Das wahre Problem mit dem Problem (2)

Nachdem im ersten Teil ein von Satire-Anflügen geprägter Blick auf die nationale Situation geworfen wurde, wollen wir nun gemeinsam durch die lokale Lupe auf Markranstädt schauen. Hier gibt es zum Glück noch genügend andere Probleme, neben denen die 35 bisher hier eingetroffenen Asylanten und Aslybewerber zu einem mitteleuropäischen Teint erblassen.

Markranstädt hatte bislang Glück gehabt. Auf 127 Asylbewerber sollte sich die Stadt zunächst vorbereiten, später wurde die Zahl auf 205 erhöht. Ganze 35 sind inzwischen hier eingetroffen und wenn nicht ab und zu mal eine Polizeistreife nach dem Rechten schauen würde, wüsste man gar nicht, wo die wohnen. Kein Problem also in Markranstädt?

Wie man’s nimmt. Es gluckert schon etwas, wenn man mit offenen Augen und Ohren durch die Stadt geht. Aber das hat nichts mit den bislang hier einquartierten Gästen aus Syrien, Afghanistan oder Libyen zu tun. Wenn überhaupt mit ausländischen Besuchern, dann eher mit denen, die sich hier außerhalb von Asylverfahren aufhalten.

Es reicht schon ein Blick in die Versorgungszentren der Stadt oder in diverse Hinterhöfe, um deren Zahl auf gefühlte Hundertschaften zu schätzen. Da wird übrigens nicht nur arabisch kommuniziert. Das geübte Ohr des gelernten Ossis erhascht dabei gar zu oft auch Brocken in einer Sprache, die einst die Russischlehrerin vergeblich in unsere Köpfe zu pflanzen versuchte. Ja schiwu fmarkranstädtje…

Aber sie kommen und gehen und wo man nicht fragt, gibt’s auch keine unangenehmen Antworten. Rotation nennen das die Fußballtrainer. Wenn sowas im Fußball legal ist, dann wohl auch in der Gesellschaft.

Arabische Zahlenspiele

Zurück zu den Asylanten und der Mathematik als grundlegende Naturwissenschaft, die sich übrigens auch in Deutschland seit Jahrhunderten der Schreibweise arabischer Zahlen bedient. Wenn man von 205 avisierten Asylbewerbern 35 abzieht, bleiben nach Adam Riese 170 übrig, die nach den von der Stadt selbst auferlegten Maßstäben dezentral untergebracht werden sollen. Demzufolge müssten Wohnungen für 170 Menschen in der Kernstadt verfügbar sein.

Keine Fragen, Euer Ehren!

Das sind sie offenbar auch, denn zumindest im öffentlichen Teil der letzten Stadtratssitzung gab es keine Fragen dazu. Hoffen wir mal, dass das auch so ist, denn das Prozedere der Zuweisung ist für eine Kommune ziemlich brutal. Die Ankündigung, dass Kapazitäten für 205 Personen vorzuhalten sind, kam seitens des Landkreises rechtzeitig. Somit hat er jetzt das Recht, binnen 24 Stunden die konkrete Zuweisung vornehmen zu können.

Frist: 24 Stunden

Im Klartext: Es kann in diesen Minuten schon ein Anruf im Rathaus erfolgen und morgen stehen zwei Busse mit Asylbewerbern auf dem Marktplatz, die dann unterzubringen sind. Schön, wenn man sich darauf verlassen kann, dass ausreichend Wohnungen zur Verfügung stehen.

Der Begriff „Wohnung“ ist dabei übrigens klar definiert. Da kommt keine Mansardenbehausung mit Klo auf halber Treppe und Löchern im Fußboden in Frage. Die Wohnungen müssen in gutem Zustand sein, was sich der Landkreis als Mieter auch ordentlich was kosten lässt. Allerdings könnte gerade der offerierte Mietzins in absehbarer Zeit für Ärger in der Markranstädter Bürgerschaft sorgen.

Gegenwärtig liegt der Mietspiegel-Quadratmeterpreis für eine Wohnung bis 40 Quadratmeter laut immowelt.de bei 5,97 Euro, wohnungsbörse.net sieht ihn bei 6,01 Euro. Die öffentliche Hand zahlt in Markranstädt mit 6,16 Euro nach Quartieren in Markkleeberg nicht nur den zweithöchsten Preis im gesamten Landkreis, sondern dürfte damit auch zu einer langfristigen Steigerung des Mietspiegels beitragen. Das wiederum könnte in umgekehrt proportionalen Maße den sozialen Frieden in der Stadt belasten.

„Das da du zahlen, verstehen?“

Ähnlich gestaltet sich das Preisgefüge auch bei anderen Wohnungsgrößen. So gibt es für ein 60 qm-Quartier bis zu 343,80 Euro, bei 60 bis 75 qm werden bis zu 430 Euro gezahlt und am meisten an den Asylbewerbern verdienen kann, wer eine Wohnung in der Größe von 105 Quadratmetern zu bieten hat: Hier blättert der Steuerzahler bis zu 670,25 Euro monatlich hin. Kalt, versteht sich. Wenn sich diese Beträge im Mietspiegel niedergeschlagen haben, könnte es passieren, dass dann auch Integrationsmaßnahmen für Markranstädter Ureinwohner notwendig werden. „Das hier Mietspiegel und das da du zahlen, verstehen?“

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Der STERN fragt: Sind Sie in Deutschland integrationsfähig? Versuchen Sie’s mal und lesen Sie am Ende Ihr Urteil bis zum letzten Satz!

Apropos Integrationsmaßnahmen. Im ersten Teil fragten die Markranstädter Nachtschichten, was denn so für die Ureinwohner hier getan werde, damit nicht nur die Flüchtlinge sie, sondern sie auch die Flüchtlinge verstehen? Nun, da die öffentliche Hand gegenwärtig mit dem Zählen der Scheine für die Mieten beschäftigt ist, haben das zumindest in Markranstädt andere übernommen. Pfarrer Zemmrich und die hiesige Kirchengemeinde. Ein Glücksfall für unsere Stadt, den man nicht hoch genug bewerten kann.

Die Kirche bleibt im Dorf, die Gemeinde mit den Füßen auf dem Boden

Deren Angebote zeugen nicht nur davon, die Signale der Zeit verstanden zu haben. Vielmehr noch: Die meist im Weißbachhaus durchgeführten Gesprächsrunden und Informationsveranstaltungen waren auch personell so gut besetzt, dass sich die Talkshows im Fernsehen ein Beispiel daran nehmen können. Ja, das christliche Abendland, es existiert noch und wahrscheinlich mehr denn je. Zumindest im Vergleich zur politischen Legislative und Exekutive zwischen Ost- und Bodensee.

Namen machen nicht satt

Und ganz sicher würde hier auch niemand auf den hirnverbrannten Gedanken kommen, Flüchtlingen etwas Gutes angedeihen zu lassen, indem man St. Laurentius in Refugees-welcome-Kirche umbenennt.

Dass der Weg der Ankündigung solcher Veranstaltungen in die Öffentlichkeit Grenzen für die Markranstädter Gemeinde aufzeigt, ist verständlich und wäre sicher nicht so schlimm, wenn man dabei auf die Unterstützung einschlägiger Stabsstellen in unmittelbarer Nachbarschaft bauen könnte. Dort aber scheint die Tinte etwas zäher aus der Feder fließen zu wollen, wenn es um Flüchtlingsfragen geht.

Mal sehen, wie es bei der Ankündigung des Themenabends am 27. Nobember um 19:30 zum Thema: „Asylrecht – Grundsätzliches und aktuelle Entwicklung“ aussieht. Vielleicht ist ja noch irgendwo etwas Platz für eine entsprechende Mitteilung, zumal das Angebot eigener Veranstaltungen zu diesem Thema genügend freie Kapazitäten bieten sollte. Integration der Öffentlichkeitsarbeit unter Nachbarn, das müsste doch unter dem Dach der ausgerufenen „Wir schaffen das!“-Kultur möglich sein.

Angebote im Weißbachhaus

Der Themenabend im Weißbachhaus zum Thema: „Jenseits von Individualismus und europäischem Staatsverständnis-Einblicke in traditionelle Stammeskulturen“, war im Konvolut der städtischen Pressemitteilungen jedenfalls nicht zu finden. Auch die Quote städtischer Verwaltungsmitarbeiter unter den etwa 30 Teilnehmern der Veranstaltung war, um es höflich auszudrücken, sehr überschaubar. Die MN-Spionin entdeckte gar nur eine Stadträtin unter den informationsbedürftigen Gästen.

Schön, dass der Rest Markranstädts schon so weit ist, dass er solche Informationen nicht mehr braucht. Oder ist es nur das Ur-Vertrauen, dass die eigenen Kompetenzen im Bedarfsfall genauso ausreichen werden, wie die verfügbaren Wohnungen? Wir werden sehen und wollen mal darauf vertrauen, dass man nicht auch mit dem Vertrauen des Bürgertums spielt, welches das „Refugees welcome“ schlussendlich auch bezahlt.

 

Das wahre Problem mit dem Problem (1)

Wir haben ein Flüchtlingsproblem in Deutschland, wussten Sie das schon? Dass es Flüchtlinge gibt, ist ja bekannt, aber das Problem damit wird geflissentlich falsch interpretiert. Denn es kommt meist nicht von den Flüchtlingen, sondern von denen, die damit kein Problem haben wollen. Es gibt da nämlich ein paar Ungereimtheiten, mit denen man schleunigst aufräumen sollte.

Kaum noch ein Fernsehsender, der ohne Talkrunden zur Flüchtlingsproblematik auskommt. Man kann darüber streiten, welche Kompetenzen die Talker dafür qualifizieren, in solchen Sendungen auftreten zu dürfen. Nicht selten wird dabei ein solch geistiger Dünnschiss über die Zuschauer ausgeschüttet, dass man von der GEZ dafür eher noch Geld bekommen müsste als welches zu zahlen.

Die Ausgangslage: Es kommen Flüchtlinge nach Deutschland. Das verlangt allen Seiten sehr viel ab, sowohl den Asylbewerbern als auch den Gastgebern. Beide Seiten sind zweifelsfrei irgendwo nah an ihren Grenzen. Da ist pragmatisches Handeln gefragt. Hilfe also.

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Hilfsangebote an die Asylbewerber gibt es dabei reichlich, auch wenn diese gegenwärtig längst nicht ausreichen. Unterkunft, Verpflegung, medizinische Versorgung, Gewährleistung der Sicherheit, Integrations- und Sprachkurse und vieles mehr. Das alles auch deshalb, weil diese Menschen ja völlig unvorbereitet sind auf die Konfrontation mit dem Alltag und der Kultur in Deutschland.

Information + Verstehen = Verständnis

Gerade hier lauert aber eine wichtige Frage, welche die Gastgeber betrifft. Wie werden wir Deutsche auf die Herausforderung, die mit diesen Menschen zu uns kommt, vorbereitet? Gibt es in wenigstens annäherndem Umfang auch Angebote für die Gastgeber, die darauf abzielen, ihre Gäste zu verstehen? Der permanente Ruf nach Verständnis allein reicht nicht. Denn Verständnis hat dort seine Grenzen, wo das Verstehen aufhört. Was also wird für das Verstehen getan?

In der Politik hat man zumindest schon mal wahrgenommen, dass ein Riss durch die Gesellschaft geht. Aber das Bemühen um Überwindung dieses Risses erschöpft sich in verbaler Radikalisierung der jeweils anderen Seite. Und statt, wie man so schön sagt, den Ball flach zu halten und wenigstens in den verantwortlichen Führungsetagen etwas Sensibilität walten zu lassen, wird mit der Geduld der Bürger gezündelt.

Die Brandsätze der Gutmenschen

Ja, das muss auch einmal gesagt werden. Es gibt Wortführer in Politik und Gesellschaft, die mit ihren geistigen Freiräumen Lunten an den Grundfesten unserer Friedfertigkeit entzünden.

Es reicht ihnen offenbar nicht, dass viele Bürgerinnen und Bürger noch immer offene Fragen bewegen und sie sich Sorgen um die Zukunft machen. Nein, mitten hinein in diese Fragen und Sorgen wirft man in unverantwortlichster Weise schon die nächsten gesellschaftlichen Brandsätze.

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Als ob es nicht schon genügend wichtige Probleme gäbe, denkt man jetzt beispielsweise ernsthaft darüber nach, den Richard-Wagner-Platz in Leipzig umzubenennen. „Refugees-Welcome-Platz“ soll er heißen und die GRÜNEN unterstützen dieses Ansinnen auch noch.

Dass das Wasser auf die Mühlen derer ist, die unsere abendländischen Werte davonschwimmen sehen, wird dabei an den Rand geschoben und nicht einmal ansatzweise diskutiert.

Und vor allem:

Dieser geistige Dünnschiss, vom multilinguistischen Wortungetüm „Refugees-Welcome-Platz“ mal ganz abgesehen, hilft keinem der ankommenden Asylbewerber, bringt weder Brot noch Unterkunft und liefert der ohnehin schon strapazierten Psyche der Ureinwohner nur jede Menge zusätzliche Wege und Kosten. Ummeldungen, neue Personalausweise, neue Straßenschilder, Umstellung der Postzustellungen etc. Wahnsinn!

Nicht nur satirischen Sprengstoff enthält die Forderung des bayrischen Pfarrers Ulrich Wagner. Der will, dass männlichen Asylbewerbern kostenlos Nutten zugeführt werden, um die Migranten so von bajuwarischen Frauen fernzuhalten. Also diesen frommen Wunsch muss man mal auseinander nehmen. Schon der Begriff „kostenlos“ ist eine Frechheit.

Der neue Pfaffenspiegel

Nicht einmal eine versklavte osteuropäische Prostituierte wird ihren Schoß kostenlos öffnen, weder für einen Syrer noch für einen Pfarrer. Mithin wird das erotische Abenteuer des nach geschlechtlichem Druckabbau schmachtenden Asylbewerbers aus der öffentlichen Kasse bezahlt werden. Also von uns, die wir uns im Zweifelsfall auf Druck unserer eigenen christlich-abendländischen Wertmaßstäbe zeitlebens einen Besuch im Puff versagen und das so gesparte Salär lieber an den Staat abführen. Masochismus nennt man das und es ist wohl unsere urdeutsche Art, Sex als Spiel zu verstehen.

Dass die Kirche der Prostitution bislang kritisch gegenüber stand und diesen Standpunkt jetzt zugunsten des muslimischen Mitbewerbers auf dem Altar der Mitmenschlichkeit opfert ohne den wahren Opfern (den Prostituierten) ein Wort zu widmen, ist eine Marginalie, die bestenfalls als Aprilscherz herhalten kann.

Aber warum will der bayrische Pfarrer diese Art der Zerstreuung nur männlichen Asylbewerbern zugestehen? Ist die christliche Kirche doch schon so nah dran am Islam, dass die Bedürfnisse einer Frau auch im Abendland allein durch ausgedehnte Spaziergänge zwischen Herdplatte und Mülleimer befriedigt werden?

Blick über den Eichelrand

Oder hat ihm sein eigenes Zölibat bereits die Sichtweise so eingeschränkt, dass er am eigenen Phallus gar nicht mehr vorbeigucken kann? Und wo sind die oft grün gefärbten Feministinnen, die solche Äußerungen sonst als Diskriminierung brandmarken und nach neuen Kastrationsgesetzen rufen?

Nutten für die Rassenhygiene?

Fakt ist: Auch hier hat man nichts zum Verstehen beigetragen, sondern nur Verständnis gefordert. Dieses Verständnis basiert allerdings auf alten Mustern. So ist die Forderung des Pfarrers vielfach eigentlich nur vor dem Hintergrund der Reinhaltung der Rasse verstehbar.

In einer Religion, die erst in der Zeit des Berliner Mauerbaus die Welt als Kugel anerkannt hat, dauert es eben manchmal etwas länger, bis auch solche Relikte wie die Rassenhygiene aus den Köpfen verschwinden. Gerade dann ist es aber besser, den Mund zu halten anstatt verbale Brandsätze unters Volk zu werfen.

Schwer zu verstehen ist auch, was die Grünen oft so ins Abendland ergießen. Mitunter sind es nur kleine Freud’sche Versprecher, die dann aber eine umso größere Wirkung entfalten, weil die Grünen ihrerseits nicht zimperlich mit den Krümeln umgehen, die sie bei der Interpretation der Aussagen Andersdenkender finden. Da sprach Claudia Roth in Bezug auf die Asylbewerber, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, beispielsweise von Menschen, die „nicht verwertbar sind.“

Nazi-Tarnbomber zerstörten Dresden

Katrin Göring-Eckardt ist sich sogar nicht zu blöd, die Weltgeschichte umzuschreiben, um den Dresdener Pegidisten eins auszuwischen: „Dresden, das ist vor allem die Frauenkirche, die ist wieder aufgebaut worden, nachdem die Nazis sie zerstört haben.“, sagte sie im ARD-Morgenmagazin.

Die Verschwörungstheorie, dass es deutsche Stukas waren, die als angloamerikanische Bomber getarnt Dresden in Schutt und Asche legten, hat viele Väter.

Immerhin hält sich ebenso hartnäckig das Gerücht, dass die New Yorker Türme 66 Jahre später in einem Akt bemannter Architekturkritik von als Islamisten getarnten Amis selbst abgerissen wurden.

Und bei all diesen Lügen, verbogenen Wahrheiten und populistischen Sprüchen soll man dem Slogan „Wir schaffen das“ noch Vertrauen schenken? Nein – es ist nicht der Zustrom der Asylbewerber, der uns Sorgen bereitet, sondern der Umgang unserer Regierung mit uns, die wir das Refugees welcome bezahlen müssen.

Wenn das, was uns an Verständnis, an Aufwand, an Bereitschaft und Hilfe abverlangt wird, wenigstens für alle gelten würde. Oder wenigstens auch für die, die nicht müde werden, ihre dussligen Mäuler stets weit aufzureißen, die keine Talkshow auslassen und ihre eigene ach so große Hilfsbereitschaft in den Vordergrund spielen. Aber sie labern nur und tun nichts.

Regierungsturnhallen nur für arische Volksvertreter

Sie geben nicht einmal ihre eigenen Turnhallen her, die populistischen Polit-Samariter. Im Berliner Regierungsviertel gibt es eine solche Turnhalle (eigentlich sogar drei). Doch während die Schulturnhallen ringsum mit Asylbewerbern besetzt sind und Schulsport dort ebenso unmöglich geworden ist wie Vereinswesen, bleiben die Pforten der Regierungsturnhallen den Flüchtlingen aus „Sicherheitsgründen“ verschlossen.

Diese Ausrede ist wieder so ein gesellschaftlicher Brandsatz. Was für die Politiker zu gefährlich ist, wird dem Volke hingegen zugemutet. Und zwar nicht nur täglich, sondern täglich immer mehr. Und weil man eine mit ihrem Baby vor verschlossener Tür in Berlin erforene Frau nicht den Dresdener Pegisten in die Schuhe schieben kann, wird sich wohl auch kein Pressefotograf finden, der ein solches Motiv komponiert und auf Zelluloid bannt.

Heiligenschein für Scheinheilige

Und dann sind da noch so gesellschaftlich scheinheilige Ereignisse wie der jüngste Opernball in Leipzig, wo sich 2200 Promis bei abendländischen Walzerklängen am kalten Buffett labten und natürlich nicht vergaßen, pr-trächtig jener Flüchtlinge zu gedenken, die sich zur gleichen Zeit durch den Balkan schleppten, bis zu den Knien in kaltem Schlamm standen oder zu Hunderten in Messehallen gepfercht wurden.

Wenn die High-Society wenigstens einen Einzigen von denen eingeladen hätte an den Stand mit Schrimps und Champagner, wäre der Glaubwürdigkeit zumindest in Ansätzen genüge getan. Aber nein, sie durften sich nicht einmal im Foyer aufwärmen. Es müssen ein paar warme Worte genügen. Die wahre Last trage der Plebs und von dem wird per Medien sogar noch Beifall zu dieser erbärmlichen Vorstellung gefordert.

Mutti bleibt kinderlos

Für die, von denen hier die Rede ist, stellt die Flüchtlingsfrage nur ein Verwaltungsproblem dar. Der Flüchtling als Vorgang. Sie müssen verteilt werden, koste es, was es wolle. Natürlich nicht in Regierungsturnhallen und selbst Mutti in Berlin hat zugegeben, dass sie keinen der Flüchtlinge bei sich zu Hause aufnehmen würde, wohlgleich gegenüber dem Volke solche Forderungen bereits eröffnet wurden. Zugegeben: Nicht von Mutti, aber von ihren Kollegen, denen sie allerdings nicht widersprach.

Was bedeutet der Verwaltungsvorgang „Asylbewerber“ nun konkret für Markranstädt? Nun, das werden wir übermorgen in unserem zweiten Teil von „Das wahre Problem mit dem Problem“ beleuchten. Denn diese Zeilen hier waren eigentlich nur eine Einstimmung auf die Szenarien, die uns in Markranstädt erwarten. Kleine Vorschau: Die wahren Werte des christlichen Abendlandes können wir nur bewahren, indem wir uns dem stellen, was das Morgenland zu bieten hat. Und das ist manchmal gar nicht so schlecht, wenn da die Wirtschaftsinteressen nicht wären…

 

Neues aus der vierten Etage (14)

Bei nur elf öffentlichen Tagesordnungspunkten (darunter die üblichen vier Verdächtigen von Eröffnung bis zu Protokollkontrolle gleich zu Beginn) hätte man vor dem Aufstieg in die vierte Etage mit der Hoffnung schwanger gehen können, dass die 14. Stadtratssitzung noch vor dem Wetterbericht der Tagesschau beendet sein würde. Es kam aber ganz anders.

Das lag nicht nur daran, dass der öffentliche Teil der Tagesordnung eine Erweiterung erfuhr. Auf Antrag Heike Kunzemanns (Linke) wurde eine Information zum weiteren Umgang mit der Priesteblicher Straße in Lindennaundorf vom nichtöffentlichen in den öffentlichen Teil der Sitzung transplantiert.

Dahin also, wo er auch hingehört. Obwohl sechs Abgeordnete trotzdem ein internes Geheimnis draus machen wollten, wurde dem Ansinnen mehrheitlich gefolgt.

Danach informierte der Rathaus-Chef über einige Dinge, die während der letzten Sitzung hinter verschlossenen Türen behandelt wurden und gab jetzt auch öffentlich die Trennung von der Kämmerin bekannt.

Sie gehört zu mir, wie ihr Name an der Tür

Dem aufmerksamen Beobachter, der das Risiko einer Fahrstuhlfahrt in die vierte Etage nach einschlägigen Erfahrungen nicht auf sich nehmen wollte, entging beim Aufstieg via Treppe allerdings nicht, dass noch immer der Name der Geschassten am Eingang zur Finanzzentrale der Stadt prangt. Refugees welcome.

Sissi lässt grüßen

Die Suche nach der neuen Kämmerin scheint indes auch beendet. Auf die Frage nach der Verwendung der Rückstellungen für das Gewerbegebiet Ranstädter Mark übergab Spiske das Mikrofon an Herzigs Vorgängerin und adelte sie mit dem Prädikat „finanzkompetente Rechenkönigin“.

Königin Kohles-Kleinschmidt – die K und K-Monarchie ist zurück, wenngleich auch sie die Rücktrittsforderung ihrer einstigen Chefin unterschrieben haben soll. Wohl dem, der einen großherzigen Kaiser auf dem Throne weiß, dessen Ansprüche an Loyalität nicht dem üblichen Bild der globalen Aristokratie entspricht.

Bitte zügig!

Die zweite Personalie kam allerdings zunächst nicht zur Sprache, obwohl auch hier die Spatzen längst sogar mehrstimmig ihr Lied von den Dächern pfeifen. Allerdings war unterschwellig doch schon einiges zu spüren vom Wind, der im Herbst etwas kühler zu blasen pflegt.

Auf eine Frage zu den detaillierten Kosten von Parkplätzen beauftragte der Bürgermeister die zuständige Fachbereichsleiterin mit deren Ermittlung und fügte hinzu: „Bitte zügig!“ All die Anwesenden, die irgendwann einmal, sei es in NVA oder Bundeswehr, gedient hatten, nahmen bei diesem Tenor automatisch Haltung an auf ihren Sitzen.

Muggelsprache für Potter-Fans

Nach wie vor fiel allerdings kein Wort von einer Palastrevolte im Bauamt oder wenigstens der Übergabe einer mit zahlreichen Signets des Hofstaates versehenen Protestnote. Erst am Schluss der Sitzung fasste sich Michael Unverricht (CDU) ein Herz und fragte in der nur in Markranstädt verständlichen einzweidreimehrdeutigen Art nach, was es denn mit einem Prozess hinsichtlich einer Personalie auf sich hätte.

Spiske räumte ein, dass sein Rechtsverständnis anders aussehe als das, wonach entschieden wurde und er diesmal eben nicht gewonnen hätte. Dass die Zuschauer bei diesem verbalen Austausch da saßen wie Muggel beim Quiddich in Hogwards, ist leider auch eine der üblichen Begleiterscheinungen unter der Kuppel über Markranstädts Dächern. Anwesenheit ist erwünscht – verstehen nicht immer.

Was die Spatzen so pfeifen

Na gut, nachdem nun schon einige Wochen ins Land gegangen sind, muss ja jemand mal sagen, was die Spatzen so pfeifen. Demnach liegt dem Bürgermeister also ein von wahrscheinlich allen oder zumindest vielen Mitarbeitern des Bauamtes unterzeichnetes Schreiben vor, in dem von Unzufriedenheit in ihrem Ministerium berichtet wird.

Adressaten dieser Kritik sollen die Ministerin und ihr Stellvertreter sein. Das wird zumindest bei Vollmond in den Schänken der dunklen Gassen in der Stadt kolportiert. Inzwischen habe der Bürgermeister eine Organisationsuntersuchung des Fachbereichs veranlasst.

In deren Zuge sollen sich, so ist zu hören, die Mitarbeiter sozusagen selbst bewerten. Genauer gesagt: Sie sollen darstellen, was sie so machen und wie lange sie dazu brauchen. Es fällt sicher nicht schwer, sich die Kreativität vorzustellen, die man entwickelt, wenn es um den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes geht. Da fällt einem bestimmt sogar eine Antwort auf die Frage ein, was man am 31. Februar 2014 gemacht hat und warum das so lange dauerte.

Was haben Sie am 31. Februar gemacht?

Die Bürgerfragestunde begann mit einer Frage von Ex-Stadtrat Hans-Jürgen Berg. Obgleich die Frage eigentlich längst überfällig war und es für einen Stadtrat eher peinlich sein sollte, dass sie von einem Bürger gestellt werden muss, gebietet es der weitere Verlauf der Sitzung, das Thema der Untervermietung des Stadions am Bad mit einer Frage des Stadtrats Ronald Gängel (Linke) zu verbinden.

Diesem fiel auf, dass da neue Zäune am Stadion errichtet wurden und auch allerhand neue Container für Notdurft und ähnlich wichtige Dinge herumstehen. Wer die bezahlt habe, wollte Gängel wissen. Dazu konnte an der Stirnseite des Ratstischs allerdings niemand was sagen.

Alle Wetter! Da liegt der Gedanke nicht fern, dass da irgendwann mal ein Zirkus seine Elefanten grasen lässt oder vor der Haupttribüne eine Landebahn für einen österreichischen Jet angelegt wird (inklusive Tower sowie Gepäckabfertigung) und niemand was mitkriegt.

Fall für den Vermieterschutzbund

Der Vermieter weiß also nicht einmal, dass aus seiner Kellerwohnung ein Luxus-Loft gemacht wird oder aus der Mansarde ein Konferenzzentrum? Okay, in Zeiten, da sich ein ganzes Volk mit dem Slogan „Wir schaffen das“ einlullen lässt, kommt man auch mit „Wir wissen von nichts“ durch.

Als Manfred Schwung bei seiner Bürgerfrage das Wort „Maklergebühr“ in Bezug auf die MBWV in den Mund nahm, wähnte sich das Publikum beim Blick in die Augen des Auditoriums mitten bei der Snooker-Weltmeisterschaft. Rollende Augen. Okay, ob die städtische Tochter jetzt 100.000 Euro mehr oder weniger im Tresor hat, wird das Volk an den Ufern des Zschampert wahrscheinlich nicht sonderlich interessieren. Schwungs Frage nach der Qualität von Beschlussvorlagen mit dem Hinweis „Zu Personalfragen äußere ich mich nicht“ abzubügeln, ließ diesmal allerdings nicht nur die anwesenden Reservisten Haltung annehmen. Auch die Damen hatten da ihre Hände an der Rocknaht und saßen aufrecht. Das war keine Antwort, das war ein Befehl!

Blick in die geschichtliche Historie

Danach hatte der neue Schulleiter des Gymnasiums seinen Auftritt. Schönfeldt war fast fertig und es hätte eine harmonische Rede sein können, wenn er dann nicht noch einmal auf den unglücklichen räumlichen Schnitt in der Verwaltungsetage der Schule zu sprechen gekommen wäre und damit das Angebrannte im geschichtlichen Eintopf der Stadt hochgerührt hätte. Augenblicklich fühlte sich das gesamte Heer der damals Unverstandenen auf den Plan gerufen und übte sich in der Richtigstellung historischer Ereignisse.

Längst vergessene Namen wurden strapaziert, Zusammenhänge dokumentiert und Tote geweckt. Schönfeldt, ein sympathischer Typ aus Mecklenburg-Vorpommern, der zu jener Zeit wahrscheinlich an der Küste von Boltenhagen noch im Kutter auf Schollen aus war, konnte man ansehen, dass er Mühe hatte, die vor ihm aufgebrochene Welt zu verstehen.

Für nur 6,84 Ranstädter Mark

Danach wurde unter Tagesordnungspunkt 8 auch dem Kauf von Flächen des Gewerbeparks „Ranstädter Mark“ zugestimmt. Der Betreiber hatte Insolvenz angemeldet und die Stadt erwirbt nun die 170.000 Quadratmeter für insgesamt 1.162.700 Euro zurück. Rechnen wir mal: Macht 6,84 Ranstädter Mark pro Quadratmeter zuzüglich bereits erwähnter Rücklagen, die nun futsch sind. Die LINKE verknüpfte diesen Vorgang mit der Hoffnung, dass im Beitrittsgebiet sozialer Wohnungsbau realisiert werden könne, während auf der gegenüberliegenden Seite des Ratstischs allgemein von blühenden Landschaften philosophiert wurde.

Über den Rest der 14. Sitzung in der vierten Etage hätte man, wenn man der Tagesordnung Glauben schenken wollte, getrost den Mantel der emotionalen Barmherzigkeit fallen lassen können. Wenn da nicht der Tagesordnungspunkt „Priesteblicher Straße“ eingangs noch mit dem Prädikat öffentlichen Interesses versehen worden wäre.

Die „via ad molendinum“

Die Straße an der Mühle. Zur Erinnerung: Es handelt sich um die Straße, die von einer Schranke geziert wurde, die eigentlich nie vorhanden war, weil sie spätestens eine Woche nach ihrer Installation einem Rückbau infolge missverstandener Zivilcourage anheim fiel. Auf Bitten des Lindennaundorfer Ortschaftsrates hatte das Bauamt (bei einem mit Markranstädts individuellen Merkmalen gut vertrauten Ingenieurbüro) verschiedene Varianten prüfen und kalkulieren lassen.

Das nun in der vierten Etage präsentierte Ergebnis war ein planerisch-finanzieller Offenbarungseid. Die sinnvollen Lösungen bewegten sich zwischen 1,7 und 1,8 Millionen Euro, mit allerdings fast genauso großem Spielraum nach oben.

Steht der Mauerbau bevor?

Die darauf folgende Diskussion war von seltsam anmutenden Annahmen geprägt. So standen Merkmale einer Straße im Raum, die nicht einmal die derzeit gültige Umleitungsstrecke zwischen Seebenisch und Räpitz für sich in Anspruch nehmen kann (zu der es übrigens von beiden Seebenischer Stadträten erneut keine einzige Wortmeldung gab). Als die Chefin des Bauamtes schließlich auf Variante 4 verwies und die Errichtung eines „Betonleitelementes“ in der Priesteblicher Straße in Aussicht stellte (Niemand hat hier die Absicht, eine Mauer zu errichten!), schlug der Blutdruck-Lukas bei Ortsvorsteher Jens Schwertfeger (CDU) an die Glocke.

Als er fertig war, gab es erstmals seit langem fraktionsübergreifenden Applaus für eine rhetorische Leistung in der vierten Etage. Das kam tief aus dem Herzen, war überzeugend und ein Plädoyer für Verstand und Demokratie. Schwertfeger ergriff weniger für eine der beiden Seiten Partei (für oder gegen eine „öffentliche“ Verbindungsstraße), sondern für eine vernünftige Argumentation, die zu einer vernünftigen Entscheidung führt.

Cicero im Senat

Die ausgearbeiteten Vorschläge wies er als überzogen zurück und forderte vernünftige, dem Sachzwang entsprechende Lösungen, die dann auch bezahlbar seien. Die könne man nicht aus Verwaltungsvorschriften beziehen, sondern aus individuellen Ideen, um die man kämpfen müsse.

Seine Eignung als Satiriker unterstrich Schwertfeger übrigens mit der einleitenden Bemerkung, dass ein Ausbau des „Feldwegs Priesteblicher Straße“ sicher auch Auswirkungen auf die Verkehrsbeziehungen zum Leipziger Stadtteil Taucha habe und man deshalb noch lange nicht die Ortslage Lindennaundorf vierspurig ausbauen müsse.

Der Traum jeder Frau: Ausbau auf 30

Womit wir beim satirischen Finale der Veranstaltung wären. Die Umleitungsstrecke zwischen Seebenisch nach Schkeitbar kam dann trotzdem noch einmal zur Sprache. Im Vergleich zur Priesteblicher Straße ist die „Schkeitbarer Allee“ ein Trampelpfad. Dessen Tauglichkeit wird nun voraussichtlich bis Februar beansprucht und damit er diesem Anspruch genügt, wird nun reagiert. Die Umleitungsstrecke wird ausgebaut. Jawollja!

Der Weg ist das Ziel

Allerdings sollte man jetzt nicht falschen Vorstellungen erliegen und vor dem geistigen Auge vielleicht gar Baumaschinen sehen. Es ist sozusagen ein Verwaltungsausbau. Die Straße wird auf „30 km/h ausgebaut“! Wenn es in einer Stadtratssitzung Wiederholung in Zeitlupe gäbe, wäre die wohl gleich 20fach aufgerufen worden.

Also nochmal langsam: „…auf 30 km/h ausgebaut“. Das ist ungefähr so, als würde ein inkontinenter Mensch damit prahlen, dass er kein Klo mehr braucht, weil er jetzt in die Windeln macht. Na ja, auch für die Seebenischer gilt: Wir schaffen das!

 

Lallendorf rettet VW!

Rolf Kauka, Hugo Ruppe, Claus Narr – mit Markranstädt verbinden sich die Namen vieler innovativer Menschen. Sie waren Visionäre und Problemlöser, wurden zu Stars ihrer Branchen. Ein Altranstädter IT-Unternehmen hat nun das Zeug, in deren Fußstapfen zu treten. Das Team ist durch Zufall auf die Lösung des Flüchtlingsproblems gestoßen.

Auf rund 200 soll die Zahl der zugewiesenen Asylbewerber in Markranstädt in nächster Zeit anwachsen. Aber es kommen ständig neue Flüchtlinge nach. Sie nutzen die so genannte Balkan-Route. In den Schluchten dieses Gebirges kann man sich schnell mal verlaufen.

Deshalb werden die Flüchtlinge jetzt von der EU-Migrationskommission bereits an der syrischen Grenze mit Navigationsgeräten ausgerüstet. Die Software dafür kommt von der TimTim GmbH aus Altranstädt. Die zeichnete bislang für die Abgas-Messtechnik von VW verantwortlich.

Die gleiche Software kommt nun auch in den Flüchtlings-Navis zum Einsatz. Schon der erste Test brachte die Lösung in der Asylbewerberfrage. Nach der Eingabe von „Markranstädt“ sagt das Gerät unmittelbar nach der Ankunft in Wien: „Sie haben ihr Ziel erreicht!“

 

Es stimmt doch: Wasser ist der Quell des Lebens

Es tut sich was beim SSV Kulkwitz. Wenn da nicht ein paar vertraute Gesichter wären, würde man den Verein kaum noch wiedererkennen. Und das liegt nicht nur am neuen Platz, der auf dem besten Wege ist, ein wahres Schmuckstück zu werden.

Alles neu! So jedenfalls scheint die Devise an den Ufern der Gärnitzer Seenplatte zu lauten. Während man beispielsweise Sportwagen, um sie noch sportlicher erscheinen zu lassen, gerne mal etwas tiefer legt, wurde der Kulkwitzer Sportplatz erhöht, was jedoch nicht unbedingt auch mehr Bodenfreiheit bedeutet.

Immerhin wurden rund 300.000 Kubikmeter Erde drunter geschoben. Der Rollrasen wächst inzwischen an und an der Tartan-Bahn wird letzte Hand angelegt.

Weit mehr als eine halbe Million Euro soll am Ende in die neue Arena investiert worden sein. Zum neuen Equipment zählen unter anderem Eckfahnen zum kalkulierten Preis von 212,25 Euro das Stück und wer beim Eröffnungsspiel das erste Tor schießen will, muss den Ball durch eines der beiden rund 2.500 Euro teuren Gestänge (wohlgemerkt: pro Stück!) in eines der ebenfalls nagelneuen, blau-gelben Netze ballern. Zu solchen Preisen kann man sich sonst nur in Barcelona oder Madrid in die Torschützenliste eintragen.

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Hat was: Erst ist die H2O-Arena abgesoffen, jetzt wird sie bewässert. Per Facebook informiert der Verein vom Test der neuen Beregnungsanlage (Klick aufs Bild und schon gehts los!).

Aber das ist noch längst nicht alles. Es scheint, als würde der Verein im Jahr 95 nach seiner Gründung so etwas wie eine Wiederauferstehung feiern. Nachdem trotz der verfahrenen Platzsituation (sogar die Heimspiele waren quasi Auswärtsbegegnungen jenseits der Kippe) schon in der letzten Saison überzeugende Leistungen abgerufen wurden und neben dem 2. Platz der Kreisklasse-Herren auch der Nachwuchs zu manch Lorbeeren kam, geht das in dieser Saison nahtlos so weiter.

Die 1. Herrenmannschaft, vor etwas mehr als drei Jahren noch graue Maus in der untersten Liga (Absteigen unmöglich), rockt nach dem Durchmarsch die 1. Kreisklasse genauso wie im Vorjahr, steht derzeit auf Platz 3. Sogar das Traditions-Derby gegen den Ortsnachbarn Räpitz, dem man noch vor fünf Jahren die Punkte per Post hätte rüberschicken können, ging souverän an Kulkwitz – diesmal 1:4 und das auswärts!

Besonders bemerkenswert ist jedoch die neue, selbstbewusste Außendarstellung des Vereins. Die Kombination der Begriffe „Öffentlichkeitsarbeit“ und „SSV“ hat ja in Markranstädt nicht den nachhaltigsten Klang. Das liegt aber nicht am Kulkwitzer Spiel- und Sportverein als vielmehr an seinem gleichnamigen Bruder in der Kernstadt.

Der „Kleine“ zeigt heuer, wie’s geht. Da gibt es jetzt eine neue Internet-Präsenz, die den Namen wirklich verdient. Das Team von TGS-Webdesign hat alle Register gezogen. Noch ist manche Anwendung vielleicht etwas holprig, aber wer nichts wagt, gewinnt auch nichts. Der Web-Auftritt überzeugt nicht nur hinsichtlich der Aufmachung, sondern auch wegen des Inhalts und der Aktualität.

Da spürt man in jedem Wort die Nähe (in der vierten Etage würde man es Transparenz nennen) zum Fan und Mitglied. Der Dialog mit Zuschauern oder Lesern ist nicht nur möglich, sondern auch gewollt. Kaum zu glauben: Auf www.ssv-kulkwitz.de gibt es sogar einen Live-Ticker!

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Neue Maßstäbe: Der SSV Kulkwitz im Live-Ticker.

Sowas vermisst man mitunter sogar bei gestandenen Oberligisten samt Relegationsspielen. Chapeau! So konnte am vergangenen Wochenende auch der Sesselfurzer zu Hause verfolgen, wie die Kulkwitzer beim Spitzenspiel mit zwei Treffern in den letzten Minuten noch den Ausgleich schafften und damit auf Tuchfühlung zum Tabellenführer blieben.

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Neuer Platz, neuer Erfolg, neue Internet-Präsenz: Da hat sich was entwickelt an den Ufern der Gärnitzer Seenplatte.

Auch auf Facebook sind die Kulkwitzer immer nah am Ball und auch dort gab es unlängst eine Art Live-Ticker, als sozusagen die Stadtratssitzung übertragen wurde, bei der es um die Zustimmung zum Wiederaufbau des Sportplatzes ging. Ein seltenes Beispiel für wirklich mal vernünftige Nutzung sozialer Netzwerke weit abseits der sonst auf solchen Portalen üblichen Meckerei.

Der Punkt auf dem i in der jüngsten Vereinsentwicklung ist zugleich ein klares Zeichen für die Zukunft: Die Kulkwitzer bauen jetzt sogar eine Frauenmannschaft auf. Die gegenwärtige Euphorie am Fuße der ehemaligen Villa Renate wird also nicht nur konservativ verwaltet, sondern kreativ für die weitere Entwicklung genutzt. Da wundert es kaum, dass sogar Arbeitseinsätze nach Feierabend gut besucht sind.

Einziger Wermutstropfen: Wenn die Kulkwitzer Kicker früher nach einem wieder mal knapp verwonnenen Spiel beim Groitzscher einkehrten, erklang oftmals die Hymne: „Keins haben wir geschossen, drei ham wir reingekriegt. Wir haben die Ehre gerettettettet, verloren ham wir nicht.“ Diesen Hit hört man von den Kulkwitzern heute nur noch selten. Der Fuchsbau ist zu einer Festung geworden, in der die Lieder wahrer Sieger intoniert werden. Sowas ham wir lange nicht geseh’n, so schön, so schön…

Neue Kämmerin per EBay-Kleinanzeige?

Wer ist in einer Stadt für den Haushalt verantwortlich? Klar, die Kämmerin. Markranstädt braucht eine Neue, nachdem der Probevertrag mit der bisherigen Haushälterin nicht verlängert wurde. Die erfuhr das via Presse und sowas macht keinen guten Eindruck auf mögliche Bewerber, die sich dadurch wohl etwas zurückhalten könnten. Um Humanressourcen für unliebsame Jobs zu generieren, hat die freie Wirtschaft zahlreiche Strategien entwickelt. Und weil sich die öffentliche Hand gern ebensolcher Mittel bedient, lässt nebenstehende eBay-Kleinanzeige auch Spielraum für mannigfaltige Interpretationen.

Mitunter weiß man gar nicht, wer oder was in einschlägigen Stellenanzeigen gesucht wird. So schrieb ein wohlgemerkt deutsches Unternehmen jüngst die Stelle eines „Content-Managers für unseren Desk Nordost“ aus.

Exakt übersetzt braucht der Chef wohl jemanden, der seinen Schreibtisch in Mecklenburg-Vorpommern aufräumt. Nicht auszuschließen, dass seine Putzfrau wenige Tage vorher aus der Zeitung von ihrer Kündigung erfahren hat.

Contentmanagement 2000

Auf den Anzeigenseiten unserer Gazetten finden wir auch für andere Aufgaben des täglichen Wahnsinns Berufsbezeichnungen, die nur einen Zweck haben: Den wahren Aufgabenbereich zu verschleiern, weil sich sonst niemand bewirbt.

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Gilt auch im Job: Der Name ist Programm.

So weiß beispielsweise eine Tippse, dass sich hinter dem Begriff „Sekretärin“ ein 7-Tage-24-Stunden-Job verbirgt, der zudem die fließende Beherrschung dreier Fremdsprachen, Kaffee kochen, Contentmanagement sowohl für den eigenen als auch den Desk des Chefs umfasst und selbstverständlich auch den völligen Verzicht auf Privatleben und Familie beinhaltet.

Das macht natürlich keine Tippse der Welt für einen lächerlichen Mindestlohn. Aber wenn da statt Sekretärin die Berufsbezeichnung Assistentin des Geschäftsführers steht, bewirbt man sich um den Job nicht nur sehr gern, sondern sogar für lau. Denken jedenfalls die großen Strategen unserer Wirtschaft.

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Angehende Facility-Manager in der Universität eines indischen Klosters.

Und so wurde aus dem Hausmeister der Facility-Manager, der Fensterputzer darf sich Vision Clearance Engineer nennen, der Müllmann avanciert zum Waste Removal Engineer, Lehrer werden in Stellenanzeigen schon mal als Knowledge Navigator bezeichnet und dem Zeitungsausträger soll die Brust bei der Bezeichnung Media Distribution Officer schwellen. Nicht zuletzt wären da noch die vielen Ehrenamtler, die als Non Profit Manager getarnt das gleiche Einkommen haben, wie so manche Vice Director of Roomcleaning.

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Ein Vision Clearance Engineer in Aktion.

Dieses Hintergrundwissen vorausgesetzt, könnte man auch bei der Betrachtung der eBay-Kleinanzeigen auf wundersame Gedanken kommen. Da wird zum Beispiel in Markranstädt eine Haushälterin gesucht. Ist das möglicherweise die personalkostensparende und dennoch motivierende Variante der herkömmlichen Kämmerin?

In Anbetracht der öffentlich wahrnehmbaren Vorgeschichte der Personalie würde man immerhin gut daran tun, den Pool der Bewerber etwas von den arbeitsrechtlichen Nebengeräuschen abzulenken.

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Allerdings scheint man da in der Öffentlichen Hand noch zu konservativ zu denken. Die Hausfrau oder Haushaltshilfe ist längst dem Domestic Engineer gewichen und für die vakante Position im Rathaus hätte man mit etwas Kreativität beim Brainstormen zum Wordfinding bestimmt einen noch unverfänglicheren Begriff generieren können. Treasurer zum Beispiel oder Head of financial ressources.

Aber im Moment sieht es sowieso eher danach aus, als würde der bisherige Vice Director of financial controlling wieder zum Leader of second Fachdistrict erhoben.