So langsam wird das Thema „Ehrenbürgerschaft“ zu einem Alleinstellungsmerkmal für Markranstädt. Nachdem die Stadt Naunhof vor wenigen Tagen die Würden von Adolf Hitler und Paul von Hindenburg aufgehoben hat, sind deutschlandweit nicht mehr viele Kommunen übrig, die sich noch mit der in Markranstädt geübten Pflege patriotischer Traditionen messen können. Hofkasper Claus Narr hat sich mal mit der Sache beschäftigt und dabei herausgefunden, dass man in Markranstädt unheimlich stolz auf seinen Ehrenbürger Paul von Hindenburg ist. (Titelfoto: Bundesarchiv, Bild 102-14569 / CC BY-SA 3.0)

Manche Quellen sprechen von rund 150, andere von über 3.000 Städten, die sich einst damit rühmten, Paul von Hindenburg als ihren Ehrenbürger zu führen. Viele sind allerdings nicht mehr davon übrig geblieben.
In der vergangenen Woche hat mit Naunhof wieder eine Stadt ihre Würdigung zurückgezogen. Laut Wikipedia war es mindestens die 109. Kommune, die diesen Schritt nach dem 2. Weltkrieg ergriffen hat. Seitdem ist Markranstädt eine der letzten nicht linksgrün versifften Hochburgen, in der diese verbliebene Bastion patriotischer Folklore eisern verteidigt wird.

Jetzt sind auch im linksgrün versifften Naunhof die Weicheier eingeknickt. Wo außer in Markranstädt soll jetzt noch die patriotische Erinnerungskultur im Lande gepflegt werden?
Freilich war es nicht nur Hindenburgs Wirken als Steigbügelhalter Adolf Hitlers, das zur reihenweisen Aberkennung der Würde des ehemaligen Reichspräsidenten führte. Und auch nicht das Ermächtigungsgesetz, mit dem Hindenburg dem Kommunisten Adolf Hitler das Werkzeug für eine tausendjährige Herrschaft übergeben hatte. Nein, viele Städte störten sich im Nachgang auch daran, dass Hindenburg sie nie besucht hatte, ja nicht einmal versehentlich durchgefahren war.
In unverbrüchlicher Treue
Ganz anders Markranstädt. Auch hier ist Hindenburg nie gewesen und ist auch nicht durchgefahren. Vielleicht hat er nicht mal gewusst, dass es das Kaff überhaupt gibt. Und dennoch stehen Gesellschaft und Kommunalpolitik seit Jahrzehnten in unverbrüchlicher Treue geschlossen hinter ihrem Ehrenbürger. Das zeugt von aufrechtem Charakter, der sich nicht wie die Fahne nach dem Winde dreht.
Mit einer Gegenstimme: Schon Hitler hatte es schwer
Schon als der Markranstädter Stadtrat in den 1990-er Jahren die erste Säuberungsaktion der Ehrenbürgerliste in Angriff nahm, wurde Hindenburg aus der Schusslinie gezogen. Der Fokus lag auf ausschließlich Adolf Hitler, der mit immerhin einer Gegenstimme aus der kommunalen Hall of Fame gelöscht wurde.

Alle Denkanstöße, die zu Hindenburg in den folgenden Jahren ans Rathaus, den Stadtrat oder die in der Stadt wirkenden gesellschaftlichen Kräfte gerichtet waren, wurden bis heute standhaft ignoriert.
Mehr noch: Spricht man die Protagonisten darauf an, stellen die ihre Verwunderung zur Schau und geben vor, von einem Hindenburg als Ehrenbürger nichts zu wissen. Gleichwohl haben sie auch danach bis heute nichts unternommen.
Wer weiß denn sowas?
So haben die Markranstädter Nachtschichten in den letzten zehn Jahren acht mal und die Leipziger Volkszeitung drei mal darauf hingewiesen, dass hier möglicherweise Denkbedarf besteht. Doch offenbar hat, wenn man nachfragt, ausgerechnet diese elf Beiträge in Markranstädt nie jemand gelesen.
So ein Zufall aber auch
Die drei LVZ-Artikel sind wahrscheinlich zufällig durchgerutscht und die Markranstädter Nachtschichten werden in diesen Kreisen aus Gründen der Vorsorge zumindest offiziell gar nicht erst beachtet. Auf diese Weise kann man hinterher immer stolz mit Nichtwissen prahlen.

Eine der letzten Listen, in der die wahren Lebensleistungen eines Menschen für seine Heimatstadt gewürdigt werden,. Hörrr wörrrd nöcht drrran gerrröttelt!
Spätestens seit selbst die Verfechter der Demokratie, die den Markranstädter Marktplatz im vergangenen Jahr mehrfach mit bunten Regenbögen überzogen hatten, nicht an ihrem Ehrenbürger Hindenburg rütteln, kann hier kein Zufall mehr im Spiel sein. Direkt mit dem Fakt konfrontiert, zeigten sich die Initiatoren damals auch erst verwundert, wollten sich des Themas allerdings annehmen. Das war im Oktober 2024.
Zeichen setzen, keine Taten
Tagträumende Optimisten mögen argumentieren, dass inzwischen auch dort die Erkenntnis gereift ist, dass Zeichen setzen einfacher ist als zu Taten zu schreiten. Zumal auch in diesen Kreisen noch nie jemand von Ilse Pfannenberg gehört hat, die für Markranstädt mehr getan hat als alle deutschen Politiker der letzten 70 Jahre zusammen und der man die Ehrenbürgerwürde trotzdem nicht geben wollte.

Bei all dem Schweigen und der jahrzehntelangen Tatenlosigkeit darf einem mit Fug und Recht die Überzeugung beschleichen, dass hier viel mehr im Spiel ist als eine Würdigung von Lebensleistungen.
Der Stolz der Söhne und Enkel
Es ist der patriotische Stolz auf einen großen Sohn der Stadt, der in Markranstädt unerschütterlich weiterlebt. Ein ehernes Gefühl, zu den wahren Enkeln eines Reichspräsidenten und damit zugleich auch irgendwie zum erweiterten Bekanntenkreis des Führers zu zählen. Wer kann das heute noch von sich behaupten?

Sein Andenken wird in Markranstädt eisern gepflegt. Ein großer Sohn der Stadt. Bild Bundesarchiv 183-R17289 / CC-BY-SA 3.0
Und für alle noch lebenden wie künftigen Ehrenbürger der Stadt ist es eine zusätzliche Ehre, auf der gleichen Liste geführt und in einem Atemzug mit Paul von Hindenburg genannt zu werden. Das wollen und dürfen wir uns nicht nehmen lassen!
Authentische Verwunderung
Machen wir uns nichts vor: Auch diesen inzwischen neunten MN-Beitrag zum Thema Ehrenbürgerschaft wird man im Rathaus und Stadtrat oder bei den Verteidigern der regenbogenbunten Demokratie natürlich wieder nicht lesen. Denn das ist die einzige Möglichkeit, um mit authentischer Verwunderung reagieren zu können, wenn irgendwann mal wieder die Sprache auf den Markranstädter Ehrenbürger Hindenburg kommt. Also wird auch jetzt wieder nichts passieren.
Rat zum richtigen Umgang
MN-Tipp für Leser: Insofern können Sie, wenn Sie dies Poem fertig gelesen haben, das Thema auch gleich wieder vergessen. Es sei denn, Sie haben irgendwann mal vor, sich in Markranstädt an einer Demo unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt“ oder sowas in der Art zu beteiligen. Wenn Sie Ihr jetzt erworbenes Wissen bis dahin nicht für eine konkrete Handlung genutzt haben, sollten Sie zumindest darüber nachdenken, ob das wirklich Ihre Veranstaltung ist.
6 Kommentare
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Ich finde ja, Ihr übt hier unnötig viel Druck auf unsere Volksvertreter aus. Die sind nicht träge, verschüchtert, uninteressiert oder so … die sind weitsichtiger, als ihr glaubt. Nur noch eine Wahlperiode im Landtag und/oder Bundestag müssen wir aushalten. Danach sitzt die Partei mit dem ‚Vogelschiss‘ an den entsprechenden Hebeln und wird alle Kommunen bestrafen, die hier übereifrig ihre Ehrenbürger aussortiert haben. Nicht so Markranstädt. Wir werden uns ab dann die ‚Heldenstadt am See’ nennen dürfen und werden für unsere ewige Treue als Wallfahrtsort zu neuem Leben erwachen. Amen
Endlich mal jemand mit Visionen! Sie sind demnach auch dafür, dass der nächste Bürgermeister in Markranstädt ein Bestatter sein soll? Nicht wegen der Beerdigungskultur, sondern ganz pragmatisch – weil er es gewöhnt ist, die Probleme des Lebens von ihrem Ende her zu lösen.
Die hervorragenden Leistungen der Redakteure der Markranstädter Nachtschichten sind doch schon einer Ehrenbürgerschaft wert. Es stellt sich nur die Frage, ob ihr mit Paul von Hindenburg auf einer Bank sitzen wollt oder soll er erst daraus entlassen werden. Wenn ja, strengt euch an, umso schneller sitzt ihr drauf.
Wie kommen Sie darauf, dass uns eine solche Ehre zuteil werden könnte? Bomben und Auszeichnungen treffen immer die Falschen.
Ich gebe es zu: Damit habt Ihr heute auch mich ertappt. Ich hatte zwar die erwähnten 8 Artikel gelesen (können auch nur 6 gewesen sein), hatte aber immer gedacht, dass sich schon jemand finden würde, der hier mal aktiv wird. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Ehrenbürger ihre Ehrenbürgerschaft mit ihrem Tod automatisch verlieren, Einen Hindenburg (und idealwerweise auch Otto von Bismarck) von der Liste zu streichen, wäre sicher richtig, fällt aber auch ganz klar unter die Kategorie „Zeichen setzen“. Mehr nicht. Von daher verlasse ich mich auch weiterhin auf die kunterbunten Zeichensetzer.
Also der Bismarck hat ja in Markranstädt seine Berechtigung. Immerhin werden auf dem Marktplatz jeden Freitag seine Heringe verkauft.