Ausgeeiert: Markranstädter Markt verliert Institution … und die Stadt die Kontrolle?

Das Pfingstfest steht vor der Tür. Weil kaum noch einer weiß, was da eigentlich gefeiert wird, hat man sich in Markranstädt offenbar auf gesamtgesellschaftliche Trauerarbeit geeinigt. Die begann am Montag mit einer Diskussionsrunde zu den bevorstehenden Kommunalwahlen, erlebte am Donnerstag mit einer nahezu teilnahmslosen Sondersitzung des Stadtrats ihren Höhepunkt und endete am Freitag mit einer Schlagzeile, die nicht nur Auswirkungen auf den Markranstädter Wochenmarkt haben wird. Aber der Reihe nach.

Das Restaurant in der Meri-Sauna war am Montagabend rappelvoll. Die lokale Tagesgazette hatte zum Stammtisch vor der Kommunalwahl geladen.

Wer spät kam, fand nicht nur keinen unbesetzten Stuhl mehr vor, sondern konnte sich durchaus in eine andere Zeit an einem anderen Ort versetzt fühlen. Beim Blick von hinten über Köpfe des in Ehren ergrauten Publikums konnte man den Eindruck gewinnen, dass sich hier ein Baumwollfeld sanft im Wind der amerikanischen Südstaaten wiegt – nur ab und zu unterbrochen von einem brach liegenden Flecken, in dem sich das Licht der Saalbeleuchtung in lustigen Spektralfarben spiegelte.

Wahlkampf am FKK-Strand

Was hat der Abend gebracht? Nun – zunächst einmal weiß der homo marcransis jetzt aus erster Hand, wo und wann es sich am Kulki zu baden lohnt, um seine Volksvertreterinnen hüllenlos zur Rede stellen zu können.

Leider reicht das Selbstbewusstsein der Kandidatinnen noch nicht, um sich in dieser Form auch gleich auf den Wahlplakaten zu präsentieren. Allerdings würde das angesichts der in der Druck- und Papierindustrie geltenden DIN-Formate auch wenig Sinn machen. Also muss der Wähler sehr früh raus an den Kulki, um den direkten Kontakt mit seiner Legislative zu pflegen.

Ein sich sanft im Winde wiegendes Baumwollfeld.

Ein sich sanft im Winde wiegendes Baumwollfeld.

Zweite Erkenntnis des Abends war die seit Jahren sprichwörtlich ungeklärte Klo-Situation am Kulki. Da fragte der LVZ-Moderator völlig ungläubig: „Wir bauen in diesem Land Brücken und riesige Fabriken: Können sie den Menschen erklären, was daran so schwierig sein soll, ein Toilettenhäuschen zu bauen?“ Zwar wussten alle darauf eine Antwort, eine kurzfristige dauerhafte Lösung allerdings blieb der Abend schuldig. Mehr als reden und fordern kann da auch ein Stadtrat nicht, was SPD-Chef Frank Helge Meißner zum Fazit trieb: „Wir haben schon Fransen an der Gusche.“

Stadtrat jetzt auch krank?

Sieht bekanntlich hässlich aus um die Lefzen, wenn die oralen Manschetten der Stadträte in Fetzen runterhängen. Um diese Hautveränderungen dermatologisch behandeln zu lassen, war die Mehrheit der Duma-Verordneten am Donnerstagabend offenbar geschlossen beim Hautarzt.

Möglicherweise haben sie sich den Termin ganz bewusst so gelegt in der Annahme, dass die Bürgermeisterin sowieso wieder nicht da ist. Wer wollte schon mit dieser überraschenden Art spontaner Selbstheilung rechnen?

Privatvorstellung in der vierten Etage

Und so kam es nach vier Sitzungen des Stadtrats ohne Bürgermeisterin diesmal zu einer Sitzung der Bürgermeisterin ohne Stadtrat. Zumindest ohne beschlussfähige Mehrheit. Selbst die beiden im letzten Moment persönlich herbeizitierten Rechtsaußen vermochten es nicht mehr, ein Team in Mannschaftsstärke auf die Beine zu stellen. Aber wo die B-Elf nun schon mal da war, konnte man statt der Einstellung je eines Fachbereichsleiters 3.1. und 3.2. wenigstens ein paar Trainingseinheiten absolvieren und den Sonderstadtrat als Informationsveranstaltung zu Ende bringen, damit zumindest die Zahlung der Antrittsgage gerechtfertigt werden kann.

Nichts als die Wahrheit

Derweil haben die Freien Wähler nachhaltig mit einem üblen Gerücht aufgeräumt. Böse Zungen behaupten ja noch immer, dass die Bürgermeisterin bei den Stadtratswahlen als Fake antritt und im Falle eines Erfolges ihr Mandat gar nicht annehmen will. Diese bösen Gerüchte haben inzwischen dazu geführt, dass andere Parteien ihre Flyer mit Sprüchen wie „Alle Kandidaten nehmen ihre Wahl an!“ (SPD) oder „Unsere Kandidaten treten an, um ehrlich gewählt zu werden und ihr Mandat wahrzunehmen“ (CDU) zieren. Jetzt kontern die Freien Wähler und schwören auf ihrem Flyer feierlich: „Unsere Versprechen gelten auch nach der Wahl!“ Also wird deren Spitzenkandidatin ihr Mandat verantwortungsbewusst wahrnehmen und Wort halten. Wir glauben fest daran.

Beteuerungen statt Parolen: Völlig neue Töne im Wahlkampf 2024.

Gleichklang wie bei der Nationalen Front.

Und schon spielt am frisch geheilten Arm wieder der Bizeps. Noch am Freitag ging den Stadträten ein Ultimatum zu. Sonderstadtrat in sieben Tagen und wenn keiner von Euch kommt, reichen die eigenen Verbündeten. Es genügen drei anwesende Volksvertreter, um die anstehenden Beschlüsse durchzuwinken. Demokratie im Eilverfahren, im Verzug oder am Ende – wie auch immer.

Da lehnt sich der homo marcransis doch gleich entspannt zurück und fragt sich, warum er am 9. Juni angesichts solcher Möglichkeiten 22 Stadträte wählen soll, wo man doch mit deren drei völlig locker, viel billiger und vor allem einfacher hinkommt?

Wahrscheinlich aus Gründen des Selbstschutzes wurde im Wahlkampf bisher auch nicht erwähnt, dass man als Volksvertreter auch die ebenso sprichwörtlichen wie oft vermissten Eier in der Hose haben sollte. Okay, zumindest unter der Woche konnte man noch davon ausgehen, dass es in Markranstädt auch künftig nicht an Nachschub solcher Hühnerprodukte mangelt. Am Freitag allerdings folgte die Hiobs-Botschaft.

Wochenmarkt enteiert

Es hat sich ausgeeiert in Markranstädt. Der auf den bürgerlichen Namen Lutz Brause hörende Eiermann gab am Freitag auf dem Wochenmarkt seine Abschiedsvorstellung. Kurz vor 12 Uhr hatte der 61-Jährige sein letztes Ei verkauft. Zwei habe er zwar noch, aber die wolle er behalten, räumte der Händler nach einem vorsichtigen Seitenblick auf den Stand mit den Küchenmessern ein.

Wer allerdings glaubt, dass er die verbleibenden zwei treuen Begleiter braucht, um auch im Rentnerdasein noch etwas Spaß zu haben, ist auf der falschen Fährte. Auf anderen Wochenmärkten, beispielsweise in Markkleeberg, ist Brause weiterhin am Start.

Hat für die Markranstädter Kunden sein letztes Ei verkauft und beim Abschied sogar feuchte Augen bekommen: Eiermann Lutz Brause.

Hat für die Markranstädter Kunden sein letztes Ei verkauft und beim Abschied sogar feuchte Augen bekommen: Eiermann Lutz Brause.

Was ihn zum Aufhören in Markranstädt bewogen hat, wollte der ansonsten mitteilsame Markthändler nicht sagen. Wichtiger sei es ihm, einen tiefempfundenen Dank an seine Kunden für die 20 Jahre währende Treue zu richten, sagte der Mann, der auf dem Markranstädter Markt als die Institution schlechthin gilt. Und weil sich der Markranstädter Marktplatz nun mal in Markranstädt befindet, gibt es getreu der lokalen Folklore auch für den Eiermann weder eine Eigeordnete noch sonst eine Stellvertreter- oder Nachfolgeregelung.

Keine Eigeordnete

Markranstädt ohne Eier, das ist in vielerlei anderer Hinsicht sicher keine ungewöhnliche Vorstellung, aber für die Versorgungslage in der Stadt schon ein ziemlicher Dämpfer. Nudeln, Bratensoße, Marmelade, Groschenhefte – das alles hatte Brause an Bord und was nicht, das konnte er besorgen: vom Kleiderhaken bis zum Einweckgummi. Was er aber neben Eiern stets dabei hatte, waren ein offenes Ohr und immer ein Wort für seine Kunden. Beides wird wohl am meisten fehlen.

Weltweites Medienecho auf Markranstädter Schlagzeilen

Dass die Schlagzeilen der Woche auch mit Fotos dokumentiert werden können, verdanken wir wieder einmal ausnahmslos aufmerksamen MN-Lesern, denen hiermit der herzlichste Dank gilt. Lesen und sehen Sie deshalb heute: Der weltweit erste Video-Beweis im Amateurfußball wurde in Markranstädt geführt. Auch den Fußballplatz mäht man hier und jetzt mit Schaufel, Besen und Schubkarre. Die erste Schauvorführung dazu fand zwar unter Tage statt, über Nacht wurde dafür ein weltweit einmaliges System für kabelloses Aufladen von E-Autos installiert. Derweil treibt die neue Armut den homo marcranis in völlig neue Formen der Beschaffungskriminalität. Und nicht zuletzt gibt es auch noch einen wichtigen Tipp „pfumm erpfolgreiffem Pfatertag“!

In der letzten Woche hatte der Sportplatz in Kulkwitz für Schlagzeilen gesorgt. Satte 19.000 Euro müssen die SSV-ler pro Jahr für die Beregnung des Platzes mit Trinkwasser hinblättern. Aber das ist noch nicht alles.

Weil jetzt auch die Mähtechnik (gefühlt ein 1972 aus dem Ganzen gefeiltes Aggregat aus den sowjetischen Traktorenwerken „Agrotechnika Pamiatnik“) ihren Geist aufgegeben hat, wollten die Kulkwitzer Fußballer von der Stadt Markranstädt nun 10.000 Öcken für eine neue E-Sense haben. Geld muss ja schließlich da sein, wo doch die Personalkosten im Rathaus quasi schon gegen Null gehen und selbst Krankengelder nur noch halb so viel wert sein sollen.

Mähen bis der Sensenmann kommt

Vor 2026 geht da allerdings kein Weg rein, heißt es aus dem Rathaus. Trotzdem will die Stadt den Verein mit seinen Problemen nicht alleine lassen und hat ihm deshalb eine beeindruckende Schauvorführung alternativer Technologien organisiert. Und so wurden staunende Zuschauer nun Augenzeugen spektakulärer Mäharbeiten in der Unterführung des Markranstädter Bahnhofs.

Glatt wie ein Damenzwickel nach der Intimrasur: Die Markranstädter Bahnhofsunterführung nach erfolgreicher Mahd.

Glatt wie ein Damenzwickel nach der Intimrasur: Die Markranstädter Bahnhofsunterführung nach erfolgreicher Mahd.

Das Ergebnis ließ die Kinnladen der Beobachter gleich reihenweise runterklappen. Ganz ohne teure Technik, vollkommen CO2-neutral und damit absolut nachhaltig, wurde der Tunnel binnen weniger Minuten von lediglich einer Arbeitskraft und nur mithilfe einer Schubkarre, einer Schaufel und eines Besens (Investitionskosten: 60 Euro!!!) vom Grase befreit.

Nachhaltige Grünflächenpflege mit Schaufel, Besen und Schubkarre statt teurer Mähtechnik. Was unter Tage möglich ist, sollte auch Vorbild für Fußballvereine sein.

Nachhaltige Grünflächenpflege mit Schaufel, Besen und Schubkarre statt teurer Mähtechnik. Was unter Tage möglich ist, sollte auch Vorbild für Fußballvereine sein.

Angesichts der sich daraus ergebenden finanziellen Ressourcen frohlockte man sogar beim SSV Kulkwitz. Die eingesparten Mittel bei der Rasenpflege will man jetzt in die Anschaffung von Jute-Säcken investieren, mit denen man dann das Tageslicht einfangen und selbiges in die Flutlichtanlage einspeisen kann. Angesichts dieser Einsparungen droht dem Verein binnen kürzester Zeit ein solcher Reichtum, dass man den Rasen sogar mit Selters, Volvic oder Red Bull aus dem Supermarkt bewässern kann und nicht mehr auf immer knapper werdende Trinkwasser-Ressourcen zurückgreifen muss.

Erstmals VAR-Beweis aus dem Kulkwitzer Video-Keller

Einen ersten Ausblick auf die Folgen des wirtschaftlichen Aufstiegs gab es am vergangenen Wochenende beim Freundschaftsspiel des SSV Kulkwitz gegen die Markranstädter Montagsmaler in der Karl-Schwenk-Arena an der Südstraße. Dort hatte der Schiri nach einer Aktion im Strafraum auf Elfmeter für Markranstädt entschieden. Aber die Kulkwitzer, aufgrund des Reichtums im Gegensatz zum verarmten DFB bereits mit mobiler VAR-Technik angerückt, holten den Referee an den Spielfeldrand und ließen ihn die Szene anhand der Aufnahmen aus dem Kulkwitzer Videokeller noch einmal in Zeitlupe durchleben.

Was dann folgte, war ein absolutes Novum in der Bierdeckel-Liga: Der Schiedsrichter nahm seine Entscheidung nach der Video-Analyse zurück!

Das FIFA-Pressefoto des Jahres: Der Schiri bei der Betrachtung des weltweit ersten Video-Beweises im Amateurfußball.

Ein Ball war auch auf dem FIFA-Pressefoto des Jahres ’24 dabei: Der Schiri bei der Betrachtung des weltweit ersten Video-Beweises im Amateurfußball.

Ein Hauch Bundesliga-Feeling in den Niederungen des Amateurfußballs, der in die Annalen der FIFA eingehen wird: Der weltweit erste Videobeweis im Amateurfußball wurde in Markranstädt zelebriert. Chapeau und Dank an den VAR für die Aufnahme!

Der Videobeweis vom ersten Videobeweis in der Geschichte des Amateurfußballs.

Weltneuheit: Kabelloses Aufladen in Markranstädt

Video-Aufnahmen hätte man wohl gern auch vom Geschehen auf dem Parkplatz vor Möbel-Boss gehabt. An den dort befindlichen Ladesäulen für E-Autos hatten findige Ingenieure am vergangenen Wochenende über Nacht die Voraussetzungen für ein kabelloses Aufladen von Fahrzeugen geschaffen.

Modul zur kabellosen Übertragung von Ladestrom auf dem Parkplatz vor dem Möbelhaus. Trotzdem oder gerade deshalb: Früher war nicht alles schlecht.

Modul zur kabellosen Übertragung von Ladestrom auf dem Parkplatz vor dem Möbelhaus. Trotzdem oder gerade deshalb: Früher war nicht alles schlecht.

Weil das Projekt sowohl ganz ohne Presserummel als auch unter Umgehung langwieriger Genehmigungsverfahren und Fördermittelanträge umgesetzt wurde, wird jegliche Beteiligung deutschen Erfindergeistes an dieser bahnbrechenden Neuerung konsequent bestritten.

Und dennoch hält die Technologie des kabellosen Aufladens auch für den germanischen Heimwerker noch viele ungeahnte Möglichkeiten bereit. Schon soll an einer App getüftelt werden, mit der es möglich ist, die Akkus von E-Autos, E-Bikes und sogar E-Rollatoren von zu Hause aus per W-Lan an den Ladestationen vorm Möbelmarkt aufzutanken. Damit bekommt endlich auch der Begriff „upload“ die ihm zustehende Bedeutung.

Kritische Stimmen behaupten zwar nach wie vor, dass hier Buntmetalldiebe am Werke waren, die damit das Meth-Konto ihrer Haushaltskasse aufbessern wollten, aber diese Theorie wurde nahezu zeitgleich von einem anderen Vorfall in Kulkwitz widerlegt.

Auf der Suche nach Essen

Dort wurde ein Snack-Automat zerbombt. Die gesellschaftliche Lehre: Die durch Mietwucher befeuerte Armut ist in Markranstädt so groß geworden, dass sich die Beschaffungskriminalität inzwischen auf Nahrungsmittel konzentriert. Crystal war gestern, heute geht es um das nackte Überleben!

Die gesellschaftliche Gesamtsituation treibt die Bevölkerung in völlig neue Formen der Beschaffungskriminalität. Ging es früher noch um die Finanzierung des Drogenkonsums, stehen heute Nahrungsmittel und damit das nackte Überleben im Fokus.

Die gesellschaftliche Gesamtsituation treibt die Bevölkerung in völlig neue Formen der Beschaffungskriminalität. Ging es früher noch um die Finanzierung des Drogenkonsums, stehen heute Nahrungsmittel und damit das nackte Überleben im Fokus.

Zum Abschluss des Rückblicks noch ein kurzer Ausblick in die Zukunft, also auf den Vatertag. Der lockt mit frühlingshaften Aussichten an die frische Luft. Für die während der trüben Wintermonate völlig unterhopfte Zielgruppe ein traditioneller Anlass, die eigene Leber mal wieder richtig auf Betriebstemperatur zu bringen.

„Wo pfind meine Pfähne?“

Man sollte in diesen fröhlichen Stunden aber auch mal all jener Menschen gedenken, die an diesem Tage harte Frondienste zur Aufrechterhaltung des gesellschaftlichen Lebens leisten. Mitarbeiter in den kommunalen Klärwerken beispielsweise, die infolge oraler Lebensmittelverklappungen in den häuslichen Toiletten Sonderschichten an den Filteranlagen schieben müssen, um teure Gebisse herauszufischen, bevor die in den Schreddern zu abbaufähigem Feinstaub zermahlen werden.

Nicht jeder schafft es allerdings mit seinen Ulf-Rufen bis nach Hause und so sind die Hauptverkehrswege der Durstigen am Tage nach der Nacht zuvor oft von Wegweisern geziert, anhand derer sich sämtliche Phasen des menschlichen Verdauungsprozesses nachweisen lassen. Nicht selten befindet sich dann unter jenem Konvolut unzerkauten Kartoffelsalats, entleerter Bratwurstdärme und entalkoholisierten Hopfenextrakts auch das eine oder andere Gebiss.

Wer am Vatertag hinter der Prozession her läuft, kann allein durch den Finderlohn reich werden.

Wer am Vatertag hinter der Prozession her läuft, kann allein durch den Finderlohn reich werden.

Damit es den Opfern solch plötzlichen Verlustes nicht so geht wie dem Herren, der sich an der Anschlagtafel einer Gartenanlage mit dieser Suchmeldung outen musste, sollten Sie die Häufchen entlang der väterlichen Ausflugsstrecke ein paar Tage liegenlassen. Sie dienen den Suchenden als Landmarken bei der Rückverfolgung ihres Weges zur Wiederherstellung ihrer Kauleistung. Sie tun damit ein gutes Werk, denn Sie entlasten die Krankenkassen bei der Finanzierung neuen Zahnersatzes.

MN-Tipp zum Vatertag

Und den nach ihren Gebissen suchenden Männern sei noch ein Tipp mit auf den Weg gegeben: Beginnen Sie mit der Suche erst, wenn Sie wieder nüchtern sind. Schon so manch temporär Zahnloser hat im Suff gesucht und dabei in nur einem Haufen gleich drei oder mehr Gebisse gefunden, aber jedesmal feststellen müssen, dass keines davon gepasst hat.

Markranstädter Wohnkonzept, Mitarbeitermotivation, Neurodermitis und ein Keuscheitsgürtel

Die 17. Woche des Jahres war in Markranstädt so voll von unterhaltsamen Ereignissen, dass pünktlich zum Wochenende sogar die Sonne wieder scheint. Doch nein, wir wollen die vergangenen Tage nicht noch einmal aufwärmen, zumal der unterhaltsamste Teil bereits von der Qualitätspresse aufgegriffen wurde. Dass wir trotzdem ein aktuelles Angebot des Rathauses beleuchten, hat andere Gründe. Aber es gab noch mehr Interessantes in dieser Woche. So hat Markranstädt beispielsweise einen Ausweg aus der Wohnungskrise gefunden und außerdem gibt es eine kaum für möglich gehaltene Lösung für ein besseres Leben. Und dann wären da noch die Gründe, warum Soda und Gomorrhum in ein Nachbardorf zurückkehren.

In der lokalen Tagesgazette hatte man die vergangenen Tage offenbar zur „Themenwoche Wohnungsmarkt“ erhoben. Kaum eine Seite im Blatt, die nicht dem aktuellen Drama um die individuellen Behausungen gewidmet war.

Das kann nur heißen, dass der Wohnraum selbst für gut bezahlte Meinungsbildner langsam unbezahlbar wird. Mehr als eine längst bekannte Situationsbeschreibung ist dabei allerdings nicht rumgekommen. Wo sind die Tipps, wie man der Vermietermafia mal ordentlich dazwischenfunken kann, wo die Aufrufe zu Demonstrationen gegen das Vier-Wände-Kartell, wo der Ausweg aus der Spirale?

Spektakuläres Pilotprojekt

Bevor es in Markranstädt zu zivilem Ungehorsam oder gar Ausschreitungen durch verarmte Mieter kommt, wurde im Rahmen eines geheim gehaltenen Politprojektes der Test einer alternativen Wohnidee gestartet: Voilá – das Tiny-House „Lallendorf“.

Der Prototyp des Tiny-House "Lallendorf" in Kulkwitz: Großzügige Terrasse mit Seeblick in alle Richtungen.

Der Prototyp des Tiny-House „Lallendorf“ in Kulkwitz: Großzügige Terrasse mit Seeblick in alle Richtungen.

Der Prototyp wurde inmitten der Gärnitzer Vernässungsfläche errichtet und besticht durch gleich eine Vielzahl unschlagbarer Merkmale. Das Haus beansprucht kein wertvolles Bauland, verfügt in alle Himmelsrichtungen über Seeblick und selbst ein Anschluss ans Abwassernetz inklusive teurer Entsorgungskosten erübrigt sich angesichts des wasserreichen Umfeldes. Ein Loch im Fußboden, durch das man nach der Notdurft auch gleich die Angelschnur herablassen kann, reicht völlig für ein autarkes Dasein.

Weil man als Insasse eines solchen Lebensmittelpunktes kein Fahrrad benötigt, kann einem auch keins geklaut werden und vor anderen Dieben, lärmenden Neubürgern oder sprayenden Vandalen muss man sich ebenfalls nicht fürchten.

Die können meist sowieso nicht schwimmen und sich demnach nicht einmal auf Hörweite nähern.

Zwar gilt das auch für Lieferanten wie Flaschenpost, Amazon oder den Pizza-Service, aber mit einer Angel und einer Steinschleuder kann man sich selbst versorgen. Jeden Tag kostenlos Ente oder Fisch auf dem Tisch, wo hat man das sonst noch?

Mit Erfahrungen aus dem Kompetenzzentrum

Frisch auf dem Tisch ist auch eine Mitteilung aus dem Rathaus gelandet. Für das Unternehmerfrühstück am 8. Mai hat die Bürgermeisterin mit dem Thema „Was tun, damit meine Mitarbeiter im Unternehmen bleiben“ so zielsicher ins Schwarze getroffen, dass davor sogar der gleichfarbige Humor verblasst.

Weil die Impulsreferentin auf der Liste der Freien Wähler nur fünf Plätze hinter Nadine Stitterich für den Stadtrat kandidiert und damit exklusiven Zugriff auf deren ausgewiesene Expertise in Sachen Haltung von Mitarbeitern hat, können damit endlich auch gestandene Unternehmer von den Erfahrungen aus dem Rathaus profitieren. So funktioniert moderner Wissenstransfer in Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Besser leben mit einer Krankheit

Aber auch für Menschen, die keine Unternehmer sind und deshalb auf die Erkenntnisse moderner Mitarbeiterführung verzichten müssen, gibt es jetzt Hoffnung auf ein besseres Leben. Dazu braucht man nicht etwa mehr Geld, das einem für eine halbwegs würdevolle Wohnung sowieso gleich wieder aus der Tasche gezogen wird und auch nicht, wie einem immer gewünscht wird, mehr Gesundheit.

So ändern sich die Zeiten: Bislang glaubte man, dass es sich ohne besser lebt. Demnächst in Ihrer Apotheke, gleich neben dem Tripper

So ändern sich die Zeiten: Bislang glaubte man, dass es sich ohne besser lebt. Demnächst in Ihrer Apotheke, gleich neben dem Tripper

Im Gegenteil: Das Pharma-Unternehmen AbbVie warb in dieser Woche via Anzeige im Internet mit einem Leben, das erst mit einer Krankheit wieder so richtig schön wird.

„Besser leben mit Neurodermitis“ heißt es da begeistert. Und tatsächlich müssen auch gleich Millionen von Markranstädtern sofort losgerannt sein, um sich Neurodermitis zu besorgen. Jedenfalls ernteten die MN-Mitarbeiter in sämtlichen drei Apotheken der Stadt bei ihrer Nachfrage nach wenigstens einer Packung von dem Zeug nur hilfloses Schulterzucken. Offenbar ausverkauft. Tja, das alte Lied: Wer zu spät kommt, den bestraft das schlechtere Leben ohne Neurodermitis.

Biwak in Großgörschen: Frauen endlich wieder „unten ohne“

Abschließend noch ein Blick voraus. Jahrelang gehörten Erwin Littmann und seine historische Feldschmiede quasi zum Inventar beim alljährlichen Biwak zur Erinnerung an die Schlacht bei Großgörschen. Seit er dabei war, herrschte auch in den Zelten Zucht und Ordnung, denn Littmann hatte auch die Kontrolle über die Fortpflanzung der Zeltbewohner. Dazu hatte er auf seinem Amboss in sorgfältiger Handarbeit individuell angepasste Kontrazeptiva gefertigt, die nicht nur unter den Marketenderinnen als „Mittelalterpille“ gefürchtet waren.

Obwohl er sie den Damen persönlich so auf den Leib geschneidert hatte, dass sich die eisernen Mittelalterpillen zärtlich wie ein Seidentanga in den Schritt schmiegten, waren Erwin Littmanns Keuschheitsgürtel vor allem bei den Marketenderinnen gefürchtet. Jetzt ist endlich auch der Weg frei für frischen Nachwuchs bei den Gefechtsdarstellern.

Obwohl er sie den Damen persönlich so auf den Leib geschneidert hatte, dass sie sich zärtlich wie ein Seidentanga in den Schritt schmiegten, waren Erwin Littmanns Keuschheitsgürtel weithin gefürchtet. Jetzt ist endlich der Weg frei für frischen Nachwuchs bei den Gefechtsdarstellern.

Auch mancher Familienvater hatte beim Anblick dieser stählernen Sittenwächter so seine Mühe, dem Sohn oder der Tochter zu erklären, dass das mal Soldatenhelme werden sollen, die der Schmied nur noch nicht vollenden konnte.

Zwar ist Erwin Littmann 2019 leider verstorben, aber wegen der Angst vor der Neuzeit-Pest Corona hat es dann doch noch vier Jahre gedauert, bis die Sitten im Biwak endlich wieder auf Vorkriegsniveau gefallen sind. Zur Freude aller, die das muntere Treiben an nächtlichen Lagerfeuern und die von Eisen befreite Wollust nach dem Siegestrunke ausgelassen genießen wollen. Live mitzuerleben am 4. und 5. Mai drüben in Großgörschen.

Wie man ganz einfach Ortschaftsrat wird und wo die Superkondensatoren bleiben

Was ‘ne Woche! Mit einer Notbekanntmachung hat die Stadt auf fehlende Bewerber um die Sitze in den Ortschaftsräten Göhrenz, Kulkwitz und Quesitz reagiert. Wer Lust hat, sich durch die Formulare zu kämpfen und aufstellen zu lassen, hat jetzt noch bis zum 6. Mai Zeit. Aber es gibt einen viel einfacheren Weg: Man kann nämlich auch gewählt werden, ohne zu kandidieren. Das ist viel unbürokratischer und entspannter. Wie das geht, erklärt Ihnen Claus Narr im folgenden Beitrag. Doch zuerst kümmert er sich um das ominöse Superkondensatorenwerk in Kulkwitz. Statt dass hier, wie großspurig angekündigt, ab 2024 weltweit einzigartige Energiespeicher produziert werden, ist das Objekt jetzt zur Vermietung ausgeschrieben. Zieht da vielleicht endlich das Protonentherapiezentrum ein?

Es ist ein riesiger Klotz, der sich mit seiner in lebensbejahendem Schwarz gehaltenen Hülle harmonisch in die Zukunftserwartungen des Gewerbegebietes Kulkwitz einfügt. Aber was soll damit geschehen?

Was bisher bekannt ist: Eine Firma namens Skeleton wollte hier gemeinsam mit Siemens leistungsfähige Kondensatoren herstellen. Weniger bekannt ist der Umstand, dass keiner der beiden Akteure Bauherr des Objektes ist. Und am wenigsten wissen die Leute draußen von dem Gerücht, dass es einen Deal geben soll, wonach die Betreiber der Kondensatorenfabrik in Markranstädt keine Steuern zahlen müssen.

Superkondensatoren aus dem Homeoffice?

Das könnte jetzt ein Aufreger sein, wäre aber sinnlos investierte Lebenszeit. Denn wer dieser Tage mal einen Blick ins Internet wirft, könnte zu dem Schluss gelangen, dass es sowieso keine Kondensatoren „made in markranstädt“ geben wird. Nicht nur, weil es in letzter Zeit ziemlich ruhig um die einst gefeierte Ansiedlung geworden ist, sondern auch, weil im Portal immobilienscout24 gleich mal 8.000 Quadratmeter Hallenfläche zur Vermietung angeboten werden.

In Nordkorea werden so die "Sonderwirtschaftszonen" vermarktet, aber in Markranstädt sollten hier eigentlich von einem internationalen Konsortium weltweit einzigartige Energiespeicher produziert werden.

In Nordkorea werden so die „Sonderwirtschaftszonen“ vermarktet, aber in Markranstädt sollten hier eigentlich von einem internationalen Konsortium weltweit einzigartige Energiespeicher produziert werden.

Gut, optimistisch wie wir Markranstädter sind, könnte man jetzt mit der Hoffnung schwanger gehen, dass moderne Kondensatoren halt weniger Platz benötigen und deshalb im großzügigen Neubau an der B 186 noch ausreichend Kapazitäten für andere Interessen frei sind. Wenn da nicht noch ein zweites Angebot im Portfolio wäre.

Weiter unten in der Vermietungsanzeige werden nämlich weitere rund 11.600 Quadratmeter angepriesen.

Macht zusammen rund 20.000 qm. Müssen die Kondensatoren jetzt in der Pförtnerbude zusammengeschraubt werden oder wird die Produktion ins Homeoffice verlegt?

Macht zusammen rund 20.000 qm. Müssen die Kondensatoren jetzt in der Pförtnerbude zusammengeschraubt werden oder gehts ins Homeoffice?

Bei zusammen fast 20.000 Quadratmetern Hallenfläche, für die da neue Mieter gesucht werden, bleibt für Skeleton & Co., vom Pförtnerhäuschen mal abgesehen, nicht mehr viel übrig, um den Weltmarkt bedienen zu können. Es sei denn, die sind technologisch schon so weit, dass man Superkondensatoren heutzutage bereits im Homeoffice basteln kann. Das würde zumindest erklären, warum einige Markranstädter Bewerber um die ausgeschriebenen Stellen selbst nach Wochen noch keine Antwort erhalten haben. Sie verfügen zu Hause einfach nicht über ausreichend Produktionsflächen.

Wie man Ortschaftsrat werden kann, ohne davon zu wissen

Zu Hause viel Arbeit hat man auch, wenn man Ortschaftsrat ist. Noch größer ist der Aufwand allerdings, wenn man sich um einen Sitz in diesem Gremium bewerben will. Bis auf die Farbe der Unterhose und die Angabe sexueller Vorlieben ist in den erforderlichen Formularen für fast alles eine Rubrik vorgesehen. Da scheitern selbst studierte Geister mitunter schon am Unterschied zwischen der Staatsangehörigkeit und der Nationalität.

Das wollen sich in Kulkwitz und Quesitz nur noch je sechs Personen antun, in Göhrenz sogar nur vier. Gebraucht werden in allen drei Ortschaften aber mindestens je acht Bewerber. Deshalb hat das Rathaus jetzt eine Notbekanntmachung erlassen und die Bewerberfrist bis zum 6. Mai verlängert. Zumindest in Göhrenz haben sich Ortsvorsteher Jens Schwarzer (BfM) und schließlich auch Tommy Penk (Grüne) ein Herz gefasst und weitere ihrer Schäfchen zu einer Kandidatur motiviert.

Womit? Nun, sie haben ihnen versprechen müssen, sie beim Ausfüllen der Unterlagen zu unterstützen, weil sie sonst frühstens vor den Kommunalwahlen 2076 so weit wären.

Dabei gibt es einen viel einfacheren Weg, sich in den Ortschaftsrat wählen zu lassen. Das folgende Szenario ist keine im Suff entstandene Vision satirischer Querdenker, sondern vom Gesetz gedeckte Realität. Wenn sich nämlich nicht genügend Kandidaten finden, werden dem Wähler auf dem Zettel drei leere Felder präsentiert, in die er die Namen von wählbaren Personen eintragen kann. Ab damit in die Urne und fertig ist der Lack.

Betreutes Kandidieren: Tommy Penk und Jens Schwarzer führen ihre Bewerber durch den bürokratischen Dschungel.

Betreutes Kandidieren: Tommy Penk und Jens Schwarzer führen ihre Bewerber durch den bürokratischen Dschungel.

Alles andere geht dann seinen Weg. Bei Landwirtin Claire Grube, die weder Ahnung von Kommunalpolitik, noch Lust auf dieses Ehrenamt hat und nicht einmal selbst zur Wahl gegangen ist, könnte am nächsten Tag das Telefon klingeln. „Guten Morgen Frau Grube und herzlichen Glückwunsch zu ihrer Wahl in den Ortschaftsrat“, erfährt die Mistschaffende. Unter gewissen Umständen (wichtige Hinderungsgründe) kann sie den Kelch zwar ablehnen, aber wenn nicht, ist sie ganz ohne Unterstützerunterschriften, Formulare, Wählbarkeitsbescheinigungen und Rennereien Ortschaftsrätin geworden.

So einfach kann der erste Schritt in die Kommunalpolitik sein. Statt immer nur rumzumeckern und Probleme zu suchen, muss man nur die Sächsische Gemeindeordnung richtig lesen und zur Anwendung gelangen lassen. Vielleicht ist es dann im kommenden Jahr ausgerechnet die Stimme von Claire Grube, die für die Weichenstellung im Gewerbegebiet Kulkwitz sorgt. Statt Kondensatoren herzustellen, werden dann auf zwei Hektar Fläche die längst fälligen Protonen therapiert. Manche Dinge brauchen eben ihre Zeit.

Markranstädter Wochenschau: Das Schicksal der Propheten im eigenen Land

Weil große Ereignisse ihre Schatten voraus werfen, muss die Markranstädter Wochenschau diesmal ausnahmsweise mal schon am Mittwoch erscheinen. Und obwohl uns der Weg dabei in Provinznester wie Bad Dürrenberg oder gar Leipzig führt, sind auch dort irgendwie immer Markranstädter ganz vorn dabei. Es scheint, als würde die Bundesrepublik da draußen von Lallendorfer Propheten leben, die im eigenen Land oftmals kaum wahrgenommen werden. Drei Beispiele, die in dieser Woche Schule machen.

Am Freitag beginnt in Bad Dürrenberg die Landesgartenschau (Laga) Sachsen-Anhalt.

Allein dem Namen der Veranstaltung wird in manchen Kreisen mehr Schein als Sein nachgesagt. Hinter vorgehaltener Hand spricht man in der Markranstädter Nachbarstadt von der Gartenschau des Landes Brandenburg. Zumindest sollen von dort die meisten Impulse und Leistungen für den naturnahen Umbau des vorher nur natürlichen Kurparks gekommen sein. Selbst in Bad Dürrenberg ansässige Blumenfeen kamen demnach bei dem Event vor ihrer eigenen Haustür nicht zum Zuge.

Drei Markranstädter Firmen dagegen schon. So durfte die LAV jede Menge Erde in den Kurpark liefern. Keine Ahnung, worauf die Pflanzen dort bisher wuchsen, aber Erde braucht’s nun mal, damit neu angesiedelte Pflanzen im Gleichschritt Wurzeln schlagen können.

Wohnideen für die Zeit danach: So geht Sachsen

Weil gärtnerische Höchstleistungen bekanntlich auch im Friedhofswesen gefragt sind, gibt es bei der Laga zudem auch einen Schau-Gottesacker im Kurpark. Hier haben es mit der Gärtnerei Ifland und dem Steinmetzbetrieb Peschel gleich zwei Markranstädter Unternehmen auf die hart umkämpfte Liste der Aussteller geschafft. Die Geschichte dahinter hat allerdings was.

Erstmal war nur die Gärtnerei Ifland von Heike Riedig im Boot. Nachdem der Laga-Veranstalter ihrem Mann Sven eines der Grabmale vorgestellt hatte, die in eine florale Lebensgeschichte eingebunden werden sollten, wollte Riedig schon die Segel streichen. „Das Monument sah aus wie eine riesige Hängebrust, die sich auf den Friedhof ergießt. Das ging gar nicht“, erinnert er sich an den Moment der Präsentation.

Zwei Sachsen rocken die Gartenausstellung im Nachbarland Sachsen-Anhalt: Sven Riedig und Florian Peschel.

Zwei Sachsen rocken die Gartenausstellung im Nachbarland Sachsen-Anhalt: Sven Riedig und Florian Peschel.

Die Laga hatte dem wohl wenig entgegenzusetzen, zog die Reißleine und gestattete es der Gärtnerei Ifland daraufhin, einen anderen Steinmetz einzubinden.

Also stand Riedig kurz darauf in der Werkstatt von Florian Peschel und entwickelte mit ihm zwei letzte Ruhestätten, die dem Laga-Publikum nun als innovative Beispiele für Wohnideen „made in markranstädt“ im Leben danach dienen.

Und noch eine bemerkenswerte Parallele zwischen Bad Dürrenberg und seiner Nachbarstadt gibt es: Die 178 Tage Laga kosten rund 50 Millionen Euro und damit Stand heute so viel wie die Utopie einer Umgehungsstraße für Markranstädt. Die Moral von der Geschichte: Nehmet ortsansässige Unternehmer und lasset uns eine Allee voller Blumen pflanzen.

Nur jenseits von Markranstädt mehr Rudi als Völler

Ebenfalls nur im Ausland scheinen die Reputationen des Markranstädter WM-Schiedsrichters Rudi Glöckner auf fruchtbaren Boden zu fallen. In Leipzig-Grünau wird jetzt eine Schule nach ihm benannt. Allein in seiner Heimatstadt hebt das niemanden an. Hier setzt man bei der Namensverleihung seit jeher auf Kreativität und Vielfalt.

Wahrscheinlich nur in seiner Heimatstadt Markranstädt denkt man bei "Ruuudi" zuerst an Käthe Völler.

Wahrscheinlich nur in seiner Heimatstadt Markranstädt denkt man bei „Ruuudi“ zuerst an Käthe Völler.

In der Quasi-Geburtsstadt der weltberühmten Comic-Figuren Fix und Foxi erhalten Kindertagesstätten solch ebenso originelle wie einfallsreiche Bezeichnungen wie „Kita am Bad“ oder „Kita am See“, während das Kriterium bei der Vergabe von Schulnamen schon mal die Erfüllung der Frauenquote ist. Vom Ruhm, den ein weltbekannter Markranstädter Maler wie Kurt Schiering hinterließ, lässt man lieber junge Entwicklungsländer wie Chile profitieren, die ihm sogar ganze Ausstellungen widmen.

Da ist es nur folgerichtig, diese Linie auch im öffentlichen Verkehrsraum konsequent weiterzuverfolgen. Ob in der Birkenallee auch nur eine Birke wächst oder der Kranichweg je einen Kranich sah, ist unerheblich. Und ja: Der Eisvogelweg heißt wohl genau deshalb so, weil dort noch nie ein Eisvogel gesichtet wurde.

Rudi Glöckner hingegen war ein Markranstädter, wurde hier auch oft gesehen und deshalb wird sein Name in dieser Stadt wohl auch nie irgendwo auf einem Schild stehen. Wie heißt es gleich in der Sendung mit der Maus: Klingt komisch, ist aber so.

Bones hat fertig

Damit wären wir beim dritten Beispiel für Leistungen „made in markranstädt“ angelangt, die vor Ort mehr oder weniger unter dem Radar laufen. Aber wenn man auch das Sportcenter nie nach ihm benennen wird, droht Rüdiger Bones wenigstens ein würdiger Abschied von den Piranhas. Unter dem von seiner Frau kreierten Slogan „Ich habe fertig“ nimmt das Trainer-Urgestein am Samstag beim Spiel gegen Buxtehude offiziell seinen Hut.

Wieder ein Großer, der Großes für Markranstädt geleistet hat und nun die Bühne verlässt: Alles Gute, Rüdiger Bones.

Wieder ein Großer, der Großes für Markranstädt geleistet hat und nun die Bühne verlässt: Alles Gute, Rüdiger Bones.

Nach seinen ersten Trainerstationen an der Kinder- und Jugendsportschule beim Berliner TSC (ab 1988) und der BVG Berlin (ab 1994) kam Bones 2003 erstmals zu den Piranhas und führte das Team mehrmals in die Aufstiegsrelegation.

Die erfolgreichste Zeit des SC Markranstädt ist seitdem mit seinem Namen verbunden. Anno 2019 erinnerten sich die Piranhas seiner und klopften erneut bei ihm an. In den fünf darauf folgenden Jahren gelang es Bones, den Club trotz Mini-Kaders und bescheidener Mittel jeweils frühzeitig in sichere Tabellenregionen zu führen. Jetzt also sein Abschiedsspiel.

Gänsehaut für 5 Euro

Der Hinweis des Vereins auf den Kartenvorverkauf hat übrigens gute Gründe. Man rechnet angesichts der Überraschungen, die für die Verabschiedung des 65-jährigen „Mister Erfolg“ vorbereitet wurden, mit einer bis auf den letzten Platz gefüllten Hütte. Sogar die Aufwartung von Gästen mit Handball-Weltruf wird in der Markranstädter Gerüchteküche kolportiert. Allein das zu erwartende Gänsehaut-Feeling dürfte den aufgerufenen Vorverkaufspreis von 5 Euro damit locker bezahlt machen. In diesem Sinne: Allen ein denkwürdiges Wochenende.

Neues aus der vierten Etage: Verschwundene Akten und FKK im Stadtbad

Im öffentlichen Dienst soll der Montag bekanntlich der arbeitsreichste Tag sein, weil da immer gleich drei Kalenderblätter auf einmal abgerissen werden müssen. In Markranstädt begann die Woche diesmal aber sogar mit einer echten Sonderschicht: Stadtratssitzung am Montag – das war nicht nur für die Volksvertreter mal eine völlig neue Erfahrung.

Neben den üblichen Verdächtigen hatten sich auch einige neue Gesichter im Ratssaal eingefunden. Demokratie hautnah erleben, oder so ähnlich, lautete wohl der fromme Wunsch.

Volker Kirschner hatte den Wissensdurst der Neuen mit seinem sensiblen Verständnis für die Belange pflegebedürftiger Patienten sofort erkannt und führte sie zunächst in die Grundlagen der Basisdemokratie ein. „Auch wenn es inzwischen zur Gewohnheit geworden scheint, dass ich hier vorn sitze, möchte ich betonen, dass ich nicht der Bürgermeister bin, sondern immer noch Stadtrat“, klärte er die neuen Gäste zur Erheiterung des Stammpersonals auf. Am Ende seiner kurzen Präambel wies Kirschner darauf hin, dass die Bürgermeisterin erneut krankheitsbedingt verhindert sei.

Sorge und Anteilnahme

Dem Raunen im Publikum war aufrichtige Anteilnahme am tragischen Schicksal ihrer Stadtoberhäuptin zu entnehmen. Mit besorgten Mienen wurde darüber getuschelt, welch heimtückische Krankheit es denn sein könne, die es ihr seit einem Vierteljahr nicht erlaubt, Stadtrats- oder Ausschusssitzungen zu leiten, gleichwohl aber eine nahezu lückenlose Fotodokumentation über zwischenzeitlich wahrgenommene Repräsentationstermine wie den Feuerwehrball, runde Geburtstage, einen Workshop mit der Sozialministerin oder flammende Osterfeuer vorzulegen.

Fragen hier, Fragen da

Aber wenn selbst die Rechtsaufsicht bereit ist, Anweisungen gegenüber der Stadt wegen Krankheit der Bürgermeisterin um gleich mal ein dreiviertel Jahr im Voraus zu verlängern, sollten spätestens damit alle Zweifel verstummen. Was sollen denn die jungen Demokraten im Publikum denken, wenn es heißt, dass in Markranstädt sogar das Landratsamt nicht mehr ernst genommen wird?

Die hatten ohnehin schon genügend Fragen mitgebracht. So wollten sie beispielsweise erneut wissen, warum vom Stadtrat und aus dem Rathaus niemand an den jüngsten Demonstrationen für Menschenrechte in Markranstädt teilgenommen hat.

Und in der Tat scheint das sehr nötig zu sein. Wenn erwartet wird, dass sich Menschen öffentlich dafür erklären müssen, warum sie an einer Demo teilgenommen haben oder nicht, dann ist es wirklich höchste Zeit, wieder mal für Menschenrechte mobil zu machen.

Ähnlich unterhaltsam wurde es nur einmal noch in der Sitzung. Satte 180.000 Euro sollten zurückgestellt werden, um eine Klage des Bautzener Unternehmens abzusichern, das die ersten Planungen für das neue Stadtbad erstellt hat, bevor es zurück in die sorbische Wüste geschickt wurde.

Halb gewonnen, halb zerronnen

Hier war Mathematik gefragt. Weil das „Prozessrisiko bei 50 Prozent liegt“, wollte das Rathaus die Hälfte des Streitwertes schon mal vorsorglich beiseite legen. Die Stadträte rechneten mehrheitlich anders. Entweder man verliert und zahlt alles oder man gewinnt und löhnt nichts. Also muss sich die Kämmerei jetzt Gedanken machen, wo sie den gesamten Streitwert in Höhe von 360.000 Euro abzweigt.

Diese Gelegenheit ließ sich der Akteneinsichtssausschuss nicht entgehen, um gleich die nächste Bombe platzen zu lassen. Das Gremium wurde im vergangenen Jahr gebildet, weil inzwischen kaum noch jemand zu wissen scheint, was beim Stadtbad gehauen und gestochen ist.

Ausschuss wirft hin

Der Ausschuss sollte durch Aufarbeitung der Akten Licht ins Dunkel bringen. Doch statt froh zu sein, dass sie nur lächerliche drei der rund 15 Ordner vorgefunden haben und auf diese Weise schnell Feierabend hatten, klagten die Ausschussmitglieder den Stadträten nun ihr Leid.

Neuer Haarschnitt für die Akten?

Demnach waren 12 Ordner plötzlich spurlos aus dem Bauamt verschwunden und im Rathaus habe man sich deren Verbleib ebenfalls nicht erklären können. Selbst für das Mysterium, woher und wie die Akten zwei Wochen später wie von Geisterhand getragen wieder an ihren Platz gelangen konnten, hat niemand eine plausible Erklärung.

Statt dessen hatte aber der Ausschuss eine Erklärung mitgebracht, allerdings mit einer bedingungslosen Kapitulation als Inhalt.

Die Kapitulationserklärung

Wörtlich heißt es darin, dass „das Vertrauen und die Gewissheit in die Vollständigkeit der Akten“ fehlt und man die Arbeit daher nicht fortsetzen werde. Frei aus dem Juristendeutsch übersetzt: Der Ausschuss befürchtet, dass die Papiere zwischendurch beim Friseur waren und legt deshalb seine Arbeit nieder.

Das klärt sich von allein

Auch hier lernten die jungen, nach Demokratieerfahrungen lechzenden Besucher der Sitzung wieder etwas dazu: Was in jedem C-Krimi auf Netflix binnen drei Minuten für den Hubschrauber-Einsatz eines SEK sorgt, ist in der Markranstädter Realität ein Routinevorgang, den man auch ganz ohne Ermittlungsbehörden nicht aufklären kann.

Zumindest das nächtliche Treiben an den sozialen Brennpunkten der Stadt hat sich auf Anfrage eines Stadtrats geklärt. Das Security-Unternehmen ist seit Oktober raus aus dem Vertrag, Aktuell, also schon ein halbes Jahr später, laufe bereits eine Neuausschreibung.

Finanziell auf Siegeskurs

Und dennoch war diese Montagssitzung des Stadtrats eine der erfolgreichsten Veranstaltungen der letzten Jahre. Nachdem die 180.000 Euro für den Rechtsstreit um das Stadtbad abgeschmettert wurden, sollen nichtöffentlich nochmal 65.000 Euro für die Abfindung einer in Ungnade gefallenen Rathaus-Mitarbeiterin eingespart worden sein. Zwar muss die Ärmste demnach jetzt offiziell weiterarbeiten, aber erstens ist geteiltes Leid halbes Leid (weil auch die Chefin weiter mit ihr arbeiten muss) und zweitens blieben nach diesem Abend in der vierten Etage damit unterm Strich satte 245.000 Euro im Stadtsäckel.

Auf 12 Sitzungen gerechnet, könnten bei konsequenter Fortführung dieses Kurses stolze 2,9 Millionen Euro pro Jahr auf der Haben-Seite stehen. Oder anders gesagt: In drei Jahren hätten wir ein Hallenbad mit Fußbodenheizung, FKK-Bereich und kostenlosem Bikiniverleih.