Keine Leinwand für Autos am Kulki, dafür ganz großes Kino der Herzen am Freitag auf der kleinen Farm in der Zwenkauer Straße. Chef-Farmerin Ines Bornträger hatte gerade die Tür aufgeschlossen, da kam schon unerwarteter Besuch aufs Gelände. Gleich zwei Markranstädter Vereine machten dem Richtungswechsel e.V. ihre Aufwartung, noch dazu ohne sich vorher abgesprochen zu haben. Und beide hatten das gleiche Ziel: Hilfe für die kleine Farm, den Verein und seine Tiere.
Wie berichtet, waren der Richtungswechsel e.V. und seine Farm zu Pfingsten Opfer von Einbrüchen, Vandalismus und Diebstahl geworden. Was da geschah, hat auch die Mitglieder des KFV Seebenisch und des SC Markranstädt erschüttert.
Eigentlich wollte der Vorstand des Kultur- und Faschingsvereins Seebenisch (KFV) den Richtungswechsel e.V. mit einer Spende und einem Kulturangebot fürs Farmfest am 4. September überraschen. Aber dann bekam die Sache eine ganz eigene Dynamik. Ähnliche Ambitionen zur Hilfe hatte zeitgleich nämlich auch eine Abordnung der Piranhas.
Und so kam es, dass sich beide Vereine erst mal gegenseitig überraschten, als sie am Freitagnachmittag gegen 17 Uhr in der kleinen Farm aufeinander trafen. Aber man kennt sich und hat zusammen schon ganz andere Events gemeistert. Kurzerhand gaben die Kulturkarnevalisten den Handballern den Vortritt und schauten sich an, was die mitgebracht hatten.
„Wir haben lange nachgedacht, wie wir Euch helfen können“, brachte Marco Rosenheinrich die Saiten des Spannungsbogens bei Ines Bornträger zum singen. „Wir wollen Euch das zweite Heimspiel vor Publikum nach der Corona-Krise schenken.“ Was für den Laien wenig greifbar scheint, hat ein enormes Gewicht. Ein solches Privileg lassen sich zahlungskräftige Sponsoren schon mal bis zu 1500 Euro kosten!
„Ihr werdet da in der Halle, auf Eintrittskarten und Plakaten präsent sein, könnt Euch an einem Stand auch selbst präsentieren, seid in der Halbszeitpause im Mittelpunkt des Publikumsinteresses und könnt das Event nutzen, um Spenden einzuwerben“, sagt der Hallensprecher und Marketing-Chef der Piranhas.
Dann schiebt er noch ein kleines Kuvert nach. „Unser Service-Team hat außerdem Geld gesammelt und möchte hiermit eine Tierpatenschaft übernehmen.“
Fast hätte Ines Bornträger einem schon leid tun können, weil sie ausgerechnet heute allein vor Ort war und die Emotionen dieser großen Gesten ohne Unterstützung anderer Vereinsmitglieder bewältigen musste. Dann traten die KVF-Offiziellen nach vorn.
„Wir betteln selber um Geld und von Verein zu Verein kann man auch nichts spenden. Deshalb haben wir privat in Vorstand und Verein gesammelt, um Euch zu helfen. Wir waren erschüttert über das, was Euch hier widerfahren ist,“ sagte KFV-Vorstand Frank Philipp.
Dann überreicht die kleine Josy, ein hoffnungsvolles Talent aus der Jugend-Tanzgruppe des KFV, den Umschlag mit der Spende von 50 Euro und verspricht: „Außerdem werden wir, wie vorige Woche vereinbart, beim Farmfest am 4. September auftreten. Wir freuen uns sehr darauf und hoffen, dass wir damit ein wenig mithelfen können, dass alles wieder gut wird.“
Plädoyers fürs Zusammenrücken
Spätestens jetzt muss Ines Bornträger schon auffällig zwinkern, damit der Glanz Ihrer Augen nicht über die Wangen läuft. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Es ist so überwältigend und ich bin zu sehr überrascht, um jetzt die richtigen Worte zu finden.“
Die fanden dafür ihre Überraschungsgäste. „Gerade wir kleinen Vereine müssen eng zusammenrücken, um diese schwierigen Zeiten zu überstehen und sollten auch danach zusammenhalten“, ist KFV-Sektionsleiterin Katrin Philipp überzeugt.
Piranha-Schatzmeister Rainer Schröder wirbt beim Rundgang durch die Farm für eine Art Vereinsnetzwerk: „Ob Corona, Zerstörungen wie jüngst durch diesen Vandalismus hier oder im ganz normalen Alltag: Wir Markranstädter Vereine müssen uns miteinander solidarisch zeigen, uns untereinander informieren, uns gegenseitig mitnehmen und wo immer möglich kooperieren. Gemeinsam stark, sozusagen.“
Nach einem Abstecher zu den Ziegen und Alpakas lüftete Ines Bornträger dann ihreseits noch ein Geheimnis, das wiederum ihre Helfer überraschte. Denn nicht nur Vereine hat die Welle der Hilfsbereitschaft für den Richtungswechsel e.V. mitgerissen, sondern auch Unternehmen und Privatpersonen.
Bürgerspenden aus dem SchuhPack
„Der Schuhhandel und Paketshop ‚SchuhPack‘ in der Leipziger Straße hatte vor einiger Zeit eine Spendenaktion ins Leben gerufen“, informiert Ines Bornträger.
Dort können Kunden spenden und dabei auch angeben, wem die Spende zugute kommen solle. „Chefin Susanne Grönwald hat mich angerufen und mir mitgeteilt, dass alle Spender unseren Verein begünstigen wollen und dabei eine Spendensumme in Höhe von 543 Euro zusammengekommen ist.“
Vor diesem Hintergrund bekommt das für den 4. September geplante Farmfest – so es aufgrund der Corona-Beschränkungen stattfinden kann – eine zusätzliche Bedeutung. Es könnte nicht nur ein Fest für die kleinen Freunde der Farm werden, sondern zugleich eine Dankeschön-Veranstaltung für die zahlreichen großen Helfer. Und ganz sicher kommen in den nächsten Tagen noch viele weitere dazu.
4 Kommentare
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Vielen Dank an alle Unterstützer!
Der große Zuspruch aus der Bevölkerung, von den Vereinen und Institutionen bestärkt uns den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen und unsere tierische Oase für alle Besucher (und vor allem für die Kinder) zu erhalten.
Eure kleine Farm
Ich hatte beim Lesen eures Artikels tatsächlich Pipi in den Augen! Meine Frau und ich wünschen dem Verein alles Gute,
Da wir letzte Woche selbst von unverständlichem Vandalismus betroffen waren, können wir echt nachfühlen, wie es den betroffenen geht.
Danke für diesen Artikel!
Eine tolle Aktion und ein sehr schön geschriebener Artikel.
Echt super
Ich finde es schön wenn sich die regionalen Vereine gegenseitig unterstützen.
Ganz große Sache! Aber auch von Euch. „Damit der Glanz ihrer Augen nicht über die Wangen läuft“ – Ihr könnt ja auch gehobene Poesie! Da wird einem richtig warm ums große Herz. Kompliment und vielen Dank für die brandaktuellen Informationen. In den Holzmedien wird aktuell immer noch der Stadtrat von vor zwei Wochen ausgemistet.