Wo Dummheit ist, kann Charakter nicht auch noch sein

Leider haben die großen Klassiker nicht zu jedem Thema so großartige Prosa ausgeschwitzt wie über Ostern. In Sachen Müll beispielsweise oder Verhalten in der Umwelt hätten sie sich ruhig etwas mehr Mühe geben können, die Herren Goethe & Co. So aber müssen wir uns beim Blick auf die Realitäten wieder mal alles selber zusammenreimen. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei unseren aufmerksamen Fotografen Papa Razzi, Jabadu und vor allem bei Irene B. die ihre Kamera todesverachtend mitten ins Assi-Terrarium hielt.

An den Osterspaziergang der Markranstädter Nachtschichten können Sie sich bestimmt noch erinnern. Aber auch an die liebliche Osterglocke, die ihr keckes Haupt am Ufer des Kulki frech gen Himmel reckte? Falls nicht: Hier ist das Foto nochmal.

Warum kann man so ein schönes Kleinod nicht einfach mal da stehen lassen und sich drüber freuen, dass sich auch andere noch darüber freuen?

Leider können sie diese botanische Schönheit nicht mehr live bewundern. Dem aktuellen Mainstream folgend, hat wohl jemand geglaubt, dass es sich bei diesem Accessoire um ein sogenanntes Must-Have handelt, das von der Bundesregierung eigens deshalb dort ausgelegt wurde, damit sich der erstbeste Passant den Frühling in sein Home-Office holen kann.

Doch der wi-hilde Knabe brach’s…

Aber zum Glück gibt es auch gute Nachrichten. Geradezu vorbildliches Bürgerverhalten kann man derzeit an der Auffahrt zur Kippe an der Südstraße bewundern. Mehr noch: Das Stillleben zeigt deutlich, dass auch Asoziale in diesen Tagen verantwortungsbewusst mit der Situation umgehen.

Weil sie in der Wohnung Platz fürs Klopapier braucht, hat sich eine Assi-Familie kurzerhand von ihrer Kühltruhe getrennt. Aber nicht etwa einfach so! Damit die ganze Gesellschaft an dieser Tat partizipiert, wurde das Kältemöbel samt Inhalt an die frische Luft gesetzt.

Man könnte jetzt so eine Art Kasse des Vertrauens vermuten, auf deren Basis sich andere Bedürftige an den hier deponierten Lebensmittelvorräten bedienen können. Aber dieser Schluss wäre einfach zu kurz gedacht. Man darf auch egoistischen, faulen Assis durchaus etwas mehr zutrauen.

Eben noch in der Wohnung, jetzt auf der Kippe: Szenenbild aus der Serie „Kakerlake, Made & Co.“ – sozusagen als lebendiger Beweis.

In Wahrheit ist es nämlich so, dass es sich bei der Entsorgung des Gerätes um einen zutiefst humanistischen Akt handelt. Ein Blick ins Innere des Aggregats verrät, dass dort lebende Organismen hausen. Ein blickdichtes Terrarium sozusagen. Will heißen: Die Assis haben das einzig Richtige gemacht und den Lebewesen die Freiheit geschenkt.

Aber nicht nur das. Klar hätten sie das schwere, unhandliche Teil irgendwo in der Umwelt abladen können. Aber das wäre nicht nur nicht in Ordnung gewesen, sondern auch noch illegal.

Deshalb haben diese Hilfs-Flodders die Entsorgung genau dort vorgenommen, wo sie erlaubt ist – nämlich nicht hinter dem Verbotsschild für Müllablagerung, sondern noch davor. Also schlau sind sie ja, die Dummen, da kannste nix gegen sagen.

Sauber abgestellt, sogar noch vorm Verbotsschild.

Beim Anblick dieses Stilllebens bekommt auch der in Markranstädt inzwischen ziemlich ramponierte Begriff „Stadtmöbel“ gleich eine völlig neue, ganz sympathische Bedeutung, finden Sie nicht? Zumal bei der Positionierung im öffentlichen Raum auch sämtliche Kriterien des Feng Shui einfließen durften.

Übrigens gibt es dazu wirklich ein Zitat, das es in die Weltliteratur geschafft hat. Es stammt zwar nur von einem Politiker, aber manchmal scheut auch bei solchen das Wort vom Herzen zur Zunge nicht den Umweg über das Hirn. Paul-Henri Spaak sagte jedenfalls mal: Die Dummheit ist die sonderbarste aller Krankheiten. Der Kranke leidet niemals unter ihr, aber die anderen.

Sehen Sie, da hätten wir doch wieder den Bogen zu geflügelter Klassik gespannt. Oder wie wir schon immer sagen: Ein Sumpf zieht am Gebirge hin…

 

1 Kommentar

    • Grien Pies auf 17. April 2020 bei 18:12
    • Antworten

    An einer biologischen Umnutzung einer ehemals stromfressenden Kühleinrichtung ist erst einmal nichts verwerflich.
    Googelt mal nach Insektenhotel Superior XXL,
    da gibts das Modell in abgewandelten Design und Holzoptik für schlappe 229 Euro. Ob die Insekten Design und Oberflächenoptik interessiert ist eh noch nicht wissenschaftlich erwiesen.
    Die Kühlschrankausführung des Insektenhotels steht bestimmt bald bei IKEA in der Gartenabteilung als Modell GRETA.

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