
Das Nadelgehölz, das den homo marcransis an seinem Standort auf dem Marktplatz durch die Weihnachtszeit begleiten soll, wurde am Donnerstag aufgestellt. Wie in jedem Jahr, handelt es sich um ein aus der Bürgerschaft gespendetes Gewächs, wie in jedem Jahr sind auch die Personalien des Gehölzes festgestellt worden und wie in jedem Jahr erfolgten Fällung, Transport und Aufstellung in Teamarbeit mit dem Technischen Service und dem führenden Logistiker der Stadt. Allerdings lief diesmal trotzdem nicht alles wie in jedem Jahr.

Obwohl sie einen Mörder-Ständer hat, hört sie nach Angaben aus dem Rathaus auf den Namen Fichte und ist deshalb weiblich. Aus diesem Grunde verbietet sich auch jede Frage nach ihrem Alter.
Die attraktive Bäumin ist im Kleingartenverein Ost aufgewachsen und hat vor ihrer Fällung eine Höhe von rund 14 Metern gemessen. Sie trägt ein grünes Kleid, dessen weit ausladender Saum den Blick auf ihren prachtvollen Schenkel lenkt. So viel zu den Personalien, die ohne Verletzung des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte des Gehölzes veröffentlicht werden dürfen.
Anders verhält es sich mit den Daten jener Fahrerin, die sich in der Hordisstraße mit ihrem Kleinwagen dem Großtransport mutig entgegengestellt hatte. Fast eine Stunde hielt sie den Tieflader auf und dessen Begleiter in Atem. In der Hordisstraße ging nichts mehr. Statt dessen wurde hektisch nach der Fahrerin des verlassenen Automobils gesucht und als die Fahndung erfolglos blieb, sogar ein Abschleppdienst angefordert.

David gegen Goliath: Der Kleinwagen (links) legte den Verkehr in der Hordisstraße fast eine Stunde lang lahm.
Derweil eröffnete sich den soeben erwachten Anwohnern in der Hordisstraße beim Blick aus dem Fenster in den kalten Novembermorgen das geradezu märchenhafte Motiv eines Waldpanoramas. Selbst vor den Gucklöchern im zweiten Stock breitete sich dunkler Tann aus, an dem hier und da lustig winkende Zapfen grüßten.

Ganz anders stellte sich die Situation allerdings aus niederer Perspektive dar. Für Passanten auf dem Fußweg wirkte die Szene eher wie eine überirdische Rohrreinigung der Hordisstraße mit einer gigantischen grünen Klobürste.

Wie eine Klobürste durch die Hordisstraße. Ökologisch nachhaltige Straßenreinigung mit Säuberung der Fassaden.
Es war perfektes Timing. Just in jenem Moment, als der Abschleppwagen vorm Volkshaus gen Tatort einbog, erschien auch die Besitzerin des Zündschlüssels für das mobile Verkehrshindernis.
Teures Plätzchen
Nach einer kurzen Belehrung über Rolle der Bedeutung des deutschen Schilderwaldes und ausgestattet mit einer Zahlungsaufforderung in Höhe eines mittleren Weihnachtsgeschenkes für die halbe Familie, ließ sie sich schließlich von einer zügigen Abreise überzeugen. Sie kennt jetzt den Preisunterschied zwischen selbst gebackenen Weihnachts- und selbst ausgewiesenen Parkplätzchen.
Zumindest war aber nun der Weg zum Marktplatz frei. Dort angekommen, wurde es allerdings noch einmal eng – und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Das beeindruckende Testikel des Baumes war mit der jungfräuliche Öffnung im Boden des Marktplatzes nicht annähernd kompatibel. Während man beispielsweise bei der Darmspiegelung solchen Problemen mit Vaseline und Druckluft zu Leibe rückt, war hier an Dehnungsversuche jedweder Art natürlich nicht zu denken.


Was nicht passt, wird passend gemacht. Am Ende kopulierte der Stamm mit dem Beckenboden des Marktplatzes nahezu saugend.
Also musste am Stamm der Fichte eine Art Rückbildungsgymnastik durchgeführt werden. Und weil die Kettensäge nun schon mal angeworfen war, wurde auch gleich noch ein guter Meter vom Unterleib des Gewächses amputiert.
Dass damit ausgerechnet der Blick aus dem Fenster der Bürgermeisterin auf das vorweihnachtliche Treiben in der Stadt quasi freigeschnitten wurde, ist den Holzschaffenden offenbar erst aufgefallen, als es zu spät war. Also nix, von wegen während der Arbeitszeit ohne auszustechen mal kurz auf ein Fischbrötchen oder eine Tüte gebrannte Mandeln rüber gehen. Die Rute liegt schon auf dem Fensterbrett.
Zum Glück ist man in Lallendorf immun gegen neue Technologien. Wer weiß, was herausgekommen wäre, wenn man sich der ingenieurtechnischen Lösung bedient hätte, mit der im Frühjahr in Meißen ein Maibaum aufgestellt wurde. Schauen Sie mal:
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