Wort für(s) Wort zum Johannistag

Das war’s schon wieder mit der Langzeitbestrahlung durch UV-Licht. Ab Samstag werden die Tage kürzer und die Nächte dafür länger. Pfarrer Michael Zemmrich hat sich mit den Folgen auseinandergesetzt und zwischen den Theorien modernen Managements und eherner Naturgesetze einen Weg gesucht, der uns in den kommenden längeren Nächten mehr Licht bieten kann als uns die kürzer werdenden Tage verheißen.

Es ist kaum zu glauben: Wir gehen schon wieder auf Mitte des Jahres 2023 zu. Am längsten Tag des Jahres, dem 24. Juni – bezüglich der Erdbahn um die Sonne „gegenüber“ von Weihnachten – feiern wir als Kirchgemeinde den Johannistag.

Johannes sagte: „Jesus muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“ Natürlich redet Johannes nicht von kalorienbewusster Ernährung. Sondern er redet von der Abnahme der Kraft, die im Kirchenjahr ab dem 25. Juni durch wieder abnehmende Tageslänge symbolisiert wird.

Aber seine Aussage ist kein Klagelied, sondern Realismus plus Vision. Johannes weiß, dass das, was schwerfällt, nicht ewig dauern wird. Und das ist mehr als der unter uns übliche Satz: „Das wird schon wieder!“

Hoffnung wächst, obwohl es noch keinen Grund für sie gibt. Leider halten wir uns hin und wieder für Realisten und beklagen deshalb die vermutete Zukunft. Dann ist es uns leidend unmöglich, unsere Zukunft fröhlich zu planen. Unbeschwert etwas für möglich zu halten, wie es Kindern gegeben ist, das fehlt dann. Die Pfadabhängigkeit steigt – sagt die Managementtheorie. Johannes ließ seinen Zukunftswahrnehmung vom Geist Gottes managen.

Er war ein Prophet, der trotz allem das Prinzip der Liebe hinter den Kulissen dieser Welt als entscheidende Kraft erblickte. Im 1. Johannesbrief heißt es: „Gott ist die Liebe. Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“

Es ist in der Tat eine große Herausforderung im Vertrauen auf Liebe zu bleiben, obwohl alles nach gleichgültiger Kälte aussieht. Wer vermag hinter abnehmenden eigenen Kräften nicht nur beklagenswerte Alters- und Krankheitserscheinungen zu sehen, sondern eben auch ein Wachstum?

Liebe nicht zu bezweifeln, kann ein schwerer Weg sein. Johannes redet davon. Fast wie von einem Naturgesetz. Zweimal verwendet er das Wort „muss“: „Jesus muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“ Ja, am Ende bleibt nur der Sprung unserer Seele: Hoffnung auf Liebe wird sich bewahrheiten. Wir gehen dem Sommer entgegen.

Und doch steht der Herbst unabwendbar vor der Tür. Das ist kein Anlass zu Traurigkeit. Sondern zu Realismus. Und wir sind gut beraten, diesen Realismus um eine Vision zu erweitern. Um die Vision der Liebe. Wenn wir diesem Geist Christi folgen, dann werden wir mit der Fähigkeit begabt, Leiden und Herrlichkeit zusammen zu sehen. Dazu müssen wir nicht erst die Biographie Johannes des Täufers bemühen, die durch einen Politmord endete. Sondern wir können uns in Nüchternheit geborgen wissen als Nachfolger des Mannes aus Nazareth. In Höhen und Tiefen.

Bis wir einmal jubeln mit einer Freude, die niemand in Worte fassen kann.

2 Kommentare

    • Ulrich Naser auf 22. Juni 2023 bei 14:47
    • Antworten

    Vielleicht sitzt In der Redaktion der Markranstädter Nachtschichten ein Atheist, der sich klamm heimlich freut, wenn ein Kirchenmanager, wie Pfarrer Zemmrich, sich nach gestresstem Arbeitstag beim Gemeindebriefeschreiben in Astronomie und Theologie verheddert. Da hat es ein emeritierter Professor Jürgen Ziemer leichter, der sehr feinsinnig über den Johannistag nachdenken kann, siehe „Der Sonntag, Nr. 25.

    1. Dürfen die beim „Sonntag“ etwa auch schon schreiben, dass die Erde rund ist? Wo soll das noch hinführen, wenn sämtliche traditionellen Werte zugunsten des schulwissenschaftlichen Mammon so bedenkenlos über Bord geworfen werden.

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