Wahlen zur Bestätigung der weißen Massai

Freudenkater ausnüchtern, Wunden lecken, Erklärungen finden: Die Tage nach Wahlen haben vielfältige Inhalte. Es liegt in der Natur der Satire, die Dinge aus ganz anderen Perspektiven zu betrachten als jene Leute, die den Blickwinkel dazu nutzen, sich sogar politische Leberhaken noch schönzureden. Also schauen wir mal, was die Landtagswahl in Markranstädt so ans Licht brachte.

Ob Gewinner oder Verlierer – alle schauen zunächst auf die Wahlbeteiligung. Verständlich, ist deren Zahl doch sozusagen die generelle Betriebserlaubnis für den Fortbestand der Politik an sich. Wenn niemand mehr mitwählt, hat sich das erledigt mit der Politik.

Selbst bei Monopoly braucht man mindestens drei Mitspieler: Sich selbst, einen Gegner und einen, der das Geld verwaltet. Dass im gesellschaftlichen Monopoly inzwischen auch die Bank von den Parteien gemanagt wird, hat aber nichts mit Personalnot aufgrund sinkender Wahlbeteiligung zu tun. Okay, das führt jetzt zu weit, also zurück ins reale Leben.

Man freut sich mithin parteiübergreifend, dass weit mehr als die Hälfte aller Wahlberechtigten mit ihrer Kreuzelei zumindest schon mal kundgetan hat, dass es weiterhin Politik gibt. Mit einer Wahlbeteiligung von 65,7 Prozent näherte sich das Wählerinteresse in Markranstädt erstmals seit langem wieder der Beteiligung bei den Volkskammerwahlen 1989.

Nationale Front 2.0

Mit Ausnahme der AfD-Wähler und einiger Sonstiger dürfte aber der Rest dieser 65,7 Prozent mit dem Ergebnis des Urnengangs eher unzufrieden sein. Wem auch immer sie ihre Stimme gaben, sie haben mit ihrem Votum auch die Parteien mit in die Regierung gewählt, die sie eigentlich gar nicht wählen wollten.

Jedes Kreuz für die CDU war auch eins für die Grünen und die SPD; mit jeder Stimme für die SPD haben die Genossen auch die CDU gestärkt und genauso wars bei den Grünen.

Durch die Koalitionsaussage, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, wird nicht nur der Wille von fast einem Drittel aller Wähler zur politischen Dekoration. Es stand damit zugleich von vornherein fest, dass die restlichen zwei Drittel mit ihrem Urnengang bestenfalls eine Art Nationale Front 2.0 bestätigen durften.

Es heißt ja nicht umsonst „Kenia-Koalition“, was da jetzt auf uns zukommt. Die weißen Massai kommen ans Ruder.

Nach gegenwärtiger Lage der Dinge dürfte es Heike Helbig nicht geschafft haben, in den Landtag einzuziehen. Von den 45 ergatterten CDU-Sitzen werden 41 von Direktkandidaten belegt und mit Listenplatz 42 war die Markranstädterin zu weit hinten, um einen der vier übrig gebliebenen Volksplätze einzunehmen. Das könnte auch in den Reihen des politischen Gegners für eine gewisse Trauer sorgen.

Verfehltes „Blopp – Stößchen!“

Nicht auszudenken, wenn Helbig gewählt worden wäre. Normalerweise kostet so eine Personallösung das Bruttoinlandsprodukt eines Staates wie Moldawien, so aber hätte das Büro zwei Büros weiter praktisch per Wählervotum gratis freigelenkt werden können. Blopp – Stößchen: Alles auf Null im Fachbereich IV.

Eine oder zwei Stimmen könnte die Freien Wähler diese Perspektive deshalb zwar gekostet haben, aber gerade wenn sich solche Alternativen bieten, muss man eben das ganz große Ziel verfolgen. Hat trotzdem nicht gereicht: Mission failed.

Auch sonst wird sich erstmal nicht viel ändern in Markranstädt. Von den angekündigten eintausend neuen Polizisten haben wir ja schon vorher profitiert. Und nicht nur irgendwie!

Der Kretschmer hätte uns auch einen schießwütigen Seiteneinsteiger mit Mundgeruch und Glatze zuteilen können. Aber nein: Wir haben jetzt eine Bürgerpolizistin, und was für eine! Die kann man nicht nur stolz vorzeigen, sondern würde sich auch als anständiger Bürger gerne mal von ihr verhaften und einer Leibesvisitation unterziehen lassen. Fast möchte man schon selber zum Schraubenschlüssel greifen und sich am hellichten Tage beim Umdrehen von Parkbänken erwischen lassen.

Was die Ärzte angeht, die man aufs Land schicken will, werden wir allerdings keinen abbekommen. Mit dieser Art Verschärfung der Wettbewerbssituation würde sich die CDU selber ins Bein schießen.

In Markranstädt werden die Mehrheiten nicht in den Parteibüros, sondern im Wartezimmer geschmiedet, und auf lokale Besonderheiten will man in Dresden künftig besondere Rücksicht nehmen.

Kretschmer hat ja nicht umsonst gesagt, man habe dem Volke zugehört und verstanden. So viel kommunale Selbstbestimmung wird es also weiterhin geben, auch in Markranstädt.

Vorläufiges Wahlergebnis in Markranstädt.

Apropos lokale Besonderheiten: Vielleicht bleibt ja trotzdem die eine oder andere Mark für die Etablierung eines Tourismuskonzeptes übrig? Hier war im Vorfeld der Wahlen überhaupt nichts zu hören oder lesen. Der Leumund Markranstädts hinsichtlich der Gastfreundschaft hat ja in den letzten Jahren sehr gelitten.

Abstieg nach Lützen

Das hat zuletzt auch eine Familie zu spüren bekommen, die zur Beisetzung einer Angehörigen aus Hamburg anreiste, aber im ansonsten als weltoffenen bekannten Markranstädt keine Bleibe fand. Statt dessen mussten die Nachfahren der großen Gönnerin der Stadt mangels vorhandener Hotelzimmer in einer Pension in Lützen absteigen. Kein Einzelfall und ja … peinlich irgendwie. Aber wahrscheinlich nicht peinlich genug, um im Wahlkampf thematisiert zu werden.

 

2 Kommentare

    • Die DTFP auf 3. September 2019 bei 20:22
    • Antworten

    Ja, einen Vergleich mit Monopoly zu bemühen ist sehr intelligent um die Ecke gedacht.
    Nach den letzten Wahlen der Monopoly-Gemeinde mit einer Wahlbeteiligung von 4-Komma-und-noch-etwas Millionen Weltenbürgern mussten anschliessend die Figuren Schuh, Schubkarre und Fingerhut ihren Hut nehmen, neu eingezogen waren dafür die Spielfiguren T-Rex, Pinguin und Gummi-Ente. Das ist 2017 passiert und hat am Monopoly nicht wirklich was geändert. Nun sind alle gespannt was die neuen Figuren Quietschentchen & Co. nun in Sachsen so auf die Beine stellen. Neue Ereigniskarte: “ Du wirst abgeschoben. Ziehe keine 100 Euro kein und gehe direkt zum Flughafen“ … oder so

    • Nachbar auf 3. September 2019 bei 11:50
    • Antworten

    Das Tourismuskonzept der Kommune ist halt nachhaltig.
    Wenn die, die kommen nicht wieder gehen, braucht man kein neues Konzept.
    Den Bleibeanreiz zahlt bereits der Steuerzahler.
    Vergessen wurde dabei nur, das normalerweise Tourismus für die Stadt und deren Bürger Einnahmen bringen.
    In unserem Fall hier ist das eher umgekehrt der Fall, bis auf ….
    Bin gespannt, wann sich die Definition von Gast im Duden ändert.

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