Richtfest in Altranstädt: Deutsche können’s auch schnell

Gestern wurde in Peking mit dem Mega-Airport Daxing nach einer Bauzeit von nur vier Jahren das größte Flughafengebäude der Welt eröffnet. Am Berliner Airport BER ist hingegen selbst nach 13 Jahren noch kein Ende in Sicht. So viel zur Marke „made in germany“. Auch im Kleinen sind die Chinesen atemberaubend schnell. Nur fünf Monate nach dem ersten Spatenstich gabs heute in Großlehna bereits das Richtfest für die neue Europazentrale der Suzhou Minghzi Technology.

Für deutsche Verhältnisse ging das so schnell, dass nicht einmal die Medien mitbekommen haben, was da auf der Baustelle im Großlehnaer Gewerbegebiet passiert. Wie der Fahrtwind eines vorbeirasenden Schnellzuges auf der neuen Seidenstraße – man nimmt ihn erst wahr, wenn vom Zug nur noch die Rücklichter zu sehen sind.

Aber es gibt Hoffnung für das Label „made in germany“. Es sind deutsche Baufirmen, die im Gewerbegebiet Großlehna unter Beweis gestellt haben, dass sie schnell und dabei auch gut bauen können. Und es war die Markranstädter Wirtschaftsförderung, die dafür ebenso schnell alle Wege geebnet hat.

Es geht also doch. Fast könnte man meinen, es läge nur am Management und auch der BER wäre längst fertig, wenn Chinesen die Sache in die Hand genommen hätten.

„made in markranstädt“

Aber der Schein trügt. Die Fäden für den Minghzi-Neubau auf der Großlehnaer Baustelle Am Gläschen laufen bei Matthias Haenel zusammen und der ist nicht nur Deutscher, sondern Markranstädter!

Vor fünf Monaten grasten hier noch Krähen.

Das heutige Richtfest entsprach trotzdem nicht ganz den hierzulande üblichen Gepflogenheiten und wahrscheinlich auch nicht den chinesischen Traditionen.

Werden solche Anlässe hier wie da gern von Mitgliedern der Partei- und Staatsführung genutzt, um sich im Blitzlichtgewitter pressewirksam vervielfältigen zu lassen, fehlte diesmal die Garde der C-Promis … ebenso wie die Medien.

„Das Richtfest ist kein Pressetermin mit großem Bahnhof“, stellt Haenel klar. „Es soll eine kleine Feier als Dank an die bisher am Bau beteiligten Firmen und Handwerker sein.“

Fachsimpeln bei Roster und Bier statt salbungsvolle Floskeln zur Selbstbeweihräucherung: Eine so sympathische wie bodenständige Einstellung hat Seltenheitswert, in Deutschland genauso wie im fernen China.

Dass mit Bürgermeister Jens Spiske, seiner Beigeordneten Beate Lehman und der Wirtschafts-Frontfrau Carolin Weber trotzdem drei Vertreter aus dem Rathaus anwesend waren, liegt daran, dass sie am Erfolg des Projektes großen Anteil hatten und somit „dazu gehören“, wie Haenel sagt.

Als Partner auf der Gästeliste: Jens Spiske (l.), Carolin Weber (2.v.r.) und Beate Lehmann (r.).

Und weil wirklich die Handwerker im Mittelpunkt standen, gab es auch keine Ansprachen oder sonstige Reden. Lediglich am Rande ließ der Bürgermeister gegenüber MN verlauten: „Da kann man nur Respekt vor den Leistungen aller Beteiligten haben. Ein solches Projekt in nur fünf Monaten so weit voranzutreiben, das ist beeindruckend.“

Dank Fleiß und Mühe, Stein und Holz, steht hier unser ganzer Stolz.

In der Tat ist der Respekt angebracht. Noch am 29. April pickten auf dem Areal lediglich ein paar Krähen die Würmer aus dem Boden. Ein Sandhaufen für den symbolischen ersten Spatenstich war alles, was auf einen kommenden Neubau deuten ließ.

Heute, nur fünf Monate später, sind die Rohbauten der Gebäude fertig und über dem Dach der Halle schwebt der Richtkranz. Hart, zäh und flink – die chinesischen Tugenden werden an Monumenten wie diesem sichtbar.

Rund 30 Firmen aus dem Raum Leipzig waren unter Regie der Pegauer Niederlassung von IBB Bönnigheim für die bisherigen Leistungen gebunden. Mit den Arbeiten für den anstehenden Innenausbau sind ebenfalls regionale Unternehmen beauftragt worden. Leben und leben lassen – so langsam kommt der Garant für Wohlstand auch in Sachsen wieder an.

Gebaut ist schnell, aber wer macht’s?

Trotzdem ist es gegenwärtig nicht so einfach, im Bauhandwerk entsprechende Partner zu finden. Viele sind komplett ausgelastet und wenn man dann doch welche ausfindig macht, haben die wiederum Probleme mit ihren Partnern, die aufgrund der Wirtschaftslage beispielsweise nicht zuverlässig liefern können. Wenn er welche hätte, wären Haenels Haare aus Gründen wie diesen in den letzten Monaten grau geworden.

Klare Worte statt  fromme Reden: Matthias Haenel (Mitte) im Gespräch mit Bauleuten und Gästen.

Umso gelöster nun seine Laune beim Richtfest. Das Projekt liegt voll im Plan. Die Halle soll sogar im November schon fertig sein. „Muss sie auch“, meint Matthias Haenel, „Wir haben da eine Maschinenpräsentation vor einem internationalen Kundenkreis.“

Das heißt aber auch, dass der Neubau des Sozialtraktes bis dahin zumindest bis zu einem annehmbaren Zustand gereift ist. Man kann mal müssende Manager und Chefeinkäufer aus großen europäischen Unternehmen schließlich nicht aufs Dixi schicken.

Da haben die Bauleute noch eine Menge Arbeit vor der Brust. Aber da das 10-Millionen-Vorhaben ohnehin schon Ende Februar komplett fertig sein soll, kommt es auf ein paar Zwischentermine mehr oder weniger auch nicht mehr an. Wenn eines sicher ist bei chinesischen Bauvorhaben, dann selbst die sportlichste Zeitschiene. Die schaffen das!

 

2 Kommentare

    • Biker auf 26. September 2019 bei 17:31
    • Antworten

    Eine sehr positive Geschichte, der hier (humorvoll wie stets) geschildert wird!

      • CvD auf 26. September 2019 bei 21:22
      • Antworten

      Ein Blick auf den Zeitpunkt Ihres Kommentars könnte glatt vermuten lassen, dass Sie beim Online-Stapellauf des Beitrages live dabei waren. Kompliment: Der schnellste Kommentar ever! Nicht ganz so schnell wie die Chinesen bauen, aber immerhin… 🙂

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