Neues aus der vierten Etage: Staffelstart in ferne Sphären

Das beliebte Markranstädter Kabarett „Der Stadtrat“ ist am Dienstagabend in die neue Saison gestartet. Vor restlos voll besetzten Besucherstühlen, unter den rund 40 Gästen befanden sich sogar Kinder, hat das frisch zusammengestellte Ensemble die Premiere seines aktuellen Programms gefeiert. Die Kritiken der internationalen Presse fielen allerdings eher verhalten aus. Zu realitätsfern das Drehbuch, zu phantasiereich die Pointen und zu ermüdend die Dramaturgie, lauten die Urteile der Kulturredakteure. Vom allgemeinen Unterhaltungswert her war allerdings nicht alles schlecht, wie MN-Beobachter Claus Narr festgestellt hat.

Schon bei der Startszene, die lange vor Beginn der eigentlichen Sitzung angelegt war, hatten die Intendanten für ihren Fetisch tief in die Kiste gegriffen.

Die lokale Gazette wollte, offenbar für medienwirksame Autogrammkarten, Porträtfotos von den einzelnen Akteuren anfertigen und hatte deshalb zu einem Shooting auf die Rathaustreppe geladen. Allein das CDU-Ensemble boykottierte diesen Akt.

Foto-Boykott der Schwarzen

In einem Anflug tiefster Befürchtungen hatte ich daraufhin einen Blick ins zwei Monate alte Programmheft der Schwarzröcke geworfen, in dem sie alle zu sehen sind. Die Erkenntnis: Sooo hässlich, dass sie sich nicht vor die Kamera wagen können, sehen sie nun auch wieder nicht aus. Aber ich sehe diesen Auftakt trotzdem positiv: Vielleicht wollten sie halt nur dem Markranstädter Star-Model ihr angestammtes Podium vor der Linse überlassen. Ganz im Sinne einer harmonischen Zusammenarbeit in den nächsten Jahren.

Jugend forscht

Als völlig lebensfremd wurde derweil das Szenario der eigentlichen Sitzung kommentiert. Unter den rund 40 Gästen befanden sich sogar Kinder, die hier offenbar via Gemeinschaftsempfang an der Seite ihrer Eltern mit ersten Demokratieerfahrungen konfrontiert werden sollten. Da sie gemeinsam mit ihren Sorgeberechtigten schon nach dem fünften von 25 Akten entsetzt die Flucht aus der Mitte ihres antiautoritären Stuhlkreises antraten, sollten sie wohl genug gelernt haben.

Demokratische Stereotype

Ich schließe daraus, dass es trotzdem besser wäre, das Programm künftig mit der Altersbeschränkung FSK 18 zu versehen, zusammen mit Warnhinweisen wegen politischer Aneignung und demokratischer Stereotype, die früher schon falsch waren, aber aus Gründen des Unterhaltungswertes nicht rausgeschnitten wurden.

Heliumleichte Unterhaltung

Aber wie erfrischend anders als das wahre Leben war denn diese Premiere? Kein Gedanke an die Sorgen des Alltags normaler Bürger.

Statt dessen wartete eine abwechslungsreiche Entführung in phantastische Sphären fernab jedweden Bezugs zur Wirklichkeit.

Okay, die mag mitunter sogar die Vorstellungskraft von Fans heliumleichter Phantasie-Romane überfordert haben. So wollte schon im dritten Akt eine demokratisch gewählte Stadträtin auf ihr Mandat verzichten, weil sie bereits Bürgermeisterin ist und diese Doppelfunktion von Gesetz wegen gar nicht ausführen darf.

Kabarett in der Urne

Ich meine: Da ist doch eigentlich schon von vornherein klar, dass das Science-Fiction-Unterhaltung ist, die man nicht ernst nehmen darf. In einer wahren Demokratie wie der unseren wäre die Kandidatin damit nicht nur hinterher, sondern schon vorher unwählbar, wenn sie gar nicht gewählt werden kann. Das gilt nicht nur für Personen ohne deutschem Pass, Verbrecher oder Obdachlose.

Oscarreife Leistungen

Trotzdem haben die Darsteller so überzeugend mitgespielt, dass man die Nummer gut und gerne auch für echt halten könnte. Also, ich für meinen Teil war begeistert, welch mimisches Potenzial in dieser Stadt wohnt.

Der Höhepunkt des künstlerischen Einfallsreichtums lag dann in der Szene, als der Stadtrat auch noch darüber abstimmen sollte, ob die Bürgermeisterin ihr Mandat zurückgeben darf. Obwohl er rechtlich gar keine andere Möglichkeit hatte als zuzustimmen, tat er es trotzdem nicht. Eine künstlerisch genial konstruierte Reminiszenz an die revolutionären Herbsttage des Jahres 1989.

Dem das Glück hold war

Gekrönt wurde der Akt vom humoristischen Einwurf eines CDU-Darstellers, dem ein ähnliches Schicksal wie das der Bürgermeisterin nur deshalb erspart blieb, weil er „das Glück hatte, zum 1. August aus dem Rathaus ausgeschieden zu sein.“ Da blähten sich die Nüstern der verbliebenen Rathaus-Insassen an der Frontseite des Ratstisches vor Neid. Okay, einen Spaß auf Kosten der Opfer, sowas macht man nicht, vervitzt nochmal! Aber das Publikum hatte spätestens an diesem Punkt endgültig Feuer gefangen.

Auch sonst war die Dramaturgie der Premierenvorstellung von hervorragend inszenierten Konflikten geprägt, die vom traurigen Alltag und seinen Sorgen weit entfernt waren und somit für einen entspannten Abend sorgten.

So wurden beispielsweise bereits abgesprochen scheinende Wahlverfahren für Ausschüsse plötzlich in drei oder mehr Abstimmungsvorgänge samt Beratungspausen zerlegt, weil ein Verhinderungsbeauftragter des Rathauses unter dem Abstimmungsergebnis „einstimmig“ etwas anderes versteht als Parlamente in anderen Fürstentümern der Republik oder sogar die EU, wo eine Stimmenenthaltung dennoch ein einstimmiges Ergebnis rechtfertigt. Das ist die ganz hohe Schule des Kabaretts!

Tischsitten und andere Unarten

Auch dass ein aus erwachsenen Mandatsträgern bestehendes Gremium nicht in der Lage ist, sich bei Tisch auf eine Sitzordnung zu einigen, hat die Phantasie des Publikums derart angeregt, dass sich manche Gäste im Kino wähnten, wo gerade die Zauberer-Saga „Sehr viel Schotter und der Jammer des Schreckens“ über die Leinwand läuft.

Catering ausbaufähig

Nicht zuletzt gab es dennoch unüberhörbare Kritiken zum Marketing der Veranstaltungsreihe. Unter dem heißen Dach in der vierten Etage angesiedelt, standen zwar den Darstellern ausreichend liquide Mittel zur Verfügung, das Publikum jedoch dürstete nicht nur nach lebensnahen Pointen, sondern kämpfte zugleich auch gegen fortschreitende Dehydrierung und akute Unterhopfung an. Ein Tresen zur Grundversorgung würde hier wahre Wunder wirken.

Kleinkunst auf der Suche nach größerer Bühne

Zugleich könnte man auf diese Weise ein während der Sitzung vorgebrachtes Projekt verwirklichen, das aktuell noch nicht finanziert werden kann. Der Wunsch nach einem Umzug des Kabaretts zurück auf die Bühne im KuK scheitert bislang an der Bereitstellung von rund 450 Euro für die Beschallungsanlage samt deren Bedienung – pro Vorstellung.

Selters statt Sekt

Ein paar inhaltliche Änderungen im Bühnenprogramm und ein wenig Service fürs Publikum, das sich bestimmt auch mit ein paar Selters abspeisen lässt – und schon könnte man Eintritt nehmen und damit den Umzug ins kommunale Kulturzentrum refinanzieren.

Wider dem tierischen Ernst

Vorausgesetzt, es kommt ein einstimmiger Beschluss zustande, also ohne Enthaltungen. Das Gala-Programm stimmt jedenfalls schon mal, man darf es nur nicht ernst nehmen.

Anschlag auf Kulkwitzer Sportplatz: Anstoßpunkt geklaut!

Eigentlich sollte es ein Pokalwochenende werden, an dem erst die Zweite des SSV Kulkwitz gegen die Reserve von Großlehna und danach die Kulkwitzer Erste gegen Kitzen kicken sollte. Aber nachdem sich in der Nacht zuvor lichtscheues Gesindel Zugang zum Kulkwitzer Fußballplatz verschafft hatte, staunte der Verein nicht schlecht. Dort, wo sich auf dem Spielfeld normalerweise der Anstoßpunkt befindet, klaffte ein 30 Zentimeter tiefes Loch. Und das war längst nicht alles.

Den Anstoßpunkt von einem Fußballfeld zu klauen, mag erst einmal originell klingen.

Für den satirisch geprägten Geist ist das ungefähr vergleichbar mit dem Entwenden eines Sterns vom Schulterstück eines Polizisten, durch das der Hauptmann zum Nebenmann entmannt wird.

Wenn sowas passiert, dann sowieso nur in Markranstädt, wo in letzter Zeit nichts mehr sicher ist. In Kulkwitz hat der Diebstahl des Anstoßpunktes allerdings so weitreichende Folgen, dass sich spätestens jetzt jeder homo marcransis seiner eigenen Gattung fremdschämen muss.

Erst wurde der Zaun zerstört und weil das Werkzeug einmal in der Hand war, wurde aus gleich noch der Fangzaun hinter dem Tor zerschnitten.

Erst wurde der Zaun zerstört und weil das Werkzeug einmal in der Hand war, wurde aus gleich noch der Fangzaun hinter dem Tor zerschnitten.

Um überhaupt erst einmal auf das Gelände zu gelangen, wurde zunächst der Zaun zerstört. Und weil man die Werkzeuge einmal in der Hand hatte, kamen die auch gleich noch beim Fangnetz hinter dem Tor zum Einsatz.

Immenser Sachschaden

Dann ging es an die Schachtarbeiten. Beim Ausgraben des Anstoßpunktes wurde allerdings nicht nur das Stück Rasen geklaut, sondern dabei auch noch ein elektrisches Kabel zerhackt, das die Beregnungsanlage steuert.

Das rund 30 cm tiefe Loch hat der Verein am Sonntag notdürftig mit Sand gefüllt, weil die Idioten beim Ausgraben des Lochs eine Elektroleitung gekappt hatten.

Das rund 30 cm tiefe Loch hat der Verein am Sonntag notdürftig mit Sand gefüllt, weil die Idioten beim Ausgraben des Mittelpunktes eine Elektroleitung gekappt hatten.

Zu allem Überfluss wurden auf dem Rasen auch noch weiße Kristalle gefunden, in deren Umkreis sich das Gras bereits gelb färbte. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Kulkwitzer Opfer eines Tausalz-Anschlages würden.

Keine acht Stunden nach Erstattung der Anzeige war schließlich auch die Polizei vor Ort. Die brauchen bei solchen Einsätzen neuerdings länger als das Rathaus beim Wegräumen eines Fahrradständers, das dabei sogar in voller verbliebener Gefechtsstärke von 9 Einsatzkräften samt Ordnungsamt, technischem Dienst und einer Polizistin nur 18 Stunden nach Erteilung eines Bescheides mit drei Fahrzeugen in Seebenisch anrückt. Daran sollten sich die Freunde und Helfer aus der Ratzelstraße mal ein Beispiel nehmen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Der gegilbte Grünstreifen parallel zur Mitteikreislinie lässt im Zusammenhang mit vorgefundenen weißen Kristallen ein weiteres Desaster befürchten. Möglicherweise Tausalz.

Der gegilbte Grünstreifen parallel zur Mitteikreislinie lässt im Zusammenhang mit vorgefundenen weißen Kristallen ein weiteres Desaster befürchten. Möglicherweise Tausalz.

In Kulkwitz jedenfalls gab’s am Sonntag keinen Fußball. Dafür jede Menge Vorschläge aus dem Volk, wie es nun weitergehen könnte. Da der SSV mit der von der Stadt auf ihn abgewälzten Unterhaltung des Sportplatzes sowieso überfordert ist, könnte man den Zaun beispielsweise mit Stacheldraht krönen.

Umwidmung zu Lager?

Dazu an jeder Ecke einen mobilen Hochstand der örtlichen Jäger aufstellen und die Anlage als Erziehungslager umwidmen. Da kann das lichtscheue Gesindel, um seinen Hunger zu stillen, dann so lange Mittelpunkte ausgraben, bis die Kartoffeln keimen.

Was die Herkunft der Spatenidioten angeht, ist bislang nur eins klar: Aus dem Ort, aus dem sie kommen, kommen sie nicht.

Das hat der in Duweißtschonwo ansässige Verein am Vormittag auch nachhaltig zum Ausdruck gebracht. Dass kurz zuvor auf einigen Kommunikationskanälen ein Foto viral gegangen ist, auf dem der Anstoßpunkt als Trophäe in einem Blumentopf thront, ist garantiert nur das Produkt hinterhältiger Stimmungsmache des russischen Geheimdienstes.

Dieses Foto kursierte am Sonntag durch diverse Kommunikationskanäle. Es soll wohl die erbeutete Trophäe vom Kulkwitzer Fußballplatz zeigen.

Dieses Foto kursierte am Sonntag durch diverse Kommunikationskanäle. Es soll wohl die erbeutete Trophäe vom Kulkwitzer Fußballplatz zeigen.

Nach Beurteilung aller Indizien sind inzwischen auch die Markranstädter Nachtschichten von der Idee zur Errichtung eines Erziehungslagers abgerückt. Das anfängliche Unverständnis ist tief empfundenem Mitleid für die irregeleiteten Gestalten gewichen, die nachts auf Sportplätzen mit Spaten unterwegs sind.

Traumatische Kindheit

Es wird gar zu deutlich, wie traumatisch eine Kindheit sein kann, wenn sie sich am Rande einer vielbefahrenen intereuropäischen Transitroute abspielt. Dass die wenigstens einmal in ihrem sinnentleerten Dasein auch mal ein Stück Rasen besitzen wollen, auf dem sich ehrlicher Sportsgeist abgespielt hat, muss man einfach verstehen.

Nur gut, dass das alles an einem Sonntag passiert ist, an dem sowohl die Qualitätsmedien als auch mögliche Trittbrettfahrer noch im Dämmerschlaf lagen. So kurz vor den Landtagswahlen hat an mancher Häuserwand schon weit weniger gereicht, um als Anschlag verstanden zu werden.

Nicht nur in Markranstädt: Warum die Mathematik so unberechenbar ist

Es ist das in Deutschland zwar am wenigsten bekannte, dafür aber europaweit erschreckendste Ergebnis der jüngsten Pisa-Studie: 12 von 8 Menschen sind mit Mathematik völlig überfordert. Was noch schlimmer ist: Die Versagerquote unter Männern liegt demnach bei 63, die unter Frauen sogar bei 67 Prozent. Macht zusammen einen mathematisch bildungsfernen Bevölkerungsanteil von 130 Prozent! Kein Wunder also, dass der homo marcransis an der Lösung unserer Textaufgabe über die Zigarettenpreise so grandios gescheitert ist.

Auf die Einwohnerzahl der Stadt Markranstädt heruntergebrochen, bedeutet das: Mehr als das Doppelte aller hier wohnenden Bürger versteht nichts von Mathe!

Oder anders gesagt: Damit die Zahl derer, die rechnen können, wenigstens gleich Null wird, müssten noch rund 18.000 mit Zahlenverständnis gesegnete Menschen nach Markranstädt zuziehen.

Wie groß ist X (vormals Twitter)?

Dieser dramatische Anstieg der Abwärtsentwicklung trat auch in der Zahl der Leserzuschriften zutage, die uns in Beantwortung der Rechenaufgabe zu den Zigarettenpreisen erreichten. Ganze sieben Leser verkörpern den Kreis jener Lallendorfer, die zumindest so viel von Mathematik zu verstehen glauben, dass sie sich damit selbstbewusst an die Öffentlichkeit wagen.

Wie groß ist x (vormals Twitter)? Einer von den 12 von 8, die morgens lieber ihre Wurzel aus einer Unbekannten ziehen als ihr Leid zu quadrieren.

Wie groß ist x (vormals Twitter)? Einer von den 12 von 8, die morgens lieber ihre Wurzel aus einer Unbekannten ziehen als ihr Leid zu quadrieren.

Dass sechs von ihnen dabei nicht einmal Grundrechenoperationen bemühten, sondern ihr lückenhaftes Wissen hinter ablenkenden Gegenfragen, algebraischen Verschwörungstheorien oder wohlklingenden Phrasen verstecken wollten, mag dem Einfluss westelbischer Bildungspolitik der letzten 34 Jahre geschuldet sein. Gut – immerhin hat die Realität bewiesen, dass man in diesem unserem Lande von jedweder Ahnung befreit sogar Wirtschafts- oder Außenminister werden kann.

Oder Journalist. Wobei diese Berufsgruppe noch richtig rangenommen wird bei der Arbeit. Für die Sklaven in den Schreibstuben könnte der Tag mitunter gern weit mehr als 24 Stunden haben.

Na ja, wenn's der Tag hergibt?

Na ja, wenn’s der Tag hergibt?

Die Kehrseite der Medaille: Wenn man so 60 bis 70 Stunden des Tages im Büro verbracht hat, kann man ganz schnell mal nicht nur jegliches Zeitgefühl verlieren, sondern auch die ehernen Grundlagen der Mengenlehre vergessen. Wie gut, wenn man all das einem Arzt unterjubeln kann, über den man gerade schreibt.

Frauenproblem: Warum die Tage zu Wechseljahren werden

Ganz nebenbei kommt bei einem so langen Tag in der Praxis auch das Kopfkino nicht zu kurz. Was mag in der Patientin vorgehen, die beim Diagnosegespräch erfährt: „Sie haben nur ihre Tage“? Bei 60 bis 70 Stunden Länge einer solchen Maßeinheit bedeutet das nicht nur, dass sie in diesem Jahr keinen Sex mehr haben wird. Zu alledem wird sie auch noch wenigstens drei Bluttransfusionen benötigen, um die ersten 12 bis 15 Tage der kommenden Woche überleben zu können.

Wir lernen: Mathematik ist wirklich nicht jedermanns Sache. Aber lassen Sie uns nicht auf denen herumhacken, die den Dreisatz für eine olympische Disziplin halten. Im Gegenteil: Wir möchten genau diesen Menschen Mut zusprechen und ihnen Hoffnung geben. Denn siehe, ein neuer Heiland ward geboren: Die künstliche Intelligenz kommt über Euch!

Ganz gleich ob künstlich oder biologisch, kann sie natürlich nur dort angewendet werden, wo sie vonnöten ist. In Markranstädt also eher nicht, wie man anhand der Zerstörungen, des Vandalismus und der anhaltenden Diebstahlserien unschwer feststellen kann.

Hier hat man längst erkannt, dass man weder für den eigenen Lebensunterhalt noch für die Gestaltung der üppig vorhandenen Freizeit auch nur eine Spur von Verstand oder gar Intelligenz braucht. Zumal selbiges auch bei der Verfolgung und Ahndung dieses Lebensstils schmerzlich vermisst wird.

ChatGPT versetzungsgefährdet

Das hat allerdings sogar die KI selber schon erkannt. Weil die Antwort auf unsere Frage große Teile der Bevölkerung offenbar nur verunsichern würde, hat ChatGPT das Fragezeichen hinter unserem Auskunftsersuchen einfach nur durch einen Punkt ersetzt und das Problem damit als Antwort volley an uns zurückgesandt.

So viel Mühe bei der Fragestellung (oben) und dann dieses lieblose Statement der KI (unten), das nicht einmal sie selbst versteht.

So viel Mühe bei der Fragestellung (oben) und dann die Antwort, dass es so ist weil es so ist.

Wahrscheinlich in der Hoffnung, dass es eh keiner merkt, weil die Nutzer künstlicher Intelligenz die selbige schließlich allein deshalb nutzen, weil sie keinen Zugriff auf die eigene biologische Variante haben. Schlau, diese KI.

Also Kopf hoch! Zumindest der künstlichen Intelligenz sind 12 von 8 Markranstädtern noch immer haushoch überlegen. Darauf eine Camel! Ganz egal, ob eine für 29 oder 33 Cent, hauptsache der Dübel qualmt.

Sonntagsfrage: Wer findet den Fehler?

Im Team der Nachtschichten wird entweder gar nicht geraucht oder es liegen Camel und Marlboro auf dem Tisch. Eine Dame quarzt Gaulioses [sprich: Gauläuse], der Chef greift manchmal zur Pfeife, außerdem steht ein mit 25 Cohibas prall gefüllter Humidor im Regal. Weil es lange nichts zu feiern gab, liegt die Zigarrenkiste allerdings unter einer dicken Staubschicht. Angesichts ausstehender Lohnzahlungen durch unsere Leser (die Anteilnahme in Form von Kommentaren geht gegen Null) greifen wir aus Frust immer öfter zu anderen Rauschmitteln. Bei einer solchen Orgie ist jetzt allerdings was ans Licht gekommen, auf das wir keine Antwort gefunden haben. Und deshalb fragen wir heute Sie!

Wichtiger noch als Zigaretten ist Alkohol. Nachdem der jüngst in reichem Maße die Kehlen der Satiriker gegerbt hatte, entbrannte eine heftige Diskussion darüber, welche Zigarettensorte wohl die beste sei.

Klar, wie alles in unserer Gesellschaft, wird die Beliebtheit über den Preis definiert. Und so trumpfte der MN-Chefsatiriker mit Camel für 18 Euro auf, um einen per Leihvertrag gemieteten Aushilfsvolontär zu übertrumpfen, der Camel für 20 Euro pro Schachtel raucht.

Im Grunde genommen lief zunächst alles auf die Pointe hinaus, die man schon vom Witz mit den Benzinpreisen kennt. Für Fritzchen gibt es keine Spritpreiserhöhung, er tankt immer für 30 Euro.

Rechnung steht auf der Kippe

Dann aber stellte sich im MN-Team eine Pause der Sprachlosigkeit ein. Die Hirne rauchten, mathematische Grundrechenoperationen wurden bemüht und so manch einer schielte sogar schon zum Tafelwerk unter dem Humidor.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir sind auf ein mathematisches Problem gestoßen, für das die Schulwissenschaft offenbar noch keine Erklärung gefunden hat. Auch die KI nicht. ChatGPT hat gemeint, es könne nicht antworten, weil es voll damit beschäftigt sei, das Problem zu bewundern.

Die Sonntagsfrage

Aber wozu haben wir eigentlich unsere Leser, die doch sonst immer auf alles eine Antwort haben? Also bitteschön: Hier eine Textaufgabe als Sonntagsfrage.

In einer Schachtel Camel zum Preis von 18 Euro befinden sich 53 Zigaretten. Das macht 0,34 Euro pro Zigarette. Im gleichen Regal, nur wenige Zentimeter davon entfernt, stehen Camel-Schachteln zum Preis von 20 Euro, in denen sich 60 Zigaretten befinden. Das macht nach Adam Ries 0,33 Euro pro Glimmstengel.

Wenn man nun die Differenz betrachtet (53 Stück für 18 Euro gegenüber 60 Stück für 20 Euro), befinden sich in der größeren Schachtel für 2 Euro mehr 7 zusätzliche Zigaretten. Sieben Zigaretten für zwei Euro macht aufgerundet 0,29 Euro pro Kippe.

Bei 0,29 Euro pro Zigarette dürfte sich der Preis der Schachtel allerdings nicht auf 20 Euro belaufen, sondern auf 60 x 0,29 = 17,40 Euro.

Frage: Wo kommt die Differenz in Höhe von satten 2,60 Euro her, wer steckt sie sich ein und wie wird sie versteuert? Lassen Sie bei Ihrem Rechenweg vermeintlich marktwirtschaftliche Mechanismen (beispielsweise dass Waren billiger werden, je größer die Abnahmemenge ist) getrost außer Acht.

Legendäre Preise

Für die drei originellsten Antworten spendieren wir je einen legendären Aufkleber „Ich bin ein Markranstädter“, für die bei Ebay inzwischen schon zweistellige Beträge aufgerufen werden.

Schreiben Sie Ihre Lösungsvorschläge gleich unten in den Kommentarbereich oder schicken Sie sie per eMail an redaktion@nachtschichten.eu.

Wir sind gespannt!

Sex mit Hühnern, Regionales aus Griechenland und humanoide Primaten

Was man nicht alles macht, wenn man die Nähe von fremden Menschen nicht ertragen kann. Donald Trump hat sich von einem Piercing-Spezialisten aus hundert Metern Entfernung ein Loch durch’s rechte Ohrläppchen schießen lassen. Jetzt kann er das in eine kirgisische Kreole gefasste rechte Ei von Josef Stalin, ein Geburtstagsgeschenk von Wladimir Putin, endlich auch in der Öffentlichkeit tragen. Oder war’s doch ganz anders? MN-Schriftführer Claus Narr hat jedenfalls drei Beispiele dafür gefunden, warum man Medienberichte und andere Informationen auch in Markranstädt mit Vorsicht lesen sollte.

Ich hab’s ja schon als Kind immer irgendwie geahnt, dass da was nicht stimmen kann mit den femini-mösen Reizen.

Warum schafft der liebe Herrgott mit weiblichen Brüsten zunächst einen wahren Tempel für männliche Begierden, um die Menschheit zweitausend Jahre später den BH zu erfinden zu lassen?

Weibliche Brüste: Behälter voller Missverständnisse

Schon als sich meine damals 15-jährigen Hände im Markranstädter Kino zum ersten Mal unter einem solchen Halfter verirrten, hatte ich danach mehr Fragen als Antworten. Im Film, der gerade über die Leinwand lief, stöhnte die Schauspielerin dabei. Das Mädchen neben mir begann aber, albern zu gaggern, was auch die folgenden Testpersonen in den nächsten Jahren oft taten.

Wenn das Euter aber nun ein Huhn ist?

Erst jetzt, in einem Alter, in dem mir die Antworten auf diese Fragen nichts mehr nützen, führen mich die Medien hin zur finalen Erleuchtung.

... und das Glied eine Zahnbürste.

… und das Glied eine Zahnbürste.

Nach der Lektüre dieses Artikels, mit dem der homo marcransis offenbar schonend auf den nächsten Lockdown vorbereitet werden soll, waren allerdings nicht nur meine Fragen beantwortet, sondern es überkam mich auch eine unbeschreibliche Erleichterung.

Fehlt nur noch, dass sie flattern

Nicht auszudenken, was aus mir geworden wäre, wenn auch nur eine meiner Verflossenen beim Minnespiel mit ihren Herzkranzgefäßen nicht nur gegaggert, sondern dabei vielleicht auch noch ein Ei entbunden und mit ihren Möpsen geflattert hätte.

Knutschfleck vom Hufeisen

Wahrscheinlich wäre ich schon in meiner Jugendzeit auf Pferde umgestiegen. So einen Huf sieht man wenigstens auf sich zukommen und es heißt ja nicht umsonst, dass es zu den schönsten Momenten intimen Zusammenseins zählt, wenn man mal richtig einen verbraten kriegt. Der Knutschfleck von einem Hufeisen hält auch länger.

Wenn man schon als junger Mensch, beispielsweise im Geografie-Unterricht, von Gedanken an gaggernde Möpse oder rossige Stuten abgelenkt wird, kann das auch noch im Alter schwerwiegende Folgen haben.

Willkommen in Markranstädt, Ortsteil Griechenland

Zumindest war ich ziemlich erstaunt, als ich in einem Rewe-Einkaufsmarkt mit einer Information konfrontiert wurde, die so gar nicht zu meinem mühsam erlernten geografischen Halbwissen passen wollte. Demnach muss Ergüllü, ein mutmaßlich scharfer Grieche, offenbar aus meiner direkten Nachbarschaft stammen. Ich gebe zu: Bisher hatte ich Griechenland eher in den Süden des europäischen Kontinents verortet.

Demnächst in diesem Regal: Heimische Kokosnüsse aus regionalem Anbau.

Demnächst in diesem Regal: Heimische Kokosnüsse aus regionalem Anbau.

Irgendwas muss passiert sein zwischen meiner Schulzeit und der Gegenwart. Natürlich habe selbst ich schon davon gehört, dass Europa inzwischen enger zusammengerückt ist als die beiden deutschen Staaten. Aber gleich so eng, dass Feta-Käse aus der Ägäis oder Ouzo aus Thessaloniki quasi in unseren Vorgärten blühen? Das wirft Fragen auf.

Regionale Vorlieben und ein Besuch im Mokkastübchen?

Stecken vielleicht die Hellenen selbst dahinter, die ihre nach ihnen benannte Sexualpraktik „griechisch“ los werden und als regionales Kulturgut jetzt uns Deutschen unterjubeln wollen?

Rettungsschirm für Ergüllü

Nachdem die sich mit der gleichen Taktik auch schon ihrer Schulden entledigt hatten, traue ich denen alles zu. Trotzdem würde ich niemals in einem Mokkastübchen rumstochern. Auch nicht, wenn es mit regionaler Herkunft lockt, die gerade mal ein paar tausend Kilometer entfernt ist.

Becher „made in germany“ reicht für „Grieche von hier“

Ich tippe dennoch wieder mal nur auf einen Furz aus dem geblähten Bauch des deutschen Amtsschimmels. Jede Wette, dass der 125-Gramm-Becher, in dem der zuvor in Malaysia zerstückelte und in Nairobi mit neuseeländischem Trinkwasser gestreckte Ergüllü abgefüllt wurde, aus der Produktion einer sächsischen Ich-AG stammt.

Damit sind wenigstens 0,3 Prozent der Wertschöpfungskette in einer Kamenzer Garage realisiert worden und das Endprodukt darf als regionales Erzeugnis angepriesen werden.

Wahrscheinlich nachzulesen in der Europäischen Produktabwandlungsrichtlinie zur Gewährleistung markenrechtlicher Interpretationssicherheit der Herkunftsangaben beim Handel mit kulturkreisdivers integrierten Lebensmitteln auf dem Gebiet der Länder der Europäischen Union (kurz: EPGIHbHkiLGLdEU).

Die Evolution der Primaten

Ähnlich verwirrend wirkte auch eine Nachricht aus dem Leipziger Zoo auf mich. Dort hatte Direktor Jörg Junhold offenbar eine Begegnung mit einem echten Tier. Gut, der kann einem viel erzählen, wie ein Tier aussieht. Nachdem ich bei meinen letzten drei Zoo-Besuchen für viel Eintritt kaum eins zu sehen bekam, war ich seit 2012 nicht mehr dort. Außerdem verspricht ein Spaziergang für lau durch den Markranstädter Pappelwald sowieso wesentlich mehr Abenteuer als eine Bootstour durchs Gondwana-Land.

Zoo-Chef trifft Gorilla

Um den Lesern glaubhaft zu machen, dass man im Leipziger Zoo tatsächlich noch Tiere sehen kann, hat das Qualitätsorgan Sachsen-Sonntag jetzt ein Foto von Junholds Begegnung mit einem Gorilla veröffentlicht.

Ohne Brille hätte er das Gorillaweibchen wohl nie entdeckt und wir ohne Bildtext auch nicht.

Ohne Brille hätte er das Gorillaweibchen wohl nie entdeckt und wir ohne Bildtext auch nicht.

Eine gelungene Werbemaßnahme, wie ich finde. Jedenfalls hat sie mich nachhaltig dazu motiviert, einen Kredit aufzunehmen und mal wieder den Zoo zu besuchen. Dort muss die Evolution in den vergangenen zwölf Jahren derart große Sprünge vollzogen haben, dass man echt eine Brille braucht, um die Primaten noch vom Menschen unterscheiden zu können.

Falls ich wieder keinen Gorilla sehe, treffe ich aber vielleicht ein gaggerndes Huhn, ein ausschlagendes Pferd oder meinen neuen Nachbarn Herrn Ergüllü. Es könnte auf alle Fälle ein sehr unterhaltsamer Ausflug werden, der mir versagt geblieben wäre, wenn ich nicht inmitten einer Informationsgesellschaft leben würde.

Deutscher Meister im Handtuchwedeln kommt aus Markranstädt

In zwei Stunden Sauna kann man manchmal mehr erleben als in 14 Tagen Urlaub. Erst letztens soll ein Gast in einem Chemnitzer Dampfbad versucht haben, einer anderen Besucherin an den Nippeln rumzuspielen. Auf die Frage, was das solle, stellte sich der Gast dumm und meinte, dass er nur einen Radiosender suchen wollte und im Dunst des Aufgusses wohl die Knöpfe verwechselt habe. Darauf blickte ihm die Frau auf’s Gemächt und meinte: „Mit der Antenne können sie aber nichts empfangen.“ Doch es gibt auch noch andere Geschichten aus der deutschen Dampfbad-Landschaft. Die Erfolgreichste trug sich jetzt in der Markranstädter Meri-Sauna zu.

Im Wellness-Tempel am Westufer des Kulki hat sich Kacper Zawadzki an der Massagebank längst in die Herzen seiner Gäste geknetet.

Seit fast zwei Jahren ist der gebürtige Pole bereits im Team der Meri-Sauna tätig. Chef Andreas Menger hatte dessen Talent sofort erkannt und alles dafür getan, dass sein neues Juwel auch in Markranstädt bleibt. Deshalb hat er für seinen Saunameister aus Kattowitz erst mal einen Sprachkurs im MGH gebucht. Hat geklappt. Zawadzki spricht die Fachsprache aller Dampfbad-Experten inzwischen fließend: Schwitzer-Deutsch.

Von den Radio-Knöpfen unters Saunatuch

Den ganzen Tag lang an der Massagebank Radiosender suchen und dafür auch noch bezahlt werden, das klingt nach einem Traumjob. Aber der hat dem 31-Jährigen bereits in seiner Jugendzeit nicht gereicht, weshalb er schon früh damit begonnen hat, ab und zu auch mal zu wedeln. Um Missverständnissen vorzubeugen: Zawadzki tut sowas tatsächlich unter Saunatüchern, allerdings lässt er diese dabei spektakulär über seinem Kopf durch die Lüfte fliegen.

In der Meri-Sauna begeistert Zawadzki seine Gäste schon seit fast zwei Jahren mit seinen Shows. Jetzt ist er Deutscher Champion und fährt zur Weltmeisterschaft.

In der Meri-Sauna begeistert Zawadzki seine Gäste schon seit fast zwei Jahren mit seinen Shows. Jetzt ist er Deutscher Champion und fährt zur Weltmeisterschaft.

Weil es in der Kattowitzer Sauna dafür oftmals sogar Beifall gab, hat der sympathische Rotschopf den Tanz mit den großen Tüchern mehr und mehr perfektioniert, sich immer neue Tricks einfallen lassen und sie zu einer Show zusammengeschmiedet, mit der er 2022 polnischer Landesmeister im Handtuchwedeln geworden ist. „Aufgussmeister“ nennt sich das auf Schwitzer-Deutsch.

Vorurteile wie weggewedelt

In Markranstädt konnten die saunabegeisterten Ureinwohner zunächst nicht viel mit dem Begriff anfangen. Wenn eine östlich von Oder und Neiße ausgebildete Fachkraft den Umgang mit Saunatüchern beherrscht, wurde das bis dato eher mit der Befürchtung verknüpft, dass sie hinterher weg sind.

Deutscher Meister!

Jetzt also eine völlig neue, geradezu begeisternde Erfahrung und die hat die Meri-Sauna nun sogar zum führenden Dampfbad-Tempel zwischen Harz und Zittauer Gebirge gemacht. Seit dem 29. Juni ist der Frontmann des Markranstädter Sauna-Teams auch hierzulande nationaler Champion: Kacper Zawadzki ist Deutscher Aufgussmeister 2024, der erste Titelträger Mitteldeutschlands!

Sein Meisterstück bei den Titelkämpfen in der brandenburgischen Satama-Saunalandschaft war das Sahnehäubchen unter allen 24 Vorstellungen der deutschen Aufguss-Elite.

Schwerstarbeit: 14 Minuten bei 85 Grad unter Schamanenkostüm

Keine Sekunde länger als genau 14 Minuten durfte es dauern und dabei eine künstlerisch zum Ausdruck gebrachte Geschichte erzählen, die zu den Aromen des Sauna-Aufgusses passt, die Zawadzki dann gleichmäßig, wohldosiert und auf eine für die Gäste möglichst unterhaltsame Weise zu verteilen hatte.

Wer unter diesem Kostüm bei 85 Grad Raumtemperatur eine Viertelstunde lang mit dem Dampf tanzt, hat den heißesten Job in ganz Markranstädt.

Wer unter diesem Kostüm bei 85 Grad Raumtemperatur eine Viertelstunde lang mit dem Dampf tanzt, hat den heißesten Job in ganz Markranstädt.

Der für die Meri-Sauna ins Rennen gegangene Zawadcki hatte sich dazu eine Szene aus dem Alltag eines antiken Schamanen erarbeitet. Seine Kollegen aus der Karlstraße 91 hatten ihm eigens dafür einen hölzernen Götzen geschnitzt, in dem sie auch noch ein paar technische Raffinessen versteckten.

Gottesdienst in der Sauna

„Am Anfang des Zeremoniells bete ich diesen Gott an und bitte ihn um Wasser und Wind“, berichtet der neue Champion. Das untermale er mit einem Tanz und dem Spiel mit seiner Maultrommel, was eine mystische Atmosphäre erzeugt, bei der sich den Saunagästen trotz 85 Grad Raumtemperatur die Gänsehaut als Erpelpullover aufstellt. Auf dem Höhepunkt der Zeremonie zeigt sich der Gott besänftigt speit Wasser auf die heißen Steine.

Am Ende erhört der Götze die Gebete und spuckt Wasser auf die heißen Steine. Szenen aus Zawadzkis Meistershow beim Championat in der Satama-Sauna.

Am Ende erhört der Götze die Gebete und spuckt Wasser auf die heißen Steine. Szenen aus Zawadzkis Meistershow beim Championat in der Satama-Sauna.

 

Jetzt beginnt für Zawadzki, der bei Temperaturen kurz unter dem Siedepunkt und jeder Menge heißem Dampf noch immer unter den Kostüm des Schamanen steckt, die Hauptarbeit. Gekonnt und mit selbst erarbeiteten Tricks, die er seit Januar in täglich mehrstündigem Training einstudiert hatte, wirft er die großen Saunatücher durch die Luft, lässt sie um seine Finger wirbeln und verteilt so die Aromen und die Hitze.

Während Otto-Normalbürger nach so einer Anstrengung auf der Intensivstation aufwachen würde, musste Zawadzki die Show sogar zweimal vorführen. In der Vorrunde setzte er sich erst gegen Deutschlands 24 Beste ihrer Zunft durch und im Finale ließ er dann die sieben restlichen Handtuchwedler hinter sich.

Jetzt kommt die Weltmeisterschaft

„Der erste deutsche Aufgussmeister aus Mitteldeutschland“, freut sich Andreas Menger über den Ritterschlag für seine Meri-Sauna. Allerdings hat das auch seinen Preis. Im September muss Menger in Markranstädt ein paar Tage ohne seinen Star auskommen. Als Deutscher Titelträger ist Kacper Zawadzki für die Weltmeisterschaften qualifiziert, die vom 9. bis 15. September im holländischen Bussloo stattfinden.

Zurück in der heimischen Meri-Sauna: Kacper Zawadzki mit Urkunde und Meisterpokal. Mit der anderen Hand trainiert er schon für die kommenden Weltmeisterschaften in Holland.

Zurück in der heimischen Meri-Sauna: Kacper Zawadzki mit Urkunde und Meisterpokal. Mit der anderen Hand trainiert er schon für die kommenden Weltmeisterschaften in Holland.

Für Menger und das Meri-Team ist das allerdings kein Problem, mal ein paar Tage ohne ihren Meister auszukommen. In der Saunalandschaft am Kulki gibt’s schließlich auch andere Neuerungen, die Gäste anlocken. Ab August wird hier ein „Banja-Ritual“ eingeführt. Man möchte kaum glauben, wie viele Besucher jetzt schon drauf scharf sind, sich mit Birkenruten mal richtig gepflegt verdreschen zu lassen.

Klatschen in der Sauna

Weniger brachial, dafür mindestens genauso laut, wird es künftig im Ruhehaus der Saunalandschaft zugehen. „Klatschweiber“ heißt das Event, das Gruppen von bis zu 10 Frauen mieten können, um dort gemeinsam ihre genetischen Veranlagungen multiverbaler Kommunikation pflegen zu können. Haben sie genug geklatscht, werden sie von dienstbeflissenen Paginnen und Pagen abgeholt und einem auf die Ansprüche der Damenwelt abgestimmten Verwöhnprogramm zugeführt.

Noch ’ne heiße Bühne

Und pünktlich zum 15. Geburtstag der Meri-Landschaft hat der Chef schließlich noch eine Überraschung aus dem Sack gelassen. „Wir planen aktuell die Errichtung einer weiteren Sauna“, gibt Andreas Menger bekannt. Sein Meisterwedler gerät bei dieser Aussicht ausnahmsweise schon ins Schwitzen, wenn er nur daran denkt.