen. Das ist allerdings keine Diskriminierung wie bei den Negern in den Bussen in Alabama.
Integration in Bus und Bahn
Extra für uns wurden die Sitzbänke so gedreht, wird Ihnen der Nahverkehrsverbund auf Ihre Beschwerde mitteilen. Weil irgendein grün-humanistischer Verband es unerträglich fand, wie unsensibel unsere Gesellschaft mit den religiösen Bedürfnissen der Markranstädter umgeht und sich deshalb berufen fühlte, als Anwalt unserer Interessen selbige bundesweit durchzusetzen. Also wurden Sitzbänke in Bussen und Bahnen kurzerhand gedreht – nur zu unserem Besten.
Am Arsch der Welt
Tja, und jetzt sitzen wir da – verkehrtrum – und verstehen die Welt nicht mehr, weil sie von hinten plötzlich so ganz anders aussieht. Wir gucken ihr praktisch direkt in den Schließmuskel. So muss es sich anfühlen, wenn man sprichwörtlich am Arsch ist. Und wer ist schuld daran?
Ich persönlich glaube ja nicht, dass die gedrehten Bänke was mit dem Stadtmöbel-Drama zu tun haben. Die Aktionen mit den Drehbänken verraten Witz und Intelligenz und stehen damit im krassen Widerspruch zu dem in allen Belangen niveaulosen Treiben in der Leipziger Straße. Es tut trotzdem gut, dass man sich die verkehrte Welt an den 180-Grad-Tagen mit solch einer Begründung schönreden kann.
„Drehnse sich mal um!“
Wenn … ich sage nur WENN … jetzt allerdings ein Sanitärbetrieb in Markranstädt plötzlich Toilettenbecken anbieten würde, auf denen man so rum und so rum sitzen oder die man sogar drehen kann, also dann würde auch ich mich für einen Zusammenhang erwärmen können. Allerdings nicht ohne tiefsten Respekt für eine geradezu geniale Geschäftsidee, die strategisch perfekt inszeniert wurde. Bis dahin vermeide ich es trotzdem lieber, jemandem zu sagen, in welcher Stadt ich wohne. Es kotzt mich einfach an, jedesmal den Spruch zu hören „Echt jetzt? So sehnse gar nicht aus. Drehnse sich mal um!“
2 Kommentare
Ich hoffe die Bankverdreher hören mit ihrem Schabernack nicht auf, damit wir weiter in den Genuss der Berichte kommen. Obwohl es mir schon ein bischen leid tut wenn der Schreiber des Textes nun immer im Blaumann zur Arbeit muss,weil er jeden Tag erst seinen Stuhl zusammen schraubt. Meine Vermutung ist,dass man mit dem drehen der Bänke an 89 die Wende erinnert. Wie auch immer es bleibt spannend…
Bekennerschreiben
Gegen kostenfreies Sitzen und gegen steuerfreies in-der-Gegend-herumglotzen!
Leistung muss sich wieder lohnen!
Die Parkbank ist nicht zum Nulltarif zu haben!
Wir Schrauben zusammen, was zusammen gehört!
Wir schrauben es in die Richtung in welche es hingehört!
Wählt die DTFP
(Deutsche Trittbrettfahrer Partei)