Wort für(s) Wort

Wie angekündigt, kommt mit der heutigen Ausgabe der Markranstädter Nachtschichten ein Beitrag zu Ihnen nach Hause, der Sie in etwas anderer Form zur Besinnlichkeit in dieser unsicheren Zeit anregen könnte. Pfarrer Michael Zemmrich nimmt Sie mit auf einen Gedankenweg, der das kommende Weihnachtsfest nicht von der leuchtenden Spitze aus betrachtet, sondern von den Wurzeln her. Aus dieser Perspektive relativieren sich so manche Beschränkungen, die uns in diesem Jahr auferlegt werden.

Weihnachten unter schwierigen Umständen … ja, so wird es 2020 sein. Unter welchen Bedingungen werden wir Christvespern feiern? Wir wissen es noch nicht. Aber wir wissen: Auch damals war es schwierig, damals in Bethlehem.

Stellen Sie sich nur die Unsicherheit vor, die es für Maria bedeutet hat, hochschwanger loszulaufen und nicht zu wissen, unter welchen Umständen ihr Kind geboren werden soll. Welche Hebamme, welches Geburtshaus, welche Klinik – Besichtigung des Kreißsaales, Geburt im Sitzen, Liegen oder unter Wasser – alles was heute genau vorab besprochen und geplant wird – nichts wusste Maria von alledem. Nur das Joseph da sein würde, das war wahrscheinlich. Immerhin.

Es fällt uns heute schwer, damit zu leben, dass sich die Umstände ständig ändern. Planungen hinfällig werden, Gäste nicht kommen können, Reisen nicht stattfinden, Trauungen und Taufen abgesagt werden. Warum setzte GOTT die Geburt seines Sohnes solchen Unsicherheiten aus? Hätte nicht alles römisch korrekt und sicher ablaufen können?

Oder noch weiter zurückgeschaut: Hätte GOTT das Christuskind nicht wie Mose durch eine Königstochter finden lassen und die Ausbildung im Palast sicherstellen können, anstatt es mit seinen Eltern auf die Flucht nach Ägypten zu schicken?

Nein, hätte GOTT nicht. Warum? Weil GOTT da sein wollte, wo die Unsicherheit zu deinem und meinem Leben gehört. Jetzt nehmen wir sie besonders wahr. Durch ein unsichtbares Virus wird uns deutlich, wie unsicher wir leben. Und dass all unsere Pläne nicht sicher sind.

Den Himmel wollten viele stürmen und alle Grenzen. Nun sehen wir uns in eine Begrenzung und Unsicherheit gesetzt, in der wir uns von Monat zu Monat, manchmal von Tag zu Tag fragen, wie es weiter gehen soll.

Dass GOTT genau in solche Unsicherheit hinein – hinein in bohrendes Nichtwissen, was sein wird – seinen Sohn zur Welt kommen lässt, das können wir so verstehen: Unsere Pläne können scheitern. Aber GOTTES Möglichkeiten sind überraschend stabiler als wir oft denken. Obwohl es nicht so aussieht. GOTT bleibt zu Weihnachten handlungsfähig. Genau dort, wo es für uns schwierig ist und wird. Das ist die Botschaft.

Und die ist nicht simpel. Denn wir lieben unsere Pläne. Und wie sehr macht es uns zu schaffen, wenn sie durchkreuzt werden. Lieben wir auch das Geschehen, dass durch GOTT verursacht wird? Lieben wir Weihnachten? Wirklich? Erwarten wir, dass GOTT in die Unsicherheit kommt? Ja, er kommt in Deine Unsicherheit. Das ist es, was dir hell leuchtet.

Freue dich weihnachtlich über dieses Licht aus der Krippe. Unter schwierigen Umständen.

 

 

10 Kommentare

Zum Kommentar-Formular springen

    • Ulrich NASER auf 6. Dezember 2020 bei 13:48
    • Antworten

    Ferdinand von Schirach lässt in seinem Schauspiel „Gott“ den Rechtsanwalt Biegler sagen: „ Herr Bischof, ihr Bekenntnis beeindruckt mich, ich glaube, sie auch ein wenig zu verstehen, aber, verzeihen sie, sie werden mir zustimmen, wenn ihr Bekenntnis einen ganz bestimmten Glauben, an einen ganz bestimmten Gott voraussetzt.“ An stelle von Herrn Bischof setzte ich Pfarrer Zemmrich.

    1. So kann man’s auch sehen. Allerdings muss dann die Frage erlaubt sein, warum Rechtsanwalt Biegler Weihnachten feiert. Baldur von Schirach hätte wohl gesagt: „Herr Rechtsanwalt, ihre Paragraphen beeindrucken mich. Aber sie werden mir zustimmen, wenn diese vorrangig deshalb erlassen werden, damit Sie sich am Leid anderer Menschen bereichern können.“

    • Samoht auf 6. Dezember 2020 bei 12:45
    • Antworten

    Gott oder nicht – hin oder her. Die Aussage ist es, die diese Worte so wertvoll machen. Ich habe sonst immer das Problem, dass sich der Klerus selbst für allwissend hält und uns erklärt, was Gott mit dieser oder jener Sache meint – ohne ihn selbst je gesehen oder gar gesprochen zu haben. Pfarrer Zemmrich versteht es, uns diese Dinge nicht aufzudiktieren, sondern es jedem selbst zu überlassen, wie er darüber denkt und was er für sich daraus zieht. „Freue dich weihnachtlich über das Licht aus der Krippe“: Ich denke, diesen Satz können alle unterschreiben, auch die, die mit der Kirche nichts am Hut haben. Danke, Pfarrer Zemmrich! Und natürlich auch Euch Nachtschichtlern.

    1. Das macht ihn ja so gefährlich, unseren Pfarrer. Wo kommen wir denn hin, wenn jeder anfangen würde, selbst zu denken?

    • Susan auf 6. Dezember 2020 bei 12:03
    • Antworten

    Danke

    1. Bitte!

    • EddiKonstantin auf 6. Dezember 2020 bei 10:10
    • Antworten

    Der oder das Virus wirkt wie Gott unsichtbar! „Die richtige Deutung für uns können nur Virologen oder Pfarrer, die einzigen wissenschaftlichen Fachleute auf diesem Gebiet, erbringen“. Dennoch halte ich es mit Stephen Hawking, dem englischen Astrophysikergenie, dass es objektiv keinen Gott geben kann und wir für alle Erkenntnisse selber verantwortlich sind. Pest und Cholera, Spanische Grippe und eben Corona mit Covid19 haben erkennbare Ursachen, auch wenn man erst später darauf kommt. Von mir aus gottgegeben handeln, aber nicht einen Teil der Menschheit in den Ruin treiben und anderen ein goldenes Kalb bescheren!

    1. Es geht da weniger um den Glauben an sich, sondern darum, wenigsten auch andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen oder zuzulassen, dass andere das tun. Respekt einfach, damit könnte man schon mal anfangen. Wir zum Beispiel frönen hier einer ganz anderen Religion. Wir glauben, die GEZ nicht bezahlen zu müssen.

  1. Im „Anderen Adventskalender“ steht:
    Göttliche Gesetze
    Auf die größten, tiefsten
    zartesten Dinge in der Welt
    müssen wir warten,
    da geht´s nicht im Sturm,
    sondern nach den göttlichen Gesetzen des
    Keimes und des Wachsens und Werden.
    Dietrich Bonhoeffer
    Ich bin der Meinung, wir sollten nicht immer denken , dass der Mensch über den Dingen stehen zu muss,
    den Gott vertraut uns nur die Dinge an die wir auch meistern können hat .
    Wir sollten lieber in Ehrfurcht und in Geduld und in Besonnenheit uns den Aufgaben die wir anvertraut bekommen uns ohne Angst stellen.

    1. Kommt drauf an, wen der betreffende Mensch als Gott verehrt. Maruis Müller-Westernhagen zum Beispiel glaubt bekanntlich an die Deutsche Bank.

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.