Die Nummer 13 auf „Kirschners Liste“: J.R. und die Sehnsucht nach der vierten Etage

Und schon hallt der nächste Paukenschlag durch Markranstädt: J.R. ist zurück! Der Mann, der auf den bürgerlichen Namen Jens-Reiner Spiske hört und aktuell sein Dasein als Oberfeldarzt bei der Bundeswehr fristet, hat das Skalpell gewetzt und will in den Reihen der CDU um den Einzug in die vierte Etage kämpfen. Schulter an Schulter mit der Ex-Beigeordneten Beate Lehmann sogar! Bevor ihn der Volksmund zum St. Aesculap auf „Kirschners Liste“ glorifizieren kann, haben wir Jens Spiske auf dem Heimweg hinter einer Hecke aufgelauert und zur Rede gestellt.

Nachdem vorm kommenden Wahl-Marathon schon Bodo Walther bei den Freien Wählern, Nadine Stitterich bei der UWV und Roland Steckel auf der Liste von Sarah Wagenknecht von Harry Potters Vielsafttrank genascht haben, scheint mit Spiskes Kandidatur für die CDU zumindest schon die Frage geklärt, was am 9. Juni in den Markranstädter Küchen zum Mittagessen auf den Tischen steht: Es gibt kommunalpolitisches Omelett!

Hallo Herr Spiske, tolle Überraschung, die sie uns Satirikern da bereitet haben. Lassen Sie uns gleich zur Sache kommen, bevor die nächste Liste veröffentlicht wird und wir womöglich auch noch Anton Hofreiter fragen müssen, warum er im Stadtrat für die AfD kandidiert. Zur Sache: Böse Zungen behaupten, dass Sie mit Ihrem Comeback dem drohenden Marschbefehl in die Ukraine entgehen wollen. Dabei weiß ja jeder, dass es heute sogar in einem Schützengraben am Donbas wesentlich sicherer ist als in der vierten Etage. Also, wie kam’s wirklich dazu?

Anton und die AfD, das wäre mal was. Aber im Ernst, ich beobachte natürlich die Vorgänge in Markranstädt sehr aufmerksam. Was ich dort sehe, gefällt mir so wenig wie die Frisur von Hofreiter. Die wirtschaftliche Entwicklung stagniert, das Personal im Rathaus wechselt schneller als mancher seine Unterwäsche. Aber sich ärgern bringt nix, anpacken ist die Devise, wie bereits 2011, nur diesmal auf der anderen Seite des Ratstisches. Außerdem vermisse ich die vierte Etage in der Tat schon ein bisschen.

Wahrscheinlich mangels erforderlicher Grundinformationen hat in Markranstädt das Gerücht die Runde gemacht, Jens Spiske sei in die CDU eingetreten. Stimmt das?

In die CDU bin ich nicht eingetreten. Aber ich bin der Meinung, dass Menschen, die unsere Demokratie schützen und erhalten wollen, sich in den Parteien engagieren sollten, die unser Land über Jahrzehnte groß gemacht und die Demokratie erhalten haben.

In der Markranstädter CDU soll es ja per se schon mehr Strömungen geben als im gesamten Nil-Delta und jetzt gibt es da auch noch gleich zwei Medizinmänner, über die es bekanntlich heißt: Zwei Ärzte – drei Meinungen. Hält die CDU so viel Meinungsvielfalt aus?

Ich glaube schon. Etablierte Parteien, auch die CDU, haben da meiner Meinung nach zwar schon noch ein wenig Lernbedarf, denn das Zuhören und sich selbst reflektieren und gegebenenfalls aufeinander zugehen, ist zumindest in der sogenannten großen Politik in der Vergangenheit etwas kurz gekommen. Allerdings nicht auf der kommunalen Ebene, da konnte ich schon immer recht gut mit den Kollegen der CDU. Was die mögliche ärztliche Repräsentanz angeht, waren der Doktor und ich uns sowohl politisch und als auch medizinisch oft erschreckend einig.

"Ein Arzt darf alles, was er kann!" Mit dem grünen Kittel sollen sich die Patienten schon mal an die Farbe gewöhnen, wenn sie ins Gras beißen. Die Maske hingegen dient Feldärzten dazu, dass sie bei der OP nicht versehentlich das Skalpell sauberlecken.

„Ein Arzt darf alles, was er kann!“ Mit dem grünen Kittel sollen sich die Patienten schon mal an die Farbe gewöhnen, wenn sie ins Gras beißen. Die Maske hingegen dient Feldärzten dazu, dass sie bei der OP nicht versehentlich das Skalpell sauberlecken.

Der Doktor hatte Ihnen schon öffentlich zu verstehen gegeben, dass er als in der DDR ausgebildeter Mediziner im Gegensatz zu Ihnen, einem friesischen Schamanen mit westelbischem Migrationshintergrund, sogar gynäkologisch tätig sein darf. Hat er da einen Vorteil, weil er direkten Zugriff auf das weibliche Wählerpotenzial hat, während Sie sich mit Rekruten herumschlagen müssen, die sich an der Sturmwand einen Splitter eingezogen haben und in Markranstädt nicht mal wahlberechtigt sind?

Wer sagt denn, dass ich nicht auch gynäkologisch tätig sein darf? „Ein Arzt darf alles, was er kann!“ lautet ein alter Medizinerspruch. Manche werden sich vielleicht noch daran erinnern, dass ich sogar Reifen wechseln kann. Und vielleicht will ich ja gar nicht gynäkologisch tätig sein? Ich esse ja auch nicht jeden Tag Sahnetorte, das versaut einem den ganzen Appetit auf mehr.

Beobachter waren verwundert, dass Ihre Nominierung für die Kandidatenliste der CDU so reibungslos über die Bühne ging. Vielfach wurde erwartet, dass es ein Erdbeben gibt, dessen Epizentrum sich beim Blick aus dem Dachfenster Ihres Altranstädter Hauses fast in Sichtweite befindet. Kommt das noch oder dürfen Sie sich in der bei Christen tief verwurzelten Tugend der Vergebung sonnen?

Ganz ehrlich? Das hat auch mich überrascht. Ich hatte mich auf Buh-Rufe, Streitgespräche und faules Verbal-Obst eingestellt. Nichts davon trat ein. Im Gegenteil: mit 25 von 29 abgegebenen Stimmen fiel das Ergebnis ziemlich klar aus. Zwar vermutete mein Seismograph eine baldige Eruption in Großlehna I, aber lediglich ein leichtes Vibrieren war zu vernehmen und am Tag danach schon nicht mehr wahrnehmbar. Ob die Christlichen Demokraten mir vergeben haben, weiß ich nicht, aber sie haben mich in ihrem Kreise aufgenommen und ich fühle mich da wohl, auch ohne Gesangs … ähm … Parteibuch.

Wenn man sich in Markranstädt so umhört, stehen Ihre Chancen bei der Wahl ganz gut. Allerdings droht Ihnen nach dem Einzug in die vierte Etage ein eklatanter Perspektivwechsel. Sie sitzen dann nicht mehr vorn auf dem Glockenstuhl, sondern sind einer von vielen Hinterbänklern. Während Sie früher Ihre Meinung nach Belieben äußern konnten, müssen Sie dann warten, bis Ihnen von der Hausherrin das Wort erteilt wird. Können Sie Ihre Füße stillhalten und was sehen Sie als die größte Herausforderung bei dieser Aufgabe an?

Da ich ja nunmehr seit drei Jahren wieder bei der Bundeswehr tätig und dort nur ein kleines Rädchen im schlecht geölten Getriebe bin, habe ich Demut und Zurückhaltung wieder lernen müssen. Als Bürgermeister hatte ich zwar den Glockenstuhl inne, aber ich glaube, dass ich die Stadträte immer als das respektiert und behandelt habe, was sie sind: Nämlich das höchste Verwaltungsgremium der Stadt und Repräsentanz der Bürger. Diesen Respekt erwarte ich von der derzeitigen Glöcknerin auch. Sollte ich das Gefühl haben, dass dies nicht so ist, werde ich mir schon Gehör verschaffen.

Thema Stadträte: Es heißt ja immer, die würden die Geschicke der Stadt lenken. Für viele Menschen sieht es aber eher so aus, dass die nur als Erfüllungsgehilfen für die Wahrung des demokratischen Scheins gebraucht werden. Wenn der Stadtrat zum Beispiel den Bau einer Kita beschließt, weiß doch heute jeder, dass das kein Beschluss ist, sondern bestenfalls eine demütige Willensbekundung. Ob eine Kita gebaut wird oder nicht, entscheiden Bund und Land, indem sie Fördermittel gewähren oder nicht. Was kann ein Stadtrat in der heutigen Zeit in seiner Kommune eigentlich noch bewirken?

Das Thema Fördermittel ist ein leidiges Thema, über das selbst ein wortkarger Friese stundenlang reden könnte. Als Stadtrat muss man mit den Dingen jonglieren, die einem von der „großen“ Politik vorgegeben werden, und dabei kann man auch gestalten. Aber ich wäre dafür, dass die Landespolitik endlich erkennt, wer im Lande die Wertschöpfung macht, nämlich in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger und dann die Kommunen, die eine gute Wirtschaftspolitik machen. Damit das wieder möglich ist, muss diese unsäglich bürokratische Fördermittelpolitik über- und neu gedacht werden.

Wenn ein Lütt so guckt wie hier der Jens, dann hat er dem Papa bestimmt ein Furzkissen auf den Sessel gelegt. Mal sehen, was er sich für den Glockenstuhl in der vierten Etage so einfallen lässt.

Wenn ein Lütt so guckt wie hier der Jens, dann hat er dem Papa bestimmt ein Furzkissen auf den Sessel gelegt. Mal sehen, was er sich für den Glockenstuhl in der vierten Etage so einfallen lässt.

Sie sind vor einigen Jahren bei den Freien Wählern Markranstädt (FWM) ausgetreten. Bei den Freien Wählern Sachsen (FWS) sind Sie aber noch Mitglied geblieben und saßen als Mandatsträger der Unabhängigen Wählervereinigung (UWV) im Kreistag, weil die noch eine Brandmauer zur AfD hatten. Sie tragen aber keine Anstecknadel der FWS mehr an Ihrem Revers. Was ist passiert?

Bis 2020 habe ich mich in der Partei Freie Wähler in Sachsen engagiert. Allerdings war auch dort ein Engagement aus verschiedensten Gründen nicht mehr möglich und ich bin ausgetreten. Aktuell bekennt sich die Parteiführung in Sachsen zu einer möglichen Kooperation mit der AfD und auch deren Spitzenkandidat Berger aus Grimma hat damit offenbar keine Probleme. Gut, dass ich nicht mehr dabei und rechtzeitig ausgetreten bin. Liebäugeln mit Rechtsextremen hat schon 1933 zur Katastrophe geführt und auch der Verbrecher Herr Hitler soll ja im persönlichen Umgang mitunter als ganz netter Mensch wahrgenommen worden sein. Er war aber ein Wolf im Schafspelz und sowas will ich in Markranst nicht haben.

So will die CDU in den Wahlkampf um die Besetzung des neuen Stadtrats gehen. Bei den selbsternannten Buchmachern in den Lallendorfer Hinterzimmern steht allerdings Beate Lehmann klar an der Tabellenspitze.

So will die CDU in den Wahlkampf um die Besetzung des neuen Stadtrats gehen. Bei den selbsternannten Buchmachern in den Lallendorfer Hinterzimmern steht allerdings Beate Lehmann klar an der Tabellenspitze.

Reden wir nicht um den heißen Brei: Seit dem letzten Machtwechsel im Rathaus hat sich die Welt weitergedreht, allerdings nicht immer in die Richtung, in der Sie einst gekurbelt haben. Wo sehen Sie die drängendsten Probleme und was kann der Stadtrat tun, um sie zu lösen?

Leider hat sich in Richtung Wirtschaft nicht viel oder gar nichts bewegt, trotz verfügbarer Gewerbeflächen. Hier möchte ich gemeinsam mit Beate Lehmann ansetzen. Aufgrund der hohen Personalfluktuation im Rathaus dauert insbesondere die Bearbeitung von Bauanträgen zu lange – das muss aufhören. Alle Betriebsansiedlungen, insbesondere in der Ranstädter Mark, sind vor der aktuellen Legislatur angeschoben worden. Der Neubau des Stadtbades hätte schon längst abgeschlossen werden können. Aber ich will nicht alles schlechtreden, in einigen Bereichen hat sich auch eine bemerkenswerte Entwicklung vollzogen: Im Dienstzimmer der Bürgermeisterin gibt es einen neuen Teppich und neue Büromöbel.

Unter Ihrer Ära ist die MN-Serie „Neues aus der vierten Etage“ zum Blockbuster gediehen. Gut, das war von vornherein nicht als Qualitätssiegel für hervorragende kommunalpolitische Arbeit gedacht, aber es hat den Anschein, als sei dem homo marcransis nicht nur der Humor, sondern auch die Leichtigkeit des Umgangs miteinander irgendwie abhanden gekommen. Man hat das Gefühl, als wenn man nur noch daran gemessen wird, wie „woke“ man ist. Wie sehen Sie das als einer, der früher (nicht nur) von uns auch allerhand einstecken musste?

Dass meine Bürgermeisterzeit dazu geführt hat, dass die Nachtschichten einen Boom erlebt haben, betrachte ich schon als Auszeichnung und Zeichen guter Arbeit. Warum? Weil es was zu reden und auch zu kritisieren gab. Dadurch lebt Politik. Das macht Politik transparent und interessant für unsere Bürgerinnen und Bürger. Wenn es dann noch satirisch und humorvoll verpackt wird, dann stehen die Nachtschichten in einer Reihe mit Dieter Hildebrandt und anderen Satirikern. Nuhr kommt dem noch ziemlich nahe, ansonsten gibt es ja nur noch Comedians oder Spaßmacher.

Dass Spiske auch CDU kann, hat er schon 2014 mit der Erfindung der Kanzler-Raute bewiesen, die später durch kulturelle Aneignung von Angela Merkel vereinnahmt wurde.

Dass Spiske auch CDU kann, hat er schon 2014 mit der Erfindung der Kanzler-Raute bewiesen, die später durch kulturelle Aneignung von Angela Merkel vereinnahmt wurde.

Politiker müssen einstecken können, das gehört dazu. Ich erinnere daran, dass die Bundeskanzlerin Merkel öffentlich übelst diffamiert und in Griechenland sogar mit Hitlerbärtchen und Hakenkreuz abgebildet wurde. Ich habe sie nie klagen hören.

Früher konnte man durchaus mal für Dinge kritisiert werden, die man gesagt oder getan hat. Heute dagegen kann einem schon mal eine Gesinnung unterstellt werden, weil man etwas nicht getan oder gesagt hat, zum Beispiel nicht an einer Demo teilnahm. Das schreckt immer mehr Menschen davon ab, mit anderen über andere Meinungen zu diskutieren. Gleich gar nicht mit Politikern, weil Bauern oder Handwerker, deren Kompetenzen nun mal in der Arbeit und nicht im Labern liegen, denen rhetorisch gar nicht gewachsen sind und dabei von vornherein den Kürzeren ziehen. Der Austausch findet mehr und mehr nur noch im privaten Raum und unter Gleichgesinnten statt. Wie wollen Sie diese Leute im Wahlkampf abholen?

Sie bringen es auf den Punkt. Der Spruch „Das darf man aber nicht laut sagen“ macht mich wütend. Doch, in diesem Land darf man fast alles laut sagen. Man darf und muss streiten, aber respektvoll! Jemanden wegen einer anderen Meinung als der eigenen gleich in eine Ecke zu stellen und ihn gar als Nazi oder Stalinist zu diffamieren, gehört sich nicht. Ich habe Meinungen, die müssen nicht die richtigen sein, aber ich darf sie laut sagen. Das garantiert unser Grundgesetz. Leider findet ein niveauvoller und respektvoller politischer Disput in unserer Gesellschaft und auch der Politik nicht mehr statt. Das muss sich ändern. Mit mir kann man jedenfalls durchaus streiten.

Militärische Spezialoperation "Wahlkampf" war einmal. Die Frontlinien in der Gesellschaft haben sich verändert, der Oberfeldarzt setzt auf Zuhören und Klartext sprechen.

Militärische Spezialoperation „Wahlkampf“ war einmal. Die Frontlinien in der Gesellschaft haben sich verändert, der Oberfeldarzt setzt auf Zuhören und Klartext sprechen.

In der Diskussion mit den Menschen muss sich der Politiker auf sein Gegenüber einlassen können. Selbst wenn er meint, intellektuell und rhetorisch überlegen zu sein, muss er sein Gegenüber mitnehmen und seine Sprache sprechen. Das tun Politiker der Etablierten zu wenig. Sie haben die Bodenhaftung und den Kontakt zum Volk verloren. Wie holt man die Menschen in der Politik ab? Indem man mit ihnen spricht, ihnen zuhört und auch mal Klartext redet.

Sie leben nun schon fast 20 Jahre im Freien Osten, gehen einer geregelten Tätigkeit nach und laut Ihrer Nachbarn trennen Sie sogar ihren Müll. Wie sieht es inzwischen mit Ihren Sprachkenntnissen aus und wie verständigt man sich im Hause Spiske?

Bedingt durch meines Vaters Beruf und meine Tätigkeit bei der Bundeswehr bin ich in der Vergangenheit selten mehr als 3 Jahre an einem Ort geblieben. In Sachsen bin ich angekommen, hier fühl ich mich wohl und seit ich mit einer Görlitzerin verheiratet bin und eine Tochter habe, behaupte ich, dass die Integration des friesischen Migranten gelungen ist. Mittlerweile finde ich sogar den Karneval toll und das will was heißen bei einem Friesen! Da meine Tochter das Ergebnis einer erfolgreichen Ost-West-Vereinigung ist, wächst sie zweisprachig auf, also mit Modschegiebchen und Dackhaas.

Rechte Gedanken links der Mitte durch Greteleien mit Karussellpferden

Über sich und die Welt nachzudenken, kann verheerende Auswirkungen haben. So manche Frau soll dabei erkennen, dass sie sich eigentlich als Karnickelbock fühlt. Noch schlimmer kann es einen Mann treffen, der nach einem Seitenblick auf’s Sofa plötzlich konstatieren muss, dass er seit 30 Jahren neben dem Körper einer Frau gefangen ist. Ganz übel traf es in dieser Woche MN-Chef Claus Narr. Der hat bei sich erschreckende Tendenzen rechter Gesinnung festgestellt. Wie kann das sein bei einem, der bei den Jungpionieren mal Kassierer im Gruppenrat war und seit fünf Jahrzehnten auf dieser Entwicklungsstufe stehengeblieben ist?

Seit ich in mir Indizien gefunden habe, die mein Alter Ego als potenziellen Rechten enthüllen, kann ich kaum noch schlafen.

Auch das Essen schmeckt mir nicht mehr und an Sex ist gleich gar nicht zu denken. Nicht wegen mir, sondern wegen meiner Frau. Ich kann sie schließlich nicht zur Mittäterin machen, weil sie einen potenziellen Nazi bekocht und auch noch mit ihm schläft.

Ich persönlich staune nur, wie lange ich bereits rechter Gesinnung bin, ohne dass es mein Umfeld wahrgenommen oder wenigstens ich selbst bemerkt habe. Schon als 1990 die ersten Wessis in unser Land eingefallen sind und die Posten besetzt haben, die noch heute fest in ihren Händen sind, keimte in mir die Forderung: Alle zurück in ihre Herkunftsländer!

Tja, jetzt sind sie da

Aber meine Stimme war zu leise und so holten sie dann auch noch ihre Familien nach, blockieren mit ihrer Brut seitdem immer mehr Kita-Plätze und verweigern sich der Integration sogar bei der Zeit. Eisern behaupten sie noch heute, dass Viertel drei in Wahrheit Viertel nach zwei sei. Mit Blick auf das Zifferblatt wird die dahintersteckende Charaktereigenschaft deutlich: Sie lesen die Uhr rückwärtsgewandt. Tja, aber jetzt sind sie da und wir müssen es ausbaden.

Nazi und Flüchtling

Wie schnell man in Markranstädt selbst zum Flüchtling werden kann, habe ich letztens am eigenen Leibe erfahren müssen. Nachdem ich in einem der letzten Restaurants am Ort gegessen hatte, fragte mich die Kellnerin, wie ich zu zahlen gedenke. „Mit Karte“, habe ich selbstbewusst geantwortet. In der gleichen Sekunde rückten die anderen Gäste entsetzt von meinem Tisch ab und begannen zu tuscheln. „Ah, wieder einer“, hörte ich aus den Wortfetzen heraus und „… die kriegen ja jetzt kein Bargeld mehr, alles nur noch auf Karte“, oder „… aber fette Steaks fressen und teuren Wein saufen auf unsere Kosten…“

So schnell wird man hier vom Nazi zum Flüchtling. Und nun? Mein Kumpel Uwe rät mir, bei der kommenden Wahl die Augen aufzumachen. Aber was weiß der schon. Gerade Uwe, der in den letzten 30 Jahren von CDU über Linke und Grüne bis SPD schon alles versucht hat und sogar vor der FDP nicht zurückgeschreckt ist, müsste es doch am besten wissen: Alle vier Jahre sein Kreuz an die falsche Stelle zu setzen, ist auch keine Lösung.

Tennisbälle beim Fußball: Die endgültige Entwurzelung

Und jetzt nehmen sie einem noch das letzte bisschen Kultur, das uns geblieben ist. Fußball wird neuerdings mit Tennisbällen gespielt. Kein Wort von kultureller Aneignung oder unerträglicher Verwendung sexistischer Stereotype (Sie erinnern sich? Boris in der Besenkammer), nicht mal die Verschwendung volkswirtschaftlicher Ressourcen wird angeprangert. Nirgendwo gibt es mehr Tennisbälle zu kaufen! Ausbaden müssen das arme Sozialverbände wie der Markranstädter Tennisklub, wo sie jetzt Fußbälle übers Netz schmettern müssen. Wo sind wir nur hingekommen?

Das Leiden unserer Kinder

Die Probleme, mit denen ich beschäftigt werde, nehmen nicht ab. Dass mein Sohn in der Schule nicht mehr gehänselt werden darf, fand ich ja erst ganz okay. Bis er mir stolz mitteilte, dass er jetzt gegretelt wird und sowas wegen des Gender-Gaps in Ordnung ist.

Dafür darf meine Tochter nicht mehr mit dem Kinderkarussell fahren, weil sie auf diese Weise dem unerträglichen Trugschluss aufsitzen könnte, dass man auf Tieren reiten darf. Damit sie sich in der Kita nicht auch noch vor ihren im Präventionsrat „Junge Demokraten“ gesellschaftlich engagierten Spielkameraden rechtfertigen muss, habe ich vorsichtshalber das Wendy-Abo gekündigt.

Auch aus reinem Selbstschutz gegenüber meiner Familie. Nicht auszudenken, wenn mein Nachbar mitbekommen würde, dass wir gegen das Tierwohl gerichtete Literatur aus unserem Briefkasten holen.

Da könnten wir gleich aus Markranstädt wegziehen. Oder wenigstens ich. Obwohl … für mich als Alleinreisenden wäre Berlin schon ein lohnendes Ziel. Seit 1. Februar gibt es dort eine Einsamkeitsbeauftragte. Vollzeit wohlgemerkt! Und was ’ne Fackel, die Braut! Die ist allein für solche wie mich da, muss mir wahrscheinlich vorlesen, mich zwischen den Zehen massieren und was sonst noch so.

Früher gab’s sowas zwar auch schon, aber damals hatten die kein Büro und man musste sie aus eigener Tasche bezahlen. Heute gibt’s nur ein Problem bei der Sache: Annabell Paris ist die einzige Einsamkeitsbeauftragte in ganz Deutschland. Sie wird … einsam sein. So einsam, dass sie sich am Ende selbst betreuen muss. Da kann ich auch gleich in Markranstädt bleiben.

Ein „Heil“ dem Ehrenbürger

Hier ist Einsamkeit kein Thema, hier kann man noch unter Leute kommen. Am Sonntag zum Beispiel findet eine Demo für Menschenrechte und gegen Rechtsextremismus statt. In einer Stadt, in der Hitlers Steigbügelhalter, Reichspräsident Paul von Hindenburg, seit 1933 Ehrenbürger ist und noch immer als solcher gefeiert wird, ist das fast schon wieder lustig.

„Davon haben wir nichts gewusst“

Okay, selbst die Demonstranten werden sich rausreden und behaupten, sie hätten von alledem nichts gewusst. Die Antwort darauf haben sie sich aber bei der Auseinandersetzung mit der Erbsünde unserer Vorfahren schon selbst gegeben. Also lieber nicht drüber reden, lasst bunte Luftballons sprechen.

Ampel aus

Ich werde trotzdem hingehen, auch wenn ich wahrscheinlich Nazi bin und als Flüchtling dort kaum Leidensgenossen antreffen werde. Einerseits bin ich für Menschenrechte und gegen Rechtsextremismus, das passt schon mal. Auf der anderen Seite finde ich aber auch die Aussicht einfach zu verlockend, dass für den Demonstrationszug wenigstens am Markranstädter Marktplatz die Ampel ausgeschaltet wird.

Er ist wieder da!

In diesem Jahr stehen wieder allerhand Wahlen an. Unter anderem soll ein neuer Kreistag entbunden werden. Die Unabhängige Wählervereinigung (UWV) hat in Markranstädt mit ihrer Kandidatenliste schon mal für den ersten Paukenschlag gesorgt. Was die Vereinigung will, wofür sie steht und was der homo marcransis von ihr zu erwarten hat, das werden die Schriftkundigen der Leidmedien noch früh genug interpretieren. Satire guckt sich die Sache sowieso immer aus einer anderen Perspektive an. Blicken wir also mal in den Tabellenkeller der UWV-Liste, weil dort das größte Unterhaltungspotenzial lauert.

Dort steht mit dem Namen von Bodo Walther eine Überraschung. Nachdem man in der Markranstädter Mitte und vor allem links davon noch vor wenigen Monaten im festen Glauben war, den 63-Jährigen ohne eigenes Zutun ausgeschwitzt zu haben, steht er nun frisch gestylt wieder vor der Tür.

Auf die Frage des MN-Chef’s, ob er sich für diese Tat zu rechtfertigen bereit sei, hat Walther nur gelächelt und kurz gemeint „‘türlich.“ Also dann: Die Elektroden poliert, den Generator angeschlossen und rauf mit ihm auf den Beichtstuhl!

Herr Walther, Sie waren schon in der laufenden Legislatur Stadtrat in Markranstädt und Mitglied im Kreistag. Beide Mandate haben Sie niederlegen müssen, weil Sie offiziell zurück in Ihre ursprüngliche Heimatstadt Weißenfels nach Sachsen-Armut gezogen sind. Wenn Sie jetzt erneut hier kandidieren, heißt das ja, dass Sie wieder in Markranstädt oder wenigstens im Landkreis Leipzig wohnen. Wie kommt’s?

Generell sollte sich ein Bürger mindestens für die öffentlichen Angelegenheiten der Stadt interessieren. Jedenfalls ab einem bestimmten Bildungsstand. Im armen Sachsen-Anhalt steht mein Reichtum, also mein Haus. In Markranstädt lebt aber meine große Liebe, das ist deshalb mein Lebensmittelpunkt. In Weißenfels gibt’s leider auch keine Nachtschichten.

Dann war das aber nur ein kurzes Intermezzo drüben im Land der Frühaufsteher. Brauchen die dort keine Entwicklungshilfe mehr oder schlafen Sie denen zu lange?

Sachsen-Anhalt ist ein sehr flaches Land. Ich schlafe denen nicht zu lange, sondern zu tief. Nö, ich habe mal eine Gemeindeverwaltung dort geleitet. Das macht mich natürlich befangen.

Während Sie in Markranstädt und Borna Mandate auszusitzen hatten, haben Sie gleichzeitig unter anderem für das Amt des Landrats im Burgenlandkreis, des Oberbürgermeisters in Wurzen und des OBM in Zeitz kandidiert. Klingt eher so, als ob Sie nach jedem Strohhalm zu greifen bereit waren, nur um hier wegzukommen. Nur um das klarzustellen: Niemand versteht das mehr als Leute, die auch hier wohnen müssen. Trotzdem stellt sich die Frage, wie lange Sie diesmal in Markranstädt bleiben und warum?

Nö, ich hatte nichts auszusitzen. Es hat mir tatsächlich Spaß gemacht, nach dem Besten für Stadt oder Landkreis zu suchen. Das unterstelle ich so jedem Kommunalparlamentarier. Auf Drängen meiner Frau habe ich nun in Markranstädt im Garten einen festen Wohnsitz aus Sandstein gemauert. Alle Steine habe ich aus Weißenfels entführt. War mal der Zickenstall.

Der feste Wohnsitz, oder wie der Brite sagt: My bench is my castle

Errichtet mit Steinen eines alten Weißenfelser Zickenstalls: Bodo Walthers fester Wohnsitz in Markranstädt.

Errichtet mit Steinen eines alten Weißenfelser Zickenstalls: Bodo Walthers fester Wohnsitz in Markranstädt.

Auch wenn es mit dem Landrat oder den OBM-Sesseln in Zeitz oder Wurzen nicht geklappt hat, haben Sie schon eine ziemliche Odyssee durch Mitteldeutschland hinter sich. Sind Sie 2023 deshalb aus der AfD remigriert, weil Sie in der politischen Landschaft eher sowas wie ein Flüchtling sind und man Sie bei den Blauen früher oder später sowieso abgeschoben hätte?

Jedenfalls habe ich immer meinen Flüchtlingsausweis dabei. Aber im Ernst: Natürlich hätte ich auch aus der AfD verschwinden und meine Mandate im Stadtrat und Kreistag behalten, also zu den Freien Wählern „mitnehmen“ können. So was halte ich allerdings für unanständig.

Flüchtling Bodo Walther ist nach der Wende freiwillig in sein Herkunftsland zurückgekehrt.

Flüchtling Bodo Walther ist nach der Wende freiwillig in sein Herkunftsland zurückgekehrt.

Ex-Bürgermeister Jens Spiske ist bei den Freien Wählern Markranstädt (FWM) ausgestiegen, nachdem die sich offiziell für eine Kooperation mit der AfD ausgesprochen hatten. Dennoch blieb Spiske Mitglied der Freien Wähler Sachsen (FWS) mit der Begründung, dass FWS und FWM zwei verschiedene Paare Schuhe wären und die Sachsen sich von der AfD distanzieren. Jetzt findet der Wähler plötzlich Kandidaten der FWS und FWM zusammen unter dem Dach der Unabhängigen Wählervereinigung. Verstehen Sie, dass das manche Wähler irritiert und wie würden Sie denen das erklären?

Zuerst zur Klarstellung: Mir ist keine Kooperation der Freien Wähler mit der AfD bekannt oder gar vereinbart worden. Dies hatte damals jemand verkündet, der von den Gesprächen keine Ahnung hatte und sicher eher Böses im Schilde führte. Falls Sie auf den letzten Bundesparteitag der Freien Wähler ansprechen: Dort wurde der Beschluss gefasst, keine Koalition mit der AfD führen zu wollen. Das ist kein Beschluss, ehemalige AfD-ler aus den eigenen Reihen fernzuhalten. Aber selbst der Koalitionsbeschluss ist bei den Freien Wählern Sachsen umstritten. Geht mich aber nichts an, ich bin dort nicht Mitglied und habe auch nicht vor, in Dresden Minister zu werden.

Wer mit sensiblem Geäug auf Markranstädt schaut, hat schon vor einiger Zeit ein paar Veränderungen wahrnehmen können. Da sind einmal die Berichte der Freien Wähler über die Stadtratssitzungen, in denen plötzlich scharfzüngige Doppeldeutigkeiten mit satirischer Prägung zu lesen sind. Eigentlich fast schon kulturelle Aneignung des MN-Blockbusters „Neues aus der vierten Etage“, wenn auch subjektiv geprägt. Und fast zeitgleich ist auf den Fotos der FWM mit Bodo Walther ein neues Gesicht aufgetaucht. Jetzt mal runter mit den Hosen: Seit wann sind Sie bei den FWM und wie kam’s dazu?

Sie haben es ja oben schon im Zusammenhang mit Herrn Spiske und seinem demonstrativen Austritt aus den Freien Wählern Markranstädt geschildert: Die Stadträte der Freien Wähler Markranstädt sprachen schon vor 5 Jahren mit mir. Sie sprechen auch mit Mitgliedern anderer Fraktionen. Das imponiert mir.

Auf einem Foto der Freien Wähler ist bei Instagramm zwischen den FWM-Mitgliedern auch Bürgermeisterin Nadine Stitterich zu entdecken. Nur als Werbe-Ikone oder ist sie Mitglied?

Meines Wissens ist Frau Stitterich nicht Mitglied bei den Freien Wählern Markranstädt. Aber fragen Sie die Bürgermeisterin selbst.

Es stehen nicht nur Kreistagswahlen vor der Tür und wo Sie nun schon mal wieder da sind … also wenn Ihnen jetzt jemand die Frage stellen würde, ob man den Namen Bodo Walther auch auf der Kandidatenliste zum neuen Lallendorfer Stadtrat finden wird, was antworten Sie ihm?

Erich Honecker sagte immer auf die Frage, ob er einen Besuch in Westdeutschland erwäge: „An den Spekulationen darüber werde ich mich nicht beteiligen!“ Und so wie Erich auf die Erlaubnis aus Moskau warten musste, muss auch ich warten. Die Kandidatenliste für die Freien Wähler Markranstädt ist noch nicht aufgestellt.

Nicht nur draußen in Deutschland, sondern auch hier in Markranstädt ist der Humor irgendwie in der Krise. Im März 2021 hatten Sie sich zur Erheiterung des homo marcransis mal im Rathaus einschließen lassen, aber erstens ist die Pointe damit durch und zweitens soll dort heute sowieso kaum noch jemand da sein, der Ihnen wieder aufschließen könnte. Was sagt Ihr Programm, um den Leuten in Zeiten wie diesen wenigstens mal wieder ein bisschen Spaß ins Leben zu bringen?

Eine bekannte Künstlerin, der auch manchmal der Schalk den Pinsel führt, hatte mich mal auf Leinwand gemalt. Ich wollte das Bild nie fotografieren oder verbreiten, aber nachdem Sie es mir jetzt für die Nachtschichten fast von der Wand gerissen haben, könnte ich es eigentlich auch im Rathaus aufhängen. … Doch, das werde ich.

Hier hat der Malerin der Schalk den Pinsel geführt. Als hätte sie damals schon gewusst, dass ihr Model mal in die Nachtschichten kommt.

Hier hat der Malerin wohl der Schalk den Pinsel geführt. Als hätte sie damals schon gewusst, dass ihr Model mal in die Nachtschichten kommt.

Zum Schluss noch eine private Frage: Auch Ihr Bruder ist politisch engagiert, sitzt seit einigen Jahren im Stadtrat Weißenfels und will anno 2024 auch wieder bei den Kreistagswahlen im Burgenlandkreis antreten. Allerdings tut er das alles für die Grünen! Wie muss man sich vor dem Hintergrund dieser genetischen Konstellation ein Gespräch unter Brüdern vorstellen, beispielsweise an der Geburtstagstafel: Liegt da trotzdem Besteck auf dem Tisch oder tragen Sie das nur mit dem Geschirr aus?

Sie haben das Grundproblem angesprochen. Es hat ja seinen Grund, dass wir unser gemeinsames Bier nun aus der Flasche trinken müssen.

Ein Fernsehstar, eine Erlkönigin und alle drei Tage eine tote Gattin

Sieht man von der Verunstaltung der Bushaltestelle an der Kulkwitzer Schachtecke ab, drohte es eine langweilige Woche zu werden. Dann aber kam das große Finale.

Während manche Mitbürger für einen Auftritt in der Tagesschau eine doppelte Kopfkissenpirouette aufzuführen bereit wären, kam das ARD-Team für weit weniger Lockstoff nach Großlehna.

Handwerksmeister Paul Schärschmidt durfte am Mittwoch in den 20 Uhr-Nachrichten eine Ode an den Wirtschaftsstandort Deutschland singen. Unter anderem mit solch interessanten Strophen, wonach ein Sanitärer heute bei den Kunden sogar den Lehrer geben und ihnen erklären muss, dass beim Verbrennungsprozess CO2 entsteht.

Hat nicht mal die Aktuelle Kamera geschafft: Die ARD-Tagesschau zu Besuch beim führenden Sanitärer Mitteldeutschlands.

Hat nicht mal die Aktuelle Kamera geschafft: Die ARD-Tagesschau zu Besuch beim führenden Sanitärer Mitteldeutschlands.

Darüber hat er laut Anweisung der staatlichen Aufsichtsbehörden sogar Protokoll zu führen. Was Schärschmidt aber tun muss, wenn seine Kunden den Stoff nicht verstehen und eigentlich keinen Versetzungsvermerk erhalten dürften (und demzufolge auch keine neue Heizung), das steht in keiner der gesellschaftlichen Kontrollanweisungen der Big Brother Robby Habeck und Patrick Lindner.

Vertrauen gegen Misstrauen

All die bürokratischen Gängeleien, Überprüfungen durch staatliche Behörden und Anweisungen zusammen ergeben nur einen Sinn: Man traut dem Handwerker, dem Bauern und auch dem Bürger nicht über den Weg. Deshalb muss sein Handeln lückenlos überwacht werden.

Das gilt auch für Kommunen. Die sonnen sich zwar mitunter darin, Bauvorhaben beschlossen zu haben, aber das sind Potemkinsche Dörfer. Die Baubeschlüsse der Stadträte sind bestenfalls Willensbekundungen. Ob gebaut wird oder nicht, das entscheidet der Staat, indem er Fördermittel gewährt oder nicht.

Im Gegensatz zu dem Misstrauen, das uns unsere Regierung per se entgegenbringt, sollen wir ihr allerdings vertrauen. Einem vergesslichen Kanzler, einem insolvenzresistenten Wirtschaftsminister, einer Außenfemininisterin und einem Finanzminister, dessen Ministerialrätin deutsche Milliardäre vor dem Steuerzahlen bewahrt.

Dieser Club ist genauso glaubwürdig wie dessen regierungseigener Allgemeiner Recherche Dienst (ARD) und die von ihr ausgestrahlte Nachrichtensendung. Die hatte sich am Tag vor dem Besuch in Großlehna übrigens mit einen Freud’schen Verzeiger in die Herzen des nach Humor lechzenden Publikums gesendet.

Hoppla! Hat da jemand das falsche Dia rausgesucht oder gibts bei der ARD einen Rechtsruck?

Hoppla! Hat da jemand das falsche Dia rausgesucht oder gibts auch bei der ARD einen Rechtsruck?

Oder gabs da einen heimlichen Rechtsruck? Jedenfalls hat das zum Thema passende Hintergrundbild zur einer weiteren Spaltung in den Kreisen der Zuschauer geführt.

Holzmedien haben den Humor entdeckt

Auch den gedruckten Medien ist es in der zurückliegenden Woche wieder einmal gelungen, uns zu erheitern und wenigstens für einige Minuten vom Grauen des Alltags abzulenken.

Humor schon auf der Titelseite und noch dazu gleich im Doppelpack: LVZ vom 16. Februar.

Humor schon auf der Titelseite und noch dazu gleich im Doppelpack: LVZ vom 16. Februar.

So beispielsweise mit der Nachricht, dass in Deutschland jeden Tag ein Mann versucht, seine Frau zu töten. Und wir erfahren: „An jedem dritten Tag gelingt es ihm.“ Welchen Nutzen zieht der Leser aus dieser Botschaft, für die er schließlich viel Geld gezahlt hat? Kann ja nur eine der beiden Lehren sein. Entweder „Das Leben ist am schwersten, drei Tage vor dem Ersten“, oder „Übung macht den Meister“.

Gleich in der nächsten Meldung finden wir dann auch noch eine genial verpackte Idee zur Bekämpfung des Rechtsextremismus.

Ähnlich wie bei der Flüchtlingsfrage, geht auch hierbei in Deutschland nichts ohne die Türkei. Wer mutig nach vorn denkt, kommt schnell drauf, wer dahinter steckt. Spätestens wenn Olaf Scholz von seinem nächsten Besuch bei Erdogan mit der Frisur von Frau Wagenknecht zurückkehrt, heißt es auch im Bundestag: „Sahra u akbar!“

Neues Spiel, neues Glück

Nicht überraschende, aber zumindest neue Neuigkeiten gab es unter der Woche auch im politischen Markranstädt. Die parteilose Bürgermeisterin Nadine Stitterich kandidiert an der Seite von Bodo „Ex“ Walther (ehemals AfD und noch ehemalser Stadtrat und noch-noch ehemalser schon mal Kreistagsmitglied) sowie den Freien Wählern Eddy Donath und Kirsten Geppert für die im Sommer anstehenden Kreistagswahlen. Damit sind die Zeiten jetzt auch offiziell vorbei, in denen Stitterich als Erlkönig durch die politische Landschaft des Leipziger Umlands ritt.

Neue Heimat UWv: Nachdem Bodo Walther seine Mandate wegen Wohnortwechsels abgegeben hat, parkt sein Wohnwagen demnächst wohl wieder in Markranstädt. Auch eine Busfahrerin haben sie schon.

Neue Heimat UWV: Nachdem Bodo Walther seine Mandate wegen Wohnortwechsels abgegeben hat, parkt sein Wohnwagen demnächst wohl wieder in Markranstädt. Auch eine Busfahrerin haben sie schon.

Und dann war da noch das finale Ereignis der Woche. Kurz bevor Pfarrer Michael Zemmrich damit begann, auf dem Turm von St. Laurentius das Wochenende einzuläuten, erreichte uns noch eine Leserzuschrift. Besser gesagt: Ein Leserfoto.

Nur häute: Kreutererde.

Nur häute: Kreutererde.

Es zeigt den Beweis, wie günstig bei Rewe derzeit die Kreutererde ist. Den 10-Liter-Beutel gibt es dort für lediglich 2,49 Euro. Wenn Sie dieses Schnäppchen schießen wollen, dann hören Sie jetzt auf zu lesen und machen Sie sich schnell auf die Socken. Denn das Angebot gilt nur noch häute.

Markranstädter Spül-Performance mit Kugeln: Und was kacken Sie so?

Schon seit seiner Kindheit verbindet MN-Schriftführer Claus Narr jun. seinen täglichen Stuhlgang mit der Lektüre diverser Drucksachen. Zuerst war es das Bummi-Heft, später die Atze oder Frösi und wenn er heute mal hartleibig ist, greift er auch schon mal zum Äußersten: der aktuellen Ausgabe des Markranstädter Stadtjournals. So auch an diesem Wochenende – nicht ahnend, dass er ausgerechnet in diesem Heft die ultimaltive Anleitung für einen glücklichen Stuhlgang finden würde. Hier seine Gedanken bei einem selten so entschleunigt vollzogenen Akt der Notdurft.

Ich habe in den letzten Jahren damit zu leben gelernt, dass mir die deutschen Erziehungsmedien alles neu erklären, was ich längst zu wissen glaubte. Mit teilweise überraschenden Erkenntnissen.

So habe ich beispielsweise erst anno 2021 und damit nach sage und schreibe 57 Lebensjahren aus der Zeitung erfahren, wie man sich die Hände wäscht. Und auch das nur Dank Corona. Bis dahin hatte ich mir die Griffel so gesäubert, wie ich es von meiner Oma abgeguckt und von meiner Mutter gelernt hatte. Aber statt mal einen Artikel über einen wie mich zu schreiben, der ein halbes Jahrhundert sakrotanfreie Handpflege ohne eine einzige Krätze-Infektion überlebt hat, schreitet die journalistische Aufklärung unaufhaltsam weiter.

Das moderne Abseilen

Und so erfahre ich auf Seite 39 des aktuellen Markranstädter Stadtjournals jetzt endlich auch, was neuerdings rund um die täglichen Sitzungen auf der Toilette zu beachten ist. Auch hier eröffnen sich für einen eher konservativen Stuhlgänger wie mich völlig neue Perspektiven.

Wahrscheinlich zähle ich zur letzten Generation, der die Benutzung einer Klobürste noch geläufig ist. Eine Folge der Gehirnwäsche, der mich meine Mutter bis zur Pubertät nahezu täglich unterzogen hat. Irgendwann war der Griff zum beborsteten Prömpel nach dem Spülgang dann ein Automatismus, den ich noch heute vollziehe. Sogar dann, wenn der anale Torpedo zuvor mit einem kaum hörbaren „Pflumpfff“ völlig spurlos in die Tiefen der Kanalisation geglitten ist.

Würste ohne Bürste

Zum Glück ist im Stadtjournal auch zu lesen, warum „Badkunden“ heutzutage erwarten, dass die WC-Bürste nur noch selten zum Einsatz kommen muss. Denn noch weit über braunen Fingernägeln wegen durchbohrtem Klopapier oder der Handhygiene danach, steht in unserer Zeit die „hohe Spülperformance für eine top-gepflegte Keramik“ ganz oben auf der Agenda bei der innovativen Behandlung unserer Stoffwechsel-Endprodukte. Der Spülvorgang als ultimatives Show-Erlebnis für Influenzer und ihre Follower – jetzt weiß ich, was unserer Gesellschaft bislang gefehlt hat!

Rumkugeln mit Rumkugeln

Um eine effektive Spülleistung zu erreichen, hat sich die Notdurft-Industrie einiger interessanter Testreihen bedient, die sich allesamt dadurch auszeichnen, die Situation auf dem keramischen Zylinder möglichst praxisnah zu widerspiegeln. Und so heißt es im Stadtjournal: „Laut WC-Normen muss eine WC-Keramik mindestens 50 Plastikkugeln in einer festgelegten Größe in einem Zug ausspülen.“

Ähm … 50 (in Worten: fünfzig) Plastikkugeln?

Bevor ich jetzt wegen einer bislang unerkannten Stoffwechselstörung zum Arzt gehe, frage ich lieber mal die Leser: „Was kacken Sie so?“ Ehrlich gesagt, habe ich Kugeln bis jetzt eher bei Ziegen, Schafen, Karnickeln oder anderem Gefieder verortet. Gut, manchmal … früher … nach einem Ast-Schnitzel, da kam es mitunter schon mal vor, dass ich eine Art Schrotladung in die Schüssel geschossen hatte. Aber dabei gleich von einer Norm zu sprechen?

Frischer Wind im Bett

Eine Arbeitskollegin berichtete mir kürzlich von einer Kugelkette, mit der ihr Mann frischen Wind ins Schlafzimmer bringen wollte. Da waren nur vier Stück dran, hat sie gesagt, aber selbst die Entbindung dieses murmelisken Quartetts hätte sie schon überfordert. Frischen Wind gab’s dabei zwar wirklich, meinte sie, aber der Gedanke an gleich 50 solcher Böen sei nicht zu überleben.

Normschiss nach DIN

Das mit der Norm ist übrigens kein Scherz, die gibt’s wirklich! In der DIN „EN 997“ wird die typisch deutsche Durchschnittseinlage als „Normschwimmkörper“ bezeichnet und bringt stattliche 160 Gramm auf die Lebensmittelwaage. Dieser in Fachkreisen auch als „Normschiss“ bezeichnete knappe Viertelpfünder simuliert eindrucksvoll die Schwimmtiefe eines solchen Haufens. Um den realen Bedingungen möglichst nahe zu kommen, werden gleich zwei solcher Schwimmkörper eingesetzt, also ein sogenannter „Zwilling“ mit einer Gesamteinwaage von stattlichen 320 Gramm plus drei mal vier Blatt zweilagiges Toilettenpapier.

Bei Villeroy & Boch, dem führenden Hersteller gehobener Exkrementalkeramik, schwört man allerdings nicht auf Plastikkugeln, sondern auf den „Gelsenkirchener Test“ mit Pflaumenmus. Weil das nicht nur der Farbe nach, sondern auch hinsichtlich der Konsistenz am ehesten den humanoiden Auslassungen deutscher Stuhlgänger ähnelt.

Dreiviertel-Pfünder nomal

Ob Pflaumenmus oder Kugeln, die Mengenangaben sind allerdings die gleichen. Wer also dieses Experiment zu Hause durchführen will oder gar wirklich selber annähernd ein halbes Pfund zu legen fähig ist, sollte folgenden Ratschlag unbedingt beachten: Sobald das Spülwasser auf den Fels brandet, Deckel zu und ehrfurchtsvoll zurücktreten! Sie wollen nicht wirklich wissen, was in diesem Reaktor vor sich geht.

Mit der Lebenserfahrung von fast 60 Lenzen, in denen ich rein statistisch 21.900 Stunden auf dem Klo verbracht haben muss, behaupte ich allerdings, dass es diesen angeblichen Normschiss unmöglich geben kann. Sowohl Form, Farbe und Konsistenz als auch das spezifische Gewicht der Verdauungsrückstände und deren andere Eigenschaften sind so vielfältig, dass man sie beim besten Willen nicht in eine Norm pressen kann.

Wie Blei gießen ohne Blei

Ich weiß noch, wie glücklich meine Oma war, als ich sie ins Klo rief und ihr voll stolzer Begeisterung mein erstes selbstgekacktes P gezeigt hatte. „Der Junge ist erst vier und kann schon lesen“, frohlockte sie später im Dorfkonsum. Ohne jedoch zu erwähnen, dass ich sogar schreiben kann und vor allem womit. Jedenfalls hatte dieses Erlebnis meinen Ehrgeiz angestachelt.

Auf der Suche nach immer neuen Erfolgen hatte ich fortan jede im Flachspüler gelandete Kreation interpretiert. Polizeiautos, zweistellige Zahlen, ein Wurzelzeichen, einen Schraubenschlüssel und ja, in der Süßkirsch-Saison auch einige Aquarelle, zählten zu Höhepunkten meines frühkindlichen Schaffens. Sogar ein Stuhl war mal dabei, was mir den Ursprung des Begriffs Stuhlgang erklärte.

Im Grunde genommen war das wie beim Bleigießen, nur nicht mit Blei. Und so war für mich jeder Tag Silvester. Ich hatte eine glückliche Kindheit.

Mit geschärften Sinnen

Lange her. Im Zeitalter der heutigen Tiefspüler sind künstlerische Interpretationen analer Ausdrucksformen nicht mehr möglich. Aber wer aufmerksam kackt, wird dennoch die diverse Vielfalt des von den Urologen auf banalen „Stuhlgang“ reduzierten Geschäftes wahrnehmen können.

Die Liste der Varianten

Ich habe da mal eine Liste jener Variationen zusammengestellt, mit denen ich in den letzten Jahren so konfrontiert wurde und bin mir sicher, dass dieses bunte Kaleidoskop toilettesker Erlebniskultur hier und da auch bei Ihnen ungeteilte Bestätigung finden wird. Als da wären:


Der Geisterschiss:

Du weißt, dass du gekackt hast, sogar ein Blick aufs Klopapier bestätigt das. Aber die Schüssel ist trotzdem leer. Du behältst das vorsichtshalber für dich, weil du sonst als Verschwörungstheoretiker endest.

Der Torpedoschiss:

Fast identisch mit dem Geisterschiss, nur dass das Eintauchen des Bolzens von einem hörbaren „Pflllumpfff“ begleitet wird.

Der Teflonschiss:

Keine Spuren auf dem Klopapier! Der kommt so sanft und weich raus, dass man es gar nicht merkt. Du musst in die Kloschüssel sehen, um sicherzugehen.

Der Gummischiss:

Dieser hat die Konsistenz von heißem Teer und hinterlässt widerspenstige Reste in der Kloschüssel. Du wischst dir deine Manschette 20 mal ab, und sie ist immer noch nicht sauber. Am Ende stopfst du dir Klopapier in deine Andreasspalte, um die Unterhose nicht zu versauen. Wer das einmal erlebt hat, weiß einen Geisterschiss zu schätzen.

Der Wunschschiss:

Du sitzt da mit Ameisen in den Därmen. Du schwitzt, lässt ein paar Furze, tust einfach alles … außer kacken.

Und dann wären da auch noch…

Der Spätzünderschiss:

Du hast Dir den Hintern grade fertig abgewischt und stehst auf … als sich der nächste Schub ankündigt. In extremen Fällen kann das sogar zu Muskelkater in den Oberschenkeln führen, bis zu 20 Kniebeuge wurden schon gezählt.

Der Schlangenschiss:

Er ist glitschig, hat die Dicke eines Daumens, und ist mindestens 50 cm lang. Hat das Potential zum Torpedoschiss.

Der Korkenschiss:

Auch als „Schwimmer“ bekannt. Sogar nach dem dritten Spülvorgang ist er noch da. Oh Gott! Wie wird man ihn los? Das Scheißding geht einfach nicht unter. Tritt normalerweise überall auf, nur nicht auf dem eigenen Klo.

Der Feuchte-Backenschiss:

Bei dieser Abart trifft das Exkrement mit hoher Geschwindigkeit schräg auf die Wasseroberfläche auf und spritzt deinen ganzen Arsch nass. Kann man sich als Natur-Bidet schöndenken.

Zementblock- oder „Oohh Gott! Oohh Gott!“-Schiss:

Kurz nach dem Beginn wünschst du dir, du hättest eine örtliche Betäubung bekommen. Es gibt Menschen, die berichten vom Gefühl, als würde man einen Telegrafenmast quer entbinden.

Der King-Kong-Schiss:

Dieser Haufen ist so groß, dass er sich weigert, in der Kanalisation zu verschwinden, bevor du ihn in kleinere Brocken zerlegt hast. Ein Kleiderbügel funktioniert hier recht gut. Passiert überall, nur nicht auf dem eigenen Klo.

Der Gehirnblutungsschiss:

Dieser Schiss hat Elvis gekillt. Er steckt normalerweise erst dann seinen Kopf ans Licht, wenn man vor lauter Drücken schon abwechselnd rot, grün und blau anläuft.

Der Bierschiss:

Eine der schlimmsten, aber auch am häufigsten vorkommenden Gattungen des Stuhlgangs. Er tritt meist am Tag nach der Nacht davor auf. Normalerweise riecht er gar nicht soo schlecht, aber das täuscht. Wer nicht sofort zwischenspült, bekommt Locken.

Der Explosionsschiss:

Zunächst erschreckt dich nur die Geräuschkulisse, die an das Echo einer in der Markranstädter Bahnhofsunterführung abgefeuerten Stalinorgel erinnert. Der eigentliche Schock kommt allerdings erst bei der Begutachtung des Schlachtfeldes. Die Schüssel sieht aus, als hättest du dort eine Mundladung Kakao reingenießt. Du wunderst dich, wie dein Loch in so viele Richtungen gleichzeitig zeigen kann. Dann stellst Du fest, dass das Klopapier alle und weit und breit keine Klobürste in Sicht ist. Passiert auch nur auf fremden Klos.

Was auf fremden Klos zu beachten ist

Abschließend noch ein Tipp zum Verhalten auf fremden Toiletten, wenn dort das Klopapier alle ist. Bevor Sie in Ihrer Verzweiflung das Duschtuch Ihres Gastgebers zu entweihen gedenken, schauen Sie sich nach Alternativen um!

Oft findet man in unmittelbarer Nähe zum Spiegelschrank einen Beutel mit Wattebäuschchen. Was der Hausherrin im Gesicht gute Dienste leistet, kann man sich auch weiter unten als „Abschminken“ schöndenken.

Die Tücken der Alternativen

Passen Sie aber trotzdem auf: Manchmal enthalten diese Wattebällchen Glitzerpuder! Im Zweifelsfall hilft ein Blick auf die Ablage in unmittelbarer Nähe der Keramik. Denn die meisten Menschen lesen beim Akt der Erleichterung. Nehmen Sie aber unbedingt Seiten des Buches, die sich vor dem aktuellen Lesezeichen befinden, dann steht einem Fortbestehen der Freundschaft und damit einer weiteren Einladung nichts mehr im Wege.

Und welche Erfahrungen haben Sie so? Vielleicht können Sie die Liste der Varianten ergänzen. Immer her damit, Sie helfen damit uns allen.

 

Blasen, schlucken, Stößchen: In Markranstädt sind die Weiber los!

Wenn die Weiber los sind, haben Männer nichts mehr zu lachen. Das war auch am Donnerstag wieder so, als der Lallendorfer Weiberrat das Matriarchat in der Stadt am See ausrief. Allerdings schreckte die feminine Aristokratie des MCC dabei nicht einmal davor zurück, ihren eigenen Geschlechtsgenossinnen Dinge abzuverlangen, die sie zu Hause nicht einmal dann tun würden, wenn sie dort die Hosen an hätten.

Eigentlich wollten die Weiber schon um 13 Uhr ins Rathaus einfallen, aber da waren sie noch mitten beim Vorglühen. Immerhin hielten sie aber das akademische Viertel ein.

Unmittelbar nachdem die festlich gekleideten Damen die Rathaustreppe erklommen hatten und durch die Tür geschritten waren, verharrten sie jedoch kurzzeitig in erstaunter Schockstarre.

Doch so viele noch? Irgendwas kann da nicht stimmen mit den Infos aus der Gerüchteküche.

Doch so viele noch? Irgendwas kann da nicht stimmen mit den Infos aus der Gerüchteküche.

Fehlinformiert durch Fake-News aus der Gerüchteküche, hatten sie wohl mit einem leeren Foyer gerechnet, in dem lediglich der eigens herbeibefohlene Landrat artig seine Krawatte präsentiert. Dass in den Katakomben des Bürgerrathauses allerdings noch immer mindestens 13 Insassen die Säuberungswelle überlebt haben und nun Aufstellung nehmen konnten, sorgte für große Augen. Also erstmal: Stößchen.

Gute Miene zur bösen Beschneidung: Das Lächeln dieser vier Opfer weiblicher Gewalt ist eindeutig aufgesetzt.

Gute Miene zur bösen Beschneidung: Das Lächeln dieser vier Opfer weiblicher Gewalt ist eindeutig aufgesetzt.

Die Bürgermeisterin war zwar nicht da, aber wenigstens beim Karneval ist die Stellvertreterregelung geklärt. Beate Lehmann war anwesend, wurde offenbar vom Treiben im Foyer überrascht, als sie gerade ihre Bewerbungsunterlagen für die Leitung des Bauamtes abgeben wollte oder irgendsowas. So wird man von einer Sekunde zur anderen närrische Beigeordnete ohne Aufgabenfeld, dafür aber als Doppelspitze mit Ex-Vizebürgermeisterin Karin Rödger. Darauf gleich noch’n Stößs – sschn.

Entschlipst statt beschnitten

Im nächsten Gang wurden die männlichen Insassen des Rathauses rituell beschnitten. So nennen die Weiber das wirklich, wenn sie einmal richtig in Fahrt gekommen sind! Satiriker formulieren das gewöhnlich mit mehr Etikette und sagen: die Männer wurden entschlipst. Satte sechs Zipfel hatte Weiberratschefin Andrea Nörenberg am Ende allein aus dem Rathaus in ihren Händen. Wie gehabt: Schdössschn.

Im Anschluss begann der traditionelle Reigen der Spiele. Und hier ging es deutlich unter die Gürtellinie. Unter den aufmerksamen Augen ihrer treu untergebenen Mitarbeiter wurde die Chefin des Bürgerservice gezwungen, ihre Fähigkeiten beim Blasen unter Beweis zu stellen.

Aha, Luftballons also. Schwarz und mit der Aufschrift "Kleiner Feigling".

Aha, Luftballons also. Schwarz und mit der Aufschrift „Kleiner Feigling“.

Dabei musste sie Luftballons (die schwarzen Dinger mit Noppen und Geschmack sollen zumindest welche gewesen sein) so in einem Becher aufblasen, dass sie diesen dann auf einem Stapel zu den anderen Bechern stellen konnte. Alles nur mit dem Mund, also ein astreiner Blowjob sozusagen.

Viel interessanter als die aufgeblasenen Backen der zwei Bläserinnen sind die Gesicher der umstehenden Beobachterinnen. Kostenloses Kopfkino im Bürgerrathaus.

Viel interessanter als die aufgeblasenen Backen der zwei Bläserinnen sind die Gesicher der umstehenden Beobachterinnen. Kostenloses Kopfkino im Bürgerrathaus.

Der Clou: Obwohl ausgebildeten Närrinnen viel mehr Erfahrung im Umgang mit präservativen Gebilden nachgesagt wird, gewann die Dame aus dem Rathaus. Also darauf ein einfaches „Bürgerservice oho“ und … Schhhdösssch…schnn!

…und jetzt runter damit!

Dieser Moment kennzeichnete dann zugleich auch das Ende des Nachmittagsteils der MN-Reportage. Was nach dem Blasen kommt, kann sich schließlich jeder selber denken und das Schlucken muss man nicht auch noch im Bild festhalten oder blumig beschreiben. Also: Schhhhdssschn, unn rundrr dmit.

Vier Stunden später in der Stadthalle: Stocknüchtern und als sei nie was gewesen, rückte das Damengeschwader mit auf Doppel-D geschwellter Brust zur legendären Weiberfastnacht an. Sogar das obligatorische „Stößchen“ kam schon wieder sauber über die Lippen.

Dafür kündigte sich draußen vor der Tür allerlei Unbill an. Ein Pärchen aus dem Markranstädter Vorort Leipzig war irgendwie an Karten gekommen und begehrte Einlass. Der Frau wurde selbiger gewährt, ihr Männchen allerdings musste draußen bleiben und verstand die Welt nicht mehr.

Na komm, ein kurzes Stößchen noch, so lange die Bar geöffnet ist.

Na komm, ein kurzes Stößchen noch, so lange die Bar geöffnet ist.

Unter den 68 derzeit verfügbaren Geschlechtern hatte sich das verstörte Wesen für Februar 2024 ausgerechnet das mit dem Penis ausgesucht. In Connewitz kommt man damit vielleicht durch, nicht aber in Lallendorf! Augen auf bei der Beantragung des Personalausweises … und Stößchen!

Vielleicht folgt ja noch ein Shitstorm in den asozialen Medien, von wegen Diskriminierung der männlichen Minderheit. Denn auf der anderen Seite durfte das Männerballett des MCC rein.

Männer rocken das Weiber-Event

Musste sogar, denn alle wollten das erfolgreiche Ensemble sehen, das am 10. Januar bei der Eröffnung der Handball-Europameisterschaft 53.000 Menschen in der Düsseldorfer Arena zum Kochen brachte. Die Jungs hatten zuvor ein Video von ihrer Probe bei Tiktok online gestellt, was die Aufmerksamkeit der DHB-Funktionäre weckte. So schnell wird man berühmt.

Die Kehrseite der Medaille: Tanzende Männer in Frauenklamotten – ist das nicht kulturelle Aneignung sexistischer Stereotype? Aber vielleicht können sich die maskulinen Eleven vor ihrer Verurteilung als Gedankenverbrecher damit rausreden, dass ihre unrasierten Oberschenkel an Karl Marx erinnern und es daher von vornherein offensichtlich war, was unter den Miederhosen lauert? Auch darauf ein Stößchen!

Ist doch geil, dass es sowas noch gibt: 650 Frauen in einem Saal, die einfach nur Spaß haben und sich nicht darum scheren, warum kein regenbogenfarbenes Konfetti aus der Kanone kommt. Und die schwerste Sorge gibt’s bei der Weiberfastnacht auch nicht: Am Aschermittwoch ist nicht nur der Karneval vorbei, sondern auch die Einnahmefrist für die Pille danach. Also nach dem Stößchen.