Sofi sorgt für Wirtschaftsaufschwung

Omg, thx sofi: lol. So das Handy nach den vielen Sonnenfotos noch funktionierte, waren das die gängigsten SMS-Formeln, die gestern durch den Äther schwirrten. Der Tag der Sonnenfinsternis ist vorbei. Bis Mitternacht haben wir gewartet, ob angesichts der ungewöhnlichen Konstellation der Gestirne nicht doch noch irgendwas passiert. Bis auf die Tatsache, dass ein paar Sonnen-Euphoriker ihre teuren Kameras zerschossen haben, blieb aber nahezu alles aus, was da an Folgen prognostiziert wurde.

Ein wenig unheimlich war es schon, gestern kurz vor Mittag. Der Himmel färbte sich graublau und irgendwie war alles leiser. Sogar der Verkehrslärm im Zentrum von Markranstädt klang eher, als säße sein Quell in einer verschlossenen Butterdose.

Ein Strom-GAU wurde vorausgesagt für Deutschland, weil in jener Vormittagsstunde genau das passierte, was eigentlich jeden Abend passiert und es trotzdem keinen Stromausfall gibt.

Weltuntergang wieder mal verschoben

Der Mensch braucht eben irgend etwas, woran er glauben kann und Katastrophenszenarien verkaufen sich da halt besonders gut. Schon die alten Pharaonen in Ägypten nutzten solche Naturereignisse, um den ungebildeten Plebs auf sich einzuschwören. Das ist auch heute noch so. Für die Unbildung sorgt das Nachmittagsprogramm von RTL II und die Nutznießer sitzen in den Schaltzentralen der Braunkohleindustrie.

Ohne die geht’s nicht in Germanien, sagen deren Lobbyisten und verweisen auf den „Energiemix“, laut dessen die Kohle ein Drittel des deutschen Stroms gewährleistet, während die alternativen Energieformen gerade mal die 20-Prozent-Marke geknackt hätten.

Energiemix: Gerührt oder geschüttelt?

Unmittelbar vor der Sofi hörte sich das dann aber plötzlich ganz anders an. Schon über 50 Prozent würden regional durch Sonne erzeugt und wenn die nun ausfallen …

Glaube nie an eine Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast. Es ist alles gut gegangen am gestrigen Sofi-Tag. Lediglich der mit einem Photovoltaik-Paneel betriebene Vibrator einer Bordsteinschwalbe in einem Leipziger Freiland-Bordell versagte seinen Dienst wegen fehlendem Licht. Das lag allerdings nicht an der Sonnenfinsternis, sondern daran, dass die Sonde zu tief abgetäuft wurde und es dort von Natur aus kein Licht gibt.

Unterhaltsam dagegen war das Treiben der Schaulustigen. Überall wurden Handys in die Luft gehalten und eine Tageszeitung rief sogar dazu auf, Selfies mit Sofi zu machen. Fotografisch erfolgversprechender wäre es gewesen, ein Selfie vom enttäuschten Gesicht ob des winzigen hellen Punktes auf dem Display zu schießen. Schlimmer jedoch traf es jene Blender, die sich durch teures Equipment wie Spiegelreflex in den Stand des Profis gehoben glaubten.

Die Optik eines fotografischen Apparates bündelt nämlich das Licht und wirkt so wie eine Lupe, mit der man bekanntlich ein Feuer entzünden kann. Ohne Filter auf die Sonne gerichtet, heizt sich die Kamera auf und das wars dann schon. Vom menschlichen Auge ganz zu schweigen, das durch den Sucher die volle gebündelte Landung abbekommt.

Zerstörte Sensoren, zerschossene Elektronik: Die vom Preisverfall der Sofi-Brillen gebeutelte Branche freut sich über neue, lukrative Reparaturaufträge und Absatzmärkte. Wirtschaftaufschwung dank Sofi: Das würde man sich jeden Tag wünschen…

 

Beschränkte Hilfe durch beschränkte Lösungen

Die Zahl 13 soll bekanntlich Unglück bringen. Aber wahrscheinlich dachte gestern keiner der Kameraden der Markranstädter Feuerwehr beim Ausrücken daran, dass es der 13. Einsatz anno 2015 war. Das Unglück kam trotzdem, wenngleich die Sache glimpflich endete.

Wie immer, so ist der Einsatzbericht des FFW-Pressewarts wieder einmal lesenswert, birgt aber diesmal auch eine hohe Brisanz. Demnach rückten die Kameraden gestern gegen 11:59 Uhr zu einem Heckenbrand in Frankenheim aus.

Das muss schon ein seltsames Gefühl sein, wenn man überhastet den Arbeitsplatz, die Küche, den Garten oder was auch immer verlässt, sich in die Einsatzklamotten zwängt, wenige Minuten später ausrückt und dann … nicht weiterkommt.

So schnell wie möglich am Einsatzort sein, das heißt auch, einen möglichst kurzen Weg dahin zu wählen. In diesem Fall war das die Priesteblicher Straße. Doch diese Passage ziert seit einiger Zeit ein Schlagbaum und der steht fest wie eine deutsche Eiche.

Vorwärts Kameraden, wir müssen zurück!

Die Einsatzkräfte wurden dadurch aufgehalten und trafen so erst sechs Minuten später am Ort des Brandes ein. Da hatte die örtliche Feuerwehr die Flammen bereits gelöscht. Was bleibt, ist ein fader Beigeschmack.

Über 200 Jahre nach Beendigung der reichsdeutschen Kleinstaaterei wachsen schon wieder Schranken aus dem Boden. Sinnlose Schranken zudem. Die an der Priesteblicher Straße hatte schon kurz nach ihrer Errichtung für den ersten Schaden gesorgt.

Jetzt hat der Schlagbaum unfreiwillig all die warnenden Finger bestätigt, die schon früh gehoben, aber noch nicht einmal anständig ignoriert wurden. Es ist glimpflich ausgegangen, aber ein Umweg von sechs Minuten kann auch mal Menschenleben kosten…

 

Räpitz plant die Integration der Eremiten

An fast jedem Ort in Deutschland wird über die Integration von Ausländern diskutiert. Dabei sind noch nicht einmal Inländer in unserer Gesellschaft angekommen. Eine kleine, nahezu unscheinbare Meldung auf Seite 13 der jüngsten Ausgabe des Markranstädter Stadtjournals widmet sich diesem Thema. Interessant und sympathisch, was da zu lesen ist. Und höchste Zeit auch – allerdings nicht nur in Räpitz.

Im Volksmund werden die urbanen Enklaven, die es mittlerweile in fast jeder Stadt gibt, Känguru-Siedlungen genannt. Weil die Ureinwohner jener Orte den Insassen der neuen Wohngebiete unterstellen, wegen der Kredite nichts im Beutel zu haben, aber trotzdem große Sprünge vollziehen zu wollen.

Selbst ein religiöser Würdenträger ließ sich beim Anblick einer solchen Siedlung nahe der Ortschaft Starsiedel, die architektonisch in der Tat wenig Abwechslung bietet, vor einigen Jahren sogar zur Verwendung der Assoziation „Neu-Buchenwald“ hinreißen.

Große Sprünge, nichts im Beutel

Wie auch immer: Die mitteldeutschen Kängurus haben es nicht leicht. Sie leben meist in geschlossenen Populationen, müssen sich daher den Vorwurf einer gewissen Kontaktscheu gefallen lassen und sind ob ihrer abgeschiedenen Lebensweise geheimnisumwittert.

„Die kommen im Dunkeln nach Hause, stellen ihr Auto unter das Carport und verschwinden in ihren Häusern“, war kürzlich in einer Markranstädter Dorfkneipe auf die Frage zu hören, warum denn aus dem Nationalpark nicht mal jemand auf ein Bier nach draußen geht. Und: „Nur einmal im Jahr verlassen sie ihre Reservate, um zu Silvester die Feuerwerkskörper abzuknallen, damit sie Neujahr vor der eigenen Tür nicht kehren müssen.“

In Seebenisch haben einige Kängurus ihre Häuser entlang einer „Privatstraße“ gebaut und sich dort auf besonders wirkungsvolle Weise verschanzt. Die Straße ist durch ein rustikales Tor versperrt.

Einsamer sucht Einsame zum Einsamen

Zwischen dessen Schießscharten stecken manchmal Zeitungen und Briefe, die Postboten nach ihren verzweifelten Versuchen, die privaten Briefkästen in der privaten Straße zu erreichen, dort völlig frustriert zurückließen. Die Frage, wie die Feuerwehr im Brandfall dorthin gelangen soll, stellt sich in Seebenisch gegenwärtig zum Glück ohnehin nicht.

Auch in anderen Ortschaften gibt es ähnliche Fälle. Nicht selten zieren sogar Überwachungskameras die Trutzburgen modernen Wohnens. Aber wie überall, handelt es sich dabei eben nur um „Städter“, wie die Gesamtheit aller nicht im Dorf geborenen homo sapiens genannt wird.

My home is my castle

Wären es Ausländer, hätte man die monotonen Tuja-Hecken der Siedlungen längst mit Transparenten behängt und diese mit wortgewordenen Vorwürfen mangelnden Integrationswillens garniert. Vielleicht wären die Känguru-Siedlungen längst zum Ziel von Legida-Demos geworden, wenn deren Insassen nicht auf Pump geleaste Mercedes fahren und deutsch sprechen würden oder im öffentlichen Dienst angestellt wären.

Der Weg zwischen Erkenntnis und Handeln war in Räpitz wohl der kürzeste. Dort hat der Ortschaftsrat jetzt einen Entschluss gefasst, der – wenn er denn klappt und von der Zielgruppe angenommen wird – eine Art Pilotprojekt für alle anderen Ortschaften und sicher auch die Kernstadt werden könnte.

Pilotprojekt „Neubürgertreffen“

Am Freitag, dem 22. Mai, soll im Festzelt am Sportplatz in Räpitz ein „Neubürgertreffen“ stattfinden! Weil in den letzten Jahrzehnten „für viele auch unbemerkt“ Bürger zugezogen sind, wolle man auf diese Weise mit ihnen Kontakt herstellen.

Offiziell heißt es dazu: „Wir wollen versuchen, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen und Sie auf die doch recht umfangreichen Aktivitäten in unseren kleinen Ortsteilen aufmerksam machen.“ Schließlich ist es wirklich traurig, wenn diese Neubürger nach so vielen Jahren noch nichts von diesen Aktivitäten mitbekommen haben.

Eremitage im Festzelt

Es klingt fast, als würde man Außerirdischen entgegentreten wollen. Wir kommen in Frieden! Bleibt zu hoffen, dass die Alliens diese Botschaft erhalten und sie nicht auch am Zaun der Privatstraße hängen bleibt. Nicht auszudenken, wenn wir die Neuzeit-E.T.’s mit staatlich organisierten (und bezahlten) Integrationskursen und Kommunikationsseminaren zu einem Bier am Stammtisch zwingen müssten.

 

 

Leipzig liest: Bücher oder Leviten?

Wen die abflauende Grippewelle bislang verschont hatte, der konnte sich am Wochenende auf dem Leipziger Messegelände von ihr ereilen lassen. Hunderttausende potenzieller Wirtstiere tummelten sich dort in fünf Hallen auf der Buch- und der Antiquariatsmesse sowie der traditionell parallel stattfindenden Manga-Comic-Convention. Angesichts dieser humanoiden Massekonzentration wäre jedes schwarze Loch blass geworden.

Buchmesse in Leipzig: Da hat man die große Welt der Satire quasi vor der Nase! Was liegt da näher als ein Brigadeausflug der Markranstädter Nachtschichten? Also hinein ins Auto und ab … auf die Autobahn. Kann ja niemand ahnen, dass eine 14 Meter breite, dreispurige Autobahn nicht ausreicht, um bei einem Unfall wenigstens noch die Standspur passierbar zu lassen.

Also erst mal noch eine Sightseeing-Tour durch Wiederitzsch und die umliegenden Ortsteile. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus: Die haben da viel gebaut in den letzten Jahren. Viel, außer Straßen.

Wer es dann bis zum Messe-Eingang geschafft hatte, war trotzdem noch lange nicht drin, in den ehrwürdigen Hallen. Man brauchte entweder Stehkraft oder den Mut, einfach die Beine anzuziehen und sich durch die Ausstellungsfläche tragen zu lassen. Da brauchte man nur am richtigen Stand seinen Vordermann auf die Schulter zu tippen und abzuspringen.

Zwischen Manga und Baumwollfeld

Die lebendig gewordenen Zeichentrickfiguren mit den großen Heidi-Augen schwenkten gleich in Halle 1 ab. Der weiterziehende Tross nahm danach im Altersdurchschnitt schlagartig um 20 bis 30 Jahre zu. Wer von oben auf die Menschenmassen schauen konnte, durfte sich auf einem Baumwollfeld in den amerikanischen Südstaaten des 19. Jahrhunderts wähnen.

massen

Das darf aber weder Veranstalter noch Aussteller wundern. Das Jugendbuch war nicht nur unterrepräsentiert, sondern de facto nicht existent. Kinderbücher – ja, Belletristik – ja, Fachbücher, Schulbücher, Nachschlagewerke … alles da. Sogar ein eine eigene Verkaufsabteilung für Kinderbücher gabs, aber der Begriff „Jugend“ kam auf der diesjährigen Buchmesse bestenfalls marginal vor.

So saßen jene unter 20-jährigen, die nicht gleich in die Manga-Halle abbogen, meist gelangweilt am Hallenrand und zockten mit ihren Handys. Leipzig liest – was auch immer.

Und wieder einmal tummelten sich allerhand Aussteller auf der Fachmesse, bei denen man sich fragt, ob sie nicht das Thema verfehlt oder nach der letzten Messe nur vergessen haben, ihren Stand abzubauen.

Das fiel schon bei der Hobby & Freizeit auf, wo sich die Bundeswehr in preußischer Werbemanier auf potenzielle Nachwuchskräfte stürzte oder die Arbeiterwohlfahrt gar mit einem Schützenstand präsent war.

Auf der Buchmesse anno 2015 durfte dann auch ein Stand der Bundesagentur für Arbeit nicht fehlen. Ganz schwere Literatur, das! Da findet man Formulierungen, bei denen selbst das Hirn eines Nobelpreisträgers Jahre bräuchte, um sowas zu entbinden.

Entsprechend verhalten war auch die Resonanz des Publikums, das dann sogar noch einen weiten Bogen um den Stand schlug und damit auf der Restfläche für noch dichteres Gedränge sorgte.

Auf diese Weise lief man einer anderen Behörde geradezu in die Arme. Das Bundesamt für magische Wesen wartete sogar richtig mit offiziellem Bundesadler und Reichsinsignien auf. Man kann eigentlich nur raten, für wen dieses Bundesamt für magische Wesen agiert.

bundesamt

Nachfolger des Kanzleramts?

Vielleicht ist es aus dem Kanzleramt hervorgegangen und vertritt die Interessen unserer Angela „Bibi“ Blocksberg? Oder von Wolfgang „Harry“ Potter-Schäuble? Letzterer kommt nach seinen jüngsten griechischen Finanz-Tricks wahrscheinlich eher in Frage. Aber so richtig Satire war das auch nicht.

Also weiter durch die Hallen. Eulenspiegel Verlag – das war doch früher immer ein Garant für gute Laune. Früher. Heute grinst einen in den Regalen gleich meterweise und gefühlt hundertfach das Konterfei von Gerhard Schürer an. Man müsse das Buch von oder über den SED-Planungschef gelesen haben, um die DDR zu verstehen, droht Egon Krenz im Vorwort.

Um dem Poem auch die entsprechend gefühlsmäßige Würde zu verleihen, tummeln sich am Stand mehr Eulenspiegel-IM’s (die man am Namenskärtchen erkennt), als Interessenten. Sollte wohl darstellen, dass der Schmöker ob seiner Brisanz scharf bewacht und gegen Diebe verteidigt wird. Nun ja, wir wollten es nicht einmal kaufen und zogen enttäuscht weiter.

Am Schluss des Brigadeausflugs sollte eine Teilnahme an der Auszeichnung des „ungewöhnlichsten Buchtitels“ stehen. Ungewöhnlich – das ist so eine Sache, die immer irgendwie auch subjektiv geprägt ist.

Multiplikation mit null

Und weil andere Besucher auch so defensiv zu denken drohten, hatte man einen Multiplikator angekündigt. So heißen heute die Leute, die geholt werden, wenn Sauerbier verkauft werden soll. Im Programm der Messe hieß es dazu „…unter Mitwirkung einer prominenten Fachjury … Oliver Kalkofe, Jürgen von der Lippe …“ Und so rammelte alles dahin, wo Jürgen und Olli vermeintlich das Buch mit dem ungewöhnlichsten Titel adeln sollten.

Nun ja – Sie ahnen es sicher schon. Das Buch wurde zwar ausgezeichnet, aber die beiden Multiplikatoren müssen wohl irgendwo im Besucherstrom zwischen Entree und Hallenübergang steckengeblieben sein oder waren gar nicht erst gekommen. Wie auch immer: Es hat ins Bild dieser Ausstellung gepasst.

Messe-Sex: Intime Berührungen

Wer gern unter vielen Menschen ist, dem kann man einen Besuch der Leipziger Buchmesse nur empfehlen. Stimmengewirr aus aller Herren Länder, ein ebenso breit gefächertes Spektrum individuellster Körpergerüche, jede Menge intime Kontakte vor allem mit Knie und Ellenbogen und natürlich eine mit Hektik und Stress geschwängerte Luft, lassen die Stippvisite auf der für diese Ansprüche viel zu kleinen Ausstellungsfläche zu einem nachhaltigen Event werden.

titelreviewVölkerwanderung in den Messehallen. Entspannt informieren sieht anders aus.

Lesen oder auch nur Bücher angucken wollen, sollte man sich aber besser nicht vornehmen. Da ist der Besuch in jeder beliebigen Buchhandlung entspannter und dort stehen auch keine Fernsehkameras samt Teams, Interviewpartner, Stativen und Scheinwerfern mitten auf dem Weg und sorgen so für endgültigen Stillstand des Besucherstroms.

 

SK Markranstädt 1990: Nie mehr zweite Liga!

Fußball und Handball – diese beiden Begriffe fallen meistens, wenn nach Sport in der Sportstadt am See gefragt wird. Aber die erfolgreichsten Sportler Markranstädts sind sie trotzdem nicht. Im Rudern und Kanusport, Segeln, Schach, im karnevalistischen Tanz und anderen Sportarten ist man fernab der öffentlichen Wahrnehmung bisweilen wesentlich erfolgreicher. Ab der kommenden Saison gibt es nun auch in der Weststraße höchstklassigen Sport: Unsere Kegler sind in die 1. Bundesliga aufgestiegen!

Mit dem Sport ist das so eine Sache. Man kann ihn draußen betreiben oder in einer Halle. Beides schützt aber nicht vor unliebsamen Überraschungen. Markranstädt bietet das beste Beispiel dafür, dass nicht nur ein Fußballplatz unter freiem Himmel mal absaufen kann, sondern auch das Parkett unter einem vermeintlich sicheren Dach.

Da ist es ein wahres Glück, dass es einen ausreichenden Fundus an Smartphone-Apps und Computerspielen gibt, bei denen man mit den richtigen Cheat-Codes sogar die Bayern quasi im Alleingang schlagen kann. Selbst bei Regenwetter wird man da nicht nass und wer trotzdem den besonderen Kick mit Wellengang sucht, kann sich ja Wasserball runterladen.

Ohne Bier, Doping und … Fernsehgelder

Auf der Markranstädter Kegelbahn kann bestenfalls ein umgekipptes Bierglas für temporäre Nässe sorgen. So jedenfalls der Volksmund. Das gilt aber nur für volkssportliche Aktivitäten, bei denen die Zahl der geschobenen Ratten ohnehin meist höher ist als die des gefallenen Holzes.

Wenn dagegen die Markranstädter Teams des SK 1990 auflaufen, geht es um Leistungssport und da ist Bier ebenso tabu wie bengalische Feuer und Laola-Wellen auf nicht vorhandenen Zuschauerrängen.

Kurze Regelkunde

Mal abgesehen vom Regelwerk, bei dem es weder ein Handicap gibt noch ein Strike vorgesehen ist, gibt es aber im Kegeln noch ein paar andere Besonderheiten. So beispielsweise die, dass die Markranstädter in der 200-Wurf-Variante spielen, während man ansonsten auch gerne mal dem 120-Wurfsystem frönt, das selbstverständlich in einer eigenen Bundesliga ausgekegelt wird. Auch die Organisationsform und Veranstaltung der Meisterschaft hat für den Laien so ihre Tücken.

Wer beispielsweise den Erfolgen der Markranstädter Kegler und Keglerinnen folgen möchte, findet im Internet gleich zwei erste Bundesligen. Die eine ist die des DKBC (Deutscher Keglerbund Classic e.V.) und dann gibt es noch die Spielklassen der DCU (Deutsche Classic-Kegler Union e.V.), die sich als „Classic-Alternative“ versteht. Das ist im Grunde genommen wie beim Mau Mau, bei dem die Buben manchmal „Wünscher“ sind und manchmal auch nicht, man dafür bei der 8 eine Karte ziehen muss, was wiederum bei der 7 immer gilt – und dann sogar zweifach. Und selbst dann wird noch diskutiert, ob man ein As als Aussetzer verlängern kann oder nicht. Verstanden?

Aber so ungewöhnlich ist das im Sport nun auch wieder nicht. Man kennt das ja aus dem Boxen: WBA, WBC, IBF und WBO heißen dort die wichtigsten Weltverbände und auch in anderen Kampfsportarten tummelt sich gleich eine Vielzahl ambitionierter Veranstalter – SPD, FDP, CDU, um nur einige zu nennen.

Unsere frischgebackenen Bundesliga-Kegler schieben ihre Kugeln unter dem Dach des DKBC nach den international gültigen Regeln. Und nun sogar in Deutschlands höchster Spielklasse! In der zurückliegenden Zweitliga-Saison setzte man sich gegen Konkurrenz durch, die im Vergleich zu den kommenden Reisezielen fast schon fußläufig erreichbar war. Granschütz, Mücheln und Burgwerben liegen quasi vor der Haustür. Gut, mit Cottbus, Magdeburg, Berlin, Ohrdruf und sogar Schwedt hat man auch die schier unendlichen Weiten deutscher Ostgebiete kennenlernen dürfen, aber das ist nichts gegen das, was jetzt kommt.

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Aufstieg! Da feiert die ganze Vereinsfamilie.
(Fotos: KF / pixabay)

Schon mal was von Kipfenberg gehört oder von Mörslingen? Nein? Dann vielleicht aber von Weiden. Auch nicht? Na gut, aber wenigstens Namen wie Zeulenroda, Dommitzsch oder Berlin sind Ihnen doch hoffentlich geläufig. Da fliegt man drüber weg, wenns in die Dominikanische oder an den Ballermann geht. Das sind jedenfalls die Orte, die man künftig an der Weststraße ins Navi eintippt, bevor die große Reise losgeht.

Deutschlands Spitzenteam und heißester Meisterschaftsanwärter im 200er Classic-Kegeln kommt übrigens aus Kipfenberg. Das liegt draußen in Bayern. Genauer gesagt in Oberbayern. Noch genauer gesagt: Kipfenberg liegt nur wenige Meter neben dem geografischen Mittelpunkt Bayerns. Da fährt man wirklich nur hin, wenn man unbedingt muss und dort wenigstens 6.000 Hölzer mitzunehmen sind. Was nicht heißen muss, dass da unterwegs nicht trotzdem sehnsüchtige Gedanken an jene niederklassige Tage kommen, da man noch nach Schwedt fahren durfte.

kugelnNun ja, die Wege durchs Land werden jedenfalls weiter für die Markranstädter Kegler und damit steigt auch der Zeit- sowie der finanzielle Aufwand. Mörslingen beispielsweise ist ein 850-Seelen-Kaff im schwäbischen Landkreis Dillingen an der Donau. Runde 375 Kilometer einfache Strecke.

Kipfenberg – Mörslingen – Markranstädt

Beim Gedanken daran wird der Kopf nach dem Aufstiegs-Sekt von alleine nüchtern und nicht umsonst gibt es immer wieder Teams, die ihre Meldung für die erste Bundesliga nicht nur aus sportlichen Aspekten zurückziehen müssen. Zuletzt erwischte es in der laufenden Bundesliga-Saison die Kegler aus Weida und Engelsdorf.

Die Markranstädter Holzjäger haben aber schon ganz andere Hürden aus dem Weg gekegelt und was eine richtige Sportstadt sein will, die findet sicher auch ein paar unterstützende Scheinchen für engagierte Sportler. Muss sie auch, wenn ihre Protagonisten dereinst bei der Übergabe der Meisterschale mit auf dem Foto sein wollen.

kegel

Ab jetzt wird weit gereist und unterwegs wartet da sicher auch so manch anderer Kegel.

Dass solche Gedanken nicht weit hergeholt sind, beweist die Fachkompetenz des DKBC. Der hat Markranstädt nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga volley zum Kreis der elitären Top-Favoriten für den Durchmarsch erklärt. Zwar hat sich so mancher selbsternannte Experte da an den Kopf gefasst, aber schließlich ist es genauso gekommen. Für den Jungfräulichkeitstest in der 1. Bundesliga prognostizieren Fachleute einen Platz im guten Mittelfeld und manche wollen sogar das Eingreifen in den Kampf um die Medaillen nicht ausschließen.

Na dann: Glückwunsch zum Aufstieg und Gut Holz in der Beletage des deutschen Kegelns!   

 

So stehn die Gauchos: Götze im Angriff, Spiske im Schach?

Es bleibt dabei: Kein Wort zur Stadtratssitzung und zum Kita-Beschluss auf dieser Seite. Grundsätzlich. Eigentlich. Doch das Donnergrollen, das seit gestern zu hören ist, scheint sich zu einem ausgewachsenen Tsunami zu entwickeln und bereitet Sorgen. Das kann man nicht einfach so ignorieren. Und wem die folgenden Zeilen so in den Augen klingeln, als würden wir eine Lanze für den Bürgermeister brechen wollen: Ja – in diesem Fall tun wir das. Aber nicht wegen des Kita-Standorts, sondern aus anderen Gründen. Nennen wir sie: Demokratie. Man kanns auch als Naivität bezeichnen.

In Markranstädt gilt die Devise: Wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Demzufolge gibt es auch keine Position dazwischen. Das wird sich wohl auch nicht so bald ändern. Um diese Tragik zu verstehen, kann man durchaus mal einen Vergleich zum Sport ziehen. Wenn der Verteidiger des SSV Markranstädt ein Eigentor schießt und es am Ende 0:1 heißt, wer hat dann verloren: der SSV oder der Verteidiger?

Nun, im sportlichen Markranstädt sitzt am Ende das Team in der Kabine und trauert gemeinsam um das verlorene Heimspiel. Im politischen Markranstädt hat in erster Linie der Verteidiger versagt. Und selbst wenn es kein Eigentor war, wird jemand gefunden, der es geschossen hat. Notfalls der Trainer.

Spielsystem ohne Libero

Als man sich noch eines wahrhaften Rastelli in den eigenen Reihen sicher war, wurden die 1. Beigeordnete oder der CDU-Fraktionschef als Elfmeterschützen auf den eigenen Kasten aufgestellt. Kaum aber hat man wahrgenommen, dass es dem Rastelli (zumindest in diesem Spiel) wirklich nur um Fußball geht und ihm das Trikot scheißegal ist, schon wird auch er für den Transfermarkt freigegeben. Kirschner, Lehmann, Spiske: nach linkem Vernehmen ablösefrei zu haben.

So jedenfalls stellt es sich dem Außenstehenden dar, der mit Politik nichts am Hut hat und nur alle paar Jahre mal wählen – äh, sorry – ins Stadion am Bad geht und ein gutes, leidenschaftliches Spiel zweier Mannschaften sehen will, bei dessen Ausgang er ein gutes Gefühl mit nach Hause nimmt.

Nun ist Markranstädts J.R. weder ein etatmäßiger Verteidiger, noch ein routinierter Stürmer. Im Gegenteil: Missgünstige Fanclubs unterstellten ihm bislang nicht nur mangelnde Fitness und mitunter auch gewisse Antrittsschwächen, sondern auch viel zu wenig Ballkontakte. Dass er ausgerechnet bei seiner vermeintlich ersten Ballberührung getroffen haben soll?

Sägeblatt mit 23 Zähnen

Zurück ins wahre Leben: Es saßen 23 Stimmberechtigte im Saal, von denen 12 für den Kita-Standort am Bad gestimmt haben. Also – um bei der Terminologie der gegnerischen Fanclubs zu bleiben – gab es zwölf Schüsse, die im Tor landeten. Welcher der zwölf war der entscheidende Treffer? Oder anders gefragt: Wenn sich jemand mit dem Hintern auf eine Kreissäge setzt, welcher Zahn des Sägeblatts hat den Allerwertesten zuerst aufgerissen?

Nein, wirklich: In Markranstädt diskutieren an diesem Wochenende wirklich Leute über diesen einen Zahn am Sägeblatt! Dabei wäre der Begriff „Feigenblatt“ eher angebracht, da es sich angeblich nur um das Beste für unsere Kinder handeln solle. Das Blatt ist dabei längst schon verwelkt, weil in zahlreichen Diskussionen quasi zugegeben wird, dass es sich um eine politische Entscheidung handelt und nicht um eine für die Kinder. Es geht nur darum, wer „für die CDU“ und wer „für die Allianz“ gestimmt habe.

Dem Bürgermeister wird demnach das Recht abgesprochen, von seiner Pflicht (Stimmabgabe nach bestem Wissen und Gewissen) Gebrauch machen zu dürfen, sondern er hat „für die CDU“ gestimmt.

Er ist jetzt ein CDU-Freund, der Freie Wähler. So einfach ist das in Markranstädt. Dass er durchaus auch sachliche Gründe in dieser Sachentscheidung haben darf, wird da ebenso konsequent unterschlagen wie die Tatsache, dass er als Bürgermeister überparteilich handeln und entscheiden sollte und vor allem das Zugeständnis an seine Fehlbarkeit, die er ebenso haben darf, wie jeder Mensch.

Damit eine solche individuelle Fehlbarkeit nicht zu einem Fiasko für die gesamte Gesellschaft führt, haben wir die Gesellschaftsform einer Demokratie, in der über solche Fragen mehrheitlich abgestimmt wird. Wir alle haben uns, um mit den Worten von Mario Adorf zu sprechen, für einen Scheißhaufen entschieden: Millionen Fliegen können nicht irren. Heißt auf deutsch: Die Mehrheit entscheidet!

Das hat sie nun, legitimiert durch ihre Volksvertreter,  getan. Insofern sind Aussagen wie die, dass am Westufer nun „Dank Bürgermeister“ keine Kita gebaut wird, schlichtweg katastrophal. Argentinien hat das WM-Finale im letzten Sommer auch nicht „Dank Mario Götze“ verloren, sondern Deutschland hat es Dank des Willens jedes einzelnen Akteurs gewonnen. Jeder einzelne Spieler war davon überzeugt, dass es gut ist, wenn der den goldenen FIFA-Eumel mit nach Germanien schleppt. Die Argentinier mögen ebenso von sich überzeugt gewesen sein, aber niemand von denen hat hinterher Götze die Schuld in die Schuhe geschoben. Das ist eben der Unterschied zwischen Sport und Politik oder besser, zwischen Argentinien und Markranstädt.