Trotz Corona: Eine ganze Stadt spielt!

Das Vereinsleben liegt am Boden, sportliche Wettkämpfe (jedenfalls des einfachen Volkes) sind bei Strafe verboten, die Menschen deprivieren in Einsamkeit isoliert vor sich hin. Kann man überhaupt etwas tun, um den angeborenen menschlichen Neigungen nach ritterlichem Wettstreit nachzugehen? Wir sagen: JA! Es gibt eine Möglichkeit, gemeinsam Spaß und Unterhaltung miteinander zu haben. Wir laden alle Markranstädter ein zu einer völlig neuen Form der Freizeitgestaltung. Der Clou: Alle können gemeinsam mitmachen, trotz Corona! Kämpfen Sie mit in einem Spiel, das so noch nie dagewesen ist: Markranstädt gegen die Nachtschichten!

Das Spiel heißt eigentlich Schach, ist aber die Corona-Variante davon.

Normalerweise sitzen sich zwei Gegner (gern auch aus verschiedenen Haushalten) mit ausreichend Abstand gegenüber und schlagen sich gegeneinander so lange die Figuren vom Brett, bis dem König seine FFP 2-Maske in den Schritt rutscht.

Nicht so bei der neuen Spielidee der Markranstädter Nachtschichten. Ihr liegt eine längst in Vergessenheit geratene, mittelalterliche Variante dieses Spiels zugrunde.

Damals wurden noch Briefe geschrieben (für die jüngere Leserschaft: das waren Whatsapps auf Papier) und das ermöglichte fern voneinander wohnenden Menschen, gegeneinander anzutreten. Daher auch die Bezeichnung Fernschach.

Fernschach vor Ort

Ein Spieler, beispielsweise aus Leipzig, zog eine Figur, schrieb den Zug auf einen Zettel und schickte diesen mittels eines Herolds, Boten oder Kuriers zum seinem Gegner nach, sagen wir mal, Nowgorod. Der sann dann auf einen Gegenzug und setzte seinen Kontrahenten auf gleichem Wege (nur andersrum) davon in Kenntnis. Und so ging das immer weiter hin und her.

So ein Spiel dauerte oft Monate, ja sogar Jahre. Manch eine Begegnung konnte wegen des Ablebens eines der beiden Spieler (mitunter auch des Postboten) nie beendet werden. Im Zeitalter schnellen Internets muss das allerdings nicht mehr sein.

Er: "Bevorzugen sie die Dame auf dem Brett oder auf dem Bett? Der Gegner: "Das kommt auf die Position an."

Er: „Bevorzugen sie die Dame auf dem Brett oder auf dem Bett?“ Der Gegner: „Das kommt auf die Position an.“

Aber auch die moderne Kommunikation hat ihre Grenzen. Mehr als zwei Menschen können nicht gegeneinander Schach spielen. Eigentlich.

Es sei denn, ein paar Satiriker haben sich unter dem Einfluss geltender Kontaktbeschränkungen die Netflix-Serie „Damen-Gambit“ reingezogen und hatten mit ausreichend Grappa in der Birne einen plötzlichen Geistesblitz, der die gesamte Schachwelt auf den Kopf stellt!

Voilá, hier ist er: Fernschach vor Ort! Wir spielen gegen die ganze Stadt. Die Regeln sind denkbar einfach, weil fast alles so bleibt wie es ist.

Wir machen einen Zug und veröffentlichen die Stellung oben in der linken Spalte. Daraufhin haben Sie, also jeder Leser, eine Woche Zeit, uns Ihren Gegenzug zuzusenden, den wir dann ebenfalls zur Schau stellen und innerhalb von zwei Tagen darauf reagieren.

Welcher der eingereichten Züge zum Zuge kommt, richtet sich allerdings nicht ausschließlich nach dessen Qualität. Wäre ja zu einfach, wo heute am Ende jeder Internet-Leitung ein Schachcomputer hängt.

Laien

Aus dem Pool der uns zugesandten Vorschläge wählt eine dreiköpfige Jury jenen den Regeln entsprechenden Zug aus, der nicht nur dem Ziel des Spieles entspricht, sondern dem eine satirische oder wenigstens unterhaltsame Begründung mitgeliefert wurde. Kein Roman – zwei, drei Zeilen reichen.

Zwei Beispiele: Bauer von d2 auf d4 – Begründung: Die 100 Tage Schonzeit sind um, da braucht die Dame keinen Schutz mehr vom gewöhnlichen Fußvolk.

Oder: Springer von e6 auf d4 – Begründung: Das Ross wird im Pappelwald von einer Politesse auf f5 bedroht, die schon ein Knöllchen wegen Verunreinigung durch Pferdeäpfel ausfüllt.

Spiel bekannt, Ziel erkannt? Also hier noch mal die Zusammenfassung: Ihren Vorschlag (Zug, Begründung und eventuell noch Name oder Pseudonym) ganz einfach entweder unten als Kommentar einstellen oder per E-Mail an redaktion@nachtschichten.eu schicken und schon nehmen Sie teil am weltweit größten Gemeinschaftsspiel unter Corona-Bedingungen:

Wir gegen uns… oder anders gesagt, Markranstädt gegen die Nachtschichten! Ihre Mail-Adresse wird selbstverständlich nicht veröffentlicht und sofort nach Erhalt verbrannt.

Der Verbrennung fallen allerdings auch Ausführungen zum Opfer, die ehrverletzende, persönlich beleidigende oder ähnliche Inhalte transportieren. Es ist ein Spiel und kein Feldzug. Wer dennoch die Grenzen ausloten will, sollte zumindest mit seinem Namen dazu stehen. So viel zum Regelwerk.

Und weil wir wissen, dass einige Fans (unter anderem ein Ex-Athlet vom Schachclub Großlehna) schon ihre Bretter samt Figuren auf Hochglanz poliert haben und in den Startlöchern kauern, soll es heute gleich losgehen. Anpfiff zu „Fernschach vor Ort – eine Stadt kämpft gegen ihre Satiriker!“

Unser erster Zug: Bauer von e2 auf e4.

Unser erster Zug: Bauer von e2 auf e4.

Da uns als Erfinder des Spiels ein selbst verbrieftes Recht auf die Farbwahl zusteht, haben wir uns für Weiß entschieden und fordern Sie mit der sizilianischen Eröffnung heraus. Grund dieser Entscheidung: Es ist die einzige Ouvertüre die wir kennen.

Also Bauer von e2 auf e4. Begründung: Diese Bloßstellung hat sich König Michael in seinem Dresdener Palast selbst zuzuschreiben. Nachdem er die sächsischen Landwirte mit den neuen Düngeregeln verärgert hat, soll ruhig mal sein Läufer Wolfram der Grüne auf f1 alleine zusehen, wie er die Furchen zwischen Görlitz und Großlehna fruchtbar hält.

Das Spiel beginnt!

Jetzt sind wir gespannt, mit welcher strategischen Gegenoperation Sie uns in Schockstarre versetzen wollen. Denken Sie gut nach, diskutieren Sie es ruhig mit ihrem Partner, den Kindern oder was sich sonst noch in Ihrem Haushalt rumtreibt.

Fernschach vor Ort ist ein Familienereignis, egal ob im Klo, am Wohnzimmertisch oder auf dem Sofa. Und keine Angst, es ist wie in der Politik: Die Entscheidung kann noch so schlecht sein, es kommt darauf an, wie man sie begründet.

Einsendeschluss ist der kommende Sonntag, 14. Februar exakt 23 Uhr!

 

28 Kommentare

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    • Werner auf 11. Februar 2021 bei 22:16
    • Antworten

    Der Bauer von e7 auf e6.
    Ein recht dezenter Zug. Diese Stellung verwehrt auf der einen Seite einen allzu freizügigen Blick in das Königshaus, schafft aber auf der anderen Seite der Königin ausreichend Platz um vor ihren König zu treten und diesen vor der anstehenden Schlacht durch kräftiges Blasen zu ordentlicher Grösse und Stärke zu verhelfen.
    Daher ist diese Zugfolge auch als die „französische Verteidigung“ in Fachkreisen auf Anerkennung gestoßen.

    • Garri K. auf 11. Februar 2021 bei 20:30
    • Antworten

    Die Bauern in Reihe sieben sind noch nicht geimpft und der weiße Bauer auf e4 kommt aus einem Risikogebiet.
    Der Bauer von e7 darf deshalb heute nur auf e6 vorrücken und muss um e5 Abstand halten.

    1. Die Begründung macht den Zug zum Favoriten. Kompliment! Jetzt müssen wir nur noch die Experten von der Jury überzeugen. Die haben zwar richtig Ahnung von Schach, verstehen aber keinen Spaß.

        • Ische beim Guggen auf 14. Februar 2021 bei 13:55
        • Antworten

        Aus aktuellem Anlass befürworte ich die Bauernattacke von e7nach e6. Das Ziel ist schnellstens der Durchbruch zur Grundlinie, denn FIDE-Regel 3.7. e besagt: „Sobald ein Bauer diejenige Reihe erreicht hat, die am weitesten von seinem Ursprungsfeld entfernt ist, muss er als Teil desselben Zuges gegen eine Dame, einen Turm, einen Läufer oder einen Springer“ oder persönlicher Referent „derselben Farbe ausgetauscht werden.“ Wenn wir dann zwei Damen haben,! Ja dann zieht euch warm an!
        Wenn wir den Bauern nicht impfen, wird er den Durchbruch wegen den Kontaktbeschränkungen schaffen.

        1. FIDE-Regel 08-15 besagt aber auch: Schneits im März auf das Brett, bleibt der Bauer im Bett!

    2. Französisch mit Maske vorm Mund? Sie soilten Ihre seltsamen Neigungen besser nicht beim Schach ausleben. Sobald die Nutten durchgeimpft sind, kanns mit der Therapie losgehen.

    • Der Jürgen auf 10. Februar 2021 bei 10:28
    • Antworten

    Springer von g8 auf f6. Bomben und Auszeichnungen treffen immder die Falschen. Also ab mit den Offizieren an die vorderste Front. Spätestens seit Aussetzung der Wehrpflicht ist auf den einfachen Rekruten sowieso kein Verlass mehr.

    1. In welcher Zeit leben Sie denn? Fehlt nur noch, dass Sie den König im Falle einer Bedrohung nach Afghanistan ausfliegen lassen.

    • Der Mann von Lebräb auf 9. Februar 2021 bei 20:44
    • Antworten

    Ich halte mich da ans Lehrbuch und schlage vor: Bauer von c7 auf c5. Begründung: Es hat geschneit. Bevor die Dame das Rathaus verlassen kann, muss jemand die Schneedecke für sie festtreten. Der ideale Job für loyales Fußvolk. Für sowas winkt später der Ehrenamtspreis – falls er da noch auf dem Brett steht..

    1. Der Bauer könnte zwar auch warten bis es taut, aber Zug samt Begründung sind schon mal eine Ansage.

    • K. Midas auf 9. Februar 2021 bei 2:19
    • Antworten

    Für das nächste Spiel ein Vorschlag modernisierter Regeln:
    Die Dame:Tut nichts, darf aber eigene Figuren schlagen wenn es für ihr Stellungsspiel wichtig ist.
    Die Läufer sind auf Kurzarbeit und dürfen daher nur noch maximal 3 Felder am Stück diagonal rücken oder bedrohen.
    Die Offiziere neben der Königin siind in Quarantäne, dürfen sich nur bewegen um dabei den Abstand zu mindestens einer Figur aus dem eigenen Hausstand zu vergrössern. Die Offiziere neben dem König sind systemrelevant. Sie spielen unverändert.
    Die Bauern, welche bei der Grundaufstelllung Kontakt zu einem der in Quarantäne gesetzten Offiziere hatten, dürfen stets nur 1 Feld vorankommen um dann einen Abstrich machen zu lassen. Besonders modern: Diese Regeln gelten voererst für 4 Wochen ab Spielbetrieb und können dann von den beiden gegnerischen Offizieren, welche sich dann am nächsten zueinander befinden, gelockert, verschärft oder belassen werden.
    Der Ranghöhere dieser beiden vorgenannten Offiziere entscheidet.
    Ein Heidenspass wenn ihrs real ausprobiert!

    1. Oha- das neue (Alte) Regelwerk mit Tiefgang scharf getroffen… Ob’s nur Nichtspieler(…genter genter genter…) erkennen?

      1. Learning by doing – machen Sie doch einfach mit. Sie werden schon sehen…

    2. Klingt interessant. Machen wir … beim nächsten Shutdown.

  1. Bauer e7 auf e7. Ich überlasse Euch mal die Initiative, gespannt darauf, mit welchen Spitzfindigkeiten ihr uns aufwarten wollt.

    1. Wollen Sie sich das nicht lieber noch mal überlegen? Die Spitzfindigkeit wird ja von Ihnen quasi schon direkt auf dem Brett serviert. Oder soll dieser Nicht-Zug so interpretiert werden, dass in diesem unserem Land auch ein Bauer auf einem festen Standpunkt beharren darf?

        • Uns Walter auf 8. Februar 2021 bei 18:30
        • Antworten

        Nicht so hart ins Gericht gehen mit uns Amateuren. Natürlich sind die Bauern so fest verwurzelt mit ihrer Scholle, dass sie sich nur schwer zum Wegzug bewegen lassen. Snu meinte sicher den Standardzug Bauer von e7 auf e6. Bei den ersten 5-6 Zügen sind sowieso nur die Begründungen interessant. Der Rest ist Standard-Werk aus der Schachliteratur. Aber ich finde die Idee großartig! Gratulation an die Nachtschichten.

        1. Is ja schon gut. Er war lange nicht beim Friseur und konnte dadurch die Tasten nicht mehr sehen. Inzwischen hat er mit der Lötlampe für freie Sicht gesorgt und den Zug korrigiert. In der Tat B e7-e6.

    • Der Mann von Lebräb auf 8. Februar 2021 bei 11:37
    • Antworten

    Das ist doch mal eine Idee. Es gibt so viele Sportarten, die man wegen Corona nicht mehr treiben kann. Ich kenne einen hier in Markranstädt, der steht voll auf Synchronschwimmen. Da sind ja jetzt auch nur noch Einzelwettbewerbe möglich. Wie langweilig. Da kommt das Spiel hier gerade richtig. Ich frage mich nur, warum Ihr beim Namen so kompliziert denkt. Fernschach vor Ort ist doch nichts anderes als Nahschach. Lasst Euch das patentieren 😉

      • Joseph G. auf 12. Februar 2021 bei 5:44
      • Antworten

      Eine clevere Tat!
      So regierte unsere Bundesmutti oft.
      Einfach aussitzen.
      Dankbar! Denn immer wenn sie was Grosses entschieden und gehandelt, gabs riesen Prpbleme.
      Den Zug e7 auf e7 nennt man in Berliner Kreisen übrigens die „Armin Laschet Eröfffnung“

      1. Eröffnung? Das ist eher sein Ende.

    1. Sie können es auch Taschen-Halma nennen. Wichtig ist nur, dass viele mitmachen.

  2. Köstlich- also ab auf`s Klo und (Schach-) gebrettert“!

    1. Die Markranstädter Ärzte haben bei ihren Patienten zunehmend ringförmige Abdrücke an den Gesäßen diagnostiziert. Also: Entweder nicht zu lange sitzen oder anschließend Rückbildungsmassagen ausführen!

    • EddiKonstantin auf 8. Februar 2021 bei 10:57
    • Antworten

    Mit Damen Gambit werden wir uns anregen oder erregen lassen, zu dieser tollen Idee eingeladen zu werden, empfinde ich als große Ehre. An Ideen mangelt es diesen, unseren MN Nachtschichten Satirikern wahrlich nicht. Wenn es das noch nicht ist, wird es jetzt zu einem Alleinstellungsmerkmal für Markranstädt!

    1. Wussten Sie, dass Bobby Fisher einem Gegner mal aufs Brett gepieselt hat? Will heißen: Man muss auch verlieren können.

    • DerJürgen auf 7. Februar 2021 bei 23:11
    • Antworten

    Wie geil ist das denn? Ich habe zwar nur wenig Ahnung von Schach, aber das scheint ja erfreulicher Weise nicht die Grundvoraussetzung zu sein. Da mache ich mit. Einen Vorschlag hätte ich aber noch. Sollten nicht lieber alle Vorschläge hier als Kommentar gepostet werden? Da können alle mitlesen, was ja bei E-Mails nur Ihr könnt.

    1. Ahnung vom Schach braucht man gar nicht. Theoretisch können Sie die Ahnung einem Schachcomputer überlassen, nur beim Kommentar kommts drauf an.

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