Wort für(s) Wort

Kinder, wie die Zeit vergeht. Schon ist das neue Blatt der Kirchgemeinde Malarüdö in den Briefkästen. Neu sind allerdings nicht nur das Blatt und die gewachsene Gemeinde, sondern auch der Titel des Heftes. Das „Kirchenfenster“ ist Geschichte. Jetzt trägt die vierteljährlich erscheinende Broschüre den Namen „geMEINdeBRIEF“. Im Vorwort der aktuellen Ausgabe widmet Pfarrer Zemmrich seine Gedanken der Jahreslosung „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ (Lukas 6,36). Wie immer, sind da auch diesmal wieder Impulse dabei, aus denen auch Nicht-Christen Anstöße für ihren Alltag beziehen können.

„Ich bin gerührt“, sagen wir, wenn uns etwas nahegeht. Wer barmherzig ist, der lässt sich rühren. „Seid barmherzig, wie auch Euer Vater barmherzig ist.“ hat Jesus gesagt.

Wir brauchen ein Herz, das die Schwingungen unserer Umgebung aufnimmt. Schwingungen überwinden Distanzen. Und sie übertragen keine Viren.

Barmherzigkeit ist nicht gefährlich. Wir können miteinander barmherzig sein, auch wenn wir körperlich Distanz halten, einen Nasen-Mund-Schutz tragen oder uns nur digital begegnen.

Barmherzig: Arm und Herz. Das Wort „arm“ ist sehr alt. Es bedeutet vereinsamt. Und deshalb unglücklich. Und deshalb bemitleidenswert.

„Arm“ ist also im Ursprung ein Wort, das das Fehlen von Beziehungen zum Ausdruck bringt. Wer „arm“ ist, dem mangelt es nicht an Dingen, nicht an Geld.

Sondern er hat keine Beziehung mehr. Nicht zu anderen Menschen und nicht zu GOTT. Wer arm ist, der ist allein. Arm kommt von „Erbe“. Wir missverstehen Erbe oft als Weitergabe von Reichtum. „Wer nichts erheiratet und ererbt, bleibt ein armes Luder bis er sterbt.“, heißt es im Volksmund.

Die Germanen und vor ihnen die Kelten verstanden Erbe aber von der biographischen Situation her. Wer erbt, hat beide Eltern verloren. Wer erbt, ist ein Waisenkind. Und was er erbt, ist Waisengut. Und das ist trauriges Gut. Warum? Weil es nicht das ersetzt, was an Beziehung verloren ging. Das Kind hat keine Eltern mehr!

So ist also einer arm, der erbt. Arm an lebenswichtigen Beziehungen, aus denen er stammt. Einer, der sich erbarmt, ist einer, der die Beziehungslosigkeit, die Waisenkindschaft, das elende Alleinsein wegnimmt. Beziehung wieder möglich macht.

Die Missionare der Germanen haben deshalb das griechische „eleison“ mit „erbarme dich“ übersetzt.

Herr, nimm traurige Beziehungslosigkeit hinweg, nimm Alleinsein weg, lass uns nicht länger Waisen sein, sei uns Vater. Gib uns Resonanz! Gib uns Leben! Gib uns bedingungslose, unerschöpfliche Liebe aus freien Stücken.

Wenn GOTT von dir so angerührt ist, wenn GOTT sich erbarmt, und du dadurch zu ihm eine Beziehung haben kannst, dann beende du die Beziehungslosigkeit anderer Menschen um dich herum, indem du dich ihnen als ein Angerührter erbarmend zeigst. Deine Barmherzigkeit liegt darin, dass du mitmenschlich wirst.

Die Zerbrechlichkeit des Lebens, der Infrastruktur, der Wirtschaft, der Kultur zeichnet uns. Barmherzigkeit ist – was auch kommen und werden mag – dauerhaft nötig. Denn wir leben davon. Alle. Von der Barmherzigkeit Gottes ebenso, wie von der Barmherzigkeit mitten unter uns.

Deshalb ist es gut, dass wir 2021 diese Jahreslosung haben.

 

2 Kommentare

    • Träumer auf 22. Februar 2021 bei 23:19
    • Antworten

    Ja, wohl dem der nicht arm und vereinsamt ist. Was haben wir für ein Glück, dass wir auf vielfältige Weise erleben dürfen, nicht allein zu sein. Uns Leser der MN eint, dass wir wissen, Bestandteil einer Fangemeinde zu sein. Ob wir die Beiträge nur anreissen, jeden Link nachverfolgen, ob wir zustimmen, dagegen sind oder es uns gerade mal nicht wichtig genug ist, eine Meinung zu haben- wir wissen uns in einer Gemeinschaft.
    Die uns umgebenden Dinge auch mal von einer anderen, vielleicht sogar von einer dritten Seite zu sehen… Dabei lernen wir nicht allein die Redakteure kennen, sondern auch manchen Nachbarn, Kollegen, Sportfreund…
    Ich träume mal wieder von einem wundervollen Fest, an welchem die Besucher lustige Zeichen tragen, die verschmitzt zeigen, Fan der MN zu sein. Ich bin jetzt schon neugierig, welchen Code Pfarrer Zemmrich nutzt. Vielleicht trägt er „Lukas 6,36“ tätowiert auf seinem sportlichen Oberarm 😉

    1. Haben Sie mit „Redakteure“ uns gemeint? Also das vergessen wir mal bitte ganz schnell wieder. Am Ende kriegen die Schmierfinken hier Höhe und wollen noch Geld dafür haben. Es hat Jahre gebraucht, denen Demut beizubringen und sie in Barmherzigkeit gegen sich selbst auszubilden.

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