Sind die Lichter angezündet…

So viel Heimlichkeit in der Weihnachtszeit … Ja, in den Adventstagen passieren immer wieder wundersame Dinge. Man muss sie nur spüren und sehen wollen. Der Pfarrer wird nicht müde, vor allem in der Vorweihnachtszeit derlei Gleichnisse unter die Gemeinde zu bringen und sie für die Besonderheiten dieser Zeit zu sensibilisieren. So richtig glauben wollen derweil nur wenige Menschen an ein Weihnachtswunder. Jetzt ist ein solches geschehen. Noch dazu direkt vor der Kirche! Die Fichte auf dem Marktplatz erstrahlt in makellosem Lichterkleid!

Nicht nur der Marktplatz wird jetzt vorweihnachtlich erhellt. Seit dem 1. Advent wird auch die Leipziger Straße in besinnliches Licht getaucht. Was für Fußgänger das richtige Flair ausstrahlt, könnte derweil für den Luftverkehr und damit vor allem für den nahe gelegenen Leipziger Flughafen so manche Gefahrensituation heraufbeschwören. Gestern konnte eine Boeing 737 der San Marino-Airlines nur noch nach einem zünftigen „Mayday“ vom Schkeuditzer Tower ihren Landeanflug auf Markranstädt abbrechen. Dem Piloten gelang es im letzten Moment, seine Maschine hochzureißen, nachdem er die Weihnachtsbeleuchtung auf der Leipziger Straße versehentlich für die Landebahnbefeuerung des Flughafens hielt.

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WböR: Weihnachtsbaum mit Abblendlicht

Der Weihnachtsbaum auf dem Marktplatz gibt immer mehr Rätsel auf. Erst präsentierte er sich mit Doppelspitze (die MN berichteten), dann mit einer wiedervereinigten Einheitskrone (es wird zusammengefesselt, was zusammen gehört) und als Krönung leuchtete nun das arme Teil zum 1. Advent in nur halbem Gewand. Mit unserem Weihnachtsbaum öffentlichen Rechts (WböR) ist es wie mit der Wahl von Fußballmannschaften auf einem Bolzplatz der 1970er Jahre: Spitze – Halbe – Ganze.

Nachdem im Laufe der zurückliegenden Woche aus der lokalen Tagesgazette zu erfahren war, dass man in Markranstädt sowieso nichts erfährt, wenn man etwas erfahren will, wollten wir gar nicht erst die Erfahrung machen, nichts zu erfahren und haben versucht, mit eigener Erfahrung Erfahrungen zu machen. Oder, anders gesagt, eben selbst auf des Pudels Kern zu stoßen.

Aus der intensiven Bemühung individueller Logik erschließen sich dem Beobachter demnach zwei grundsätzliche Möglichkeiten, die das Szenario eines halb angeputzten Baumes rechtfertigen. Da wäre einmal der ungünstige Wochentag, der für das Aufhängen von Kugeln und Lampen gewählt wurde. Es war der Freitag.

Freitag um eins…

Im öffentlichen Verwaltungsraum Deutschlands ist das längst kein Freitag mehr, sondern ein Frei Tag oder bestenfalls ein Freistundentag. Freitag um eins macht Jeder seins. Nun ja … wenn man sich vornimmt, den Baum an einem Tag zu schmücken, wird’s an einem halben Tag zwangsläufig auch nur ein halber Baum. Noch dazu, wenn man einen nicht unbeträchtlichen Teil dafür verwenden muss, aus zwei Spitzen einen einheitlichen Zopf zu flechten.

…und wenn das halbe Lichtlein brennt …

Die zweite Ursache könnte natürlich darin bestehen, dass die Stadt erst kürzlich so einen Energy-Award bekommen hat und jetzt noch sparsamer mit Strom umgehen will. Oder muss. Weihnachten, das ist die Erntezeit der Energiekonzerne. Nirgendwann und nirgendwo sonst auf der Welt (außer bei den Criswolds in den USA) werden in den Tagen vor Silvester Häuser, Gärten und ganze Landstriche so intensiv ausgeleuchtet, dass die heimische Vogelwelt verwirrt mit dem Nestbau beginnt. Da darf man als Energie-Stadt ruhig mal mit Vorbildwirkung vorangehen und es bei einer Kerze belassen.

Und während es aus den deutschen Wohnzimmerfenstern flimmert wie in den tschechischen Puffs an der E 55, schreiben die Verursacher dieser Supernova aggressive Drohbriefe an ihre Vermieter wegen zu hoher Nebenkosten. Wer sich da – wie die Stadt Markranstädt – einen sparsamen Umgang mit selbigen auferlegt hat, der hat dann auch ein Argument, wenn es um die Erklärung einer halben Erleuchtung geht.

 Der WböR: sparsam und klimafreundlich

Jedenfalls präsentiert sich unser Weihnachtsbaum öffentlichen Rechts (WböR) ziemlich depressiv. Zur Straße hin ist er geradezu lichtlos in Tarnfarben gehüllt und selbst vom Marktplatz aus zeigt er sich nur bis zum Nabel in Lichterglanz – der Unterleib verfließt auch hier im Dunkel der Biologie. Hat er vielleicht nicht nur zwei Spitzen, sondern auch zwei Lenden, die uns verborgen bleiben sollen?

Mini-Top mit freiem Rücken

Man kann sich mit vielen Dingen anfreunden. Manche Frauen werden, so will es die Legende, von Bier zu Bier schöner und Frauen wiederum beziehen ihr Wohlbefinden mitunter aus nur scheinbaren Dingen – wenn sie zum Beispiel verträumt den Oberschenkel ihres Mannes streicheln. Auch unser WböR ist trotz seiner Behinderungen irgendwie akzeptabel. Vor allem dann, wenn man sich vor dem Hintergrund der sich in erschreckendem Maße häufenden Diebstahldelikte in der Stadt und ihren Ortschaften vor Augen führt, dass da, wo keine Lampen brennen, auch keine geklaut werden können.

Das ist wichtig, wo doch neuerdings kein Tag vergeht, ohne dass in Lallendorf und seinen Ortschaften irgendwo eingebrochen wurde und von der Rüttelplatte bis zur Dachrinne nichts mehr sicher ist. Nur dem Umstand, dass Schwiegermütter grundsätzlich nicht zur Beute zählen, ist zu verdanken, dass die Delikte von frustrierten Menschen überhaupt noch angezeigt werden.

Eigentlich ist die Kriminalitätsentwicklung die einzig vernünftige Erklärung für den WböR. Sie vermittelt, warum auf der Straßenseite nichts leuchtet und selbst nach dem Marktplatz hin die Lampen außerhalb körperlicher Reichweite hängen. Man muss eben nur die Weihnachtslieder ein wenig umdichten. Aus einem Baum in strahlend buntem Kleid wird dann in Markranstädt halt ein Mini-Top mit freiem Rücken.

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Was’n Sternbild! Doch spätestens seit Galileo Galilei wissen wir, dass sich im Dunkel dahinter auch was verbirgt. Eine zweite Spitze vielleicht?

So ein Minikleid kann, je größer die Dame ist, auch schnell mal unter dem Nabel enden. Und hier sind wir bei der vierten möglichen Ursache: Der Baum ist zu groß für Markranstädt! Oder anders gesagt: Die Lichterkette war zu kurz.

Wie dem auch sei: Die Sache ist so auffällig und witzig, dass sie bereits am 1. Advent überregional die Runde gemacht hat und auch bei den Weihnachtsmärkten in Döhlen und Seebenisch zum Alleinunterhalter avancierte. Es ist nicht auszuschließen, dass in den kommenden Tagen eine Nachbesserung erfolgt. Der Weihnachtsmarkt am 6. Dezember auf dem Marktplatz unter der Fichte könnte sonst ganz schnell mal zu einer vorgezogenen Faschingsveranstaltung werden. Das Bauamt müsste dann noch schnell eine Bütt bauen … satirische Sterbehilfe sozusagen.

 

Der mit dem Holz spricht

Weihnachten rückt näher und mit dem Fest auch die Zeit finaler Hektik. Gefühlt ganz Markranstädt rückt dann wieder aus und überfällt das Nova Eventis. Was schenkt man Leuten, die scheinbar schon alles haben oder bei denen man nicht weiß, was ihnen außer einem Gewinn bei „Wer wird Millionär“ noch fehlt?
Für Stine und Frank Michael aus der Schkeuditzer Straße beginnt an diesem Punkt alljährlich die Zeit, da ihre „Markranstädter Werkstätten“ zum Zentrum für Seelsorge völlig verwirrter Kaufrausch-Opfer werden, die sich plötzlich am Ziel ihrer Wünsche sehen.

Es gibt viele Möglichkeiten, anderen Menschen mit Weihnachtsgeschenken eine Freude zu bereiten. Kerzenständer aus einem skandinavischen Einrichtungszentrum zum Beispiel wäre eine davon. Die tragen dann meist so lustige Namen wie vielleicht Erek Tion oder Lasse Leuchten. Aber mit dem Spaß ist es schnell vorbei, wenn man einen Blick auf die Bauanleitung wirft. „Nehme das Staender (3) und fuhre die Stift (8) durch den Loch von Bohrer (2) mit Drehung von links in Aussparung (4) von Halter (1) von Kerze.“ Da kann am Ende schon mal ein Dildo dabei herauskommen oder eine Fernbedienung für eine Abschussrampe interstellarer Trägerraketen.

Man kann auch direkt ins Nova Eventis gehen und dort raten, ob es bei GEOX Schoko-Weihnachtsmänner, bei BiBA Handschuhe oder bei zero MP4-Player gibt. Falls nicht, gibt’s da noch Roland, ara, Viba, Esprit, Whörl, nanu-nana oder idee. Die Auswahl ist groß, die Bezeichnung der Läden verrät halt nur nicht, woran. Und hat man dann doch mal ein Geschäft gefunden, das einen Traum von BH für die Frau verheißt, dann fällt dem Mann garantiert nicht die Größe ein. So kann Einkaufen in der Vorweihnachtszeit in der Tat zu einem unvergesslichen Nova-Event werden – inklusive Plattfuß, Rückenschmerzen und 220 Blutdruck.

Mit diesen körperlichen Leiden kann man dann auf dem Rückweg bei einem unserer Markranstädter Ärzte einkehren oder … tja … kaum zu glauben: Bei den Markranstädter Werkstätten in der Schkeuditzer Straße 25. Denn immer öfter geschah es in den letzten Jahren, dass völlig entnervte Kunden nach erfolgloser Safari durch die Günthersdorfer Konsumwüste oder anderen Handelstempeln bei Stine und Frank Michael einkehrten und hier genau das fanden, was sie eigentlich suchten: Attraktive Geschenke mit Gebrauchswert, Ästhetik, hoher handwerklicher Wertschöpfung und vor allem mit einzigartiger Geschichte!

Lebendige Gegenstände mit Geschichte

Jedes Teil ist ein Unikat und birgt sowohl in Material als auch Ausführung seinen eigenen, ebenso interessanten wie mitunter auch kuriosen Lebenslauf. Unter der erfahrenen Hand des Tischlermeisters Frank Michael erhalten die seltsamsten Hölzer eine völlig neue, attraktive Identität. Da ist zum Beispiel die eindrucksvolle Schale mitten im Entree. Die Esche wurde einst in Quesitz von der Straßenmeisterei gefällt. „Das Zopfende, wo am Stamm die Äste begannen, lag im Straßengraben“, erinnert sich Frank Michael. „Es sah interessant aus und ich dachte, dass sich daraus was machen ließe.“

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In Quesitz aufgewachsen, nach Borna gebracht und schließlich in Markranstädt zu einem stilvollen Wohn-Accessoire geworden: Eine Esche, deren Maserung sie zur „Sonnenschale“ werden ließ.

Zu Hause erzählte er es seiner Frau, die am nächsten Tag vorbei fuhr und sich das Stück ansah. Weil sie nicht wusste, wem es gehört, schrieb sie mit Kugelschreiber Namen und Telefonnummer auf eine Schnittstelle am Stamm. Es kam der Winter und das folgende Frühjahr ging ins Land. Die Michaels hatten das Gehölz schon vergessen.

In der Straßenmeisterei in Borna, in die das große Holzstück inzwischen transportiert wurde, entdeckte ein aufmerksamer Mitarbeiter unter dem schmelzenden Schnee einen Schriftzug auf dem Stamm. Kurzerhand rief er in Markranstädt an und einen Tag später lag das Esche-Stück im Hof der Michaels. Der Tischlermeister schuf daraus ein eindrucksvolles Unikat. Jetzt wartet die Schale auf einen Interessenten, der nicht nur die kreative Handwerkskunst zu schätzen weiß, sondern auch die ganz besondere Geschichte dazu.

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Im Nebenraum steht eine interessante Kugel in der Vitrine, die ihr Geheimnis zunächst nur dem Fachmann preisgibt. Sie beherbergt einen Glaszylinder, in den man eine Kerze oder Blumenschmuck stellen kann. Die Löcher in der Kugel hat die Natur gefertigt, aber das gleich in vielerlei Hinsicht. „Die großen Löcher sind Astlöcher“, weiß Stine Ose-Michael. „Aber das hier, das ist etwas ganz Besonderes. Es ist ein Specht-Loch!“ In der Tat sieht man ganz genau die Spuren, die der Schnabel des Spechts dort hinterließ.

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„Guck mal, wer da gehämmert hat.“ Deutlich sind die Spuren zu sehen, die der Specht mit seinem Schnabel hinterlassen und mit dem er der Kugel einen einzigartigen Wert verliehen hat.

Der eindrucksvolle Kerzenständer, den der Meister aus einem Balken der abgerissenen Markranstädter Brauerei gefertigt hat und der damit ein wirklich bedeutendes Stück Heimatgeschichte verkörpert, ist in der Schkeuditzer Straße leider nicht mehr zu bewundern. Er hatte schon kurz nach seiner Fertigstellung einen Liebhaber gefunden und erzählt seine Markranstädter Heimatgeschichte nun in der Weltstadt Berlin.

Eine Weltreise endet in Markranstädt

Dafür hat eine andere originelle Anekdote hier in der Stadt am See ihren wirklich würdigen Abschluss gefunden. Begonnen hatte sie am Nordkap in Norwegen. Dort fanden die Michaels vor ein paar Jahren ein markantes Stück Treibholz. Fachmann Frank Michael stellte bald fest, dass die auffälligen Löcher von einem Parasiten stammen, der als Schiffsbohrmuschel bekannt ist. Sie war in der Seefahrt einst gefürchtet, weil sie das Holz der Schiffe befallen und zerstören konnte.

Aber die Schiffsbohrmuschel kommt nur in tropischen Gebieten vor. „Das Holz wurde von den Tropen ans Nordkap geschwemmt, hatte also eine wahre Weltreise hinter sich“, weiß Meister Michael. Doch am Nordkap war die Reise für den Stamm noch nicht zu Ende. Die Handwerker- und Künstlerfamilie nahm das Holz mit nach Markranstädt. Hier wartet es auf Eingebungen des Meisters. Ein Stück davon wurde schon zu einem reizvollen Teelicht verarbeitet und fand sofort einen dankbaren Käufer. Es ziert jetzt als Accessoire ein namhaftes Autohaus.

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Dieses Stück Treibholz begann seine Reise in den Tropen und machte Station am Nordkap, bevor es die Michaels nach Markranstädt mitbrachten. Das von der Schiffsbohrmuschel gezeichnete Material hat hier schon erste Liebhaber gefunden.

Apropos Eingebungen des Meisters: Überall in der Werkstatt warten Baumstämme, Holzscheiben, Wurzeln und Astknollen auf die Ideen von Frank Michael. „Hundertmal gehe ich an solch einem Stück vorbei, manchmal jahrelang. Irgendwann bleibe ich dann davor stehen und weiß plötzlich, was ich zu tun habe.“ Es ist, als ob das Holz zu ihm spricht.

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Historische Möbel werden auf Kundenwunsch auch aufgearbeitet.

Stine Ose-Michael unterstützt ihren Mann derweil nicht nur im Geschäft, sondern auch mit kreativen Ideen rund um die Werkstatt. Neben den Produkten aus der Tischlerei verkauft sie in den reizvollen Gewölben des Anwesens historische Möbel und Antiquitäten, die auf Wunsch auch aufgearbeitet werden.

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messer2Seit einiger Zeit sind auch handgeschmiedete Messer im Angebot. Die Griffe dafür fertigt Frank Michael in seiner Werkstatt selbst und jedes der verwendeten Hölzer hat natürlich auch wieder eine eigene Geschichte. Da ist zum Beispiel die Aprikose, die gefällt wurde, weil sie nicht mehr trug und „hässlich“ aussah. Stine Ose-Michael rettete den Stamm vorm Schredder und siehe da: Der einst hässliche Baum gebar die schönsten Messergriffe mit stilvollen Maserungen in den harmonischsten Naturkontrasten.

made in markranstädt: Am 7. Dezember ab 14 Uhr hautnah zu erleben!

„handmade in markranstädt“ ist am 7. Dezember hautnah zu erleben. Dann nämlich, wenn die Markranstädter Werkstätten ab 14 Uhr zu „Kunst, Kultur und Krempel“ ins Kreuzgewölbe in der Schkeuditzer Straße 25 laden. Und spätestens dann, wenn der Meister höchstpersönlich den alten Ofen anheizt, damit es im historischen Ambiente gemütlich warm wird, werden die großen und kleinen Besucher wissen, was ein wirkliches nova event ist.

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Ä Tännschn pliehs: Die Doppelspitze ist wieder da!

Weihnachten ist das Fest, mit dem die meisten Traditionen verknüpft sind. Der Ruprecht zählt ebenso dazu wie die Bescherung, der alljährliche Gang in die Kirche, das Familientreffen oder der Gänsebraten. Auch der Weihnachtsbaum gehört in diese Aufzählung. In Markranstädt steht seit heute so ein Gewächs auf dem Marktplatz. Und er vereint in besonderer Weise gleich eine Vielzahl von Traditionen in sich. Die Herausragendste: Wir haben wieder eine Doppelspitze!

So ein vorweihnachtlicher Baum auf dem Marktplatz ist irgendwie auch sowas wie eine künstlerische Installation. Selbst wenn da jemand einfach nur Schrott abladen würde, fänden kreative Geister in dem Metallhaufen sicher noch eine ästhetische Interpretation. Frei nach dem Motto: Was wollte der Künstler damit ausdrücken?

Die gleiche Frage eröffnet sich manchem Freigeist sicher auch beim Betrachten des Markranstädter Weihnachtsbaumes. Eigentlich ein wirklich schönes Exemplar und auch wenn es sich im oberen Viertel etwas abseits des Ideals präsentiert, macht das eigentlich nichts. So ist eben die Natur. Nicht alles funktioniert da nach Schablone und im Gleichschritt. Wenn da nicht gerade dieser Umstand ausgerechnet in Markranstädt Spielraum für mannigfaltige Interpretationen böte.

Fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Amtsantritt des Bürgermeisters werden beim Betrachten unseres öffentlich-rechtlichen Christbaumes Erinnerungen an die Ära nach Carina Radon und vor Jens-Reiner Spiske wach. An die Zeit, da sich die legendäre Markranstädter Doppelspitze, designed by lehmann & kirschner, den Platz auf dem Thron der Stadt am See teilte. Wurde möglicherweise ganz bewusst ein zweizinkiges Exemplar aus der biologischen Randgruppe versehrter Kulturen ausgesucht?

Sozusagen als Reminiszenz an die legendären Zeiten der Markranstädter Doppelspitze, die so manchem Bürger in nicht allzu schlechter Erinnerung geblieben sind?

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V wie Victory: Markranstädt hat die Sieger-Fichte.

Unabhängig von möglichen Antworten bietet die demokratische Wuchsform des Gehölzes ungeahnten Spielraum für die künstlerische Gestaltung des Anputzes.

 

Der obligatorische einsame Stern auf der Spitze war ohnehin langweilig geworden. Sogar Leipzig und Nürnberg haben sowas schon, da wird es wirklich Zeit für neue Innovationen.

Leider könnte das auch wieder Anlass für verbal-politischen Raufhändel geben. Ob nun eine oder zwei Kugeln mit Gesichtern da oben leuchten: Es wird immer Dritte, Vierte und Fünfte geben, die sich benachteiligt fühlen. Eigentlich gibt es nur eine Lösung für das Problem: Morgens um sechs Uhr treten während der Adventszeit Stadtrat und Stadtverwaltung zum Appell auf dem Marktplatz an und hissen jeden Tag zwei neue Kugeln. Da kann dann jeder mal auf der Spitze hängen und sich die Sache von oben anschauen.

Schwierig wird’s bei der Wahl der Partner, die den Tag da oben zusammen verbringen müssen. Da haben sich ja in den letzten Monaten Konstellationen ergeben, die sowohl in einem Säbeltanz als auch einem Kuschelmarathon auf der Christbaumspitze enden könnten.

Aber jetzt kommt erst mal die Adventszeit und damit, so die christliche Tradition, eine Art vorweihnachtlicher Frieden. Nehmen wir die Sache so, wie sie ist: Wir haben in den kommenden Wochen nicht nur einen schönen Baum auf dem Marktplatz, sondern auch einen ganz besonderen. Seine Spitze stellt ein großes V dar. V wie „victory“.

Die nächste Sperrung der Leipziger Straße droht

Das Lichterfest in der Leipziger Straße ist buchstäblich ins Wasser gefallen. Dass sich die Händler, die neben jeder Menge Arbeit und Aufwand auch viel Hoffnung hatten, Petrus‘ Gunst selbst mit Glühwein und Rostbratwürsten nicht erkaufen konnten, war dennoch zu verschmerzen. Das Straßenfest am 3. Oktober hatte zwar Maßstäbe gesetzt, aber unter den regensicheren Pavillons sammelten sich am Dienstag in den Abendstunden dennoch allerhand Besucher.

Das Gute zuerst: Die mehrfach angekündigte weihnachtliche Straßenbeleuchtung wurde eingeschaltet und funktionierte auch. Kurzfristig schien es so, als hätte man auf Seiten der Verantwortlichen aus lauter Urlaubsfreude den Stecker versiebt und die Schaltberechtigung in einem Akt finaler Verzweiflung dem Veranstalter des Lichterfestes in die Schuhe schieben wollen. Dem Gott des Lichtes sei Dank, dass es unter Verantwortlichen auch Verantwortliche gibt. So leuchteten die Sterne in der Leipziger Straße schließlich doch.

Etwa eine halbe Stunde vor dem Beginn des Festes wurden dann allerdings die Schleusen geöffnet. Petrus ergoss seinen kompletten Frust über Markranstädt. Und er machte ganze Arbeit. Alles was Füße und keinen Schirm hatte, verzog sich unter die wenigen Pavillons. Dort gab es zum Glück ausreichend Kulinarisches, so dass die Stimmung alles in allem gut war. Dazu trug auch der Lampionumzug bei, von dem sich viele Kinder und Eltern trotz Regens nicht abhalten ließen.

Dennoch wollte das Gesamtbild wegen des Regens nicht so recht in die Erwartungen passen. Kaum ein Mensch zwischen den Pavillons und Licht kam dort nur aus den Schaufenstern und der Straßenbeleuchtung, weil das Himmelswasser sogar Kerzen löschte.

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Ja, mit Dach macht das Einkaufen gleich noch mehr Spaß. Und wenn es fertig ist, kommt dann die Fußbodenheizung dran.

Hier offenbarte sich ein schwerer Fehler bei der Planung des Neubaus der Leipziger Straße. Fassungslos schauten die Menschen nach oben und stellten erschüttert fest, dass man die Überdachung vergessen hatte. Nun droht eine erneute mehrjährige Schließung, um das unglaubliche Versäumnis nachzuholen. An beiden Enden der Straße müssen Pylone errichtet werden, die das stählerne Gerüst für die Glasscheiben tragen.

In sechs Bauabschnitten wird dieses Vorhaben sukzessive realisiert. Ab Sommer 2017 ist man dann in der Leipziger Straße komplett vor Regen geschützt. Das Dach kann ähnlich einem Caprio-Verdeck bei Sonnenschein unter den Marktplatz eingefahren werden und verfügt alternativ über Sonnensegel. Von Oktober bis April soll es ständig geschlossen bleiben.

Damit in der Weihnachtszeit auch winterliches Flair aufkommen kann, sollen unterhalb des Firstbereiches zudem leistungsfähige Schneekanonen installiert werden. Weil das jedoch wahre Stromfresser sind und man in Markranstädt den Energy Award verteidigen will, muss während des Kunstschneefalls die weihnachtliche Straßenbeleuchtung abgeschaltet werden.

Da kommt also was zu auf die Händler und die Stadt. Aber was macht man nicht alles, wenn es darum geht, im Trockenen zu weilen …

 

Wer hat Angst vorm heißen Eisen?

Ein Blick in die heutige Ausgabe der LVZ (Seite 18, rechts oben) lässt es mehr als nur ahnen: Die neu geschaffene Stabsstelle, die sich um die Außendarstellung der Stadt bemühen soll, steht massiv unter Druck. Sie wird sozusagen angefochten. Kein neuer Begriff in Markranstädt, eher Tradition. Nach der Art und Weise, wie die Stelle installiert wurde, kommt das jedoch nicht unerwartet. Nicht unbedingt zu erwarten waren hingegen Art und Weise sowie vor allem der Zeitpunkt des CDU-Konters. Dass es genug andere heiße Eisen gebe, war zu vernehmen, wohlgleich ein solches man in der letzten Stadtratssitzung selbst nicht angefasst hat.

Fast … nein … ganz bestimmt sogar muss man ein wenig Mitleid mit dem neuen Sprachrohr des Rathauses haben. Stadtsprecherin Anja Landmann (Bildmitte bei der Andacht) hat einen schweren Start. Allein schon der etwas verunglückt scheinende Startschuss war kein gutes Omen. Auch die Verheißung, dass neue Besen wohl gut kehren sollen, ist schwer zu erfüllen.

Immerhin muss die Journalistin gegen mächtigen Wellengang antreten. Dass es ihr nach 11 Tagen im Amt noch nicht gelungen ist, die lokale Tagespresse an die Kette zu legen und ihr beispielsweise eine wohlwollendere Berichterstattung über die Schlüsselübergabe des Bürgermeisters an die Karnevalisten in den Block zu diktieren, kann man ihr sicher nachsehen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Okay … niedergebrannt schon. Aber Markranstädt ist ja auch nicht Rom. Nicht mal Berlin. Eigentlich nicht mal Leipzig.

Feierliche Einweihung

Dafür hat sie in ihrem jungfräulichen Amt mit der Eröffnung der Leipziger Straße und eben jenem Faschingsklamauk am 11. 11. um 11:11 Uhr schon zwei öffentlichkeitswirksame Events begleiten dürfen, bei denen man sich gewöhnlich recht sympathisch profilieren kann und keine Sorgen haben muss, im Blätterwald gleich als welkes Laub herabzufallen. Woanders werden PR-Leute oft erst dann engagiert, wenn die Kacke schon am Dampfen ist und es gilt, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Wohl dem, der eine Initiativbewerbung zum richtigen Zeitpunkt abgibt.

Nach oberflächlich betrachteter Lage der Dinge sind die Dissonanzen, die mit der Schaffung der Stabsstelle entstanden, sicher auch nachzuvollziehen und so erfolgte die Reaktion der CDU sozusagen mit Ansage. Allerdings hatte man die wohl eher in der letzten Stadtratssitzung erwartet als nun in Form eines über die Presse transportierten Muskelspiels.

Sollbruchstelle oder Flüchtigkeitsfehler?

Die CDU kritisierte demnach auf ihrer Fraktionssondersitzung auch die Vorgehensweise des Bürgermeisters, der einen Antrag der Fraktion auf Rücknahme der Stelle der neuen Stadtsprecherin abschmetterte, weil dieser nur vom Vorsitzenden unterzeichnet war. Man unterstellt dem Bürgermeister nun, dass er damit nur Zeit gewinnen wolle, um inzwischen den Haushaltsplan beschließen zu lassen, der die PR-Stabsstelle unanfechtbar in Beton gießt. Letzteres mag zwar nicht auszuschließen sein, fakt ist aber auch der Formfehler beim Einreichen des Antrages.

Da muss man sich schon fragen, ob ein Fraktionsvorsitzender mit dem Erfahrungsschatz eines politischen Methusalem sowas nicht hätte wissen müssen? Oder anders gefragt: Warum wurde ein Antrag mit derartigen Mängeln eingebracht?

Das ist ein Gedanke, der einen Gast bei den jüngsten Stadtratssitzungen (ein gewisses Grundmaß an strategischem Denken und gesundem Zweifel vorausgesetzt) durchaus beschleichen kann, wenn er Zeuge einer auf geradezu aufreizende Harmonie ausgerichteten Kommunikation zweier führender Personen wird.

Zum Glück nur Gedanken? Vielleicht. Aber auch die anderen Mitstreiter auf der einst rechten Seite des Ratstischs bekleckerten sich in der Wahrnehmung zumindest einiger Teile des Publikums nicht gerade mit Ruhm – oder besser gesagt: Mut. Innerhalb der CDU-Fraktion wusste man bei der letzten Stadtratssitzung ausnahmslos, dass der Antrag nicht angenommen wurde und man hatte den Entwurf des Haushaltsplans vor sich liegen. Zugegeben: Als Tischvorlage und in der Dimension sämtlicher sieben Harry-Potter-Bände. Trotzdem hat niemand den Mund aufgemacht, obwohl schon Tage vorher in den Wäldern Markranstädts das Kriegsgeheul unüberhörbar war. Es gab Zeiten, da hätte solch Verhalten als Feigheit vor dem Feind interpretiert werden können.

Was nun zu kommen droht, wird wohl kaum noch zu verhindern sein. Sofern die CDU-Fraktion wirklich bis zum allerletzten Mann dahinter steht, niemand umkippt und nicht plötzlich einer – beispielsweise wegen Krankschreibung – fehlt, müsste es mit dem Teufel zugehen, wenn der Haushalt 2015 nicht in der Blauen Tonne landet.

Ironie des Schicksals: Spätestens dieser Punkt könnte dann zur ersten wirklichen Feuerprobe jener Person werden, die am wenigsten dafür kann, aber am exponiertesten im Zentrum steht. Aus ihrer Feder werden jene Worte fließen müssen, die diese Niederlage in der öffentlichen Wahrnehmung zum Sieg machen. Es ist leicht, die Ablehnung des Haushalts der CDU in die Schuhe zu schieben. Die Herausforderung besteht darin, es so aussehen zu lassen, als trüge sie wirklich die Schuld daran.