Was die historische Tragweite ihrer Geschichte angeht, so scheint die Causa „Blitzer“ in der Zwenkauer Straße der Frankenheimer Schranke den Rang ablaufen zu wollen. Gestern wurde der verbliebene Fotoapparat stadtauswärts auch für Aufnahmen in stadteinwärtiger Richtung ertüchtigt. Irgendwie scheint aber auch das nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein. Folgt da bald noch ein Kapitel?
Was bisher geschah: In der Zwenkauer Straße wurde für jede Fahrtrichtung je eine Blitzersäule errichtet. Weil es der Deutsche aus Gründen des Rechts am eigenen Bild nicht mehr gewohnt ist, ungefragt fotografiert zu werden, setzt er sich zunehmend gegen solche Praktiken zur Wehr.
Findigen Rechtsanwälten ist bei der Aufarbeitung eines solchen Delikts aufgegangen, dass die Fotostele sowieso zu nah an der Ursache ihrer Existenzberechtigung stand. Also wurde sie entweiht und zurückgebaut.
Auf die Veröffentlichung belastbarer Zahlen wurde bei diesem Vorgang weitgehend verzichtet. Im Bemühen, ihn als juristischen Präzedenzfall unbrauchbar zu machen, erschöpften sich die Begründungen in schwammigen Floskeln. Trotzdem ist bei einigen Quellen durchgesickert, dass der Abstand zwischen 30er Schild und Blitzer wohl 150 Meter betragen müsse, sich im konkreten Fall aber auf nur 70 Meter belief.
Trotz fehlender Drohkulisse
Seither gab es nur noch den stadtauswärts positionierten Blitzer. Machte aber nichts. Sei es aus gewachsenem Bewusstsein oder inzwischen entwickelter Macht der Gewohnheit, auch stadteinwärts gingen die Bremslichter weiterhin an. Trotz fehlender Drohkulisse.
Man hätte die Situation also auch durchaus so belassen können. Hätte. Wenn da nicht die drängenden Fragen nach innerer Sicherheit wären, die gerade vor Bundestagswahlen immer lauter werden. Wenn er schon für wichtige Sicherheitsfragen in Sachen Unterbringung und Betreuung von Zuwanderern oft genug nicht zuständig ist oder gar nicht mehr wahrgenommen wird, muss der Landkreis wenigstens im Straßenverkehr zeigen, dass er noch zu etwas nutze ist.
Als weithin sichtbares Manifest dieser Existenzberechtigung wurde nun der bestehende Blitzer mit einem Objektiv auf der Rückseite ertüchtigt, um auch dem stadteinwärts rollenden Verkehr das unmissverständliche Zeichen zu geben, dass in dieser Stadt Zucht und Ordnung herrschen. Zumindest auf den Straßen.
Dieses wohltuende Gefühl, dass sich da jemand für unsere Sicherheit und endlich auch mal unser Bedürfnis nach Ruhe berufen fühlt, hat aber schon Risse bekommen. Denn wie war das gleich noch mal mit den Abständen? Hundertfünfzig Meter, siebzig Meter … Ja, jetzt kommt die Sache mit den 14 Metern.
Wenn jemand aus der Lausener Straße kommt und in die Zwenkauer Straße einbiegen will, verlässt er die Tempo 30-Zone. Das heißt, ab dem Punkt darf er 50 km/h fahren. Stadtauswärts wird dies erst an der Gartenstraße wieder eingeschränkt. Dort steht das Schild mit der Geschwindigkeitsbegrenzung 30. Dumm nur, dass sich der Blitzer nur rund 14 Meter dahinter befindet.
Im Rechtsverständnis des Durchschnittsbürgers bedeutet dies, dass man stadtauswärts erst bei einem Tempo über 50 km/h geblitzt werden darf. Alles andere wäre dann wieder eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild.
Nun ja, wenn man sich diesen Aktionismus so vor Augen hält, könnten einen tatsächlich Zweifel darüber kommen, dass es sich um eine Maßnahme für die Durchsetzung von Sicherheit und Lärmschutz handelt.
Viel eher hat es den Anschein, als sollten die Kosten von Auf- und Rückbau des Blitzers auf der gegenüberliegenden Seite wieder reingeholt werden. Ein mittlerer fünfstelliger Betrag war das immerhin.
30 oder 50, das ist hier die Frage. Wie hoch ist die zulässige Geschwindigkeit?
Aber ob es korrekt ist, das Teil bereits ab Tempo 30 blitzen zu lassen, ist zweifelhaft. Zumindest wenn man glaubhaft darstellen kann, dass man aus der Lausener Straße kam und wegen nahenden Verkehrs in erlaubtem Maße bis 50 beschleunigen musste.
Tempo 30 dient in Markranstädt ausdrücklich dem Lärmschutz. Wo Ruhestörung aufhört und Lärm anfängt, darüber streitet man sich gegenwärtig auch auf einem ganz anderen Betätigungsfeld.
Es wäre dem Sicherheits- wie auch dem Ruhebedürfnis der Bevölkerung sicher dienlicher, wenn der Landkreis auch in diesem Bereich bei der Kontrolle und Ahndung den gleichen Eifer an den Tag legen würde.
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